ServusTV präsentiert: Anklöpfeln in Tirol. von Rosi Lochmann

Transkript

1 ServusTV präsentiert: Anklöpfeln in Tirol von Rosi Lochmann

2 Inhaltsverzeichnis Anklöpfeln in Tirol 3 Da Schutzengl 5 Hoameligkeit 6 Des weiße Gwandl 7 2

3 Anklöpfeln in Tirol von Rosi Lochmann Der erste Schnee ist gestern gefallen. Mit roten Backen und nassen Hosen kommen die Kinder vom Schulweg nach Hause. So früh wird es dunkel! Kerzen werden hervorgesucht und alte Weihnachtslieder beim warmen Lichtschein gesungen. Ich suche ein Krippenspiel hervor. Mit Begeisterung lernen meine Buben, gemeinsam mit den Nachbarskindern, das Stück ein. Berni und Vera spielen mit der Föte - sie sind wahre Künstler! Ich erzähle den Kindern vom alten Brauch des Anklöpfelns. Im Advent, am Donnerstag Abend und am Sonntag Abend ziehen die Klöpfler von Haus zu Haus, musizieren und erzählen mit Gedichten oder alten Sprüchen von der Naacht, damals in Bethlehem. Natürlich wollen die Kinder beim Bauernhof, dem Obergaisbacher,anklöpfeln. Stöcke besorgen wir uns im nahen Wald und im Keller finden wir alte Filzhüte und Petroleumlampfen. Die Pelzjacken und Lodenwesten passen vorzüglich für die Bekleidung der Hirten. Die kleine Helga, die noch keine Verse aufsagen kann, muss die Hl. Maria, mit einem blauen Tuch über den Kopf, darstellen. Eine Puppe soll als Jesuskind verkleidet werden. Der Hl. Josef bekommt den größten Stock, einen Lodenumhang und ein Laterne. 3

4 So, jetzt sind wir ausgerüstet! Am Donnerstag Abend warten wir ungeduldig bis die Dunkelheit hereinbricht. Wir marschieren mit unseren festen Schneeschuhen den beinhart gefrorenen Weg hinauf zum Bauernhof und klopfen laut an die dicke, alte Holztüre. Anni, die Jungbäuerin, macht auf und die hellen Kinderstimmen klingen laut über den breiten Hausgang bis zur Stube hinein. De Klepfia sen do! Kemmbs grod eicha ind`stubm! ruft sie erfreut. Ein Singen und Musizieren erklingt in der warmen Stube und die Kinder spielen die wundersame Weihnachtsgeschichte: Der Engel verkündet die frohe Botschaft, das Erschrecken der Hirten und der eilige Aufbruch zum Jesuskind mit all ihren Gaben, alles was sie wohl selber nötig gehabt hätten. Das Singen und Flötenspiel und die natürliche Darstellung der Kinder berührt uns alle wischen heimlich über unsere feuchten Augen. Sogleich werden wir mit Keksen und warmen Getränk bewirtet. Den Bauerleuten haben eine große Freude. Und Freude wollten wir bringen und die Botschaft der Liebe. Die Stube duftet nach Advent und nach dem größten Fest im Jahr - nach Weihnachten! Müde stapfen wir Anklöpfler nach Hause. Es war schön, Freude zu schenken, ein unvergessliches Erlebnis, das die Kinder im Herzen bewahren. 4

5 Da Schutzengl von Herbert Gschwendtner* Wenn ma so im Advent in da Stubn alle beinandagsessn san, dann is oft de Red gwesn von de Engln. Des is oganga bei de Schutzengln bis hi zum Erzengl Gabriel. In meiner Kindheitsvorstellung is ma viakemma, dass ma den, der oan beschützt, eigentlich a sechn müassat. Aba so sehr i man am Abnd im Bett oft herbeigwunschn hätt, damit i eam meine Sorgn und Nöte vazöhn kunnt, er hat si nia oschaun lassn. Dabei hab i ma einbüdt, dass i genau woaß, wia mei Schutzengl ausschaut. Und dann bin i auf oameu verunglückt und hättn ganz notwendig braucht, weil i beim Schlittnfahrn von der Bahn abkemma und übern Hang abakuglt bin, bis mi a Bam bremst hat. Da Fuaß hat weh to, nass bin i durch und durch gwen und neamd hats gwusst, dass i da in dem Grabn glegn bin. Irgendwann hab i dann nit ameu mehr an mein Schutzengl denkt und wia i munta wordn bin, da is de Muatta an mein Bett gsessn und hat gsagt: Sche, dass d wieder de Aufn aufmachst, Bua, hast a riesengroßes Glück ghabt, dass d so an guatn Schutzengl hast. Er war euso da, mei Schutzengl, und i hab man wieder nit odaschaut. 5

6 Hoameligkeit von Herbert Gschwendtner* Im Ofn de knisterndn Scheita, de helfn da Keutn scho weita. Hinterm Vorhangl, am Fensterbrett, findts de Katz gmüatlich und nett, drum bleibt a da Hund auf da Ofenbank und sucht mit ihr koan Streit und Zank. Am Ofn des Teewasser dampft ganz leicht, und wann a Tropfn de hoaße Plattn erreicht, da zischts ameu, dann zreißtsn a scho und de Kügei dampfn auf alle Seitn davo. De damische Floign auf da Fensterscheibn lasst des Aufikraxln oafach nit bleibn. Warum ihr des eppa so guat gfeut, wanns dann eh wieder gach abafeut. Da Pfeifnrach hängt in da Stubenluft und vabroat so an angenehmen Duft. Aufn Tisch liegt de Zeitung aufgschlagn, de Wanduhr heat ma de Stundn osagn. Da Vata legt sei Lesebrille auf d Seit und brummelt eppas vo de bösn Leit. Wann de Muatta a Reih abgstrickt hat, machts a ganz a kloane Bewegung grad, dabei macht da Sessel so an Quergetsa, eus wa eam des gringe Leitl scho zschwa. A Murra vom Hund, beud er si draht. Nachat is glei scho wieder sche stad. Grad des hoamelige Tickn vo da Uhr mischt si drei in de beschauliche Ruah. 6

7 Des weiße Gwandl von Herbert Gschwendtner* De Natur hat wieder ihr weiß Gwandl kriagt, und dawei da Wind um de Hauseckn ziagt, druckn de Kinder eane Nasn an de Scheibn, und schaun a wengerl außi ins Schneetreibn, wia de Flockn um de Hauseckn umaziagn und de Zaunstempel kloane Häuberl kriagn. De Natur hat wieder ihr weiß Gwandl o, da wachsn a de erstn Schneemänna scho, und am Hügl entn, da gehts kreizlustig zua, ziagns mit de Schlittn scho so manche Spur. Zum Trüabseu blasn bleibt da gwiss koa Zeit, da erste Schnee is übareu de größte Freid. 7

8 literatour. Das Literatur-Magazin bei ServusTV. AUTOREN UND IHRE WERKE IM PORTRAIT. Thomas Rottenberg fährt mit seinem roten Bücherbus durch Stadt und Land und trifft außergewöhnliche Persönlichkeiten der Literaturszene. literatour. Samstag 18:25 Sie haben eine Sendung im TV verpasst? Unter stehen Ihnen alle Sendungen der Reihe literatour bei ServusTV zur Verfügung. * aus dem Buch Stubenadvent G schichtn von früher Erschienen im Verlag ANTON PUSTET, Salzburg 8