Einführung in das Öffentliche Recht
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- Charlotte Förstner
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1 Max Planck Institute for Research on Collective Goods Einführung in das Öffentliche Recht Kapitel 4.4 Grundrechte: Meinungs, Presse und Kuns?reiheit
2 Wiederholung und Ver.efung Elemente des Berufsbegriffs Erwerbsgerichtete TäCgkeit DauerhaNigkeit Beitrag zur Sicherung der Lebensgrundlage Sind nur erlaubte Berufe von der Berufsfreiheit umfasst? Klassifizierung von Eingriffen in die Berufsfreiheit ObjekCve Schranken der Berufswahl SubjekCve Schranken der Berufswahl Regelungen der Berufsausübung Begriff des Eigentums Alle vermögenswerten Rechte Ist das Vermögen geschützt? Was ist eine Enteignung? Welche Bedeutung hat die Qualifizierung einer Maßnahme als Enteignung? 2
3 Meinungsfreiheit Beispielsfälle Soziologie Student S hat auf seinem Auto einen Au]leber mit der AufschriN Soldaten sind Mörder. Er wird von einem Bundeswehrsoldaten, der diesen Au]leber sieht, angezeigt und zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt. S glaubt, dass dies gegen seine Meinungsfreiheit verstoße. Historiker L kommt aufgrund neuester Quellenforschungen zu dem Schluss, dass während des Holocausts deutlich weniger Menschen umgekommen seien als bisher angenommen. Sein wissenschanlicher Konkurrent S hält dies für Humbug und erlangt vor Gericht eine einstweilige Verfügung, die dem L verbietet, seine Thesen weiter zu verbreiten. L hält dies für eine Verletzung seiner Grundrechte. 3
4 Meinungsfreiheit Schutzbereich Geschützt ist grundsätzlich jede Meinungsäußerung Sind auch bloße Tatsachenbehauptungen von der Meinungsfreiheit umfasst? Nach hl sind auch Tatsachenbehauptungen vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst Gerade wissenschanliche Kontroversen um Tatsachen verdienen on den besonderen Schutz der Meinungsfreiheit Zudem ist die Grenze zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen on fließend Nach BVerfG sollen erwiesen unrichcge Tatsachen nicht vom Schutzbereich erfasst sein; (P) Wann ist eine Tatsache erwiesen unrichcg? 4
5 Meinungsfreiheit Schutzbereich Der eine Meinungsäußerung begleitende physische, wirtschanliche oder soziale Druck wird nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst Ein Boykoiaufruf fällt dagegen grundsätzlich in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit Nach hm fallen verächtliche Werturteile fallen nicht in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit Mit der Meinungsfreiheit korreliert negacv auch die Freiheit, eine Meinung nicht zu äußern (Bsp.: Zigareienwerbung) 5
6 Meinunsfreiheit Abgrenzung zur Pressefreiheit Die Meinungsfreiheit schützt grundsätzlich die Meinungsäußerung als solche, selbst wenn sie Journalisten betrifft. Die Rundfunk und Pressefreiheit schützt demgegenüber die mediale Ermiilung, Aumereitung und Vermiilung von InformaConen (also den Prozess) Medien müssen sich grundsätzlich an einen unbescmmten Personenkreis richten (allerdings können auch Werks und Schülerzeitungen vom Schutzbereich erfasst sein) 6
7 Meinungsfreiheit Zwischenlösung Beispielsfälle Die Äußerung, dass Soldaten Mörder sind, ist ein Werturteil, so dass es grundsätzlich vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst ist Ist die Meinungsäußerung verächtlich, so dass sie nach hm aus dem Schutzbereich herausfällt? Die Meinungsäußerung bezieht sich nicht auf eine bescmmte Person, sondern auf eine InsCtuCon Im Zweifel sollten Konflikte bei der Abwägung der Umstände des konkreten Falls und nicht bereits auf abstrakter Ebene gelöst werden 7
8 Meinungsfreiheit Zwischenlösung Beispielsfälle Bei den Thesen des L handelt es sich um Tatsachenbehauptungen. Fraglich ist hier, ob diese erwiesen falsch sind Auch wenn viel dafür spricht, dass die Tatsachenbehauptungen des L nicht haltbar sind, so ist im Zweifel zugunsten der Meinungsfreiheit zu entscheiden; die Entscheidung dieser Frage ist Sache des wissenschanlichen Diskurses, nicht der Gerichte 8
9 Meinungsfreiheit Schranken: Art. 5 II GG Recht zum Schutz der Jugend und zum Schutz der persönlichen Ehre Allgemeine Gesetze => Allgemeine Gesetze sind grundsätzlich solche Gesetze, die meinungsneutral sind und sich nicht gegen eine bescmmte Meinung als solche richten, sondern dem Schutz eines bescmmten Rechtsguts dienen 9
10 Meinungsfreiheit Lösung der Beispielsfälle Fall des L Gesetzliche Grundlage [+] Allgemeines Gesetz: 12, 862, 1004 BGB [+] Verhältnismäßigkeit LegiCmer Zweck: Verhinderung einer Verherrlichung des driien Reiches; Schutz des deutschen Ansehens im Ausland Geeignetheit [+] Erforderlichkeit: Diskussion der Thesen im wissenschanlichen Diskurs scheint ebenso geeignet, um diese Wirkung zu erzielen, und zudem ein milderes Miiel zu sein 10
11 Meinungsfreiheit Lösung der Beispielsfälle Fall des S Angemessenheit: Es muss zwischen Meinungsfreiheit und Ehrschutz ein Ausgleich gefunden werden Es ist zu unterscheiden zwischen persönlichen Beleidigungen und Äußerungen, die ein KollekCv betreffen Je größer das KollekCv ist, desto geringer ist die Ehrverletzung für den Einzelnen Es handelt sich um eine Unwertäußerung, die das Kriegshandwerk an sich betrifft und die sich auf alle Soldaten, nicht bloß die der Bundeswehr bezieht 11
12 KunsIreiheit Beispielsfälle K stellt überall in Stadtparks von Düsseldorf Toileienschüsseln auf, um so gegen die zunehmende Umweltverschmutzung zu protesceren. Auf die Beschwerde von Anwohnern hin, lässt lässt die Stadt diese en?ernen. K protescert und fühlt sich in seiner Kuns?reiheit verletzt. Sprayer S verziert nachts künstlerisch Hauswände mit seiner Spraydose. Eines Tages wird er dabei von der Polizei erwischt und in einem anschließenden Prozess wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt. S sieht dies als Verkennung seiner Kunst an. 12
13 KunsIreiheit Schutzbereich Problem der BesCmmung von Kunst: Durch eine enge Definierung des Kunstbegriffs kann gerade innovacve, Grenzen überschreitende Kunst, die provoziert und daher besonders schutzbedürnig ist, aus dem Kunstbegriff ausgeschieden werden (Bsp.: entartete Kunst im driien Reich) Kunst ist zumindest dann Kunst, wenn sie einem der tradiconellen Kunstverständnisse zuzuordnen ist (Malerei, Theater, BelletrisCk) 13
14 KunsIreiheit Schutzbereich Im Übrigen verwendet das BVerfG zwei komplementäre Kunstbegriffe: IdealisCscher Kunstbegriff stellt auf schöpferischen Ausdruck subjekcven Erlebens ab Offener Kunstbegriff stellt auf die MehrdeuCgkeit der InterpretaCon ab Geschützt sind sowohl Werk als auch Wirkbereich der Kunst Nach BVerfG fallen stramare Handlungen nicht unter die Kuns?reiheit ProblemaCsch, da so der einfache Gesetzgeber den Kunstbegriff definieren kann 14
15 KunsIreiheit Zwischenlösung Beispielsfälle Zumindest nach dem offenen Kunstbegriff ist das Werk des K als Kunst zu bezeichnen. Insofern ist der Schutzbereich eröffnet. Auch das Sprayen des S ist grundsätzlich als Kunst einzuordnen. Es wäre jedoch, dann aus dem Schutzbereich auszuscheiden, wenn stramare Handlungen generell nicht geschützt sind. Dies ist nach der hier vertretenen Ansicht jedoch nicht der Fall, so dass der Schutzbereich eröffnet ist. 15
16 KunsIreiheit Grundrechtsschranken Die Kuns?reiheit enthält keine ausdrücklichen Grundrechtsschranken Das bedeutet jedoch nicht, dass sie schrankenlos gewährleistet ist; vielmehr ergeben sich Schranken aus kollidierendem Verfassungsrecht Welche Inhalte der Verfassung zählen zum kollidierenden Verfassungsrecht? Nach BVerfG sollen dazu auch die Kompetenzkataloge zählen, was jedoch sehr fragwürdig erscheint. 16
17 KunsIreiheit Lösungen Beispielsfälle Rech?erCgung im Fall des S Gesetzliche Grundlage [+] Schrankenerfordernisse: Ja, da Eigentumsschutz als kollidierendes Verfassungsrecht Verhältnismäßigkeit LegiCmes Ziel: Eigentumsschutz Geeignetheit: Ja, da Abschreckungswirkung Erforderlichkeit: Milderes Miiel, das gleich geeignet ist, scheint nicht ersichtlich Angemessenheit [+]: S kann auch künstlerisch täcg werden, ohne fremdes Eigentum zu verletzen 17
18 KunsIreiheit Lösungen Beispielsfälle Rech?erCgung im Fall des K Gesetzliche Grundlage [+] Schrankenerfordernisse: Ja, da Eigentumsschutz als kollidierendes Verfassungsrecht Verhältnismäßigkeit LegiCmes Ziel: Eigentumsschutz Geeignetheit [+] Erforderlichkeit [+] Angemessenheit: Schwierig, da öffentliches Eigentum größeren Sozialbezug hat und Künstler den öffentlichen Raum gerade braucht, um die gewünschte Wirkung zu erzielen; letztlich aber wohl doch angemessen 18
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