4. Das diagnostische Gespräch (1)
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- Linus Zimmermann
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 4. Das diagnostische Gespräch (1) diagnostisches Interview bzw. informelles Gespräch des Lehrers/der Lehrerin mit einem einzelnen Schüler/einer einzelnen Schülerin beinhaltet Nachfragen zu schriftlich vorliegenden Lösungen bzw. zu mündlichen Schülerleistungen Fragen wie Woher weißt du das?, Wie bist du darauf gekommen?, Wie hast du das herausgefunden? lassen alle möglichen Strategien zu (einschl. automatisierten Wissens und Zählstrategien) Frage Wie hast du das gerechnet? ist problematisch, da sie eine Rechenstrategie unterstellt. Rechenschwache Kinder zählen oft und werden dadurch verunsichert Ziel: Durch behutsames Nachfragen sollen die Denkwege der Kinder offengelegt werden; in diesem ersten Schritt soll noch nicht die richtige Lösung angestrebt werden!
2 4. Das diagnostische Gespräch (2) Grundsätze: angenehme Gesprächsatmosphäre herstellen, Vermeiden einer Angst- oder Prüfungssituation in einleitendem Gespräch Zweck klären (Transparenz!) Denkprozesse nicht durch Zwischenfragen stören Geduld! Geringer eigener Rede- und Erklärungsanteil, Suggerieren vermeiden Erzeugen kognitiver Konflikte, Stellen herausfordernder Frage Fehler stehen lassen und nicht bewerten Nachfragen bei allen Ergebnissen (auch bei richtigen), um Verunsicherung und nicht wahrheitsgemäße Antworten (aus Angst, etwas Falsches zu sagen) grundsätzlich zu vermeiden ggf. Pausen machen oder abbrechen (anstrengend für das Kind!)
3 4. Das diagnostische Gespräch (3) Probleme: Lehrer geht immer mit einer mehr oder weniger bewussten Erwartungshaltung in das Gespräch Denkanstöße und Fragen können das Kind zu unvorhersehbaren Antworten verleiten (Suggerieren nicht völlig vermeidbar), so dass das Kind die subjektive Interpretation des Lehrers übernimmt und bestätigt kindliche Fähigkeit zur Introspektion (Fähigkeit über das eigene Denken zu reflektieren) reicht i.a. nicht aus, um die Denkprozesse ausreichend zu beschreiben Kinder sind dies auch normalerweise nicht gewohnt; es ist nicht naheliegend für das Kind, das eigene Denken mitzuverfolgen, zu rekonstruieren, zu verbalisieren Trotz allem wichtige Ergänzung zur Fehleranalyse!
4 5. Lautes Denken des Kindes lautsprachige, nicht kommunikative Äußerung von Denkinhalten während des Aufgabenlösens im Wesentlichen gilt das unter 4. Aufgelistete, wird oft gemischt eingesetzt Verbalisieren als bekannte Forschungsmethode zur Analyse von Denkprozessen Zusätzliches Problem: gleichzeitiges Denken (Rechnen) und Sprechen kann manchen Kindern zusätzliche Probleme bereiten
5 6. Genaues Beobachten des Kindes während der Bearbeitung einer Aufgabe Schüler ungestört arbeiten lassen, selbstständig, ohne Anregungen und Impulse Gesamtes Verhalten im Blick behalten: Finger, Augen, eingesetzte Hilfsmittel Fragestellungen: Welche Strategien wendet das Kind an? Welche Vorstellungen verbindet das Kind mit dem eingesetzten Material? Macht es sich Notizen (zur Entlastung des Gedächtnisses)? Macht es sich eine Skizze? Verwendet es eine sprachliche Steuerung (leises Vor-sich-hin-Sprechen)? Wann wird das Kind unruhig (=Zeichen für subjektive Überforderung)? Wie geht es mit schwierigen Aufgaben um? Wie konzentriert ist es (wie lange)?
6 7. Ziele der Diagnostik Erkennen des Sinns in der Vorgehensweise und den Fehlern des Kindes Es geht nicht um Bewerten! Wie sieht das Kind die gestellte Aufgabe? Worauf ist seine Aufmerksamkeit gerichtet? Welche Vorstellungen setzt es ein? Welche mentalen Handlungen führt es durch (z.b. bei Rechenoperationen)? Welche Bezüge stellt es her und welche Schlussfolgerungen zieht das Kind? Trotz allem wird es sich dabei immer nur um ein Modell des kindlichen Denkens handeln, das vielleicht geeignet ist, das Vorgehen des Kindes zu verstehen Die dann einzusetzende Hilfe kann auf die fehlerhaften Elemente dieser Vorstellungen und Vorgehensweisen einzelfallspezifisch ausgerichtet werden Ohne eine solche detaillierte Diagnostik des Einzelfalls (Kind und Aufgabe) bleibt jede Intervention des Lehrers unspezifisch und möglicherweise unwirksam oder sogar kontraproduktiv!
7 Auszug aus einem informellen Gespräch zur Diagnose mathematischer Leistungen I: A: ist Null I: Wie hast du das gerechnet? A: 40 minus 30 ist minus 3 ist 7. Und 7 minus 7 ist 0. Das kann nicht stimmen. I: Kannst du die Aufgabe legen? (Es stehen Zehnerstangen und Einerwürfel zur Verfügung.) A: (beide Zahlen werden mit dem Material korrekt dargestellt, eine Handlung ist nicht möglich) I: Lass jetzt mal die Aufgabe. Du weißt ganz sicher die Lösung von 5 3. A: 2 I: Erzähl doch mal zu der Aufgabe eine Geschichte. A: I: Eine Geschichte ist wie eine Textaufgabe, die zu der Aufgabe passt. Also zu der Aufgabe 4+3 kann ich z.b. erzählen: In meinem Bücherregal stehen schon 4 Bücher, ich stelle noch 3 Bücher dazu. Wie viele Bücher stehen da jetzt? Kannst du jetzt mal versuchen, zu 5 3 eine Geschichte zu erzählen? A: Ich gehe einkaufen und habe 5 DM. Da treffe ich einen Freund, der möchte auch einkaufen. Ich gebe ihm 3 DM ab. I: Schön. Und nun erzähl noch eine Geschichte zu A: An einem Baum hängen 43 Äpfel. 37 Äpfel werden abgepflückt. I: Das ist auch eine schöne Geschichte. Kannst Du das, was du erzählt hast, mal mit dem Material legen? A: (A. legt 4 Zehnerstangen und 3 Würfel, sie nimmt 3 Stangen weg) minus 30 sind 13 und noch minus 7 sind 6.
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