Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz)
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- Christian Geisler
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1 Aon Hewitt Aon Hewitt aktuell November 2016 I Nummer 4 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz) Anfang gut Ende hoffentlich noch besser! Endlich ist er da, der Entwurf eines Betriebsrentenstärkungsgesetzes! Darin werden viele Regelungen vorgeschlagen, die der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung und damit der gesamten Alterssicherung gut tun werden. Die Details stellen wir Ihnen zusammen mit einer Ersteinschätzung unsererseits im Folgenden kurz vor. Zur Verbesserung der Situation von Geringverdienern sind zuvorderst das neue Zulagenmodell (d. h. Förderbeiträge) und die Freibeträge bei der Anrechnung auf die Grundsicherung positiv herauszustellen. Auch die Anhebung der Riester-Förderung hat einen grundsätzlich positiven Charakter. Überdies sind die Maßnahmen zur Verbesserung des 3 Nr. 63 EStG zu loben, wenngleich das Volumen sicher noch nicht ausreichend ist. Leider geht die Abschaffung der Doppelverbeitragung in Punkto Sozialabgaben durch die Beschränkung allein auf bav-riesterverträge nicht weit genug. Mit wenigen Ausnahmen beschränken sich die geplanten Fördermaßnahmen zudem auf die Durchführungswege Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung. Dass die Unterstützungskasse und vor allem der immer noch mit Abstand größte und bedeutendste Durchführungsweg, die Direktzusage, weitgehend außen vor bleiben, ist ebenso bedauerlich. Zwar dürfte im Bereich der Zielgruppe der Reform, den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die Direktzusage nicht dominant sein, aber allein durch ihre Größe nimmt sie für das Stimmungsbild in der Wirtschaft gegenüber der bav eine wichtige Signalrolle ein. Bei den arbeitsrechtlichen Neuerungen ist zum einen die geplante Möglichkeit, ein Betriebsrentensystem mit automatischer Einbindung der Mitarbeiter unter Einräumung eines Abwahlrechts (sog. Opting-out) rechtssicher gestalten zu können (auch für schon bestehende Arbeitsverhältnisse), positiv hervorzuheben. Schade ist nur, dass diese Option unter Tarifvorbehalt bzw. einer betrieblichen Referenz auf eine Tarifregelung (als Ganzes) steht. Hier wären auch rein betriebliche Anwendungen eine gute Sache. Ähnlich verhält es sich mit der Einführung der sog. reinen Beitragszusage, die die Arbeitgeber von der immer wieder als Verbreitungshemmnis angeführten Haftung für bav Zusagen befreit und die in den letzten Monaten unter den Überschriften Zielrente oder auch Defined Ambition diskutiert wurde. Auch diese Regelung ist gewissen tarifvertraglichen Durchführungsformen vorbehalten. Risk. Reinsurance. Human Resources.
2 Zwar ist zu begrüßen, dass auch nicht-tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch die Anwendung tariflicher Regelungen von diesen Elementen grundsätzlich profitieren können. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit von dieser Möglichkeit in der Praxis Gebrauch gemacht werden wird. Die vorgesehene reine Beitragszusage ist im Wesentlichen derart ausgestaltet, dass in der Anwartschaftsphase ein reiner Sparvorgang vorgesehen ist und mit Beginn der Rentenphase eine Rente gewährt wird, für die keine Mindestgarantie vorgesehen ist. Dies soll die Partizipation an den Chancen risikobewusster Kapitalanlagestrategien ermöglichen. Dieses Modell ist grds. zu begrüßen. Allerdings werden nach derzeitigem Stand insbesondere in der Anwartschaftsphase einige Möglichkeiten und Vorteile einer kollektiven Kapitalanlage ausgegrenzt. Hier wäre es wünschenswert, wenn in der nun anstehenden (aber leider sehr kurzen) Phase der Verbändeanhörung noch eine Öffnung für Ausgestaltungen erreicht werden könnte, die dann von den Sozialpartnern ausgefüllt werden können. Denn gerade damit könnte die Akzeptanz von Beitragszusagen bei den Begünstigten voraussichtlich noch einmal deutlich verbessert werden. Geeignete Glättungsmechanismen können nämlich die möglichst dauerhafte Gewährung der in Aussicht gestellten Renten mit möglichst geringen Schwankungen befördern und somit einen echten Zielrentencharakter zur Förderung verlässlicher Versorgungsleistungen sicherstellen. Zusammengefasst: Alle geplanten Maßnahmen sind gut und weisen in die richtige Richtung. An einigen Stellen gehen die Überlegungen allerdings noch nicht weit genug. Aber daran lässt sich ja vielleicht noch etwas gestalten, wozu alle bav-protagonisten aufgefordert sind. Die aktuell laufende Verbändeanhörung, an der wir über diverse Fachgremien aktiv beteiligt sind, bietet hierfür Gelegenheit. Über Veränderungen gegenüber dem derzeitigen Entwurfsstand werden wir Sie selbstverständlich informieren. Also: Anfang gut Ende hoffentlich noch besser! Nun zu den wesentlichen vorgeschlagenen Neuregelungen im Einzelnen: Der vorliegende Referentenentwurf sieht zahlreiche Neuregelungen im Arbeits- und Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung sowie im Versicherungsaufsichts- und Sozialrecht vor: Änderungen des Betriebsrentengesetzes Erstmalige Ermöglichung einer reinen Beitragszusage, d.h. ohne arbeitgeberseitige Garantien über die reine Beitragszahlung hinaus (keine Subsidiärhaftung der Arbeitgebers mehr) Die Nutzung dieser neuen Zusageform setzt eine tarifvertragliche Regelung voraus, in der die Beteiligung der Tarifvertragsparteien an Durchführung und Steuerung dieser bav geregelt ist. Hierfür ist bereits eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag ausreichend, so dass grundsätzlich auch eine Detailregelung über Betriebsvereinbarungen möglich ist. Auch nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelungen vereinbaren. Die Zusageform der reinen Beitragszusage ist nur in den Durchführungswegen Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung vorgesehen. Bei Arbeitgeberfinanzierung ist ein zusätzlicher Sicherungsbeitrag seitens des Arbeitgebers vorgesehen, der zur Verminderung der Volatilität der Beitragszusage dienen soll. Bei Entgeltumwandlung ist ein Zuschlag von mindestens 15 % des umgewandelten Entgelts verpflichtend (Weitergabe eines großen Teils der ersparten Sozialversicherungsbeiträge an die Beschäftigten). Die Anwartschaft ist in jedem Fall sofort unverfallbar, auch bei originärer Arbeitgeberfinanzierung. Aon Hewitt aktuell November 2016 Seite 2 von 5
3 Bei der Beitragszusage sind ausschließlich laufende Rentenleistungen vorgesehen; Bagatellabfindungen sind allerdings zulässig. Nach einem Ausscheiden beim Arbeitgeber besteht das Recht zur Fortführung der Versorgung mit Eigenbeiträgen; zudem besteht ein Anspruch auf Portabilität (d. h. Übertragung auf einen anderen Träger innerhalb eines Jahres); es bestehen in diesen Fällen Verfügungsverbote wie bei der bisherigen versicherungsvertraglichen Lösung. Sofern der neue Arbeitgeber zur Durchführung einer reinen Beitragszusage über eine entsprechende Einrichtung bereit ist, an deren Durchführung und Steuerung die Tarifvertragsparteien beteiligt sind, dann muss ein etwaiger Übertragungswert dorthin übertragen werden. Die Leistungshöhe der Beitragszusage bemisst sich anhand einer aus den gezahlten Beiträgen und Kapitalmarkterträgen ermittelten Zielrente, deren Höhe in Abhängigkeit vom Kapitalanlagererfolg schwanken kann (Vorgaben dazu werden im VAG und der Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung geregelt). Ermöglichung der rechtssicheren Einführung eines Opting-Out-Modells Auch diese Gestaltungsform setzt eine tarifvertragliche Regelung voraus. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelungen vereinbaren (als Ganzes). Die Voraussetzungen für ein solches Optionssystem sehen ein schriftliches Angebot des Arbeitgebers (über Umwandungsgegenstand und höhe) mindestens drei Monate vor der ersten Umwandlung vor; hierbei muss ein Hinweis auf die einschlägigen Widerspruchs- und Beendigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers gegeben werden. Einführung eines Wahlrechts des Arbeitnehmers zur Fortführung einer auf sein Leben abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung nach Eintritt eines Sicherungsfalles Dieses Wahlrecht betrifft die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse. Der Versorgungsberechtigte kann verlangen, dass an die Stelle des Anspruchs gegen den Träger der Insolvenzsicherung (PSVaG) die Versicherungsleistung der Rückdeckungsversicherung tritt. Dadurch kann der Versorgungsberechtigte neuer Versicherungsnehmer werden und die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortführen. Es gelten die Verfügungsverbote wie bei der bekannten versicherungsvertraglichen Lösung. Änderungen im Steuerrecht Erhöhung des Förderrahmens im 3 Nr. 63 EStG (steuerfreie Zahlungen an Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen) sowie Umsetzung von Flexibilisierungen und Vereinfachungen des steuerlichen Verwaltungsverfahrens Die Steuerfreiheit der Beiträge wird unter ansonsten unveränderten Voraussetzungen von 4 % der BBG auf 7 % der BBG erhöht; dafür entfällt allerdings der Aufstockungsbetrages i. H. v EUR. Bei Nutzung von 40b EStG werden die tatsächlich pauschal versteuerten Beiträge in Abzug gebracht (Aufgabe des sog. Alles-oder-Nichts-Prinzips). Die Vervielfältigungsregelung für Zahlungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird neu gefasst: pro Dienstjahr (max. 10 Dienstjahre) können 3 % BBG steuerfrei eingezahlt werden (dies gilt nicht, wenn die alte Vervielfältigungsregelung des 40b EStG i. F. v. 31. Dezember 2004 zur Anwendung kommt). Zudem gibt es eine Regelung zur Nachholung von unterlassenen Beitragszahlungen: pro Dienstjahr (max. 10 Dienstjahre) können 7 % BBG steuerfrei nachgezahlt werden, wenn in den Jahren, für die Aon Hewitt aktuell November 2016 Seite 3 von 5
4 nachentrichtet wird, das erste Dienstverhältnis ruhte und kein steuerpflichtiger Arbeitslohn im Inland bezogen wurde. Die Abgrenzung, ob ab 2005 eine neue Versorgungszusage erteilt wurde, wird aufgegeben: künftig soll es ausreichen, wenn vor 2018 ein Beitrag geleistet wurde, der nach 40b EStG i. F.v. 31. Dezember 2004 pauschal versteuert wurde. Ein im Rahmen einer originär arbeitgeberfinanzierten Beitragszusage geleisteter zusätzlicher Sicherungsbeitrag soll steuerfrei sein, soweit er nicht unmittelbar dem Arbeitnehmer gutgeschrieben wird (Steuerfreiheit besteht neben 3 Nr. 63 EStG) Zusätzliche Einführung eines bav-förderbeitrags für Geringverdiener Dieser Förderbeitrag wird nur für Personen gewährt, solange deren monatlicher Arbeitslohn max EUR beträgt. Die Gewährung des Förderbeitrags ist nur für arbeitgeberfinanzierte bav möglich und auch nur für Neuzusagen oder Erhöhungen ab 2018; der Mindestbeitrag muss 240 EUR p. a. betragen. Der Förderbeitrag beträgt 30 % des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags zwischen 240 EUR und 480 EUR; die Abrechnung und Administrierung des Förderbeitrags erfolgt über die Lohnsteuer- Anmeldung. Der Förderbeitrag wird nur für Beiträge an Direktversicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds gewährt und nur, wenn die Beiträge in einen ungezillmerten Vertrag fließen. Der Förderbeitrag besteht zusätzlich zur Förderung nach 3 Nr. 63 EStG sowie zur Riester-Förderung. Darüber hinaus sind Änderungen im Rahmen der Riester-Förderung vorgesehen Die Grundzulage wird von 154 EUR auf 165 EUR p. a. angehoben; der max. Sonderausgabenabzug bleibt aber bei EUR jährlich. Leistungen aus riestergeförderten Verträgen bleiben künftig sozialabgabenfrei. Änderungen im Sozialabgabenrecht Einführung eines Freibetrages im Rahmen der Grundsicherung Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist künftig vom anzurechnenden Einkommen ein Freibetrag für Leistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge abzusetzen. Dieser beträgt 100 EUR monatlich zuzüglich 30 % der diesen Betrag übersteigenden Altersvorsorgeleistungen, maximal jedoch 50 % der Regelbedarfsstufe 1 nach SGB XII (2016: 202 EUR). Als zusätzliche Altersvorsorge kommen nur lebenslang laufende Leistungen in Betracht. Als zusätzliche Altersvorsorge gelten alle Leistungen nach dem BetrAVG, aus zertifizierten Altersvorsorgeverträgen und zertifizierten Basisrentenverträgen. Originäre Arbeitgeberzahlungen zur Erlangung des bav-förderbeitrags sind beitragsfrei. Ansonsten leider keine Änderungen, d. h. eine Beitragsfreiheit besteht im Rahmen des 3 Nr. 63 EStG nur für Beiträge bis 4 % BBG (auch keine Flankierung für Vervielfältigungs- und Nachholregelung). Folglich bleibt auch die grundsätzliche Beitragsbelastung für bav-leistungen in der Leistungsphase (mit Ausnahme der Riesterleistungen) erhalten. Aon Hewitt aktuell November 2016 Seite 4 von 5
5 Falls Sie Fragen zu den möglichen Auswirkungen des Referentenentwurfes haben oder unsere Unterstützung wünschen, wenden Sie sich bitte an Frau Sandra Milosevic die Sie an einen mit der Sache vertrauten Kollegen unseres Hauses vermitteln wird. Unsere Standorte in Deutschland Hamburg Caffamacherreihe Hamburg Telefon Mülheim an der Ruhr Luxemburger Allee Mülheim an der Ruhr Telefon München St.-Martin-Straße München Telefon Stuttgart Kleiner Schloßplatz Stuttgart Telefon Wiesbaden Dantestraße Wiesbaden Telefon Über Aon Hewitt Aon Hewitt ist weltweit einer der führenden Berater und Dienstleister im Bereich Human Resources. Das Unternehmen ermöglicht Kunden eine bessere Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit durch vielfältige und umfassende Vorsorge-, Talentund Gesundheitslösungen. In Deutschland wird ein breites Spektrum an Lösungen mit den Schwerpunkten Betriebliche Altersversorgung, Vergütung und Talentmanagement angeboten. Weltweit ist Aon Hewitt mit fast Mitarbeitern in 90 Ländern vertreten. In Deutschland arbeiten etwa 450 Mitarbeiter an den Standorten Hamburg, Mülheim an der Ruhr, München, Stuttgart, Wiesbaden. Weitere Informationen zu Aon Hewitt finden Sie unter Aon Hewitt 2016 Aon Hewitt aktuell ist ein Informationsdienst von Aon Hewitt. In diesem Medium werden aktuelle Informationen zur betrieblichen Altersversorgung aufbereitet. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung der Daten, Texte und Grafiken bedarf der Zustimmung des Herausgebers. Aon Hewitt weist darauf hin, dass keine Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen gegeben wird und lehnt ausdrücklich jede gesetzliche Haftung gegenüber natürlichen oder juristischen Personen für Verluste oder Schäden durch Nutzung dieser Inhalte ab. Aon Hewitt aktuell November 2016 Seite 5 von 5
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