Beispielsfall: Der Prokurist mit Stabsfunktion. Der Feststellungsantrag hat Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.
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- Alexandra Reuter
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1 Beispielsfall: Der Prokurist mit Stabsfunktion Lösungsskizze: Der Feststellungsantrag hat Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist. A. Zulässigkeit I. Rechtsweg Arbeitsgericht, 2a I Nr. 1 ArbGG Streitgegenstand: Status des P als leitender Angestellter i.s.d. 5 III BetrVG = betriebsverfassungsrechtliche Frage II. Antragsteller (hier: ArbG) Parteifähigkeit gem. 10 ArbGG A-GmbH als jur. Person gem. 46 II ArbGG i.v.m. 50 ZPO Weitere Beteiligte des Statusverfahrens gem. 5 III BetrVG Betriebsrat betroffenen AN: P III. Antragsbefugnis des Antragsstellers (+) Berechtigtes Interesse der A an Klärung des personellen Kompetenzbereichs des BetrVG Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 1 von 7
2 IV. Zwischenergebnis Der Antrag der A auf Feststellung, dass P leitender Angestellter i.s.d. 5 III BetrVG ist, ist zulässig. B. Begründetheit Antrag ist begründet, wenn B leitender Angestellter i.s.d. 5 III BetrVG ist. 4-stufige materiellrechtliche Zuordnung eines AN zum Kreis der ltd. Angestellten: 1. Stufe: 5 III 2 Nr. 1 und 2 BetrVG Überwiegend formale Kriterien: Selbstständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis Generalvollmacht Nicht unbedeutende Prokura 2. Stufe: 5 III 2 Nr. 3 BetrVG wenn 1.Stufe nicht erfüllt Unternehmerische Funktion funktionsbezogener Grundtatbestand 3. Stufe: 5 IV Nr. 1 3 BetrVG: Auslegungsregeln, wenn auch 2. Stufe (-) Anknüpfend an formale, schnell feststellbare Merkmale Erleichterung der Zuordnung 4. Stufe: 5 IV Nr. 4 BetrVG: subsidiäre Auslegungsregel Jahreseinkommen als Anknüpfungspunkt Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 2 von 7
3 Zum Fall: I. 5 III 2 Nr.1 BetrVG: (-), laut SV keine selbständige Einstellungs-/Entlassungsbefugnis des P Achtung! Berechtigung muss sich auf Einstellung und Entlassung beziehen, eine der beiden Befugnisse reicht nicht aus ( Begriff enger als der Begriff der ltd. Angestellten in 14 II KSchG)! Maßgeblich ist das Innenverhältnis! (Vgl. BAG v , NZA 2003, 56, AP BetrVG Nr. 72) II. 5 III 2 Nr. 2 BetrVG: P = leitender Angestellter, weil ihm zusammen mit anderem Hauptabteilungsleiter Gesamtprokura erteilt wurde? 1. Ausschlaggebend für Zuordnung eines Prokuristen zum Personenkreis des 5 III Nr. 2 BetrVG sind nicht nur die vom Gesetzgeber geforderten formellen Vertretungsbefugnisse, sondern auch die damit verbundenen unternehmerischen Aufgaben, um deretwillen dem Arbeitnehmer die Prokura erteilt worden ist. Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 3 von 7
4 Aufgaben dürfen sich nicht in der Wahrnehmung sog. Stabsfunktionen erschöpfen, d.h. in Aufgaben, die eine für den AG entscheidende Planung, Beratung und Vorbereitung betreffen, weil der unternehmerische Einfluss von Angestellten in Stabsfunktionen auf das Innenverhältnis zum Unternehmer beschränkt ist. o Üben keine Aufgaben aus, die regelmäßig einem Prokuristen kraft gesetzlicher Vertretungsmacht ( 49 HGB) vorbehalten sind. o Ihren Entscheidungen kommt im Gegensatz zu denjenigen eines Angestellten in sog. "Linienfunktionen" keine unmittelbare Außenwirkung zu. o Für ihre Aufgaben hat die Prokura - ebenso wie bei Titularprokuristen - keine sachliche Bedeutung, so dass sie keine leitende Angestellte i.s.d. 5 III Nr. 2 BetrVG sind. SV enthält keine Angaben dazu, dass der Tätigkeit des P unmittelbare Außenwirkung zukommt 2. Zwischenergebnis: P ist kein leitender Angestellter nach 5 III 2 Nr. 2 BetrVG. Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 4 von 7
5 III. 5 III 2 Nr. 3 BetrVG: 1. Allgemein entscheidend: Bedeutung der Aufgaben Entscheidungsfreiheit Besondere Kenntnisse u. Erfahrungen des Angestellten Zwingend erforderlich: Aufgaben müssen für Bestand und Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebs von Bedeutung sein Sie müssen sich deutlich von den Aufgaben abheben, die anderen Angestellten übertragen worden sind. Nicht erforderlich: Angestellter trifft selbst die maßgeblichen Entscheidungen Ausreichend, wenn er kraft seiner Schlüsselposition und seines besonderen Sachverstands unternehmerische Entscheidung so vorbereitet, dass die eigentliche Unternehmensführung an diesen Vorschlägen nicht mehr vorbeigehen kann. 2. Zum Fall: Zum Aufgabenbereich des P gehört nicht nur die selbständige Erstellung der Bilanzen für die A-GmbH, sondern auch für die bundesdeutschen Unternehmen der M-Gruppe; Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 5 von 7
6 Die Bedeutung seiner Aufgabe ist innerhalb des Unternehmens, nicht nur bezogen auf den Betrieb der A-GmbH zu beurteilen. P ist als Leiter der Hauptabteilung Rechnungswesen dem zuständigen Geschäftsführer unmittelbar nachgeordnet P gehört der zweiten Führungsebene an Aufgaben des P: Bilanzierung Erstellung d. Bilanzen für die deutschen Unternehmen d. M- Gruppe einschl. der jährlichen Gewinn- und Verlustrechnungen Verhandlungen mit Wirtschafts- und Betriebsprüfern Aufgaben sind insgesamt für das Unternehmen von zentraler wirtschaftlicher und finanzieller Bedeutung = erhebliche Bedeutung i.s.v. 5 III 2 Nr. 3 BetrVG Wird durch die Regelung der 264 ff. HGB deutlich zum Ausdruck gebracht Einzelne Positionen der Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung lassen sich durch die Ausübung gesetzlich zulässiger Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte gezielt beeinflussen. Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 6 von 7
7 Von wesentlicher Bedeutung für die Steuerbemessungsgrundlagen, die sich daraus errechnenden Steuern und damit auch auf die Ertragslage des Unternehmens. Der Umstand, dass P die Bilanzen zwar aufstellt, sie aber nicht selbst unterzeichnet, schadet nicht. Diese Aufgabe bleibt kraft Gesetzes den Geschäftsführern der Arbeitgeberin zwingend vorbehalten ( 245 HGB). Insgesamt nimmt P daher im Bilanzwesen und bei der Vorbereitung der unternehmensinternen Vertragsgestaltung eine Schlüsselfunktion ein, die die Anforderungen des 5 III 2 Nr. 3 BetrVG erfüllt. Ergebnis: Das Arbeitsgericht wird einem Statusfeststellungsantrag der Arbeitgeberin stattgeben, weil P leitender Angestellter nach 5 III 2 Nr. 3 BetrVG ist. Vorlesung Arbeitsrecht III 2 Seite 7 von 7
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