Kinder aus suchtbelasteten Familien: Welchen Beitrag kann die Frühintervention leisten?
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- Evagret Adler
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1 Kinder aus suchtbelasteten Familien: Welchen Beitrag kann die Frühintervention leisten? Irene Abderhalden Leitung Prävention, Sucht Info Schweiz Monika Zimmermann Projektgruppe ags, Leitung Kindergruppe
2 Ausgangslage: Wenn Mama oder Papa trinkt
3 Ein Tabu, aber kein Randphänomen! Sucht Info Schweiz schätzt, dass es in der Schweiz rund alkoholkranke Personen gibt > Tausende von Kindern leben in einer alkoholbelasteten Familie. 8% der Jugendlichen im Alter von Jahren geben an, dass ihr Vater/ihre Mutter zu viel trinkt (Schülerstudie über die Gesundheit von Schülerinnen und Schülern in der Schweiz, 2006)
4 Hochrisikogruppe für die Entwicklung von psychischen oder substanzbezogenen Problemen Die Kinder suchtkranker Eltern stellen die Gruppe mit dem grössten Risiko dar, selbst eine Suchterkrankung oder eine Verhaltensauffälligkeit zu entwickeln. (Transmissionsquote von 30% bei Alkoholstörungen, ca. 45% bei Drogenabhängigkeit) ABER: Ein Drittel entwickelt keine auffallenden Probleme! Wichtig, die Risiko- und Schutzfaktoren zu kennen keine monokausalen Modelle: Nur die Gefährdung wird «weitergegeben», nicht die Sucht!
5 Ich bin die Tochter einer alkoholabhängigen Mutter und im vergangenen Jahr habe ich begriffen, dass ich ihr nicht helfen kann. Ich habe Angst, selbst alkoholabhängig zu werden und ich habe Angst, dass alles, was ich in meiner Kindheit erlebt habe, mich einholt.
6 Instabile Eltern-Kind-Beziehung Wenig Zeit für Kinder Kinder übernehmen elterliche Rollen und Verantwortung (Parentifizierung) Mangelnder Schutz und Geborgenheit Häufig Zeuge, nicht selten Opfer von Gewalt u. Konflikten Instabilität und Unberechenbarkeit Keine klaren Regeln, willkürliche Bestrafung und Belohnung
7 «Du bist nicht mit 10 Jahren um 1 Uhr morgens aufgestanden und musstest zusehen, wie sich deine Mutter besäuft. Nicht du musstest jahrelang deinen Bruder zu dir ins Bett nehmen, nicht du warst es, die Stunden damit verbracht hat, den Haushalt zu schmeissen, zu kochen, zu waschen nicht du bist zu Hause geblieben, damit immer jemand für den Bruder da ist» Forum Juli 2003 Niliale, 16 Jahre
8 Verleugnung und Schweigen Suchtkrankheit als Familiengeheimnis Isolation und Verschwiegenheit, auch gegen aussen Zweifel an eigener Wahrnehmung Scham- und Schuldgefühle Selbstabwertungen
9 RISIKOFAKTOREN SCHUTZFAKTOREN I Indiv. Belastungen sexueller Missbrauch und Gewalt Frühes Alter des Kindes Umgebungsbezogene Belastungen Expositionsdauer Behandlung der Eltern Konflikte, Trennungen Verlusterlebnisse Diskoniutinäten Inkonsistenzen Komorbidäten Ind. Ressourcen Selbstwirksamkeitserwartung Einsicht in Dysfunktionalität der Familie Emot. und phys. Abstandnehmen Kreativiät u. Humor Eigenes Wertsystem Umgebungsbezogene Ressourcen Beziehungen ausserhalb der Familie Pos. Geschwisterbeziehungen Familiäre Rituale Beziehung zum nicht abhängigen Elternteil o. Anderen BILANZ: BELASTUNGEN vs. RESSOURCEN.
10 Handlungsbedarf: Worauf soll die Frühintervention zielen?
11 Grundlage evidenzbasierter Projekte Präventions- und Interventionsprojekte in den USA schon seit Ende der 1980er Jahre Analyse bestehender Projekte (Metaanalyse 1999)
12 Gruppenarbeit mit Kindern als häufigste Interventionsform Überwindung von Isolation, Scham und Schuldgefühlen positive Sozialisationserfahrungen, gegenseitige Unterstützung Stärkung des Selbstwertgefühls Auflösung des Tabuthemas Sucht, Umgang mit der familiären Situation Förderung der bestehenden Stärken der Kinder, Thematisierung von Gefühlen
13 Weitere Interventionsformen Familienorientierte Arbeit mit möglichst vielen Familienmitgliedern Einzelpsychotherapie für Kinder Selbsthilfeansätze wie Alateen (erst ab 16 Jahren empfohlen) Nottelefon, Telefonberatung, -Beratung Websites mit Informationen und Austauschforen
14 Trampolin: Entwicklung eines standardisierten und wissenschaftlich erprobten Angebotes Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen und Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kind- und Jugendalters Ziel: In 24 am Projekt beteiligten Beratungsstellen soll die Wirksamkeit des modularen Gruppenangebots für Kinder aus suchtbelasteten Familien unter verschiedenen Rahmenbedingungen mit standardisierten Messinstrumenten bei den Kindern und ihren Eltern überprüft werden.
15 Situation in der Schweiz
16 Aktuelle Situation der Schweiz: Angebote in 8 Kantonen
17 Fazit: wirkungsvolle Projekte, aber. Positive Erfahrungen, aber grosse Herausforderung, die Kinder zu erreichen! - Elternschaft und Alkoholabhängigkeit: ein zweifaches Tabu - Angst der Eltern, das Sorgerecht zu verlieren - Kinder und Eltern in unterschiedlichen Hilfssystemen Auch wenn die Eltern Hilfe erhalten, werden die Kinder selten einbezogen Selbst bei verhaltensauffälligen Kindern wird selten eine Suchterkrankung in der Familie abgeklärt
18 Wichtig für künftige Projekte Früherkennungssysteme Fachkräfte sensibilisieren Bereitschaft zur Kooperation und Koordination zwischen relevanten Akteuren Zugang zu Eltern (und Kindern) verbessern Öffentlichkeitsarbeit Wirksamkeit überprüfen und evaluieren Niederschwellige Angebote bereitstellen
19 Kinder aus suchtbelasteten Familien Konzept und Ziel Projekt der ags in Kooperation mit Sucht Info Schweiz
20 Vorgeschichte Trend Angehörige einzubeziehen auch Kinder sind Angehörige! Bereits vorhandene Sensibilisierung in der Organisation Relevanz des Thema
21 Ziel des Projekts Ein neues Angebot, welches die Entwicklungschancen von Kindern aus suchtbelasteten Familien fördert. Partizipativer Ansatz
22 Bausteine des Projekts Vorphase: Recherche Elternbefragung Fokusgruppe Treffen Beirat Antrag an Stiftungsrat Umsetzungsphase: Kindergruppe Elternkurs Kooperation Veränderungen innerhalb der ags
23 Projektbaustein Elternbefragung
24 Anteil Interessierter für verschiedene Angebote der ags Kindergruppe Kinder in Beratungsgespräch mitbringen Freizeitaktivitäten für Kind von ags organisiert Kurs Erziehungsfragen von ags geleitet Paar- oder Familiengespräche Elternaustauschgruppe Einzelgespräche und Erziehungsfragen Ferienprogramm Eltern mit Kind Va-Ki/Mu-Ki-Gruppe Ideen oder Wünsche für Angebot: ja Anteil Interessierter in %
25 Fazit der Befragung Kindergruppe zur Umsetzung empfehlen Elternebene berücksichtigen mit Elternkurs Vermehrter Einbezug der Kinder und des Themas in die Suchtberatung Interdisziplinäre Kooperation Ausserdem: Positive Reaktionen der Eltern Beratungspersonen sammeln Erfahrung im Ansprechen des heiklen Themas
26 Projektbaustein Kindergruppe
27 Was ist eine Kindergruppe? Gezielte Intervention, um Kompetenzen von Kinder und Jugendlichen zu stärken mit Einbezug der Eltern
28 Inhalte der Kindergruppe Gleichbleibender Ablauf mit jeweils einem Schwerpunktthema Bewältigung des Erlebten und Ausdruck von Gefühlen Neue Verhaltensweisen ausprobieren Psychoedukation zu Sucht
29 Rahmenbedingungen 10 Treffen jeweils am Mittwochnachmittag Co-Leitung von Fachperson Sucht und Fachperson Kinder- und Jugendpsychotherapie Kostenlose Teilnahme Behandlungsvertrag zu Beginn mit Eltern oder sorgeberechtigter Person
30 Zielgruppe Kinder von 8-15 Jahren (8-12/12-15J.) Aus einer suchtbelasteten Familie (aktuell oder vergangen) Keine Einschränkung auf Alkohol Auf Wunsch der Eltern Als angeordnete Massnahme (VB, JUGA u.a.) Jugendliche aus eigener Initiative möglich
31 Projektbaustein Kooperation
32 Spezialfall Sucht Kooperation mit Eltern ist wegen der Krankheit erschwert Kinder und Erwachsene sind in verschiedenen Hilfssystemen Kind hat eigentlich kein Problem Eltern teilen ihre Überforderung nicht mit
33 Darum braucht es! Notwendigkeit, suchtbelastete Familien überhaupt zu erkennen Klares Ansprechen des Problems Geduld und strukturiertes Vorgehen Aufklärung der Eltern Geklärte interinstitutionelle Zusammenarbeit Reflektierte professionelle Haltungen
34 Netzwerk
35 Wie Verbindungen schaffen? Andere Berufsfelder kennen Ansprechpersonen definieren Zusammenarbeit absprechen und koordinieren Fallübergreifende Arbeitskontexte herstellen Zelle Kooperationstreffen
36 Formen der Kooperation Flyer und Information weitergeben Sensibilisieren innerhalb der eigenen Organisation - Fortbildung Unterstützung holen bei Bedarf - Coaching Präventive Vernetzung Teilnahme am Kooperationstreffen Projekt mitsteuern Engagement in der Begleitgruppe
37 Unterstützung durch Sucht Info Schweiz
38 Unterstützung durch Sucht Info Schweiz Publikationen Leitfaden für Fachpersonen Broschüren für ein breites Publikum Kinderbuch (Boby) Finanzielle und fachliche Unterstützung zum Aufbau von innovativen Projekten für Kinder und Jugendliche
39 Auftrag im Rahmen des nationalen Alkoholprogramms Nationale und internationale Koordination Austausch und Vernetzung: Organisation einer Austausch- und Weiterbildungsplattform Unterstützung und Entwicklung innovativer Projekte für Kinder und Jugendliche in den Kantonen Wissenschaftliche Begleitung Öffentlichkeitsarbeit und Sensibilisierung
40 Handeln auf mehreren Ebenen «not-wendig»! Die Öffentlichkeit sowie die verschiedenen Berufsgruppen sensibilisieren Interdisziplinäre Vernetzung Betroffene Eltern unterstützen und begleiten: - bewusst machen, welche Auswirkung die Suchterkrankung auf die Kinder hat - in ihrer Elternrolle unterstützen Niederschwellige Angebote: und
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