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- Richard Gerber
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1 POLEN ALS OBJEKT DER SIEGERMÄCHTE ( ) 1. Die militärische Lage und die Frage der Grenzen - Der Ostfeldzug ab führt zur Besetzung der im Vertrag von 1939 der UdSSR überlassenen Teile Polens. - Im Vertrag vom mit Exilpolen erklärt die Sowjetunion den Vertrag mit Hitler über die Teilung Polens von 1939 als ungültig. (Dok.: Vertrag vom , Text 1) - Dem Wunsch der Exilregierung auf Anerkennung der Grenze von 1921 entspricht die Sowjetunion aber nicht. - Die polnische Widerstandsbewegung kämpft für die Befreiung Polens von russischer (bis zum Pakt von 1941) und deutscher Besetzung. - Die polnische Exilregierung fordert eine Verschiebung der polnischen Westgrenze, versteht diese aber nicht als Kompensation für eine Verschiebung der Ostgrenze. - Die Rote Armee rückt im Winter 1943/44 auf ehemals polnisches Gebiet vor. - Die Sowjetunion unterstützt nur zögernd den Warschauer Aufstand vom August/September 1944 und verhaftet Anfang 1945 die Führer der polnischen "Heimatarmee". - Zwischen Januar 1945 und März 1945 besetzt die Rote Armee Westpolen und Ostdeutschland bis zur Oder. - Bis Kriegsende beseitigt, verhaftet und deportiert die sowjetische Führung die Angehörigen der seit Kriegsbeginn bestehenden Untergrundorganisationen. - Freundschafts- und Hilfeleistungspakt zwischen Sowjetunion und der Warschauer Regierung am als "Einheitsfront gegen den deutschen Imperialismus" (Stalin). (Dok.: Aus Stalins Rede am , Text 2) 2. Die Strategie der Sowjetunion Ziele: > Stalin fordert seit 1941 im Rahmen einer Friedensordnung die Annexion des besetzten Polen bis zur Curzon-Linie (Gebiet bis zur Oder und Lausitzer einschließlich Lembergs, Ostpreußens und des oberschlesischen Industriereviers). > Nachkriegspolen soll eine Volksdemokratie werden und in Abhängigkeit von der Sowjetunion gebracht werden. Mittel: > Aus Anlass polnischer Bemühungen um Aufklärung des Verbrechens von Katyn an polnischen Offizieren erfolgt Bruch mit der polnischen Untergrundbewegung und der exilpolnischen Regierung im April 1943.
2 > Gegenläufige Forderungen Englands betrachtet Stalin als einen "ungerechten und unfreundlichen Akt." (Stalin an Churchill am ). > Zusammenarbeit mit dem prosowjetischen "Bund polnischer Patrioten in der Sowjetunion" von 1943 > Einsetzung des "Polnischen Komitees der Nationalen Befreiung" ("Lubliner Komitee") am 21. Juli 1944 > Dessen Aufgabe soll sein, die polnischen Gebiete westlich der Curzon-Linie zu verwalten und damit faktisch zu regieren. > Zensur, Polizei, Geheimdienst und Ausschaltung der Opposition als Mittel der Bolschewisierung ab Die Haltung Churchills Ziel: > Herstellung eines starken, von der Sowjetunion unabhängigen Nachkriegspolen. Mittel: > Churchill unterstützt die territorialen Forderungen Stalins. > Churchill erwartet dafür eine Versöhnung Stalins mit der exilpolnischen Regierung, die von England als einzige legitime Vertretung des von Hitler 1939 überfallenen Polen anerkannt wird. > Da Stalin nicht nachgibt, will England territoriale Veränderungen erst auf einer Friedenskonferenz der Siegermächte klären lassen. > Im Februar 1944 spricht sich Churchill öffentlich für die Curzon-Linie als sowjetische Westgrenze aus. > Wegen des Vordringens der Sowjetunion erkennt Churchill die Lubliner Regierung nicht an. (Dok.: Churchill an Stalin am , Text 3) 4. Die Haltung der USA - Auch Roosevelt anerkennt Polens Interesse an einer Westverlagerung seiner Grenzen, wünscht aber, um ein sowjetisches Übergewicht in Europa unter Kontrolle zu halten, die Fortsetzung der amerikanisch-sowjetischen Zusammenarbeit auch nach dem Krieg. 5. Die Haltung Frankreichs - Frankreich befürwortet seit Dezember 1944 (Rede des Außenministers Bidault am ) eine Westausdehnung Polens als Kompensation für Verluste im Osten. - Frankreich erhofft sich dafür eine Unterstützung der Alliierten bei seinem beabsichtigten Griff nach Rhein und Ruhr. 6. Die Regelung auf den Friedenskonferenzen 6.1 Auf der Konferenz von Jalta
3 Situation vor der Konferenz: > Die Differenzen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion werden nicht ausgeräumt. > Stalin lehnt die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zur polnischen Exilregierung ab. > Die Westmächte wünschen eine provisorische Regierung auf breiter nationaler Grundlage und mit der Durchführung freier Wahlen eine Reorganisierung im demokratischen Sinn. > Die Sowjetunion will lediglich eine Erweiterung der provisorischen Warschauer Regierung, die den Kern einer künftigen polnischen Regierung bilden soll, zugestehen. > Der Führer der Exilregierung Stanislaw Mikolajczyk gibt seinen Widerstand gegen die Kompensationspläne auf. > Churchill spricht sich für die Aussiedelung der gesamten deutschen Bevölkerung innerhalb der neuen Grenzen Polens aus. Zusammenfassung aus dem Protokoll der Verhandlungen: > Die Ostgrenze Polens soll der Curzon-Linie folgen. > Polen soll dafür einen "ansehnlichen Gebietszuwachs in Norden und Westen" bekommen. > Nach Befragung der neu zu bildenden "provisorischen polnischen Regierung der nationalen Einheit", welche auch zur Durchführung freier Wahlen verpflichtet wird, soll die endgültige Festsetzung der Westgrenze Polens auf der Friedenskonferenz erfolgen. (Dok.: Aus dem Protokoll von Jalta, Text 4) > Eine Kommission der Außenminister soll die Verhandlungen zur Bildung der provisorischen Regierung in Moskau führen. > Sie soll demokratischen Grundsätzen entsprechen. (Dok.: Aus dem Protokoll von Jalta, Text 5) Ein Urteil über die Konferenz von Jalta, die sich in der Bildung einer künftigen demokratischen Regierung nicht eindeutig festlegt: Seit Jalta war endgültig klar, "dass die Alliierten, indem sie sich auf Kosten Deutschlands mit der Verlagerung Polens um gut dreihundert Kilometer nach Westen einverstanden erklärten, gleichzeitig für die Errichtung eines polnischen Staates stimmten, der nichts anderes sein konnte als ein militärisches und politisches Protektorat der Sowjetunion." (G.F. Kennan, zit. nach: Ostkurier 3/1985, S. 8) 6.2 Auf der Konferenz von Potsdam (17. Juli bis 2. August 1945) Zwischen Jalta und Potsdam: > Churchills Forderungen nach einem souveränen, unabhängigen und freien Polen betrachtet Stalin als Brüskierung der provisorischen polnischen Regierung. (Briefwechsel vom April/Mai 1945) > Die Westmächte verweigern der nicht umgebildeten provisorischen Regierung die Teilnahme an der im April 1945 beginnenden Gründungskonferenz der Vereinten Nationen.
4 > Stalin räumt der provisorischen Regierung alle Verwaltungsbefugnisse in den eroberten Gebieten bis zur Oder-Neiße-Linie ein und begründet dies mit der Flucht der gesamten deutschen Bevölkerung. > Die unmittelbaren Opfer dieser Entwicklung sind die aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen und die unter das kommunistische Joch geratenen nichtkommunistischen Polen. > Die drei Westmächte erkennen nach Aufnahme dreier Mitglieder der Exilregierung - darunter als Zugeständnis der Sowjetunion Stanislaw Mikolajzyk - am 5. Juli die von Russland beherrschte "Regierung der Nationalen Einheit" an. Es sollen freie Wahlen durchgeführt werden. Die polnische Exilregierung löst sich auf. Aus dem Protokoll über die Potsdamer Konferenz : > Die drei Mächte bestätigen die Zustimmung der provisorischen Regierung zur Durchführung freier Wahlen. > Sie bekräftigen ihre Auffassung, dass die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens bis zur Friedenskonferenz zurückgestellt werden soll. > Sie stimmen zu, dass die Gebiete östlich der Oder-(Lausitzer)-Neiße-Linie unter die Verwaltung des polnischen Staates kommen sollen. Diese sollen außer dem unter die Verwaltung der UdSSR gestellten Teil Ostpreußens nicht als Teil der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland betrachtet werden. > Sie beschließen die Ausweisung aller Deutschen aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. (Dok.: Aus dem Schlussprotokoll, Text 6) 7. Die Entwicklung nach dem Krieg - Mit der Aussiedelung der Deutschen und dem Bevölkerungsaustausch mit der UdSSR strebt die polnische Regierung nach einem geschlossenen Nationalstaat. - Ende 1945 beginnen die Maßnahmen der Sozialisierung und der Agrarreform. - Stanislaw Mikolajczyck, Führer der oppositionellen Bauernpartei, weigert sich, sich dem Blockwahlsystem unterzuordnen, und erreicht bei den Westmächten diplomatische und wirtschaftliche Druckmittel gegenüber Polen und der Sowjetunion, damit freie Wahlen durchgeführt werden können. - Die von den Kommunisten dann doch manipulierten Wahlen vom Januar 1947 werden von USA und Großbritannien nicht anerkannt. - Churchills Fulton-Rede vom März 1946 löst in Deutschland eine erste Welle öffentlicher Kritik an den Austreibungen und an der Festschreibung der Oder-Neiße-Grenze aus und schürt Gerüchte einer Grenzrevision der Sowjetunion. - Die Rede des US-Außenministers Byrnes vom September 1946 löst in Polen heftige Kritik und ein Gefühl der Bedrohung durch Deutschland und USA aus und bewirkt eine pragmatische Annäherung Polens an die Sowjetunion.
5 - Von seinen Bündnispartnern erwartet Polen jetzt zwingend die Anerkennung der Oder- Neiße-Linie. - Die polnische Regierung betont mit Bezug auf das Potsdamer Abkommen die völkerrechtliche Verbindlichkeit und Unveränderbarkeit der Oder-Neiße-Gebiete und lehnt es ab, sie als nur provisorisch zu betrachten. - Auch die Exilpolen wollen die Oder-Neiße-Gebiete nicht zurückgeben, sie wollen aber das an Russland gefallene Ostpolen wieder zurückgewinnen.
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