Hirntumoren. Systematik. Symptome von Hirntumoren. bildgebende Diagnostik. Therapieoptionen. Vorlesung Neurologie Peter Trillenberg
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1 Hirntumoren Vorlesung Neurologie Allgemeiner Teil Systematik Symptome von Hirntumoren bildgebende Diagnostik Therapieoptionen 1
2 WHO Klassifikation der Hirntumoren: nach Ursprung Neurofibrom Neurinom Metastasen der peripheren Nerven Tumoren des Nervensystems. neuroepithelial der Meningen neural oder glioneural Gliom Meningeome WHO Klassifikation der Hirntumoren: nach Malignität WHO I WHO II WHO III Tumorzelldichte Zelluläre Polymorphie Mitoserate Gefäßproliferation Nekrosen Wachstum Zelluläre Differenzierung Prognose WHO IV 2
3 WHO Klassifikation und Prognose Bsp. I Meningeom: 80% langfristig rezidivfrei Bsp.: II Oligodendrogliom Medianes Überleben 15a Bsp.. III Astrozytom: Medianes Überleben 3-5a Bsp.: IV Glioblastom Medianes Überleben 12 Monate Kaplan-Meyer Kurven (Prinzip) 0.5 3
4 Kaplan-Meyer Kurven (I /II Gliome) Datenbasis: 322 Patienten mit I /II Gliomen; Therapie: OP + Bestrahlung mit 2 unterschiedlichen Gesamtdosen Pignatti et al, J Clin Oncol 20: Kaplan-Meyer Kurven Prognosefaktoren für Überlebensdauer schlecht gut Alter >40 <40 Tumordurchmesser >6 <6 Bilateraler Tumor ja nein Oligodendroglialer Anteil nein ja Neurol. Ausfälle ja nein Pignatti et al, J Clin Oncol 20:
5 Anamnese von Patienten mit Hirntumoren Entwicklung von Ätiologie Beispiel Symptomen Sekunden - Minuten vaskulär Hirninfarkt SAB Stunden - Tage entzündlich Meningitis Wochen neoplastisch Metastase Monate - Jahre degenerativ M. Parkinson Symptome von Patienten mit Hirntumoren Kopfschmerzen (50%) Ausfälle entsprechend dem Ort des Tumorwachstums entsprechend Fernwirkung durch erhöhten Druck neu auftretende Epilepsie Häufigkeit abhängig von der Lokalisation 5
6 Exkurs: Häufigkeit von Anfällen und Lokalisation (Meningeom) 90% 10% Symptome von Patienten mit Hirntumoren Kopfschmerzen (50%) Ausfälle entsprechend dem Ort des Tumorwachstums entsprechend Fernwirkung durch erhöhten Druck neu auftretende Epilepsie Häufigkeit abhängig von der Lokalisation Bewußtseinsstörung B-Symptomatik nur bei Metastasen 6
7 Sozialanamnese von Patienten mit Hirntumoren: Karnofski-Index 100 % Normal, keine Beschwerden, keine Krankheitszeichen sichtbar. notwendig. 90 % Fähig zu normaler Aktivität, keine Symptome oder Zeichen der Krankheit. 80 % Normale Aktivität unter Anstrengung, einige Krankheitszeichen oder - symptome. 70 % Sorgt für sich selbst, unfähig zu normaler Aktivität oder zu aktiver Arbeit. sorgen, unterschiedlich viel Hilfe ist notwendig. 60 % Braucht gelegentlich Hilfe, ist aber fähig, für die meisten seiner Angelegenheiten selbst zu sorgen. 50 % Braucht beträchtliche Hilfe und oft medizinische Pflege. 40 % braucht besondere Pflege und Hilfe. 30 % Stark behindert! Krankenhausaufnahme ist indiziert, noch keine Lebensgefahr 20 % Krankenhausaufnahme notwendig, sehr krank, aktive unterstützende Therapie notwendig. 10 % sterbend Klinischer Befund: Stauungspapille Stauungsblutung unscharfer Rand 7
8 Klinischer Befund Ausfälle unspezifisch für die ART der Läsion, spezifisch nur für den ORT der Läsion entsprechend dem Ort des Tumorwachstums entsprechend Fernwirkung durch erhöhten Druck Fallstrick: Raumforderung in der hinteren Schädelgrube kann Meningismus verursachen Bewußtseinsstörung Diagnostik CCT als Notfalluntersuchung MRT elektiv Wenn benigner Charakter nicht klar erwiesen: Gewinnung der Histologie im Rahmen einer Resektion stereotaktischen Biopsie LP, wenn nicht kontraindiziert und V. a. Liquoraussaat Suche nach Primärtumor, wenn V. a. Metastase 8
9 Bildgebung I Cortex Marklager Ventrikel Bildgebung I Ödem (hypodens im CT) Ringförmige KM- Anreicherung Tumor primär hypodens 9
10 Bildgebung II: Hirndruckzeichen Windungszeichnung vermindert Mittellinienverschiebung Liquoraufstau Bildgebung III: MRT vs. CT bei Metastasensuche CCT nativ MRT T1 + Gd 10
11 Bildgebung IV: Aminosäure-PET FET-PET ( 18 F-Fluoroethyltyrosin) MRT (T1 + Gd) Tracer: Indikation: 11 C-Methionin oder FET ( Aminosäure-PET ) malignesten Bezirk für Biopsie festlegen Differenzierung von Strahlennekrose und Rezidiv Symptomatische Therapie Hirndrucktherapie 4 x 8 mg Dexamethason; im Verlauf langsam reduzieren bei drohender Einklemmung 1 x lig 40 mg i. v.; ggfs. Mannitol oder Glycerol 11
12 Exkurs: Hirnödem Vasogenes Ödem Tumor Steroide wirksam Zytotoxisches Ödem Hirninfarkt Steroide nicht wirksam Symptomatische Therapie Hirndrucktherapie 4 x 8 mg Dexamethason; im Verlauf langsam reduzieren bei drohender Einklemmung 1 x lig 40 mg i. v.; ggfs. Mannitol oder Glycerol antiepileptische Therapie akut Lorazepam i. v. chronisch Valproat oder Carbamazepin (jeweils retard) Therapie psychiatrischer Störungen 12
13 Spezifische Therapie: Optionen Operation Bestrahlung Chemotherapie Operative Therapie: Besonderheiten Eloquente Areale können bei nicht kurativem Ansatz nicht reseziert werden Bei OP Funktion des Gewebes nicht erkennbar => funktionelle MRT und Neuronavigation, intraoperative Elektrophysiologie (Reizung und klinische Beobachtung bei Wach- OP oder Reizung und Ableitung in Narkose) Bei OP u. U. befallenes Gewebe nicht erkennbar => Tumormarkierung mit ALA 13
14 Strahlentherapie: Zielvolumina Ganzhirnbestrahlung Erweiterte Tumorregion mit homogener Dosisverteilung Stereotaktische Bestrahlung Interstitielle Bestrahlung Lymphome SCLC Metastasen Gliome Akustikusneurinom Gliome Strahlentherapie: Dosisverteilung konventionelle Fraktionierung: 2 Gy/d Hyperfraktionierung 1 Gy 2 x / Tag Hypofraktionierung 3 Gy 1 x /d stereotaktische Einzeitbestrahlung ( Radiochirurgie ) 14
15 Strahlentherapie: Risiken Strahlenencephalopathie Hirnödem/Radionekrose Läsion eloquenter Areale Chemotherapie der Gliome A T - - T A G - G - C C C T A G A T TMZ* MGMT A T G* G* C T A - T - A - T - T - G - A - T MMRS A T G* G* C T A - T - A G - A - T *Temozolomid; andere Alkylantien: ACNU, BCNU, CCNU, Procarbazin O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase MMRS: mismatch repair system 15
16 Spezieller Teil Metastasen Gliome Meningeom Ursprung von Metastasen 50% BronchialCA 20% Mamma CA 10% Melanom 5% Gastrointestinaltrakt 5% Gynäkologische Tumoren 5% Urologische Tumoren 5 % Unbekannt 16
17 Metastasen Therapieschema Metastase Kleinzelliges Bronchialkarzinom Kein Kleinzelliges Bronchialkarzinom >3 Metastasen 3 WBRT OP oder RS (+WBRT) WBRT=whole brain radiation therapy (Ganzhirnbestrahlung) Gliome Astrozytäre Tumoren Mischformen Oligodendrogliale Tumoren Grad I Grad II Pilozytisches Astrozytom Diffuses Astrozytom Oligoastrozytom Isomorphes Oligodendrogliom niedrigmaligne Grad III Anaplastisches Astrozytom Anaplastisches Oligoastrozytom Anaplastisches Oligodendrogliom hochmaligne Grad IV Glioblastoma multiforme 17
18 Gliome Astrozytäre Tumoren Mischformen Oligodendrogliale Tumoren Grad I Grad II 6-8a 15a Grad III 3 5 Grad IV 1 Gliome: Prognostische Marker Häufigkeit Prognose 1p/19q Kodeletion häufig II /III, seltener IV günstiger Mutation von IDH1/2 häufig II /III, selten IV günstiger Methylierung des MGMT Promotors häufig II -IV günstiger häufig : >40%; selten : <10% Hofer & Lassman, Targ Oncol 5:
19 Glioblastom häufigstes Gliom, Inzidenz 3/100000; Mehrheit primär, Minderheit sekundär als Rezidiv niedrigradigerer Gliome; häufig in höherem Lebensalter im CT hypodens, mit girlandenförmigem Enhancement Glioblastom: CCT-Befund 19
20 Glioblastom: Standardtherapie (cave Alter / niedriger Karnofski) Resektion 60 Gy in 2Gy-Fraktionen Temozolomid oral (niedrige Dosis) Temozolomid oral (höhere Dosis) Beiträge der Therapiemodalitäten: OP OP und Radiotherapie: OP und Radiotherapie und Chemotherapie 18 Wo 38 Wo 70 Wo Glioblastom: Resultate Standardtherapie nach MGMT-Status MGMT-Promotor methyliert (wenig MGMT-Aktivität) MGMT-Promotor unmethyliert (viel MGMT-Aktivität) Stupp et al. (2009) Lancet Oncol 10: Stupp et al. (2005) N Engl J Med 352:
21 Glioblastom häufigstes Gliom, Inzidenz 3/100000; Mehrheit primär, Minderheit sekundär als Rezidiv niedrigradigerer Gliome; häufig in höherem Lebensalter im CT hypodens, mit girlandenförmigem Enhancement Therapie: Komplettresektion, wenn erreichbar, anschließend kombinierte Radiatio und Chemotherapie (Temozolomid oral), anschließend Intervallchemotherapie (Temozolomid oral). Therapie im Rezidiv: erneute Resektion, wenn vertretbar, erneute Bestrahlung (insb. in kleinem Volumen und nach längerem Interval), experimentelle Chemotherapieregime (z. B. Dosissteigerung von Temodal, Bevazizumab, ) Meningeome Ursprung: arachnoidale Deckzellen, viele histologische Untergruppen, in den meisten Fällen I Häufiger Tumor: Inzidenz 3/100000; häufiger in höherem Lebensalter; häufig asymptomatisch (Prävalenz 4 % in Autopsieserien bei Pat. > 80 a), Frauen > Männer Im CT primär hyperdens, stark KM-anreichernd, i. a. homogen, über den Ansatz hinaus in die Meningen reichend; regionale Hyperossifikation bei Knochenkontakt 21
22 Meningeome: meningeal tail sign Kawahara Y et al., Neuroradiology 43: 462ff Meningeom: Häufige Lokalisation Falxmeningeom: Beinparese Konvexizitätsmeningeom: verschiedene fokale Ausfälle Keilbeinflügelmeningeom: Störung HN III, IV, V und VI Olfaktoriusrinnenmeningeom: Störung N. olfaktorius Kleinhirnbrückenwinkel: VII und VIII 22
23 Meningeome Ursprung: arachnoidale Deckzellen, viele histologische Untergruppen, in den meisten Fällen I Häufiger Tumor: Inzidenz 3/100000; häufiger in höherem Lebensalter; häufig asymptomatisch (Prävalenz 4 % in Autopsieserien bei Pat. > 80 a), Frauen > Männer Im CT primär hyperdens, stark KM-anreichernd, i. a. homogen, über den Ansatz hinaus in die Meningen reichend; regionale Hyperossifikation bei Knochenkontakt Indikation für Behandlung: Symptomatisches Meningeom; Vorgehen: radikale Resektion (Ausnahmen z. B. an der Schädelbasis) Prognose: 80% langfristige Rezidivfreiheit bei radikaler OP 23
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