S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:

Transkript

1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Alt, krank, ausgelaugt: Das Schicksal älterer Rettungsdienstmitarbeiter Autor: Kamera: Schnitt: Achim Reinhardt Michael Damm Michael Reichert Thomas Schäfer Markus Windmeier Inge Maric Moderation Fritz Frey: Wenn wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass die helfende Hand des Rettungssanitäters beherzt zugreifen kann, dann wird es brenzlig. Natürlich sind auch Rettungssanitäter mal krank, aber nach den uns vorliegenden Zahlen gibt es einen besorgniserregenden Trend nach oben. Wenn Helfer Hilfe brauchen Achim Reinhardt mit den Details. Bericht: Zwei Rettungsassistenten, die selbst zum Notfall wurden. Ernst Gilles und Paul Ewen, beide Ende 50, beide beim Roten Kreuz in der Eifel. Normalerweise kämpfen sie um das Leben anderer doch plötzlich ging es für sie selbst um Leben und Tod. Paul Ewen traf es mitten im Einsatz mit akuten Herzproblemen musste er auf die Intensivstation.

2 2 O-Ton, Paul Ewen, Rettungsassistent:»Das war ein absoluter Tiefschlag gewesen, ich hätte nie damit gerechnet, dass mich mein eigener Körper so im Stich lassen würde, aber das war schon ein Schock gewesen, weil ich gemerkt habe, jetzt ist eine gewisse Grenze erreicht, die du eigentlich nie erreichen wolltest.«und auch sein Kollege Ernst Gilles hatte einen Herzinfarkt im Dienst. Musste aus der Rettungswache ins Krankenhaus eingeliefert werden. Doch aufhören kommt für ihn nicht in Frage schließlich hat er eine Familie zu ernähren. O-Ton, Ernst Gilles, Rettungsassistent:»Ich mache weiter hier in meinem Beruf, trotzdem dass ich einen Herzinfarkt bekommen habe, aus dem ganz einfachen Grund: Ich habe keine Alternative. Ich mache diesen auch so lange, wie ich das vom Körperlichen her schaffe, und ich kann nicht aufhören, allein aus finanziellen Gründen.«Rund 40 Jahre arbeiten beide schon im Rettungsdienst. Sie merken, dass sie mit dem Alter an ihre Grenzen kommen seelisch und körperlich. Das schwere Tragen setzt Ihnen zu. Sie klagen über Schmerzen in Rücken, Hüfte und Knien. Vor der Zukunft haben sie Angst. O-Ton, Paul Ewen, Rettungsassistent:»Dass ich versage, das ist meine größte Angst. Dass ich an einem Einsatzort hier und da vielleicht mal versage. Weil ich einfach diese Konzentration nicht mehr hab. Weil ich einfach auch die Luft nicht mehr hab, für diese körperliche Leistung zu bringen. Und das macht mir Sorgen, wenn ich mir vorstelle, wie geht s dann weiter?«vielen Rettungsassistenten geht es so. Je älter sie werden, umso schwerer fallen ihnen der Schichtdienst, die Blaulichteinsätze, die Anspannung bei Notfällen. Exklusiv für REPORT MAINZ hat der wissenschaftliche Dienst der AOK jetzt Kennzahlen zur Arbeitsunfähigkeit von Rettungsassistenten berechnet. Demnach hat der Krankenstand gerade bei den Älteren in den vergangenen drei Jahren deutlich zugenommen.

3 3 Professor Thomas Hering hat zur Situation älterer Rettungsassistenten geforscht. Er wertet die Daten für uns aus. Seine Einschätzung: O-Ton, Prof. Thomas Hering, Hochschule für Gesundheit Bochum:»Ältere Einsatzkräfte im Rettungsdienst, das beobachten wir, und das zeigen die Zahlen, erkranken häufiger und länger als die Durchschnittsbevölkerung. Wenn der Einsatzdienst nicht mehr ausgeübt werden kann, drohen Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, ja oder vorzeitige Verrentung mit sehr hohen Abschlägen und Altersarmut.«So wie bei Klaus Lang. 35 Jahre schuftete er als Rettungsassistent für das Rote Kreuz in Mittelhessen. Dann wurde er berufsunfähig seine Bandscheiben, die Schultern, die Knie waren kaputt. Mit 58 landete er erst in der Reha und dann in der Arbeitslosigkeit. O-Ton, Klaus Lang:»Das war so schlimm für mich. Das hätte ich mir nie in meinem Leben geträumt, dass mal mein Arbeitsleben mal so endet. So krass hart endet, wo du im Prinzip gesagt kriegst: Ach ja, gut, hast immer noch die Möglichkeit Hartz IV zu beantragen. Wenn ich so nachdenke, dann kommen mir heute noch die Tränen.«Inzwischen ist er in Rente, allerdings mit hohen Abschlägen. Das Schicksal trifft viele Rettungsassistenten. Kaum einer erreicht das Rentenalter. Nur knapp 1% schaffen es über die 60-Jahres-Grenze. Alt, krank, ausgelaugt und dann auch noch in finanziellen Nöten. Es gibt für sie kaum Alternativjobs. Jetzt schlagen die Rettungsdienste Alarm. Im Interview mit REPORT MAINZ fordern sie eine Lösung von der Politik. O-Ton, Lorenz Menz, Präsident Deutsches Rotes Kreuz Baden-Württemberg:»Es bleibt dabei, dass eben der große Teil dieser älteren Frauen und Männer in der Notfallrettung im Grunde eben nach 60 Jahren ausgepowert sind, und deshalb muss man dem Rechnung tragen, auch als Dankeschön für das, was sie ein Leben lang für andere Menschen getan haben.«

4 4 O-Ton, Norbert Albrecht, Geschäftsführer Deutsches Rotes Kreuz Rheinland-Pfalz:»Das Deutsche Rote Kreuz sieht einen Handlungsbedarf nach Verkürzung der Lebensarbeitszeit für die Beschäftigten im Rettungsdienst. Das müsste eine bundesweite Aktion sein, es müsste eine Änderung des Rentenrechts herbeigeführt werden.«o-ton, Heiko Werner, Arbeiter-Samariter-Bund Bundesverband:»Auch wir glauben, dass wir eben hier für eine Berufsgruppe, die besonderen psychischen und auch physischen Belastungen ausgesetzt ist, die Möglichkeit schaffen müssen, eine frühere Verrentung ohne Abschläge möglich zu machen.«rente für Rettungsassistenten schon mit 60? Ist das möglich? Bei Feuerwehrleuten im Rettungsdienst gibt es eine solche Ausnahme schon. Sie dürfen als Beamte mit 60 oder 62 in Ruhestand, je nach Bundesland. Ist das aber auch für angestellte Rettungsassistenten durchsetzbar? Gerne hätten wir die zuständige Bundesarbeitsministerin dazu befragt. Doch es gibt kein Interview. Schriftlich lässt sie mitteilen, eine solche Ausnahme komme nicht grundsätzlich in Betracht, weil sonst auch andere Berufsgruppen Ausnahmen wollten. Sie habe aber Verständnis für die Rettungsassistenten. Deswegen werde sie im Herbst mit den Ländern über Lösungsmöglichkeiten auf Landesebene sprechen. Doch in den Ländern macht man den Rettungsassistenten nur wenig Hoffnung. O-Ton, David Langner, SPD, Staatssekretär Arbeitsministerium Rheinland- Pfalz:»Ich kann heute noch nicht versprechen, dass wir eine Lösung finden, und dass es ganz einfach wird, das kann man schon jetzt sagen, das wird nicht der Fall sein.«frage: Aber Konkretes gibt s noch nichts?

5 5 O-Ton, David Langner, SPD, Staatssekretär Arbeitsministerium Rheinland- Pfalz:»Konkretes kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts sagen, nein.«das klingt nicht nach einer schnellen Hilfe für ältere Rettungsassistenten. Sie müssen weiter ausrücken zu Notfällen und darauf hoffen, dass sie nicht zur Gefahr werden. Für sich und andere. Abmoderation Fritz Frey: Mit unserem Autor habe ich über seine Recherchen gesprochen. Unter das Gespräch.