Übung 1: Fraktale und Double Buffering
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1 FHA: Graphische Datenverarbeitung Wintersemester 2002/03 Übung 1: Fraktale und Double Buffering René Müller 29. Oktober Einleitung 1.1 Folgen komplexer Zahlen Mandelbrot- und Julia-Mengen sind Objekte in der komplexen Ebene. Betrachten wir eine Funktion f(z) = z 2 mit z C f : C C Die Funktion f(z) bildet Punkte von der komplexen Ebenen wiederum auf die komplexe Ebene ab. Das heisst jeder Punkt z bewegt sich dann nach z 2. Der Punkt z = 1 verändert sich nicht, z = j geht nach 1, z = 1 geht nach 1, z = 1 + j geht nach 2j, usw. Offensichtlich gibt es zwei Fix-Punkte, d.h. Punkte wo z 2 = z für f, nämlich z = 0 und z = 1. Betrachten wir nun die eine Verkettung von f(f(z)). z = j wird in zwei Schritten zu 1 und 1 + j gelangt ebenfalls in zwei Schritten zu -4. Bei einer weiteren Verkettung f(f(f(z))), benötigt z = 1 + j drei Schritte um zu 16 zu gelangen. Wir können uns fragen, was passiert, wenn diesen Prozess iterativ beliebig weiter treibt. Die iterative Vorschrift zur Berechnung von z k im k-ten Schritt lautet: z k = z 2 k 1 mit z 0 = gegeben Die Folge {z k beschreibt einen Pfad in der komplexen Ebene. Dieser Pfad wird auch Orbit genannt. Für alle z innerhalb des Einheitskreises, d.h. z < 1 streben alle Orbits gegen 0, für z > 1 streben sie gegen Unendlich. Orbits, welche vom Einheitskreis ausgehen, laden alle wiederum auf dem Einheitskreis. Wir haben in diesem Fall drei mögliche Gebiete, wo die Orbits landen können: Nullpunkt, im Unendlichen oder auf dem Einheitskreis. Man nennt die ersten beiden Fix-Punkt-Attraktoren, da sie alle Orbits in der Umgebung anziehen. Der Einheitskreis ist ein sogenannter Grenz-Zyklus (engl. limit cycle). Diese drei Anzugsgebiete nennt man auch Basins of attraction. Betrachten wir nun die Anzugsgebiete einer Funktion: f(z) = z 2 + c mit z, c C f : C C Die Variable c ist dabei eine komplexe Konstante. Wir nennen alle Orbits {z k begrenzt, wenn Andernfalls strebt lim z k M mit M. lim z k gegen Unendlich, und wir nennen diesen Orbit als unbegrenzt. 1.2 Mandelbrot-Fraktal Das Mandelbrot-Fraktal, bekannt als Apfelmännchen, stammt von Benoit B. Mandelbrot, einem Mathematiker. Er definiert eine Menge, die Mandelbrot-Menge, für alle Zahlen c in der komplexen Ebene deren Orbits {z k ausgehend von z 0 = 0 begrenzt sind, also nicht nach unendlich streben. Alle Zahlen c, für die lim z k, liegen nicht in der Mandelbrot-Menge M. Also lautet die Definition der Mandelbrot-Menge M: 1
2 Definition 1.1 Gegeben sei eine komplexe Folge z k+1 = zk 2 + c mit dem Startwert z 0 = 0. Die Mandelbrot-Menge M ist dann die Menge aller c, deren Folge {z k nicht gegen Unendlich strebt. Also { M = c lim z k <, c C Das Mandelbrot-Fraktal ist nun die graphische Darstellung der Menge M, d.h. die Darstellung aller Zahlen c, die unter der obigen Iterationsvorschrift nicht gegen Unendlich streben. Da Elemente c in der komplexen Ebene liegen, können Sie problemlos in einem xy-koordinatensystem dargestellt werden. Dabei wird der Realteil auf der x-achse und der Imaginärteil auf der y-achse abgetragen. 1.3 Julia-Fraktal Wie auch das Mandelbrot-Fraktal ist das Julia-Fraktal eine Darstellung der zugehörigen Julia-Menge. Diese Menge wurde nach dem französischen Mathematiker Gaston Julia. Julia-Mengen basieren auf der selben Iterationsvorschrift wie die Mandelbrot-Menge. Doch im Gegensatz zu der Mandelbrot-Menge ist c eine komplexe Konstante und z 0 variabel. Dementsprechend gibt es eine Mandelbrot-Menge und je nach gewähltem c mehrere unterschiedliche Julia-Mengen. Die Julia-Menge J beinhaltet alle Startpunkte z 0 deren Orbits für ein bestimmtes c begrenzt sind. Das heisst, alle Werte z 0 für ein c, deren Folge {z k nicht nach unendlich Streben. Also die Definition: Definition 1.2 Gegeben sei eine komplexe Folge z k+1 = z 2 k + c mit dem Parameter (Konstante) c. Die Julia-Menge J c für ein c ist dann die Menge aller z 0, deren Folge {z k nicht gegen Unendlich strebt. Also { J c = z 0 lim z k <, z C Das Julia-Fraktal ist nun wiederum die graphische Darstellung der Menge J c, d.h. die Darstellung aller Startpunkte z 0, die unter der obigen Iterationsvorschrift nicht gegen Unendlich streben. Für jedes c gibt es ein Fraktal. Die Darstellung der komplexen Grössen z 0 erfolgt analog zum Mandelbrot-Fraktal in der xy-ebene. 1.4 Berechnungs-Algorithmus Zur Berechnung des Fraktales muss jeder Bildpunkt im Bitmap (x,y) einem Wert z = z real + j z imag in der komplexen Ebene zugeordnet sein. Man beachte, dass hier auch ein Zoomen (Vergrössern) und ein Panning (Verschieben) möglich sein soll. Das heisst die Skalierung ist abhängig von der Bitmapbreite bitmap width und -höhe bitmap height: z_real = zr_min + x * (zr_max - zr_min)/bitmap_width z_imag = zi_max - y * (zi_max - zi_min)/bitmap_height Die Abbildung 1 zeigt die entsprechende Skalierung dieses sogenannten View-Ports. Die Folge {z k kann einfach durch z k+1 = z k errechnet werden: float z_real, z_imag;... float old_z_real = z_real; // Zwischenergebnis speichern z_real = z_real*z_real - z_imag*z_imag; z_imag = 2*old_z_real*z_imag;... 2
3 (0/0) x Im +j y Bitmap Ebene zi_max 1.0 zr_min +1.0 zi_min zr_max komplexe Ebene Re j Abbildung 1: Definition des Viewports Um feststellen zu können, ob eine Folge {z k gegen Unendlich strebt, können aus Zeitgründen ;-) nicht alle Elemente z 1, z 2,..., z mit und mit z berechnet werden. Es existiert dafür ein sogenanntes Abbruchkriterium. Wenn dieses erfüllt ist, wird die Folge gegen unendlich streben, so dass mit der Berechnung des aktuellen Pixel aufgehört werden kann. Das Abbruchkriterium lautet (ohne Beweis): Satz 1.1 Eine Folge z k+1 = zk 2 + c strebt gegen Unendlich für k wenn für ein k gilt: z k > 2 Das heisst, wenn einer der Folgen-Werte einen Absolutbetrag grösser als 2 hat, strebt die Folge gegen unendlich. Damit für die restlichen Punkte, welche die Abbruchbedinung nicht erfüllen, nicht unendlich lange gerechnet werden muss, wird eine maximale Anzahl von Iterationsschritten MAX ITER vorgegeben. Bei Erreichen der maximalen Iterationsanzahl kann mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass besagter Punkt zur Menge gehört. Die Punkte der Ebene und somit auch die Bitmap-Pixel können streng genommen nur zwei verschiedene Zustände, Werte, Farben haben: Sie können zur Menge gehören oder nicht. Interessanter ist es jedoch Farb-Werte entsprechend der durchgeführten Anzahl Iterationsschritte zu verwenden. Die Anzahl möglicher Iterationen reicht von 0..MAX ITER. Dieser Wert kann in das Intervall [0, 1] abgebildet werden. Dieser Wert kann nur für eine monochrome Darstellung, z.b Rot-Intensität, Gelb-Intensität oder für eine chromatische Darstellung als Hue-Wert (=Farbtonwert des HSV/HSB-Farb-Modells). Der Pseudo-Algorithmus für den Mandelbrot-Algorithmus lautet dann: for (int y=0; y<bitmap.height; y++) { for (int x=0; x<bitmap.width; x++) { complex z = 0; int iter = 0; complex c = pixeltofloatcoordxy(x,y); while ((iter<max_iter) && (abs(z)<2)) { z = z^2 + c; iter++; if (iter == MAX_ITER) { /* Punkt gehoert in die Mandelbrot-Menge --> schwarz einfaerben */ bitmap.setpixel(x,y,black); else { /* Punkt gehoert nicht in die Mandelbrot-Menge 3
4 --> Punkt nach Anz. Iterationen einfaerben */ float colorvalue = ((float)iter)/((float)max_iter); bitmap.setpixel(x,y, colormodel(colorvalue)); 2 Aufgabe 2.1 Ziele Folgende sind die (Lern-)Ziele dieser Übung: Kennenlernen und Verwenden von high-level Graphik-Methoden in diesem Fall Java. Das Konzept von Double Buffering verstehen und anwenden. Übung im Umgang mit den Graphik-Methoden von Java in Vorbereitung auf die weiteren Experimente im Zusammenhang mit der Bildbearbeitung. Kennenlernen des Standard-Beispiels aus dem Gebiet der Computer-Graphik, den Fraktalen. Stellvertretend, hier die beiden bekanntesten: Mandelbrot und Julia. Vielleicht findet der Eine oder die Andere Gefallen an den Bildern und erweitert später die Darstellung (Die Anzahl Iterationsschritte können auch als z-werte in einem 3D-Plot verwendet werden... ) 2.2 Aufgabenstellung 1. Implementieren Sie den Algorithmus zur Berechnung des Mandelbrot-Fraktal eigenhändig in Java als Java-standalone- Applikation oder als Java-Applet. 2. Die Viewport-Grösse sowie der Wert für MAX ITER sollte vom Benutzer verändert werden können. 3. Setzen Sie beim Berechnen die Pixel off-line in einem BufferedImage Objekt. Color color; BufferedImage bitmap = new BufferedImage(100, 80, BufferedImage.TYPE_INT_ARGB); bitmap.setrgb(x, y, color.getcolor()); Beim Anzeigen (paint-message-handler) können Sie einfach das BufferedImage auf s mal setzen. public void paint(graphics g) { g.drawimage(bitmap, xpos, ypos, this); Wo liegen die Vorteile dieser Methode gegenüber einem pixel-weisen Setzen in der paint-methode? Denken Sie daran, was mit Ihrem Fenster alles so passieren kann. 4. Probieren Sie unterschiedliche Farb-Darstellungen der Iterationszahl aus. Vorschläge: Einfarbig (rot-ton, blau-ton,...) mehrfarbig als Hue (HSV). Beeinflussung des Kontrastes durch Nicht-lineare-Abbildung der Iterationszahl auf den Farbwert (Wurzel, Logarithmus) 5. Welchen Einfluss hat die Wahl von MAX ITER auf das Fraktal-Bild? Erklären Sie! Anregungen für Erweiterungen: 4
5 Wählen Sie den Design der Software so, dass Teile Komponentenweise ausgetauscht werden können, das heisst sie hätten dann eine Strategie, welche den Algorithmus bestimmt und eine Weitere für die Wahl der Farbdarstellung (Strategy Pattern). Implementieren ebenfalls den Algorithmus zur Darstellung des Julia-Fraktals Betrachten Sie das Julia-Fraktal für folgende c-werte: c = 0.275, c = 0, c = j und c = j Was stellen Sie fest? Beschreiben und Erklären Sie! Abgabetermin: 12. November
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