Die ab Steuerperiode 2009 geltende Teilbesteuerung wird in einer gesonderten Praxisfestlegung erläutert (vgl. Praxisfestlegung 021a-01).
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- Ingrid Boer
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1 Praxisfestlegung Steuerverwaltung Graubünden Einkommen aus Beteiligungen: Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung StG 39 IV; 64 III Halbsatzverfahren: bis Steuerperiode PROBLEMDARSTELLUNG Mit der Teilrevision des Steuergesetzes per wurde für Beteiligungen von mindestens 10% am Aktien-, Grund- oder Stammkapital einer Schweizer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft das sogenannte Halbsatzverfahren eingeführt 1. Mit der Steuerperiode 2009 wechselte der Kanton zum Teilbesteuerungsverfahren. Per 1. Januar 2009 führte auch der Bund die Teilbesteuerung ein 2. Die vorliegende Praxisfestlegung befasst sich noch mit dem Halbsatzverfahren und betrifft daher ausschliesslich die Kantonssteuern. Zum Teilbesteuerungsverfahren vgl. die Praxisfestlegung 021a-01. Die Beteiligungsrechte sowie die Erträge daraus werden zum halben Satz des Gesamtvermögens bzw. des Gesamteinkommens besteuert. Der im konkreten Fall anwendbare Steuersatz wird mit anderen Worten halbiert. Die qualifizierten Beteiligungserträge werden zu diesem halbierten Satz in der Einkommens- und der Vermögenssteuer besteuert. Mit diesem Halbsatzverfahren soll die wirtschaftliche Doppelbelastung gemildert und die Steuerbelastung der juristischen Personen an diejenige der Personengesellschaften angeglichen werden. Die Entlastung soll aber nur den Beteiligten gewährt werden, bei denen auch eine unternehmerische Tätigkeit vermutet wird. Die gesetzliche Regelung geht davon aus, dass dies mit einer Beteiligung von mindestens 10% des Kapitals der Fall ist, um diese Frage nicht in jedem Einzelfall prüfen zu müssen. Das Halbsatzverfahren wirft verschiedene Fragen auf, die nachstehend diskutiert und beantwortet werden sollen. Die Fragen werden für die Ausschüttungen diskutiert; sie gelten sinngemäss auch für die Vermögenssteuer. Die ab Steuerperiode 2009 geltende Teilbesteuerung wird in einer gesonderten Praxisfestlegung erläutert (vgl. Praxisfestlegung 021a-01). 1 2 Vgl. Botschaft zur Teilrevision des kant. Steuergesetzes vom 29. August 2005, Botschaften , Heft Nr. 10, S. 950 ff.; Vgl. dazu die folgenden KS der ESTV: KS Nr. 22 vom 16. Dezember 2008 betreffend Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen im Privatvermögen und Beschränkung des Schuldzinsenabzugs sowie KS Nr. 23 vom 17. Dezember 2008 betreffend Teilbesteuerung der Einkünfte aus Beteiligungen im Geschäftsvermögen und zum Geschäftsvermögen erklärte Beteiligungen Ha/He doc P
2 2. FRAGESTELLUNGEN 2.1 Ausschüttende Gesellschaften Nach StG 39 IV werden nur die ausgeschütteten Gewinne aus "in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften" zum halben Satz besteuert. Nach Ansicht des Bundesgerichts ist es verfassungswidrig, wenn bei der Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung die Beteiligungserträge eingeschränkt werden auf solche aus Unternehmen mit Sitz in der Schweiz 3. Aus diesem Grunde werden Beteiligungserträge aus ausländischen Unternehmen gleich behandelt wie solche aus schweizerischen Unternehmen. Die genannte Einschränkung auf schweizerische Unternehmen wird damit auf sämtliche noch offenen Fälle nicht mehr angewendet. Im Rahmen des Wechsels zum Teilbesteuerungsverfahren per 1. Januar 2009 wurde sie gestrichen (vgl. StG 18a und 21a). Betroffen sind nur die Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, Kommandit-AG) und Genossenschaften. Leistungen aus Personenunternehmen, Stiftungen, Vereinen oder Korporationen fallen nicht darunter. 2.2 Domizil- und Holdinggesellschaften Das Gesetz spricht von unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Darunter sind auch die Domizil- und Holdinggesellschaften zu subsumieren. Sie unterliegen zwar einem besonderen Steuerregime, sind aber unbeschränkt steuerpflichtig. Auch Ausschüttungen aus einer Domizil- bzw. Holdinggesellschaft fallen daher unter die Regelung. Eine allfällige Steuerumgehung durch die Einbringung von Wertpapieren (Streubesitz) in eine privilegierte Domizil- oder Holdinggesellschaft mit anschliessender Besteuerung zum Halbsatz ist bei Gesellschaften mit Domizil im Kanton dadurch zu verhindern, dass den entsprechenden Gesellschaften das Steuerprivileg verweigert wird. Bei ausserkantonalen Gesellschaften mit einem Domizil- oder Holdingprivileg muss eine Steuerumgehung auf der Ebene der Beteiligten geprüft werden. 2.3 Art der Gewinnausschüttung Unter den Begriff der ausgeschütteten Gewinne sind die offenen und die verdeckten Gewinnausschüttungen zu subsumieren. Die geldwerten Leistungen sind in der Aussenphase als Beteiligungserträge zu erfassen und wenn die übrigen Bedingungen erfüllt sind zum halben Steuersatz zu besteuern. Der Grund für die Aufrechnung einer geldwerten Leistung spielt hier keine Rolle; selbst wenn eine Steuerhinterziehung oder ein Steuerbetrug vorliegt, kann die aufgerechnete geldwerte Leistung letztlich zum halben Satz besteuert werden. 3 Vgl. BGer , in: StE 2010 A Nr. 13 = StR 2010, S. 34, 2C_274/ doc 2
3 Als Gewinnausschüttungen werden auch die Erträge aus Partizipationsscheinen angesehen. Dasselbe gilt für die Erträge aus Genussscheinen, sofern neben den Genussscheinen auch noch eine Beteiligung von über 10% an derselben Gesellschaft gehalten wird. 2.4 Herkunft der ausgeschütteten Mittel Die gesetzliche Regelung sieht keinen Vorbelastungstest in dem Sinne vor, dass geprüft werden könnte, ob die ausgeschütteten Gewinne auf der Stufe der Gesellschaft oder Genossenschaft voll besteuert worden sind. Es spielt somit keine Rolle, ob die Gewinne aus der Betriebsstätte in einer Steueroase stammen oder ob es sich um Beteiligungserträge handelt, die zu einem geringen Teil besteuert wurden (Beteiligungsabzug). Die ausgeschütteten Gewinne qualifizieren in beiden Fällen für das Halbsatzverfahren. 2.5 Erfüllen der 10%- Quote im Allgemeinen Das Gesetz schreibt eine Beteiligung von mindestens 10% vor. Dabei ist auf die Anteile am (einbezahlten) Kapital und nicht etwa auf die Stimmrechte abzustellen. Der jeweilige Steuerpflichtige muss die Quote von 10% selbständig erreichen. Weder die Beteiligungsrechte von volljährigen Kindern noch diejenigen, die indirekt über eine juristische Person oder eine Kollektiv- bzw. Kommanditgesellschaft gehalten werden, können hinzugerechnet werden. Zusammengerechnet werden können die Beteiligungsrechte der gemeinsam besteuerten Ehegatten, der eingetragenen Partnerinnen und Partner sowie der zusammen mit dem betreffenden Elternteil besteuerten minderjährigen Kinder. Zusammengerechnet werden können auch die Beteiligungsrechte, die im Privatvermögen gehalten werden und diejenigen, welche im Geschäftsvermögen eines Selbständigerwerbenden, einer Einzelunternehmung oder (anteilsmässig) einer Personenunternehmung (einfache Gesellschaft, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft) gehalten werden. 2.6 Erfüllen der 10%- Quote bei Personengesamtheiten Unter den Personengesamtheiten sind hier die Personengesellschaften und die Erbengemeinschaften zu verstehen. Bei den Personengesellschaften (Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, einfache Gesellschaften) erfolgt eine quotale Zuteilung der Beteiligungsrechte an die Beteiligten. Die Mindestquote von 10% muss von jedem einzelnen Steuerpflichtigen selber erfüllt werden. Wird eine Erbengemeinschaft selbständig besteuert, weil die Beteiligungen nicht feststehen (StG 11 II), ist auch die 10%-ige Beteiligung durch die Erbengemeinschaft zu erfüllen. In allen anderen Fällen müssen die von einer Erbengemeinschaft gehaltenen Be doc 3
4 teiligungsrechte anteilsmässig auf die Erben aufgeteilt werden. Der einzelne Erbe muss die Quote von 10% erreichen, um vom Halbsatzverfahren profitieren zu können. 2.7 Massgebender Stichtag Für die Frage, ob der betreffende Steuerpflichtige eine mindestens 10%-ige Beteiligung gehalten hat, ist für die Einkommenssteuer auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Rechtsanspruch auf die Gewinnausschüttung entstanden ist, d.h. in dem der steuerrechtliche Zufluss des entsprechenden Ertrages erfolgt ist; wurde bei einem Verkauf der Beteiligungsrechte vereinbart, die nächste Gewinnausschüttung erfolge noch an den Veräusserer, ist auf den Verkaufszeitpunkt abzustellen; für die Vermögenssteuer ist auf den 31. Dezember oder auf das Ende der Steuerpflicht abzustellen. 2.8 Tantième Die Tantième nach OR 677 ist ein Gewinnanteil, der an die Mitglieder des Verwaltungsrats der Aktiengesellschaft ausgerichtet werden kann. Die Zahlung wird aus dem versteuerten Gewinn bezahlt, stellt aber beim Verwaltungsrat Einkommen aus Erwerbstätigkeit dar. Die Tantièmen unterliegen nicht der Verrechnungssteuer; sie sind AHVpflichtiger Lohn. Der Wortlaut von StG 39 spricht von ausgeschütteten Gewinnen. Bei der Tantième handelt es sich um eine Gewinnausschüttung. Das Halbsatzverfahren ist deshalb auch auf die Tantième anzuwenden. 3. BERECHNUNGSBEISPIEL Die verheiratete Unternehmerin X. erzielt zusammen mit ihrem Ehemann ein steuerbares Einkommen von a) 450'000 und b) 250'000 Franken. Ein Anteil von a) 250'000 bzw. b) 150'000 Franken entfällt auf die Dividendenzahlung aus der von X. beherrschten Aktiengesellschaft. Berechnung der Einkommenssteuer (Wohnsitz Chur, konfessionell gemischt). Steuersätze und Steuerbeträge Bund Kanton Chur Kirche a) Einkommen total 450' % 11.1% 9.5% 1.3% Beteiligungsertrag 250' % 5.5% 4.7% 0.7% übriges Einkommen 200' % 11.1% 9.5% 1.3% Steuerbelastung 450'000 45'846 35'975 30'386 4' doc 4
5 Steuersätze und Steuerbeträge Bund Kanton Chur Kirche b) Einkommen total 250' % 10.3% 8.8% 1.2% Beteiligungsertrag 150' % 5.1% 4.4% 0.6% übriges Einkommen 100' % 10.3% 8.8% 1.2% Steuerbelastung 250'000 19'846 17'983 15'413 2' doc 5
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