Inhalt. Inhalt. Vorwort von Haim Omer... 7 Vorwort der Herausgeber... 12
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- Sophia Fiedler
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2 Inhalt Inhalt Inhalt Vorwort von Haim Omer Vorwort der Herausgeber Die Haltung der Gewaltlosigkeit Arist von Schlippe Der Mythos der Macht und Krankheiten der Erkenntnistheorie Michael Grabbe Bündnisrhetorik und Resilienz im gewaltlosen Widerstand Praxis Barbara Ollefs und Arist von Schlippe Manual für das Elterncoaching auf der Basis des gewaltlosen Widerstands.. 47 Waltraud Danzeisen Wie Eltern sich in Gruppen unterstützen können, wenn die elterliche Präsenz bedroht ist Ursula Engelking Grenzen setzen ist nicht schwer, sie einzuhalten um so mehr! Manual zur Durchführung eines Elterncoachings zum bewussten Umgang mit elterlicher Präsenz Erfahrungen in der Anwendung Olaf Düring»Ich habe immer mehr so ein Willkommensgefühl...« Bruno Körner und Elisabeth Uschold-Meier Pädagogische Präsenz in der Heimerziehung. Gewaltloser Widerstand auch im Rahmen stationärer Jugendhilfe? Martin Lemme, Ruth Tillner und Angela Eberding Präsenz schafft Autorität. Coaching von Lehrerinnen und Lehrern im gewaltlosen Widerstand gegen soziale Störungen und destruktive Verhaltensweisen in der Schule
3 6 Inhalt Einbeziehung des Ansatzes in störungsspezifische Konzepte Martin Lemme Familie Aufmerksam. Ein integriertes Modell für Elterncoaching, Gruppen- und Einzeltherapie bei Kindern mit der Diagnose AD(H)S unter Einbeziehung des Konzepts der elterlichen Präsenz Angela Eberding und Martin Lemme Adipositas bei Kindern Präsenz von Eltern. Coaching im Rahmen einer Adipositasschulung im Kindes- und Jugendalter Forschung Amelie Köllner, Barbara Ollefs und Arist von Schlippe»Elterliche Präsenz«Entwicklung eines Fragebogens für Eltern Charlotte Kötter und Arist von Schlippe»Coaching im gewaltlosen Widerstand«was ist das eigentlich genau? Ein Kategoriensystem zur Untersuchung von Beratungsprozessen auf der Mikroebene Kritische Auseinandersetzung Arist von Schlippe»Liebe Frau R.«,»Lieber Herr T.«,»Lieber Wolfgang«Antworten auf kritische Briefe Die Autorinnen und Autoren
4 Barbara Ollefs und Arist von Schlippe Manual für das Elterncoaching auf der Basis des gewaltlosen Widerstands Indikationen für das Elterncoaching im gewaltlosen Widerstand Der Grad der parentalen Hilflosigkeit und der Verlust von elterlicher Präsenz sind bei der Indikationsstellung für ein Elterncoaching im gewaltlosen Widerstand entscheidend. Das Coaching richtet sich an Eltern, deren Kinder langfristiges Problemverhalten zeigen und in deren Familie massive Eskalationsdynamiken entstanden sind. Gleichwohl sollten Berater im Vorgespräch sensibel für Hinweise auf Verhaltensabweichungen reagieren, die möglicherweise einen Krankheitswert (Psychosen, Depressionen etc.) haben und im Zweifelsfall eine psychiatrische Abklärung gegenüber den Eltern anregen. In dieser Hinsicht gilt im Elterncoaching die gleiche Sorgfaltspflicht wie in der Erziehungsberatung oder der Kindertherapie. Das vorliegende Manual ist primär für Beraterinnen und Berater im Coaching von Eltern mit Kindern und Jugendlichen gedacht, die aggressives oder gewalttätiges Problemverhalten zeigen. Grundsätzlich ist das Coachingkonzept jedoch auch auf andere Verhaltensauffälligkeiten anwendbar, vor allem solche, bei denen die»elterliche Stimme«verloren gegangen ist, beispielsweise bei extremen Rückzugsverhalten von Kindern und Jugendlichen, bei Zwanghandlungen oder selbst schädigendem Verhalten. Zum Gebrauch des Manuals Das Manual stellt für Therapeutinnen und Therapeuten eine Arbeitsgrundlage für das Elterncoaching auf der Basis des gewaltlosen Widerstands dar. Es schlägt einen möglichen Ablauf vor, der sich bislang in der Praxis bewährt hat. Die Reihenfolge der Interventionen ist nicht zwingend, auch müssen nicht sämtliche Interventionen zum Einsatz kommen. Die Gesamtdauer von sechs Sitzungen orientiert sich ebenfalls an den Erfahrungen aus Israel und ist als Richtwert gedacht. Falls deutlich mehr als zehn Sitzungen benötigt werden, sollte ernsthaft über den Einsatz anderer the-
5 48 Barbara Ollefs und Arist von Schlippe rapeutischer Mittel nachgedacht werden. Hier müssen im deutschen Sprachraum noch Erfahrungen gesammelt werden, die eine verlässliche Orientierung gewährleisten. Das Manual stellt also einen lockeren Rahmen zur Verfügung, in dem sowohl die Selbstregulationsprozesse der Familie, als auch die individuellen Coachingverläufe noch Raum haben. Es sollte daher im jeweiligen Fall entschieden werden, ob einzelne Interventionen möglicherweise vorgezogen oder später vorgeschlagen werden sollten. Zielkriterien sind dabei die Deeskalation in den Familien und das Wohlbefinden der Eltern. Beispielsweise kann sich die Notwendigkeit sozialer Unterstützung schon zu Beginn im Prozess offenbaren. In solchen Fällen kann die Aktivierung des sozialen Netzwerkes gleich zu Anfang sinnvoll sein, vor allem wenn deutlich wird, dass die Interventionen die Kräfte der Eltern übersteigen, bevor detailliert an den Kommunikationsformen oder mit Sit-ins gearbeitet wird. Möglicherweise ist für bestimmte Familien auch das»tempo«zu hoch. In diesen Fällen bieten die beiden letzten Sitzungen Handlungsspielraum für noch anstehende Interventionen an. Um den theoretischen Hintergrund des Elterncoaching erfassen zu können, empfehlen wir folgende Basisliteratur: 1. Haim Omer und Arist von Schlippe (2002). Autorität ohne Gewalt. Coaching für Eltern von Kindern mit Verhaltensproblemen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 2. Haim Omer und Arist von Schlippe (2004). Autorität durch Beziehung. Die Praxis des gewaltlosen Widerstands in der Erziehung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Zur therapeutischen Grundhaltung im Elterncoaching Zentral von Bedeutung ist eine anklagenfreie therapeutische Grundhaltung, welche die beobachtbaren Probleme zwischen Eltern und Kind einfach als vorhanden ansieht. Die Eltern sind nicht»schuld«, wenn überhaupt, dann ist die Eskalation»schuld«, die beide Seiten in ihre Dynamik gezwungen hat.»schuld«ist also das Muster, doch nicht die Eltern. Wichtig ist die Reduktion von Schuldgefühlen bei den Eltern, die sie in ihrer elterlichen Präsenz schwächen. Dies gilt auch für Fälle, in denen sich die Eltern aus der Eskalation heraus gewalttätig dem Kind gegenüber verhalten haben. Wenn sie kooperativ sind und ihr Interesse äußern, die Gewaltspirale zu unterbrechen, ist es vertretbar, sie aktiv darin zu unterstützen und ihre Verantwortlichkeit anzuerkennen. Sorgfältig zu differenzieren ist hier habituelle elterliche Gewalt/Missbrauch, dies geht in der Regel mit Unfreiwilligkeitskontrakten einher und sollte anders behandelt werden. Dominanzorientierung des Kindes wird nicht von den Eltern»verursacht«, sie ist vielleicht angeboren, aber ist jedenfalls»da«. Die Frage nach der Entstehung ist oh-
6 Elterncoaching auf der Basis des gewaltlosen Widerstands 49 nehin nie eindeutig beantwortbar, simplifizierte Kausalhypothesen führen ohnehin nur in mögliche negative Schleifen von Schuldvorwürfen und Rechtfertigung. Daher sollten die Gegebenheiten schlicht und ohne Vorwurf als Ausgangspunkt für Veränderungsprozesse genommen werden. Kindliche Dominanzorientierung stellt eine besondere Herausforderung an Eltern dar, die das»normale«erziehungsrepertoire übersteigt, für die es aber keine spezielle»elternausbildung«gegeben hat. Elterliche Dominanzorientierung verstärkt andererseits auch eher das Problem, als dass sie es lösen könnte. Die Akzentuierung der Machtdimension wird im Coaching durch die Betonung der elterlichen»anwesenheit«, das heißt Stärkung elterlicher Präsenz ersetzt. Ein Konflikt zwischen den Eltern ist die Regel bei schwierigen und starken Kindern, die Paarbeziehung ist fast immer beeinträchtigt. Die Chancen für eine größere eheliche Zufriedenheit stehen gut, wenn neue Lösungsideen greifen. Eskalationen neigen dazu, sich zu verselbstständigen, die Zwickmühle entweder symmetrisch oder komplementär zu handeln, braucht einen dritten Weg. Isolation und Scham sind die eigentlichen Gegner, die elterliche Schuldgefühle und Hilflosigkeit noch verstärken. Es geht zentral darum, dass Eltern ihre Würde wieder finden. Die Aktivierung von sozialen Unterstützungssystemen bündelt und setzt Energien frei, die hilflose und erschöpfte Eltern oft nicht haben. Das Kind benötigt genau diese Energien, um die elterliche Präsenz wieder spüren zu können. Das Elterncoaching möchte Eltern anregen, vier Fähigkeiten in Anlehnung an den gewaltlosen Widerstand zu aktivieren: Selbstkontrolle über das eigene Verhalten zu gewinnen, Protest und Widerstand gegen das bisherige kindliche Verhalten auszudrücken, soziale Unterstützung zu aktivieren und Versöhnungsgesten anzubieten. Elterncoaching ist kein»sprint«, sondern»marathon«, und setzt auf Ausdauer und Beharrlichkeit. Die Vermittlung von Hoffnung, dass sich die Situation bessert, ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit.»Work of disappointment«bedeutet, dass neben der Vermittlung von Hoffnung alle Ideen, das Kind in seiner Entwicklung kontrollieren zu können, freundlich enttäuscht werden sollten (»Ich werde ihnen eine Antwort sagen, die Sie sehr enttäuschen wird: Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie man ein Kind dazu bringt, gern seine Hausaufgaben zu machen, gern ein Instrument zu erlernen«usw.). Der einzige Ansatzpunkt zur Veränderung sind die Eltern selbst. Zusammengefasst sollte den Eltern eine Form starker therapeutischer Unterstützung angeboten werden, bei der sie die Therapeutin klar und eindeutig hinter oder neben sich spüren können.
7 50 Barbara Ollefs und Arist von Schlippe Zur Self-Care der Therapeuten Die therapeutische Arbeit mit Eltern von dominanzorientierten Kindern kann sehr anstrengend und energiezehrend sein. Daher sollten in der Regel nicht mehr als drei bis vier Fälle gleichzeitig begleitet werden. Das Elterncoaching sollte von schon berufserfahrenen Beraterinnen und Beratern ausgeführt werden, die bereits in einer therapeutischen Methode ausgebildet sind. Das Elterncoaching im gewaltlosen Widerstand versteht sich als Brücke zwischen verschiedenen Therapierichtungen und setzt nicht eine bestimmte Methode voraus. Für Berufsanfänger empfiehlt es sich, das Coaching mit erfahrenen Kollegen zusammen durchzuführen. In dieser Arbeit werden gewöhnlich auch die Therapeuten von der elterlichen Hilflosigkeit angesteckt, denn in der Praxis kann es viele Rückschläge geben. Es gilt daher, sich schon im Vorfeld auf Ernüchterungen vorzubereiten, um diese besser verarbeiten zu können. Ein großes persönliches Unterstützungssystem zu etablieren, ist zur therapeutischen Sicherung und Ankerung nötig. Bereichernd ist auch der wertschätzende Austausch mit Kollegen, die Erfahrungen in der therapeutischen Arbeit mit hilflosen Familien haben. Die Praxis zeigt, dass eine gemeinsame Enttäuschungsarbeit ermutigend ist (auch Berater und Beraterinnen benötigen»work of disappointment«). Eine engmaschige supervisorische Einbindung ist darüber hinaus unerlässlich. Auch die ressourcenstarke Einbindung in die eigene Biografie schützt vor zu starken Selbstwertverlust. Zur persönlichen Vorbereitung auf den Coachingprozess gilt es sich zu fragen: Wie ist meine Einstellung, mein Gefühl zum ratsuchenden System? Welche ersten Hypothesen/Ziele habe ich bisher? Sind sie eher hilfreich oder hinderlich? Was könnte in diesem Kontakt meine Stärken sein? Wo könnten mögliche Fallen liegen? Die erste Sitzung Organisatorisches Das Elterncoaching im gewaltlosen Widerstand bietet eine Beratung für Eltern in krisenhaften Konfliktsituationen mit ihren Kindern an. Es sieht vor, den Eltern unter Zeitdruck ein Instrument an die Hand zu geben, welches es ihnen ermöglicht, deeskalierend Einfluss nehmen zu können. Um diesen Anspruch von Beginn an gerecht werden zu können, sollte der Zeitrahmen der ersten Sitzung etwas weiter als gewöhnlich gesteckt und etwa 90 Minuten eingeplant werden. Flipchart und dicke Filzstifte in den Farben rot, gelb und grün sollten zur Verfügung stehen, gegebenenfalls auch Kärtchen in diesen Farben. Die Elternanleitung
8 Elterncoaching auf der Basis des gewaltlosen Widerstands 51 zu den Prinzipien des gewaltlosen Widerstands in der Kindererziehung sollte bereit liegen (ggf. in Fotokopie: der schwarz markierte Teil aus Omer u. von Schlippe, 2004, S. 229ff.). Es hat sich jedoch bewährt, nur relevante Seiten den Eltern mitzugeben, die in der Sitzung schon besprochen worden sind. Andernfalls könnten sich die Eltern, mit zuviel schriftlichen Informationen ausgestattet, überfordert fühlen. Ein ruhiger Raum, weit ab von allen störenden Einflüssen, in dem sich eine entspannte Arbeitsatmosphäre entwickeln kann, sollte vorhanden sein. Kontakt und Beziehungsaufbau (»Joining«) Aus der systemischen Therapie ist das»joining«als eine wesentliche Basis therapeutischer Arbeit bekannt. Virginia Satir, eine der Begründerinnen des Ansatzes, hat dazu bemerkt:»vertrauen ist die Grundlage für Veränderungsprozesse.«Berater haben also in der ersten Phase des Coachings die Aufgabe, eine vertrauensvolle, freundliche, offene und ehrliche Beziehung aufzubauen. Den Eltern sollte das Gefühl von Gewissheit vermittelt werden, dass die Therapeuten primär hinter ihnen stehen und sie unterstützen. In Abgrenzung zur herkömmlichen Familientherapie, in der die therapeutische Haltung von der Allparteilichkeit und Neutralität zu allen Familienmitgliedern betont wird, ist die Position des Therapeuten beim Elterncoaching von der Nähe zu den Eltern gekennzeichnet. Es geht um die Vermittlung»therapeutischer Präsenz«und der damit einhergehenden Erfahrung, die in folgender Aussage zusammengefasst ist:»wir werden als Eltern mit unseren Sorgen, Ängsten und unserer Hilflosigkeit angenommen, in den Mittelpunkt des Coachingprozesses gerückt und ernst genommen. Die Therapeuten stehen hinter uns, wobei das Bündnis mit den Therapeuten für und nicht gegen unser Kind eingegangen wird.«es geht also bei diesem Ansatz primär um eine Allianz mit den Eltern und im Prozess um eine Fokussierung der Möglichkeiten zur elterlichen Veränderung im Zusammensein mit ihrem Kind: ihres Handelns, ihrer Gedanken, ihrer Gefühle, Abbau ihrer Hilflosigkeit und Stärkung ihrer Zuversicht, und ihrer sozialen Einbindung. Der Wandel auf Seiten der Eltern wird nachfolgend das kindliche Verhalten anregen und kindliches und elterlichen Agieren können sich gegenseitig in einem neuen Verhaltensmuster konfigurieren. Die Therapeutin oder der Therapeut sollten die Eltern in dieser ersten Sitzung in ihrem Entschluss bestärken, dass sie entschieden haben, ihre Sorgen aktiv anzugehen und etwas dafür zu tun, dass die Dinge besser werden. Es gilt»zugang«zur Familie zu finden, sich in positiver Weise an sie anzuschließen, also»positive Aspekte zu sammeln [...] wie Groschen in eine Spardose«(Conen, 2002, S. 48). Ohne den Aufbau einer solchen wertschätzenden Beziehung sollte kein weiterer Schritt gegangen werden. Das praktische Vorgehen beim Joining kann so aussehen: persönliche, freundliche Begrüßung per Handschlag, möglichst auch mit ein paar freundlichen Sätzen;
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