Verhaltens- und verhältnispräventive Strategien der Schadensminimierung aus suchtwissenschaftlicher Perspektive
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- Gert Rothbauer
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1 Verhaltens- und verhältnispräventive Strategien der Schadensminimierung aus suchtwissenschaftlicher Perspektive Institut Sozialmanagement, Sozialpolitik und Prävention Prof. Dr. Suzanne Lischer Dozentin und Projektleiterin T direkt suzanne.lischer@hslu.ch Luzern Landeskonferenz NRW zum Glücksspielwesen, Düsseldorf Gesetzliche Rahmenbedingungen des Glücksspiels in der Schweiz Bundesverfassung Art. 106 Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken. (Spielbankengesetz, SBG) vom 18. Dezember 1998 Bundesgesetz über die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (1923) Verordnung über Glücksspiele und Spielbanken. (Spielbankenverordnung, VSBG) vom 24. September 2004 Interkantonale Vereinbarung über die Aufsicht von interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten 2,
2 Glücksspiel in der Schweiz 1993 Volksabstimmung Aufhebung Spielbankenverbot 2001 Bundesrat konzessioniert 22 Casinos Slot-Maschinen, welche ausserhalb der Casinos aufgestellt waren, werden aus dem Verkehr gezogen 2020 Revidiertes Geldspielgesetz 1998 Bundesgesetz über die Glücksspiele und Spielbanken wird verabschiedet Eröffnung der Casinos, welche heute in Betrieb sind (Ausnahme: ZH/NE 2012) 2012 Abstimmung zur Regelung der Geldspiele zugunsten gemeinnütziger Zwecke wird angenommen (87.1 % ja) 3, Glücksspiel in der Schweiz Remote-basierte Glücksspiele - In der Schweiz ist die telekommunikationsgestützte Durchführung von Glücksspielen, insbesondere mittels Internet, verboten. - Grundsätzlich nicht strafbar macht sich ein Spieler, welcher lediglich an Online-Glücksspielen teilnimmt. Poker Alle Varianten von Poker, die mit Einsatz und Gewinn gespielt werden, gelten im Sinne des Spielbankengesetzes als Glücksspiele. Die Organisation oder das gewerbsmäßige Betreiben von solchen Pokerspielen und -turnieren außerhalb von konzessionierten Spielbanken ist verboten. Illegales Glücksspiel Glücksspiel um Geld, das außerhalb der Spielbanken angeboten wird. 4,
3 Glücksspiel in der Schweiz ESBK (2016) 5, Schätzungen des problematischen Glücksspiels in der Schweiz Erweiterter LieBet-Fragebogen ELB, (vier Fragekategorien) % % Niemals-Spielende , ,8 Risikoarmes Spiel , ,9 Moderat risikoreiches Spiel Nicht erfragt ,9 Problematisches Spiel , ,7 Pathologisches Spiel , ,4 Reines PC Spiel (auch online Spiele) Fehlende Angaben Nicht erfragt Nicht erfragt , ,3 Eichelberger, Y. & Rihs-Middel, M. (2014) 6,
4 Schätzungen des problematischen Glücksspiels in der Schweiz Fazit - Die Evidenz legt nahe, dass die Bevölkerung in der Lage ist, sich dem erweiterten Angebot und den damit einhergehenden Risiken anzupassen, sofern der Prozess durch adäquate Spielerschutzmaßnahmen begleitet wird. - Im Zusammenhang mit der Debatte um die Verfügbarkeit und die Prävalenz muss zwischen unproblematischem und problematischem Spiel unterschieden werden. Der Blick auf die Schweizer Prävalenzzahlen zeigt, dass der Konsum in der Bevölkerung angestiegen ist, nicht aber das pathologische Glücksspielverhalten. 7, Zusammenhang Verfügbarkeit und Prävalenz Adaption Es besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit und pathologischem Spielverhalten; jedoch ist dieser Zusammenhang nur kurzfristig: Steigt die Verfügbarkeit, steigt zunächst die Prävalenz, um dann wieder auf das ursprüngliche Niveau oder sogar darunter zu fallen. Prototypische Verlaufskurve von Infektionsraten in der Bevölkerung LaPlante & Shaffer (2007) 8,
5 Zusammenhang Verfügbarkeit und Prävalenz Sättigungsthese Es besteht ein positiver kausaler Zusammenhang zwischen Verfügbarkeit und der Prävalenz eines pathologischen Spielverhaltens, jedoch nähert sich mit steigender Verfügbarkeit die Prävalenz einem konstanten Grenzwert (Becker, 2016). 9, Zusammenhang Verfügbarkeit und Prävalenz Exposure (Angebotsthese) Es besteht ein positiver kausaler Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit und einem pathologischen Spielverhalten: Steigt die Verfügbarkeit, steigt auch stetig die Prävalenz pathologischen Spielverhaltens (LaPlante & Shaffer 2007). Unabhängigkeitsthese Zwischen der Verfügbarkeit und der Prävalenz gibt es keinen kausalen Zusammenhang (Becker, 2016) 10,
6 Zusammenhang Verfügbarkeit und Prävalenz Prävalenzraten im Zeitvergleich Williams, Volberg & Stevens (2012) 11, Zusammenhang Verfügbarkeit und Prävalenz Fazit - Die heute verfügbare Evidenz legt nahe, dass die Verfügbarkeit einen Einfluss auf das Spielverhalten und auf glücksspielspezifische Probleme hat. - Forschungsergebnisse belegen, dass die Verfügbarkeit nicht in einem positiven kausalen Zusammenhang mit glücksspielsuchtspezifischen Problemen gesehen werden kann. - Die Angebotsmenge interagiert mit anderen wichtigen Faktoren, wie bspw. der Fähigkeit der Bevölkerung, sich dem erweiterten Angebot anzupassen. Unabhängig von der Gültigkeit konkurrierender Erklärungsansätze bringt die Ausweitung der Verfügbarkeit der Glücksspielangebote weitreichende Implikationen für gesundheitspolitische Maßnahmen zur Prävention von Spielsucht mit sich (Meyer & Bachmann, 2011) 12,
7 Epidemiologisches Dreiecksmodell Glücksspielbezogene Probleme ergeben sich durch eine Wechselwirkung zwischen spezifischen Eigenschaften eines Glücksspiels und Vulnerabilitäten des Spielers unter der Voraussetzung einer Umgebung, die keinen ausreichenden Schutz bietet (Peller et al. 2008). Agent Host Environment 13, Epidemiologisches Dreiecksmodell Präventive Massnahmen müssen auf allen drei genannten Bereichen aufbauen: - Agent (Eigenschaften des Glücksspiels) - Environment (Umfeld) - Host (Spieler) Unter Aufteilung der Verantwortung zwischen Spieler, Industrie und Regulierungsbehörden soll eine effektive Prävention ermöglichet werden (Häfeli 2012). 14,
8 Prävention Prävention Verhaltensprävention Verhältnisprävention Informationskampagnen Limit-Funktionalität Personalisiertes Feedback Zugangsbeschränkung für bestimmte Gruppen Eingriffe in Angebotsform 15, Sozialkonzept in Schweizer Spielbanken Universelle Prävention Selektive Prävention Indizierte Prävention Systematische Eintrittskontrolle Informationen (z.b. Flyers) Früherkennung Spielsperren Beratung Therapie Verantwortung Casino 16 8
9 Spielsperren in der Schweiz ESBK (2016) 17, Spielsperren in der Schweiz Eine Ausweitung der Kriterien, welche zu einer Spielsperre führen, hat nicht zwingend einen effektiveren Spielerschutz zur Folge, da die Gefahr besteht, dass gefährdete Spieler auf andere Glücksspielangebote ausweichen. Regulatorische Ansätze, die sich nur auf einen Bereich konzentrieren, erweisen sich in der Praxis nicht effektiv. 18,
10 Fazit - Bei der Ausgestaltung von Spielerschutzmassnahmen gilt es die strukturellen und situationalen Eigenschaften des Glücksspiels zu berücksichtigen. - Eine effektive Prävention erfordert Massnahmen, die Aspekte der Verhaltensprävention wie auch der Verhältnisprävention beinhalten. - Sowohl für die Anbieter wie auch für die Regulierungsbehörde besteht die Herausforderung, die Spielerschutzmassnahmen mit der erforderlichen Verhältnismässigkeit umzusetzen. - Das Spielumfeld ist dynamisch, die Ausgestaltung der Spielerschutzmassnahmen muss stetig neu beurteilt und angepasst werden. 19, Literatur - Becker, T. (2016). Verfügbarkeit und Sucht beim Automatenspiel. Beiträge zum Glücksspielwesen, Eichenberger Y, Rihs-Middel M (2014). Glücksspiel: Verhalten und Problematik in der Schweiz. Schlussbericht. - Eidgenössische Spielbankenkommission (2016). Spielsperren. - Häfeli J. (2012). Glücksspiel und Glücksspielsucht in der Schweiz Public Health und Spielerschutz. In: Glücksspielsucht: Ursachen Prävention Therapie, LaPlante D. & Shaffer H. J. (2007). Understanding the Influence of Gambling Opportunities: Expanding Exposure Models to Include Adaptation. American Journal of Orthopsychiatry Copyright 2007 by the American Psychological Association, 77(4), Lischer, S., Häfeli, J., & Villiger, S. (2013). Vulnerable Personengruppen im Glücksspielbereich. Prävention und Gesundheitsförderung, 9(1), Meyer, G. (2015). Glücksspiel Zahlen und Fakten. In Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.v. (Hrsg.), Jahrbuch Sucht 15 (S ). Lengerich: Pabst. - Meyer, G., & Bachmann, M. (2011). Spielsucht: Ursachen, Therapie und Prävention von glücksspielbezogenem Suchtverhalten. Springer-Verlag. 20,
11 Literatur - Peller, A. J., LaPlante, D. A., & Shaffer, H. J. (2008). Parameters for Safer Gambling Behavior: Examining the Empirical Research. Journal of Gambling Studies, 24(4), m gambling prevalence research: What do we know? Where do we go? Journal of gambling issues. - Williams, R.J., Volberg, R.A. & Stevens, R.M.G. (2012). The Population Prevalence of Problem Gambling: Methodological Influences, Standardized Rates, Jurisdictional Differences, and Worldwide Trends. Report prepared for the Ontario Problem Gambling Research Centre and the Ontario Ministry of Health and Long Term Care. 21,
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