Von Tumorrädern und Schiebedacheulen
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- Carsten Jaeger
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Von Tumorrädern und Schiebedacheulen Intraoperatives Sprachmonitoring Klinische Linguisten im OP Ines Kropff Ines Kropff -Ärztin- Klinik für Neurochirurgie Universitätsklinik Frankfurt am Main
2 Wann braucht man einen Linguisten im Operationssaal? Hirntumore der sprachdominanten Hemisphäre Epilepsie Parkinson ( Hirnschrittmacher )???
3 Gliome % aller Hirntumore sind Gliome Inzidenz von 5-6/ Einwohner Gliome gehen von Gliazellen aus (Hüll- und Stützgewebe des Gehirns) Einteilung in WHO Schweregrade Grad I und II: benigne /mäßig maligne, langsam wachsend, gute Prognose Grad III und IV (Glioblastom): hochmaligne, schnellwachsend, schlechte Prognose
4 Symptome eines Hirntumors Kopfschmerzen Übelkeit/ Erbrechen, Schwindel Koordinationsprobleme Gefühlsstörungen/ Lähmungen der Extremitäten Sehstörungen Sprachstörungen Persönlichkeitsveränderung Häufigstes Erstsymptom: zerebraler Krampfanfall
5 Aphasien durch Hirntumor Wenig untersucht Unterschied zwischen insultbedingten und tumorbedingten Aphasien? Zeit für Reorganisation?
6 Aphasische Symptomatik bei Tumorpatienten große Variabilität der Symptome mildere Störungen Leitsymptom: Wortfindungsstörungen expressive Modalitäten häufiger betroffen als rezeptive Schriftsprache meist ungestört selten Störung der Morphologie und Syntax oft nichtsprachliche Allgemeinsymptome: reduzierte Merkspanne, Konzentration, psychomotorische Verlangsamung, Perseverationen
7 Problematisch: Zuordnung der Tumoraphasien zu klassischen Aphasiesyndromen?? AAT: Syndromklassifikation, orientiert an Gefäßzuordnung; für vaskuläre Patienten normiert Hirntumore: halten sich nicht an Gefäßterritorien Tumoraphasien: Amnestische Aphasie (durch Leitsymptom der Wortfindungsstörungen?)
8 Therapie eines Hirntumors 1. Operation 2. Bestrahlung 3. Chemotherapie
9 Ziele der Operation möglichst totale Tumorresektion gleichzeitiger Erhalt von Funktion längere rezidivfreie Zeit, erhöhte Überlebensrate Erhalt/Verbesserung der Lebensqualität!! Prognose der Hirntumore hängt entscheidend von der Radikalität der Tumorentfernung ab!
10 Tumorchirurgie Exakte neuranatomische Planung (MRT, fmrt, funktioneller Neuronavigation) Gute mikrochirurgische Operationstechnik Verfahren, daß intraoperativ eine Lokalisation/Monitoring funktioneller Areale ermöglicht elektrophysiologische Methode der direkten cortikalen Stimulation (DCS)
11 Funktionelle Neuronavigation Virtuelle 3D- Datensätze aus dem fmrt Räumliche Struktur des Tumors Beziehung zu angrenzenden Strukturen und Funktionen OP-Planung
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13 Intraoperatives Elektrophysiologisches Neuromonitoring z.b. evozierte Potentiale (akustisch, somatosensible, motorisch) Intraoperative EEG Ableitung Intraoperatives Sprachmapping mittels direkter cortikaler Stimulation (DCS)
14 Kortikales Mapping
15 Repräsentation in der Hirnrinde Penfield 1950 Schema des Homunculus als Hilfskonstrukt zur kortikalen Repräsentation einzelner Körperregionen
16 Motorisches Mapping Elektrische Reizung eines motorisches Kortexareals motorische Antwort auf der kontralateralen Körperseite
17 Repräsentation in der Hirnrinde Penfield 1950 Schema des Homunculus als Hilfskonstrukt zur kortikalen Repräsentation einzelner Körperregionen
18 Reizung von Arealen mit kognitiver Funktion Kurzzeitig Störung/Hemmung der kognitiven Funktion (reversible) Nur kurzer Reiz möglich (5 Sekunden) Erfordert wachen Patienten! Erfordert gute Compliance des Patienten Gefahr eines Krampfanfalls
19 Methodik der intraoperativen Sprachtestung Indikation: Tumore in der sprachdominanten Hemisphäre, temporal, frontal, temporo-parietal, temporo-okzipital, präzentral bisher eher in Epilepsiechirurgie angewandt ( zweizeitig ) wacher, mitarbeitsfähiger Patient Standard: Sprachtestung mittels Benenntests (Benennung von Objekten) Elektrische Stimulation des entsprechenden Kortexareals Ausfall/Störung der entsprechenden kognitiven Leistung (Negativtestung!)
20 Das Frankfurter Setting 1. Präoperativ operativ: Neurolinguistische Anamnese AAT Neuropsychologische Testung Probedurchlauf Testmaterial Bildgebung: fmrt (sprachdominante Hemisphäre?); bei Unklarheit Wada-Test
21 F-MRT Sprachparadigmen ieb
22 F-MRT: Von Hirnfunktion zu MR-Signal In the vicinity of large gliomas, Sprach fmrt the BOLD effect was suppressed in 53% of our patients Cerebral lesions can impair fmri-based language lateralization 23-jährige Patientin, LINKSHÄNDERIN,keine neurologischen Ausfälle Grummich P et al. Neuroimage 2006; 32: Wellmer J et al. Epilepsia 2009 in press
23 Language f-mri with BOLD is accepted to determine language lateralization High correlation between WADA und f-mri Limitations: ambiguous results, altered or impaired neurovascular coupling Binder JR et al. Neurology 1996;46: Spreer J. et al. Neuroradiology 2002; 44: Lehericy S et al. Neurol. 2000;25: Ulmer JL et al. AJNR 2003;24: BROCA WERNICKE
24 Wada Test 1949 von Juhn Wada Bestimmung der sprachdominanten Hemisphäre
25 Injektion Narkosemittel in Arteria carotis interna der jeweiligen Seite temporärer Funktionsausfall der entsprechenden Hemisphäre (ca. 20 Minuten)
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27 Probleme Wada-Test Invasive Methode Besonderheiten der cerebralen Blutversorgung (Cross-flow) Narkotisierung kontralaeraler Hirnabschnitte Narkotisierung Atem- und Kreislaufzentrum
28 Das Frankfurter Neuropsychologische Testprofil (FNTP) Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest (MWT-B) Raven Standard Progressive Matrices (SPM) Token Test (TT) Wortflüssigkeit (LPS 6) Syndrom-Kurztest (SKT) Closure Speed Test (CST) Hooper Visual Organization Test (HVOT) Rey Complex Figure Test (RCFT) Wechsler Memory Scale (WMS) Finger-Tapping Purdue Pegboard (PPB) Akustischer Reaktionstest (RTA) Visueller Reaktionstest (RTV) Wahlreaktionstest (RTW) Frankfurter Determinationstest (FDT) Befindlichkeitsskala (Bf-S)
29 Ablauf einer Operation
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36 Wo ist hier was?
37 2. Intraoperativ ( Wach-OP ) Motorisches Mapping (Gyrus präcentralis) Screening auf eloquente Areale mittels kortikaler Stimulation (durch Zählen Æ automatisierte Sprache) Nachtestung eloquenter Areale mit Benenntest Erstellung der kortikalen Landkarte Tumorresektion unter Monitoring der Spontansprache Nachtestung der Resektionsgrenzen mit Benenntest
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42 Kortikale Landkarte P2 P10 P12 P13 P17 P30 N2 N3 N20 Zunge (8 ma) Wortfindung + Zählen Wortfindung + Zählen Wortfindung + Zählen Wortfindung speech arrest; motorische Entäußerungen Arm und Bein negativ
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44 Intraoperatives Testmaterial Benennung von Objekten als Goldstandard Geeignetes Bildmaterial (schwarz-weiß, eindeutige realitätsnahe Abbildungen, typische Repräsentation der Konzepte) siehe Snodgrass/Vanderwart 1980) Hohe Sensitivität Limitierung: 5 Sekunden Stimulationszeit!
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46 Das ist...
47 Das ist
48 Das ist
49 Das ist
50 Zeit (sec) Elektrische Stimulation 1 5 Visueller Stimulus Antwort Das ist ein Auto kein Sprachareal Das ist ein Auto Sprachareal/Wofis Das ist ein Pferd semant. Paraphasie - keine Reaktion- speech arrest
51 Kortikale Landkarte P2 P10 P12 P13 P17 P30 N2 N3 N20 Zunge (8 ma) Wortfindung + Zählen Wortfindung + Zählen Wortfindung + Zählen Wortfindung speech arrest; motorische Entäußerungen Arm und Bein negativ
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53 Mittels intraoperativer Sprachtestung sahen auch Mediziner, was Linguisten schon lange wußten: Kortikale Sprachareale sind sehr klein (1-2cm 2 ) außerdem interindividuell sehr variabel herkömmliche Lokalisation (Broca/Wernicke Zentrum) zu eng begrenzt und nicht die einzigen Areale mit Sprachfunktion
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56 3.Postoperativ Neurolinguistische Nachtestung mittels Bedside Test (AST) am 3. postoperativen Tag 3 /6/12 Monate postoperativ (AAT); Verlaufskontrolle
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62 Bedenke! Alternative zur Wachoperation = keine Operation
63 Tumorräder und Schiebedacheulen: Was verrät uns die Methode über Sprachverarbeitung im Gehirn? Einblick in Arbeits- und Funktionsweise des Gehirns (echtzeitlich!) Organisation des mentalen Lexikons Organisation des bilingualen Gehirns Lokalisation (subkortikal?) Konsequenz für Aphasie Diagnostik und Therapie?
64 Bu bir...
65 Это
66 Questo/questa é
67 Und auch in hessisch Des is
68 Ein Platz für Linguisten- Im interdisziplinären Team einer Wachoperation
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