Deutschland hat Zukunft Freiheit statt Schranken unser Gesundheitssystem im Wandel
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- Ursula Brandt
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1 Deutschland hat Zukunft Freiheit statt Schranken unser Gesundheitssystem im Wandel Donnerstag, um 15:00 Uhr hbw Haus der Bayerischen Wirtschaft, ConferenceArea, Europasaal Max-Joseph-Straße 5, München Begrüßung Bertram Brossardt Hauptgeschäftsführer vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Es gilt das gesprochene Wort.
2 1 Sehr geehrte Frau Staatsministerin Huml, liebe Melanie, sehr geehrter Herr Prof. Ulrich, sehr geehrte Frau Dr. Demmler, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich im Haus der Bayerischen Wirtschaft zu unserem Kongress Deutschland hat Zukunft Freiheit statt Schranken unser Gesundheitssystem im Wandel. Wachsende Bedeutung der Gesundheit Gesundheit gewinnt in unserer Gesellschaft immer mehr an Bedeutung und die Ausgaben dafür werden weiter steigen. Die Gründe dafür sind vielfältig: - Die Alterung der Gesellschaft die Gesundheitsausgaben wachsen mit dem Alter. - Das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Menschen, das die Zahlungsbereitschaft wachsen lässt. - Und der technisch-medizinische Fortschritt, der zusätzlichen Nutzen und Effizienzgewinne
3 2 bringt, aber auch zusätzliche Kosten verursacht. Die steigende Bedeutung des Gesundheitssektors ist prinzipiell keine schlechte Nachricht. Sie ist Ausdruck einer wachsenden Nachfrage der Menschen. Gesundheit ist ein Wachstumsmarkt, von dem die starke und innovative bayerische Gesundheitswirtschaft besonders profitiert. Und weil diese Branche sehr personalintensiv ist schon heute arbeiten dort über zehn Prozent aller Beschäftigten des Freistaats, trägt sie mit zur guten Situation auf dem Arbeitsmarkt bei. Problem: Finanzierung Problematisch ist allerdings, dass die Finanzierung des Gesundheitssystems nicht nachhaltig ist und strukturell falsch läuft. Innerhalb von nur zehn Jahren von 2004 bis 2014 sind die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherungen um 45 Prozent nach oben geschossen.
4 3 Und das, obwohl die Alterung der Bevölkerung in diesem Zeitraum noch nicht die Dynamik hatte, die in den kommenden Jahren zu erwarten ist. Fest steht: Wenn wir nicht Kurs ändern, droht eine weiterer starker Kostenanstieg, der die Beitragszahler und damit auch unsere Unternehmen und unseren Standort überfordern wird. In unseren Augen gibt es drei Kernprobleme: Erstens: Die Kopplung der Finanzierung an den Lohn, die zu einer einseitigen Belastung des Faktors Arbeit führt. Zweitens: Mangelnde Eigenverantwortung. Drittens: Mangelnder Wettbewerb, der durch die Einführung des Gesundheitsfonds weiter zementiert wurde. Erstens: Kopplung der Finanzierung an den Lohn Zu Erstens: Das aktuelle System knüpft den Großteil der Finanzierungslast an den Faktor Arbeit. Das verteuert die Lohnstückkosten und schwächt so die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe.
5 4 Experten erwarten, dass der Beitragssatz bis zum Jahr 2030 von heute im Schnitt 15,7 Prozent auf mehr als 25 Prozent klettern wird, wenn wir so weiter machen wie bisher. Zwar ist der Arbeitgeberbeitragssatz derzeit festgeschrieben. Darauf verlassen, dass das so bleibt, können wir uns aber nicht. Die im Vergleich zu anderen Ländern zu hohen Arbeitskosten sind ein Dauerthema und stellen für die Firmen eine hohe Belastung dar. Klar ist: Wenn wir als Standort weiter attraktiv bleiben wollen, dann dürfen die Beiträge und damit die Arbeitskosten nicht noch weiter steigen. Im derzeitigen System sind zusätzliche Belastungen aber programmiert. Und zwar in einem Ausmaß, das die Unternehmen zu überfordern droht. Hinzu kommt: Die lohnbasierte Finanzierung ist nicht besonders gerecht auch wenn immer so getan wird. 75 Prozent der Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung stammen aus Arbeitseinkommen.
6 5 Nicht arbeitende Ehegatten, Immobilien- und Kapitaleinkünfte tragen dagegen gar nichts bei. 53 Millionen zahlende gesetzlich Versicherte stemmen die GKV-Ausgaben von knapp 71 Millionen GKV-Versicherten und zudem weitere Ausgaben, die für gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu bezahlen sind. Wir wollen keine Neiddebatte. Aber: Angesichts dieser Schieflage muss die Diskussion um die Finanzierung des Gesundheitssystems ehrlicher geführt werden. Zweitens: Mangelnde Eigenverantwortung Zu Zweitens, der mangelnden Eigenverantwortung: Das aktuelle System setzt viel zu wenig Anreize für kosten- und gesundheitsbewusstes Verhalten der Versicherten. Weil die Höhe des Krankenkassenbeitrags sich nicht danach bemisst, welche und wie viele Leistungen ein Versicherter in Anspruch nimmt, besteht kein erkennbarer Zusammenhang zwischen Leistungsbezug und zu zahlendem Versicherungsbeitrag.
7 6 Wo aber zu wenig Eigenverantwortung und Transparenz herrscht, wird auch nicht ökonomisch gehandelt. Daran krankt das gesamte System. Die Praxisgebühr war zwar falsch konstruiert. Sie ist aber grundsätzlich ein Mittel, um genau diese Eigenverantwortung zu stärken. Ihre Abschaffung war ein Fehler. Eine Fortentwicklung wäre sinnvoller gewesen. Drittens: Mangelnder Wettbewerb / Gesundheitsfonds Dritter Schwachpunkt ist der mangelnde Wettbewerb. Die Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre haben diesen Wettbewerb verzerrt und geschwächt. Bis 2007 ermöglichte die Beitragsautonomie den Kassen einen einigermaßen transparenten Wettbewerb. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds und der Rücknahme des in Euro zu zahlenden Zusatzbeitrags durch die derzeitige Bundesregierung wurde dieser Wettbewerb unter den Kassen stark reduziert. Gesundheitsfonds: Verteilungsprobleme
8 7 Der Gesundheitsfonds schwächt nicht nur den Wettbewerb unter den Krankenkassen. Dazu kommen weitere Probleme hinsichtlich der Verteilungsmechanismen des Fonds, auf die Staatsministerin Huml und Herr Prof. Ulrich sicher noch näher eingehen werden. Durch das Auseinanderfallen von Beiträgen und Leistungen wird zum einen Bayern über Gebühr benachteiligt. Der Freistaat zahlt jährlich 1,7 Milliarden Euro mehr an Beiträgen in den Fonds hinein, als er wieder herausbekommt. Wir haben es hier mit einer Art zweiten Länderfinanzausgleich unter dem Deckmantel der Sozialversicherung zu tun. Das kann nicht sein! Wir drängen deshalb auf eine Neuordnung über einen Regionalausgleich beim Gesundheitsfonds. Eine Schieflage gibt es nicht nur bei der regionalen Verteilung der Gelder des Gesundheitsfonds. Auch zwischen den Kassen gibt es Verwerfungen. So werden Betriebskrankenkassen systematisch schlechter gestellt. Frau Dr. Demmler wird die Zusammenhänge gleich näher erläutern.
9 8 Betriebskrankenkassen sind in der Regel sehr solide geführt, nah an den Versicherten und zeichnen sich durch sehr gezielte und wirksame Gesundheitsprävention aus. Es kann nicht sein, dass diese gut funktionierenden Kassen zu Gunsten anderer Organisationen systematisch benachteiligt werden. Auch daran muss sich etwas ändern. Anmerkungen zu den aktuellen Gesundheitsreformen Noch ein paar Sätze zu den jüngsten Gesundheitsreformen. Die letzte sogenannte Strukturreform im Gesundheitswesen, die vor zwei Jahren verabschiedet wurde, greift zu kurz. Die grundsätzlichen Finanzierungsprobleme wurden kaum angepackt. Zu begrüßen ist allerdings die weitere Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags. Die weiteren Gesetze, die seither verabschiedet wurden, sind allesamt Leistungsgesetze und pumpen zusätzliches Geld in ein strukturell nur bedingt zukunftsfähiges System. Ärgerlich ist auch, wie die Finanzierung des Präventionsgesetzes geregelt ist. Es verlangt von
10 9 den Beitragszahlern für allgemeine Präventionsmaßnahmen zu bezahlen, die eigentlich Aufgabe des Staates sind. Dass die Beitragszahler dabei sogar zur Finanzierung einer Bundesbehörde der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gezwungen werden, ist nicht hinnehmbar. Unser Vorschlag: Regionaler Gesundheits-Kombi Meine Damen und Herren, das gegenwärtige System ist strukturell nicht geeignet, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die vbw hat zusammen mit dem Institut für Gesundheitsökonomie einen Lösungsvorschlag entwickelt, der für die Zukunft eine tragfähige Finanzierung unseres Gesundheitssystems gewährleistet. Der Name des Vorschlags lautet: Regionaler Gesundheits-Kombi. Er basiert auf zwei Säulen: Die erste Säule besteht aus einem weiterentwickelten Gesundheitsfonds. Der Arbeitgeberanteil wird auf der Grundlage des heutigen, bundesweit einheitlichen Beitragssatzes
11 10 eingefroren und direkt an den Gesundheitsfonds abgeführt. Die Arbeitgeber bleiben damit Teil des Finanzierungssystems in der GKV. Gleichzeitig wird der Faktor Arbeit langfristig entlastet. In den Gesundheitsfonds fließen zudem Steuermittel für versicherungsfremde Leistungen, etwa für die beitragsfreie Versicherung von Kindern. Die zweite Säule bildet ein Versichertenbeitrag, der von jeder Krankenkasse als Preis in Euro und Cent individuell festgesetzt wird. Jeder Erwachsene Versicherte ist beitragspflichtig und zahlt den kassenspezifischen Versichertenbeitrag direkt an seine Krankenkasse. Versicherte, die ihren Beitrag nicht aus eigener Kraft aufbringen können, erhalten Einkommenshilfen aus Steuermitteln. Beide Säulen des Modells enthalten regionale Differenzierungsfaktoren: Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erfolgen nach einem Schlüssel, der den unterschiedlichen regionalen Kostenniveaus und Lebensverhältnissen Rechnung trägt.
12 11 Über die kassenspezifischen Versichertenbeiträge werden regionale Vergütungs-, Versorgungs- und Qualitätsunterschiede unmittelbar berücksichtigt. Dieses Modell adressiert die Kernprobleme des aktuellen Systems: 1. Die Lohnzentrierung wird deutlich reduziert. 2. Die Eigenverantwortung der Versicherten wird durch ein Mehr an Wahlfreiheit erhöht. 3. Der (Preis-) Wettbewerb unter den Krankenkassen wird durch frei gestaltbare, vom Arbeitsabkommen abgekoppelte Versicherungsprämien wieder hergestellt. Wir sind uns bewusst, dass dieses Modell nicht einfach durchzusetzen sein wird. Aber wir brauchen Lösungen. Die Reformen der Vergangenheit haben wenig gebracht und waren zum Teil sogar kontraproduktiv. Meistens ging es darum, kurzfristig irgendwelche Finanzierungslöcher zu stopfen. Das ist aber der falsche Weg. Wir sind fest davon überzeugt, dass unser Vorschlag den richtigen Weg weist.
13 12 Deswegen werden wir weiter dafür werben. So viel von meiner Seite. Ich wünsche uns allen eine informative und aufschlussreiche Veranstaltung! Vielen Dank!
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