Versuch 1.2: Radioaktivität
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- Emilia Fürst
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1 1 Versuch 1.2: Radioaktivität Sicherheitshinweis: Schwangere dürfen diesen Versuch nicht durchführen. Sollten Sie als Schwangere zu diesem Versuch eingeteilt worden sein, so wenden Sie sich zwecks Zuweisung eines alternativen Versuchs an Dr. Ralf Detemple 1 Ziel des Versuches Als Beispiel zur Radioaktivität wird in diesem Versuch der β-zerfall untersucht. Es handelt sich dabei um einen radioaktiven Zerfall, bei welchem eine Partikelstrahlung entsteht. Durch Messungen der Intensität dieser Strahlung als Funktion des Abstands bzw. der Dicke eines Absorbers wird die Wechselwirkung ionisierender Strahlung mit Materie demonstriert. Bestätigung des Absorptionsgesetzes Bestätigung des Abstandsgesetzes Bestimmung der Aktivität eines Strontium-Präparates aus der Raumwinkelabhängigkeit 2 Physikalischer Hintergrund 2.1 Vorkenntnisse Die nachfolgende Beschreibung der physikalischen Grundlagen des Versuches setzt Vorkenntnisse zu folgenden Themen voraus: α-, β- und γ-strahlen β-zerfall Wechselwirkung ionisierender Strahlung mit Materie Dosimetrie Geiger-Müller-Zählrohr Gesetz des radioaktiven Zerfalls 2.2 Arten von Radioaktivität Es existieren verschiedene Typen von radioaktiven Zerfällen, welche unterschiedliche Strahlungsarten zur Folge haben. Die drei wichtigsten sind folgend aufgeführt α Strahlung Ist der Atomkern sehr schwer oder enthält er deutlich mehr Protonen als Neutronen, zerfällt er unter Aussendung eines Helium-Kerns ohne umgebende Elektronen ( 4 2He 2+ = α) 1, welcher aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht. Als Beispiel sei der Zerfall von Uran 238 aufgeführt: γ Strahlung U T h + α (1) Wenn der Atomkern nach einem Zerfall in einem energetisch angeregten Zustand vorliegt, kann während des folgenden Übergangs in einen energetisch niedrigeren Zustand hochfrequente elektromagnetische Strahlung abgegeben werden. Diese wird als γ Strahlung bezeichnet, welche bis mal energiereicher, und somit auch gefährlicher, als sichtbares Licht ist. Der Kern zerfällt dabei nicht, die Anzahl der Protonen und Neutronen bleibt konstant. 1 Die Schreibweise 4 2He 2+ enthält folgende Informationen: Der Kern besteht aus 2 Protonen und in der Summe 4 Nukleonen (Protonen plus Neutronen), des Weiteren ist er zweifach positiv geladen.
2 2 2 PHYSIKALISCHER HINTERGRUND β Strahlung Atomkerne mit hohem Neutronenüberschuss können unter Umwandlung eines Neutrons n aus dem Kern in ein Proton p + folgenden Prozeß auslösen: n p + + e + ν e (2) Das Proton p + verbleibt im Kern, während ein Elektron e und ein Elektron-Antineutrino ν e ausgesandt werden. Im Versuchsaufbau wird radioaktives Strontium verwendet, welches zwei aufeinander folgende β Zerfälle aufweist: 90 38Sr 90 39Y + e + ν e (3) 90 39Y 90 40Zr + e + ν e (4) Das Strontium wandelt sich im Laufe der Zeit über Yttrium (Y) in Zirconium (Zr) um. 2.3 Zerfallsgesetz Durch radioaktiven Zerfall nehme die ursprünglich vorhandene Anzahl N von Atomkernen im Zeitintervall dt um die Anzahl dn ab. Je mehr Kerne N vorhanden sind, desto höher ist die Anzahl der Zerfälle dn. Zusätzlich gilt: Je länger der beobachtete Zeitraum dt ist, desto höher ist die Anzahl der Zerfälle dn. Beide Aussagen zusammengefasst führen zu: Über die Zeit integriert ergibt sich das Zerfallsgesetz: dn Ndt (5) N(t) = N 0 e t τ (6) N(t) gibt die Zahl der Kerne an, welche nach einer Zeit t noch vorhanden sind, wenn zu Beginn (t = 0) N 0 existierten. Abbildung 1: Abnahme der Anzahl N radioaktiver Kerne als Funktion der Zeit. Die mittlere Lebensdauer beträgt τ = 10s. In Abb. 1 ist zu erkennen, dass nach der Zeit τ nur noch ca. 37% (= 1 ) der Kerne vorhanden e sind, welche zu Beginn (t = 0) existierten. Die restlichen 63% sind radioaktiv zerfallen. Eine andere gebräuchlich Zeitdauer ist die Halbwertszeit T 1/2, welche angibt, nach welcher Zeit noch genau 50% aller Kerne vorhanden sind. Sie hängt mit der mittleren Lebensdauer τ wie folgt zusammen: T 1/2 0,7τ (7)
3 2.4 Absorptionsgesetz Absorptionsgesetz Um die Abschwächung der radioaktiven Strahlung in einem Festkörper mathematisch zu beschreiben, setzt man das vereinfachende Modell eines Wirkungsquerschnitts σ pro Atom ein. Der Wirkungsquerschnitt σ beschreibt eine Kreisfläche, in deren Mittelpunkt das Atom steht. Alle Teilchen der radioaktiven Strahlung (hier: Elektronen der β-strahlung), die innnerhalb des Absorbers den Bereich des Wirkungsquerschnitts eines beliebigen Atomes berühren, werden absorbiert. Dieses Konzept ist in Abbildung 2 illustriert: Drei in den Festkörper eintretende Elektronen passieren ungehindert, während zwei Elektronen die Flächen treffen, welche den Wirkungsquerschnitt symbolisieren (grau schattiert, Atome selbst sind schwarz). Letztere Elektronen werden somit absorbiert. Abbildung 2: Illustration des Konzepts des Wirkungsquerschnitts Sind n Atome pro cm 3 vorhanden, so sind in einer Schicht (Dicke: dx) ndx Atome pro cm 2 Querschnittsfläche vorhanden. Durch Multiplikation mit dem Wirkungsquerschnitt σ pro Atom erhält man den absorbierenden Flächenanteil: σndx. Wenn N Elektronen einfallen, so werden N σndx absorbiert. Dieser Anteil der Anzahlverminderung wird mit dn bezeichnet, so dass sich dn = Nσndx = Nµdx (8) ergibt (es gilt: µ = σn). Beachten Sie die Ähnlichkeit zwischen diesem linearen Zusammenhang und der Herleitung der Formel für den radioaktiven Zerfall von Kernen! Auch hier erhält man durch eine Integration den gesuchten Zusammenhang: N(d) = N 0 e µd (9) Diese Formel und der Zusammenhang in Kapitel 2.3 beinhalten beide einen Exponentialterm, beschreiben aber vollkommen unterschiedliche physikalische Vorgänge: Die Formel aus Kapitel 2.3 gibt die Anzahl der Kerne in einer radioaktiven Quelle an, die nach einer Zeit t noch existieren. Die obige Formel dagegen legt fest, wieviele Teilchen durch einen Absorber der Dicke d hindurchtreten. Unter Verwendung mehrerer Zusammenhänge aus der Festkörperphysik läßt sich zeigen, dass der Absorptionskoeffizient µ proportional zur Dichte ρ eines Stoffes ist: Je höher die Dichte, desto mehr radioaktive Teilchen werden absorbiert. 3 Versuchsaufbau Abbildung 3 zeigt den prinzipiellen Aufbau: Das Zählrohr Z ist auf einer Schiene in Richtung des Präparates P r hin beweglich. Zwischen Präparat und Zählrohr sind Absorber verschiede-
4 4 4 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG UND -AUSWERTUNG Abbildung 3: Skizze und Foto der Versuchsanordnung ner Dicke zu schieben (Al bzw. Cu). Die Messanordnung ist in einem Gehäuse aus Eisen und Bleiglas aufgebaut, somit wird eine Abstrahlung in den Außenraum verhindert. Von der Gesamtstrahlung, die von der Quelle isotrop in alle Richtungen ausgeht, weist der Zähler nur einen sehr kleinen Teil nach. Das Zählrohr hat eine empfindliche Zählerstirnfläche A = 0,6 cm 2. Steht der Zähler in der Entfernung l, so schneidet er aus einer Kugeloberfläche (4πl 2 ) einen kleinen Teil aus; dieser Teil schließt einen Raumwinkelbereich Ω ein. Der gesamte Raumwinkel in der Kugel wird durch Ω = 4π gegeben. Der relative Anteil des Raumwinkels Ω/Ω, welcher durch den Detektor abgedeckt wird, berechnet sich dann zu: Ω Ω = A (10) 4πl 2 Der Detektor nimmt nur diesen relativen Bruchteil aller radioaktiven Teilchen wahr (C : Zählrate des Detektors), die vom Präparat ausgesandt werden. In der Probe finden dn/dt Zerfälle statt, was die gleiche Anzahl von ausgesendeten Elektronen zur Folge hat. Die totale Anzahl der pro Zeit emittierten Elektronen wird auch als Aktivität bezeichnet wird (Einheit 1 Bq = 1 Zerfall pro Sekunde). C = dn Ω dt Ω = dn A (11) dt 4πl 2 Man erkennt, dass bei konstanter Fläche des Zählers die Zählrate C quadratisch mit l abnimmt. 4 Versuchsdurchführung und -auswertung 4.1 Verifizierung des Abstandsgesetzes / Bestimmung der Aktivität Variieren Sie den Abstand zwischen Quelle und Detektor so, dass Sie mindestens 10 Werte aufnehmen (es dürfen sich keine Absorberplatten im Strahlengang befinden!). Der maximale Abstand von 30 cm sollte nicht überschritten werden. Pro Messpunkt sollte eine Zeitdauer von
5 4.2 Verifizierung des Absorptionsgesetzes 5 mindestens 60 Sekunden benutzt werden, bei großen Abständen empfiehlt sich eine Messdauer von mehreren Minuten. Die Auswertung erfolgt grafisch unter Einsatz der Formel 11 (Abstandsgesetz). Diskutieren Sie vor Anfertigung der Zeichnung mit Ihrem Betreuer, welche Größen auf den Achsen auftragen werden sollen. Wählen Sie die Größen so, dass im Idealfall unter Annahme der Gültigkeit des Abstandsgesetzes eine Gerade Ihre Messpunkte beschreibt (sogenannte Linearisierung). Berechnen Sie die Aktivität des Präparates! 4.2 Verifizierung des Absorptionsgesetzes Stellen Sie den Detektor auf eine feste Position, so dass Sie eine ausreichende Zählrate messen. Bestimmen Sie die Zählrate als Funktion der Dicke des Absorbers, wobei Sie verschiedene Kombinationen von Absorberplättchen vermessen sollten. Die Anzahl der Kombinationen richtet sich nach den Vorgaben des Betreuers. Pro Messpunkt sollte eine Zeitdauer von mindestens 60 Sekunden benutzt werden, bei dicken Absorberplatten empfiehlt sich eine Messdauer von mehreren Minuten. Nehmen Sie zwei Messreihen auf, je eine für Kupfer und eine für Aluminium. Bestimmen Sie den Absorptionskoeffizienten µ für Aluminium und Kupfer grafisch! Diskutieren Sie mit Ihrem Betreuer, welche Größen auf den Achsen auftragen werden sollen. Ist die Aussage erfüllt, dass µ proportional zu ρ ist? 5 Fragen zum Versuch Welche Arten von Radioaktivität gibt es? ρ Aluminium = 2,7 g cm 3 ρ Kupfer = 9,0 g cm 3 Welche verschiedenen Strahlungen können beim radioaktiven Zerfall entstehen? Nennen Sie mindestens zwei physikalische Größen, in denen sich die Arten unterscheiden. Wie kann man experimentell zwischen den Arten unterscheiden? Warum zerfallen radioaktive Kerne? Wie lautet die Zerfallsgleichung für den Beta-Zerfall und was beschreibt diese? Wie ist die Halbwertszeit definiert? Was ist der Unterschied zwischen der Halbwertszeit und der mittleren Lebensdauer? Welches Gesetz beschreibt die Absorption von radioaktiver Strahlung in Materie? Welche einfach messbare physikalische Größe kann zur Beschreibung des Absorptionsvermögens genutzt werden? Warum eignet sich Blei als Absorber eher als Aluminium? Was ist eine Linearisierung und wie erreicht man sie? Erklären Sie, wie Sie experimentell das Abstandsgesetz überprüfen! Wie bestimmen Sie experimentell die Aktivität eines Präparats? Erklären Sie, wie Sie experimentell das Absorptionsgesetz überprüfen! Wie kann man sich vor radioaktiver Strahlung schützen?
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