Kommunikationskonzept für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik

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1 TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Kommunikationskonzept für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Peter Tenerowicz-Wirth Vollständiger Abdruck der von der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Georg Wachtmeister Prüfer der Dissertation: 1. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Willibald A. Günthner 2. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Birgit Vogel-Heuser Die Dissertation wurde am 19. November 2012 bei der Technischen Universität München eingereicht und durch die Fakultät für Maschinenwesen am 14. Februar 2013 angenommen.

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3 Peter Tenerowicz-Wirth Kommunikationskonzept für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. Willibald A. Günthner Technische Universität München

4 Herausgegeben von: Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. Willibald A. Günthner fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Technische Universität München Zugleich: Dissertation. München: Technische Universität München, 2013 ISBN: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Copyright Peter Tenerowicz-Wirth 2013 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Layout und Satz: Peter Tenerowicz-Wirth Printed in Germany 2013

5 Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München. Mein Dank gilt daher in erster Linie meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr.-Ing. Willibald A. Günthner, der mir durch sein Vertrauen und seine Unterstützung die Durchführung meines Promotionsvorhabens ermöglicht hat. Weiterhin danke ich Frau Prof. Dr.-Ing. Birgit Vogel-Heuser für die Übernahme des Koreferats und das Interesse an meiner Arbeit sowie Herrn Prof. Dr.-Ing. Georg Wachtmeister für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Das in der vorliegenden Arbeit vorgestellte Kommunikationskonzept für selbststeuernde Fahrzeugkollektive entwickelte ich im Rahmen des Forschungsprojekts Algorithmen und Kommunikationssysteme für die Zellulare Fördertechnik. Für die fruchtbare Zusammenarbeit in diesem Projekt möchte ich mich an dieser Stelle bei Herrn Hubert Büchter vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund bedanken. Auch danke ich den beteiligten Industriepartnern für die Unterstützung meiner Forschungsarbeit. Darüber hinaus gilt ein besonderer Dank allen Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl fml für das jederzeit angenehme, freundschaftliche und motivierende Arbeitsklima. Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang meinen Bürokollegen, von denen ich Herrn Dr.-Ing. Dennis Walch, Herrn Thorsten Frenz, Herrn Oliver Schneider, Herrn Dr.-Ing. Razvan Chisu, Herrn Dr.-Ing. Florian Kuzmany, Herrn Dominik Stockenberger und Frau Janina Durchholz namentlich hervorheben möchte. Nicht zuletzt danke ich auch allen Angestellten des Lehrstuhls, die mir stets hilfsbereit zur Seite standen. Mein persönlicher Dank gilt meiner Mutter Regina für ihre immerwährende Unterstützung und Förderung in allen Bereichen meines Lebenswegs, insbesondere auch meines beruflichen Werdegangs. Mein Vater Adolf Tenerowicz konnte den Abschluss meiner Arbeit leider nicht mehr miterleben, doch aus der Erinnerung an ihn und seinen langjährigen Beistand konnte ich viel Kraft ziehen. Schließlich gilt mein Dank meiner wunderbaren Ehefrau Birgit, die mich geduldig und unermüdlich unterstützt hat und mir ein großer Rückhalt ist. München, im März 2013 Peter Tenerowicz-Wirth

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7 Kurzzusammenfassung Globalisierte Beschaffungsmärkte, eine zunehmende Produktindividualisierung und Variantenvielfalt sowie kürzer werdende Innovationszyklen steigern die Komplexität und Dynamik in logistischen Systemen. Dies trifft insbesondere auf Knoten in Distributionsnetzen zu, in welchen Waren gebündelt, auftragsspezifisch zusammengestellt und weiterverteilt werden. Eine wachsende Artikelanzahl, kleine Losgrößen sowie stark schwankende und daher schwer prognostizierbare Auftragseingänge verstärken den logistischen Zielkonflikt zwischen maximaler Lieferbereitschaft und minimalem Bestand. Vor diesem Hintergrund gewinnt bei der Gestaltung von Materialflusssystemen deren schnelle Anpassbarkeit an sich ändernde Randbedingungen und somit ein hoher Grad an Wandelbarkeit an Bedeutung. Dezentrale, flexible und adaptive Lösungen bei der Steuerung von Material- und Informationsfluss wie das Internet der Dinge in der Intralogistik weisen bereits in diese Richtung. Gleichzeitig werden seitens der Mechanik jedoch weiterhin heterogene, ortsfeste Stetigfördersysteme eingesetzt. Um die Vorteile der Dezentralisierung hinsichtlich Flexibilität, Robustheit und Wiederverwendbarkeit nicht nur im Bereich der Software nutzen zu können, untersucht die vorliegende Arbeit die Potenziale einer konsequenten Substitution starrer, unflexibler Fördertechnik durch Kollektive aus einheitlichen, frei navigierenden Transportrobotern, die logistische Aufgaben autonom erfüllen können. Dabei fokussiert die vorliegende Arbeit einen sicheren und effizienten Austausch bedarfsgerechter Informationen zwischen den beteiligten Einheiten, welcher die Grundvoraussetzung für den Betrieb eines auf autonom agierenden, mobilen und räumlich verteilten Entitäten basierenden Materialflusssystems darstellt. Es werden sowohl technische als auch logische Aspekte eines Kommunikationskonzepts für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik betrachtet.

8 Abstract Globalized procurement markets, increasing product customization and variety, and shorter innovation cycles increase the complexity and dynamics in logistics systems. This is particularly true at the node in distribution networks, in which goods are combined, compiled order-specifically and redistributed. A growing number of products, small batch sizes and highly variable orders, which are therefore difficult to predict, reinforce the logistics trade-off between maximum delivery and minimal inventory. Against this background, a rapid adaptivity and thus a high degree of changeability in the design of material flow systems becomes more and more important. Decentralized, flexible and adaptive solutions for the management of material and information flows - as the "Internet of Things in Intralogistics" - already point in this direction. At the same time, the material flow is still based on heterogeneous, stationary continuous conveyor systems. To not only use the advantages of decentralization regarding flexibility, robustness and reusability in the field of software, the present thesis investigates the potential of a systematic substitution of rigid, inflexible conveyor technique by a large number of uniform, mobile transport robots, which can carry out logistic tasks autonomously. The present thesis focuses a safe and efficient exchange of required information between the participating units, which is the basic requirement for the operation of a material flow system based on autonomous, mobile and geographically distributed entities. Both technical and logical aspects of a communication concept for autonomously controlled vehicular collectives in intralogistics are considered.

9 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Ausgangssituation Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit 6 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Konventionelle Materialflusssysteme Prozesse und Funktionen der Intralogistik Förder- und Materialflusstechnik Materialflusssteuerung Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Der Begriff der Wandelbarkeit Funktionsorientierte Modularisierung Dezentrale Materialflusssteuerung Wirtschaftlichkeit wandelbarer Materialflusssysteme Praktische Umsetzungen wandelbarer Materialflusssysteme 32 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Kommunikationsmodelle Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen Car-to-X-Kommunikation 48 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Aufbau und Funktionsweise Eignung für Prozesse der Intralogistik Anwendungsabhängige Ausstattung der Einzelfahrzeuge Bereichsübergreifender Einsatz Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs Informationen der Materialflusssteuerung Klassifizierung relevanter Informationsarten Fazit Referenzszenarien 71 I

10 Inhaltsverzeichnis II Elektrohängebahnanlage Logistikprozesse eines Distributionszentrums Zusammenfassung 75 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Anforderungsanalyse Prozessbedingte Anforderungen der Intralogistik Anforderungen an das Kommunikationssystem Zusammenfassung der Anforderungen Technisches Kommunikationskonzept Kommunikationsstandards Datenformate Fazit Logisches Kommunikationskonzept Einsatz eines Blackboardsystems Parallelbetrieb verteilter Blackboards Fazit Gesamtkonzept für die Kommunikation in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven Verortung des Agentensystems auf zentralem Server Verortung der Softwareagenten auf autonomen Flurförderzeugen Zusammenfassung Realisierung und Validierung des logischen Kommunikationskonzepts Implementierung eines verteilten Blackboardsystems Analyse des Kommunikationsverhaltens Analytische Vergleichsrechnung Bewertung der Untersuchungsergebnisse Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung der Forschungsergebnisse Ausblick 140 Literaturverzeichnis 143 Abbildungsverzeichnis 158 Tabellenverzeichnis 160

11 Verwendete Abkürzungen AGV AMS AutoID BB BB 1 BB d BMBF BIP CAN DB DF DFG DLR DSRC EHB ERP ETSI FIPA FIRA FTP FTS / FTF GLT HTTP IEEE IGF IP ISA ISO ITS JADE Automated Guided Vehicle Agent Management System Automatische Identifikation Blackboard Single Blackboard System Distributed Blackboard System Bundesministerium für Bildung und Forschung Brutto-Inlandsprodukt Controller Area Network Datenbank Directory Facilitator Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Dedicated Short Range Communications Elektrohängebahn Enterprise Resource Planning European Telecommunications Standards Institute Foundation for Intelligent Physical Agents Federation of International Robot-Soccer Association File Transfer Protocol Fahrerloses Transportsystem / Fahrerloses Transportfahrzeug Großladungsträger Hypertext Transfer Protocol Institute of Electrical and Electronics Engineers Industrielle Gemeinschaftsforschung Internet Protocol International Society of Automation Internationale Organisation für Normung Intelligent Transport Systems Java Agent Development (Framework) III

12 Verwendete Abkürzungen KI KLT LAM LAN LVS MDT MFR MzW OOP OSI P2P PC PROFIBUS QVW RBG RFID SCM SMM SPOF SPS SQL TCP TE UAV UDP VANET VDMA WAVE WLAN WMS WWS WzM XML Künstliche Intelligenz Kleinladungsträger Lastaufnahmemittel Local Area Network Lagerverwaltungssystem Mobile Data Terminal / Mobiles Datenterminal Materialflussrechner Bereitstellprinzip Mann-zur-Ware Objektorientierte Programmierung Open Systems Interconnection Peer-to-Peer Personal Computer Process Field Bus Querverschiebewagen Regalbediengerät Radio Frequency Identification Supply Chain Management Social Media Marketing Single Point Of Failure Speicherprogrammierbare Steuerung Structured Query Language Transmission Control Protocol Transporteinheit Unmanned Aerial Vehicle User Datagram Protocol Vehicular Ad-hoc Network Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.v. Wireless Access for Vehicular Environment Wireless Local Area Network Warehouse Management System Warenwirtschaftssystem Bereitstellprinzip Ware-zum-Mann Extensible Markup Language IV

13 1 Einleitung 1.1 Ausgangssituation Logistische Systeme sehen sich steigenden Anforderungen ausgesetzt. Im Zuge der weltweiten Vernetzung der Märkte allgemein als Globalisierung bezeichnet sehen sich deutsche Unternehmen mit einem wachsenden Konkurrenzangebot insbesondere aus Niedriglohnländern konfrontiert. Seit dem Jahr 1995 hat sich der Wert der Warenexporte aus den Industrienationen mehr als verdoppelt, bei den sogenannten BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China stieg der Wert der exportierten Güter um den Faktor acht an [Fit-2012]. Diese Entwicklung steigert den Kosten- und Zeitdruck auf die Unternehmen, die gerade in den gesättigten Käufermärkten der Industriestaaten einem harten Verdrängungswettbewerb ausgesetzt sind. Gleichzeitig profitiert Deutschland als Exportnation von der Erschließung neuer Absatzmärkte, gerade in sogenannten emerging markets (aufkommende Märkte) wie den BRIC- Staaten, Südafrika oder einigen Staaten Osteuropas. Das steigende Welthandelsvolumen verursacht ein wachsendes Aufkommen an Transport- und Umschlagprozessen. Der Anstieg des globalen Handelsaufkommens führt zu steigenden Anforderungen an logistische Netzwerke bzgl. Flexibilität, Dynamik und Komplexitätsbeherrschung. Zudem können sich im weltweiten Wettbewerb Unternehmen in Hochlohnländern wie Deutschland nur durch innovative, hochqualitative Produkte und Dienstleistungen sowie durch einen hohen Grad der Prozessautomatisierung behaupten. Dies betrifft Hersteller und Betreiber innerbetrieblicher Materialflusssysteme gleichermaßen. Eine große Herausforderung erwächst den Herstellern zudem aus dem verstärkt auftretenden Kundenwunsch nach auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Produkten. Als Reaktion auf dieses Käuferverhalten und zur Differenzierung im Wettbewerb setzen Hersteller von Massenprodukten verstärkt auf eine kundenindividuelle Massenproduktion (mass customization), bei der das vom Kunden individuell gestaltete Produkt zusammen mit anderen Produkten in einem einheitlichen Produktionsablauf hergestellt wird. Kundenindividuelle Aufträge führen zu einer Verringerung der Fertigungslosgrößen und zu einem erhöhten Aufkommen an Stückguttransporten, welche die einzelnen Fertigungs- und Montageschritte verknüpfen bzw. versorgen. Gleichzeitig wird das Produktangebot in immer kürzeren Zeitabständen erneuert, um 1

14 1 Einleitung den rasch voranschreitenden Marktanforderungen gerecht zu werden. Dies bedingt kurze Innovationszyklen und große Sortimentsumfänge. Ein weiterer Trend, der die Anforderungen an Logistiksysteme beeinflusst, ist der anhaltende Siegeszug des Internets und eine Digitalisierung sowohl des täglichen Lebens als auch der inner- und interbetrieblichen Prozesse. Für Privatpersonen wie für Unternehmen stellt das Internet mittlerweile eine globale Plattform zur Beschaffung von Informationen und Gütern dar. Durch diese Entwicklung hat sich das Konsumverhalten der Privathaushalte in den letzten Jahren stark gewandelt. 69 Prozent der Deutschen im Alter von 14 bis 64 Jahren kauften nach eigenen Angaben 2011 im Internet ein [IFD-2011]. Gleichzeitig ist die mobile Nutzung des Internets auf dem Vormarsch. Der Absatz internetfähiger Smartphones stieg in Deutschland im Jahr 2011 um 36 Prozent auf mehr als 10 Millionen Stück an [BIT-2011]. Das Internet bietet dem Konsumenten im Rahmen des E-Commerce Zugang zu einem nahezu unbegrenzten Produktangebot und gleichzeitig die Möglichkeit, Eigenschaften und Preise verschiedener Produkte und Anbieter online zu vergleichen und die Waren anschließend direkt zu bestellen. Nach dem Kauf eines Produkts erwartet der Kunde in vielen Fällen eine sehr kurze Lieferzeit (Sofortness). Der Erfüllungsgrad dieser Erwartungshaltung fließt in seine Beurteilung des Händlers und somit in seine künftigen Kaufentscheidungen ein. An das Produkt selbst stellt der Konsument hohe Qualitätsansprüche. Eine Nichterfüllung dieser Ansprüche kann zur Abwanderung des Kunden führen. Die Markentreue nimmt als Folge des vereinfachten Zugangs zu konkurrierenden Ersatzprodukten ab. Die zunehmende Nutzung sozialer Medien (Blogs, Foren, Wikis, soziale Netzwerke) verstärkt diesen Trend. Betrifft der Meinungsaustausch unter den Internetnutzern bestimmte Konsumgüter, so wird die Entscheidung über den Kauf eines konkreten Produkts positiv oder negativ beeinflusst. Diesen Effekt macht sich die Werbewirtschaft zunutze, wenn sie neben klassischem Online-Marketing (z.b. Bannerwerbung, Werbeeinblendungen) gezielt soziale Medien nutzt, um durch Beiträge oder unterhaltsame Videos ihre Werbebotschaft zu verbreiten (Social Media Marketing, SMM). Eine erfolgreiche Werbekampagne oder ein Produkthype aus den Reihen der Internetnutzer kann bei Herstellern und Händlern zu einer kurzfristig stark gesteigerten Nachfrage nach dem entsprechenden Produkt führen. Sprunghafte Nachfrageschwankungen stellen eine große Herausforderung für die mit dem Auslieferprozess verbundenen Logistikprozesse dar. 2

15 1.1 Ausgangssituation Globalisierte Märkte und Wertschöpfungsnetze sowie eine Digitalisierung von Einkaufs- und Vertriebsprozessen führen zu Verschiebungen ökonomischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Darauf müssen Unternehmen mit einer Neuausrichtung ihres Handelns reagieren. Diese Neuausrichtung umfasst auch das Hinterfragen etablierter Logistikprozesse. Für global agierende und stark vernetzte Unternehmen aus Produktion und Handel ist die Logistik seit geraumer Zeit von einer reinen Unterstützungsfunktion zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor avanciert. Ein erzielter Jahresumsatz von etwa 200 Milliarden Euro im Jahr 2009 und eine Beschäftigtenzahl von ca. 2,6 Millionen unterstreichen die volkswirtschaftliche Relevanz der Logistikbranche in Deutschland [Kla-2010]. Neben den Prozessen makrologistischer Netzwerke gilt es auch die aktuell vorherrschenden innerbetrieblichen Logistikprozesse unter Berücksichtigung der beschriebenen Rahmenbedingungen zu überdenken und angemessen zu gestalten. Der hohe Innovationsdruck, dem die Unternehmen ausgesetzt sind, sowie der Kundenwunsch nach individualisierten Produkten generieren neue Anforderungen an die Intralogistik. Verkürzte Innovationszyklen und die damit verbundenen kürzeren Lebenszyklen einzelner Produktgenerationen bedingen eine schwer beherrschbare Variantenvielfalt, einen wachsenden Sortimentsumfang und wachsende Artikelzahlen innerhalb von Distributionsnetzwerken. Gleichzeitig ist eine Verteilung der Auftragseingänge zunehmend schwierig zu prognostizieren [See-2005]. Diese Entwicklungen führen in den Knoten von Distributionsnetzwerken mit ihren Aufgaben der auftragsgerechten Kommissionierung und Verteilung von Waren zu einem kritischen Anstieg an Komplexität und Dynamik. In Konsequenz müssen innerbetriebliche Logistikprozesse flexibel und wandelbar gestaltet werden, um kurzfristig auf unvorhergesehene Anforderungen reagieren zu können. Aufgrund des hohen Kosten- und Zeitdrucks gilt es, eine gesteigerte Flexibilität im Materialflusssystem mit einem hohen Automatisierungsgrad in Einklang zu bringen und den Zielkonflikt zwischen maximaler Lieferbereitschaft und minimalem Bestand so weit als möglich aufzulösen. Um diesen breit gefächerten Anforderungen angemessen zu begegnen, werden in Industrie und Forschung verstärkt innovative Konzepte zur wandelbaren Gestaltung von Materialflusssystemen verfolgt. Gemeinsames Ziel dieser Bestrebungen ist es, Materialflusssysteme bei Bedarf mit geringem Aufwand über die zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme geplanten Leistungsgrenzen hinaus zu skalieren. Ein vielversprechender und bereits weit vorangeschrittener Ansatz fordert eine Dezentralisierung der Materialflusssteuerung und die Befähigung logistischer Objekte 3

16 1 Einleitung zur Selbststeuerung in Logistiksystemen nach dem Prinzip eines Internet der Dinge (vgl. [Gün-2010a] und Abschnitt 2.2.3). Dieses Paradigma setzt auf autonome Fördertechnikmodule anstelle einer hierarchischen, zentralisierten Steuerung und verlagert nach dem Motto Teile und herrsche einen Großteil der Entscheidungskompetenz auf niedrige, anlagennahe Ebenen. Softwarekonzepte wie Agentensysteme und Technologien wie RFID (Radio Frequency Identification) leisten einen Beitrag zur Umsetzung dieses innovativen Steuerungskonzepts, indem sie effektive und flexible Steuerungsmechanismen ermöglichen und den Materialfluss verstärkt mit dem zugehörigen Informationsfluss verknüpfen. Eine genaue und aktuelle Abbildung der realen Güterströme in den Informationssystemen ist gerade bei sich schnell ändernden Abläufen und Sortimenten von zunehmender Bedeutung. So wachsen auch die Vorteile einer prozessnahen, dezentralen Datenhaltung und selbststeuernder Materialflusssysteme mit steigender Dynamik und Komplexität der abzubildenden Prozesse [Hom-2004; Gün-2006a; Sch-2007a]. Von der Dezentralisierung und Modularisierung komplexer Materialflusssysteme versprechen sich Forscher wie Anwender eine einfache Erweiterbarkeit (bzw. Skalierbarkeit) der Anlagenfunktionalität sowohl auf mechanischer als auch auf steuerungstechnischer Ebene nach dem Plug-and-Play-Prinzip sowie Kostenvorteile bei Planung, Realisierung und Inbetriebnahme fördertechnischer Anlagen [Gün-2008a; May-2009; Kuz-2010; Nop-2011]. Ein technischer Ansatz, um zukünftige Fördertechniksysteme möglichst wandlungsfähig zu gestalten, sieht die Substitution starrer Fördertechnikmodule durch mobile Transportroboter vor, welche autonom oder kooperativ ihre logistischen Aufgaben erfüllen [Hom-2006a; Gün-2008b; Ten-2011]. Diese selbststeuernden Fahrzeugkollektive stellen die Idealform wandlungsfähiger Materialflusssysteme für ein Internet der Dinge in der Intralogistik dar, da sie in hohem Grade layoutflexibel und skalierbar sind. Kapitel 4 dieser Arbeit widmet sich dieser neuartigen Kategorie fördertechnischer Systeme als Antwort auf die steigenden Anforderungen hinsichtlich Anpassbarkeit und Skalierbarkeit, denen Materialflusssysteme zukünftig genügen müssen. 1.2 Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit Für die Substitution herkömmlicher, starrer Fördertechnik durch frei fahrende, sich selbst steuernde Fahrzeuge, die in der Lage sind, logistische Funktionen zu erfüllen, existieren bereits erste Ansätze in Industrie und Forschung (vgl. Abschnitt 2.2.5). 4

17 1.2 Forschungsfragen und Zielsetzung der Arbeit Jedoch sind diese Systeme auf externe Unterstützungsfunktionen, wie beispielsweise Wegmarken zur Navigation (z.b. Transponderraster im Boden) oder aufbereitete, komprimierte Steuerungsinformationen, angewiesen. Im Gegensatz dazu sollen die in dieser Arbeit betrachteten selbststeuernden Fahrzeugkollektive in der Lage sein, ihre logistischen Aufgaben mit einem sehr geringen Maß an Unterstützungsfunktionen zu erfüllen. Aus dieser Anforderung lässt sich eine erste grundsätzliche Fragestellung ableiten: 1. Lassen sich Funktionen der Intralogistik durch ein aus mobilen Robotern bestehendes Fahrzeugkollektiv realisieren? Zur Beantwortung dieser Fragestellung erfolgt zunächst aufbauend auf dem Stand der Technik eine Untersuchung des zugrunde liegenden Funktionsprinzips. Anschließend werden die systemimmanenten Eigenschaften eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs den prozessualen Anforderungen der Intralogistik gegenübergestellt (vgl. Kapitel 4.1 und 4.2). Grundvoraussetzung für den Betrieb eines auf autonom agierenden, mobilen und räumlich verteilten Entitäten basierenden Materialflusssystems ist ein sicherer und effizienter Austausch bedarfsgerechter Informationen zwischen den beteiligten Einheiten. Entsprechend lassen sich zwei weitere Forschungsfragen für die vorliegende Arbeit formulieren: 2. Welchen Informationsbedarf weisen die autonomen Fahrzeuge auf? Der für den Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs notwendige Informationsaustausch wird untersucht. Zudem erfolgt eine Klassifizierung der innerhalb eines selbststeuernden Materialflusssystems vorhandenen Informationen nach den Kriterien Datenmenge, Zeitvorgaben, Bedarfshäufigkeit und Anzahl der Empfänger, um Grundlagen für eine sinnvolle technische und logische Gestaltung des Kommunikationskonzepts zu sammeln (vgl. Kapitel 4.3). 3. Wie können die benötigten Daten effizient und sicher ausgetauscht werden? Es werden Datenübertragungstechnologien, Datenformate und Kommunikationsprotokolle ermittelt, die sich in besonderem Maße für den Datenaustausch innerhalb eines verteilt agierenden, sich selbst organisierenden Kollektivs von Flurförderzeugen eignen. Für die unterschiedlichen Informationskategorien werden differenzierte Lösungsansätze entwickelt (vgl. Kapitel 5). 5

18 1 Einleitung Ziel dieser Arbeit ist somit die Entwicklung eines anforderungsgerechten Kommunikationskonzepts für die Koordination, Kooperation und Kollisionsvermeidung autonomer Fahrzeuge in einem innerbetrieblichen Umfeld sowie für die datentechnische Anbindung des Fahrzeugkollektivs an weitere assoziierte Kommunikationspartner (Übergabestationen, Auftragsmanagementsysteme, Ladestationen etc.). 1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit Die Entwicklung eines Kommunikationssystems für selbststeuernde Flurförderzeuge in der Intralogistik folgt den in Abbildung 1-1 dargestellten Schritten. Zunächst werden in Kapitel 2 die erforderlichen Grundlagen und Begrifflichkeiten definiert, die dieser Arbeit zugrunde liegen. Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Domäne Intralogistik, da diese den Betrachtungsgegenstand der vorliegenden Arbeit darstellt. Typische Eigenschaften, prozessbedingte Anforderungen und aktuelle Trends dieser Anwendungsdomäne grenzen das Einsatzfeld des zu entwickelnden Kommunikationskonzepts ein. Ein weiteres Kapitel ( Kapitel 3) befasst sich mit den Grundlagen der Kommunikationstechnik sowie dem Datenaustausch in Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) und zwischen Kraftfahrzeugen in sogenannten Vehicular Ad-hoc Networks (VANET). Beide Anwendungsfelder weisen Ähnlichkeiten zu selbststeuernden Fahrzeugkollektiven auf, sodass die dort verwendeten Technologien und Protokolle Lösungsansätze für das angestrebte Kommunikationskonzept liefern können. Kapitel 4 zeigt als Reaktion auf die veränderten Anforderungen an Prozesse der Intralogistik basierend auf dem vorgestellten Stand der Technik einen neuartigen Ansatz zur Realisierung von Materialflusssystemen in Form von selbststeuernden Fahrzeugkollektiven auf Basis autonomer Flurförderzeuge auf. Zudem werden zwei Referenzszenarien vorgestellt, die im weiteren Verlauf der Arbeit eine zielgerichtete Konzeptentwicklung unter Berücksichtigung konkreter Einsatzbedingungen und eine abschließende Validierung der erzielten Ergebnisse erlauben. Aufbauend auf den Anforderungen an das Kommunikationssystem und übertragbaren Lösungsansätzen aus anderen Fachgebieten erfolgt die Ausarbeitung eines Kommunikationskonzepts für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik ( Kapitel 5). Das Konzept gliedert sich in technische (Wie unterhalten/verständigen sich die Teilnehmer?) und logische (Wer unterhält sich mit wem und welchem Ablauf 6

19 Lösungskonzept Grundlagen 1.3 Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit folgt das Gespräch?) Aspekte. In diesem Abschnitt wird u.a. ein verteiltes Blackboardsystem (Distributed Blackboard System, BB d) eingeführt, das für eine verringerte Kommunikationslast im System sorgt, gleichzeitig aber Ausfälle einzelner Kommunikationsknoten kompensieren kann und daher die erforderliche Robustheit gewährleistet. In Kapitel 6 wird anschließend eine Realisierung des logischen Kommunikationskonzepts vorgestellt und validiert. Im abschließenden Kapitel ( Kapitel 7) erfolgen eine Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Arbeit sowie ein Ausblick auf zukünftige Forschungs- und Anwendungsmöglichkeiten der erarbeiteten Lösung. Kapitel 1 Ausgangssituation und und Zielsetzung Problemstellung Kapitel 2 Eingrenzung Anforderungen der Anwendungsdomäne Intralogistik Anforderungen, Forschungslücke Kapitel 3 Stand Grundlagen der Forschung und relevante und Technik bei Anwendungen autonomen mobilen der Kommunikationstechnik Robotern Technologien, Lösungsansätze Kapitel 4 Selbststeuernde Grundlagen und Fahrzeugkollektive relevante Anwendungen in der Intralogistik der Kommunikationstechnik domänenspezifischer Lösungsansatz Kapitel 5 Kommunikationskonzept Einsatz selbststeuernder für Fahrzeugkollektive autonome mobile in Fördertechnikmodule Intralogistik Konzeptentwicklung Kapitel 6 Realisierung Kommunikationssystem und Validierung für des autonome, logischen mobile Kommunikationskonzepts Fördertechnikmodule Realisierung, Validierung Kapitel 7 Validierung des Zusammenfassung und Ausblick Kommunikationskonzepts Fazit Abbildung 1-1: Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit 7

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21 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Die in dieser Arbeit entwickelte Kommunikationslösung für selbststeuernde Fahrzeugkollektive kann nicht getrennt von deren Anwendungsdomäne den Prozessen der Intralogistik betrachtet werden, für welche sie konzipiert ist und auf deren Gegebenheiten und Anforderungen sie beruht. Arnold grenzt die Intralogistik wie folgt ab [Arn-2006, S. 1] 1 : Die Intralogistik umfasst die Organisation, Steuerung, Durchführung und Optimierung des innerbetrieblichen Materialflusses, der Informationsströme sowie des Warenumschlags in Industrie, Handel und öffentlichen Einrichtungen. In diesen Grenzen sind auch die Inhalte dieser Arbeit angesiedelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse und Gestaltung der Informationsströme, die benötigt werden, um ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv zur Durchführung von Teilen des innerbetrieblichen Materialflusses zu befähigen. 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme Gemäß der VDI-Richtlinie 3300 [VDI 3300] bezeichnet der Begriff Materialfluss die Verkettung aller Vorgänge beim Gewinnen, Be- und Verarbeiten sowie bei der Verteilung von stofflichen Gütern innerhalb fester Bereiche. Realisiert werden die Materialflussvorgänge in Materialflusssystemen. Als Vorgänge nennt die Richtlinie konkret Bearbeiten, Handhaben, Transportieren, Prüfen, die Aufenthalte und die Lagerung [VDI 3300]. Trotz der Bezeichnung als Materialfluss können Güter zwischen dem Eintritt in ein Materialflusssystem und dem Verlassen des Systems auch zeitweise ruhen. Versteht man die Vorgänge in Materialflusssystem allgemein als Änderungen des Zustands 1 Ähnlich auch [Hom-2011, S. 141f] in Anlehnung an die Definition des VDMA: Intralogistik beschreibt den innerbetrieblichen Materialfluss, der zwischen den unterschiedlichsten Logistikknoten stattfindet (vom Materialfluss in der Produktion, in Warenverteilzentren und in Flug- und Seehäfen) sowie den dazugehörigen Informationsfluss [ ]. 9

22 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik der Güter nach Zeit, Ort, Zusammensetzung 2 oder Qualität 3 [Jün-1989, S. 15], so entsprechen die Ruhephasen einer zeitlichen Transformation des Gutes, die der Überwindung von Zeitdisparitäten dient (z.b. zwischen Anlieferung des Gutes in einem Distributionszentrum und einem entsprechenden Auftragseingang, der das Gut beinhaltet). Im Rahmen einer Materialflussanalyse erfolgt die Beschreibung und Darstellung des Materialflusses i.d.r. in Form von Materialflussmatrizen (Von-Nach-Matrizen [Ket- 1984, S. 173]) und Materialflussgraphen [Pfo-2010, S. 183]. Diese Beschreibungsmodelle erlauben eine übersichtliche Darstellung von Stärke und Struktur des Materialflusses und der entsprechenden Transportintensitäten. Häufig verwendete Materialflussmatrizen sind Adjazenz 4 -, Bewertungs 5 -, Belastungs 6 - und Transportmatrizen 7. Für die Auslegung eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs sind v.a. Bewertungs- und Transportmatrizen von Bedeutung, da diese Werte zu den Transportintensitäten und den entsprechenden Transportentfernungen liefern und dadurch die zu erbringende Transportleistung festlegen. Die zu erbringende Transportleistung hat wiederum Einfluss auf die Höhe der Materialflusskosten und somit auf die Entscheidung, ob der Einsatz eines Kollektivs aus autonomen Flurförderzeugen für den Anwendungsfall ökonomisch sinnvoll ist. Die Werte aus Materialflussmatrizen lassen sich auf Materialflussgraphen übertragen, deren Knoten die Materialquellen und -senken darstellen, während die Kanten des Graphen den verbindenden Materialflüssen zwischen den Knoten entsprechen Prozesse und Funktionen der Intralogistik Materialflusssysteme realisieren die Prozesse der Intralogistik unter Nutzung der durch die Materialflusstechnik bereitgestellten Funktionen. Eine Betrachtung der intralogistischen Prozesse und Funktionen ist für die spätere Analyse der Einsatz- 2 Unter Zusammensetzung wird in diesem Zusammenhang die Gruppierung oder Anordnung einzelner Stückgüter in einem Verbund verstanden. 3 Qualität bezeichnet den Grad der Erfüllung einer Dienstleisung, also eine Servicequalität. 4 Adjazenzmatrix Angaben zu Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Knoten eines Graphen 5 Bewertungsmatrix Gewichtung der Kanten eines Graphen nach Entfernung oder Zeit 6 Belastungsmatrix Gewichtung der Kanten eines Graphen nach Durchsatz bzw. Grenzdurchsatz 10 bezogen auf Waren/Güter 7 Transportmatrix Gewichtung der Kanten eines Graphen nach Durchsatz bzw. Grenzdurchsatz bezogen auf Transporteinheiten (Behälter, Paletten)

23 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme möglichkeiten eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs und dem damit verbundenen Informationsbedarf der Einzelfahrzeuge von Bedeutung. Für die Einteilung und Abgrenzung grundlegender Logistikprozesse finden sich in der Literatur unterschiedliche Ansätze [Jün-1989; Arn-2009; Wil-2009; Gün-2010b]. So unterscheidet Pfohl zwischen Kernprozessen des Güterflusses (Transport-, Umschlags-, Lagerprozess), Unterstützungsprozessen im Güterfluss (Verpackungs-, Signierungsprozess) und Prozessen des Informationsflusses (Auftragsübermittlungs-, Auftragsbearbeitungsprozess) [Pfo-2010, S. 8]. Die Prozesse lassen sich durch entsprechende logistische Funktionen realisieren. Im Rahmen dieser Arbeit werden aus der Fachliteratur folgende logistische Funktionen für eine Eingrenzung der Einsatzfelder selbststeuernder Fahrzeugkollektive (Abschnitt 4.2) übernommen: Transportieren/Fördern Das Transportieren bzw. Fördern beschreibt eine zielgerichtete räumliche Transformation von Gütern zwischen Quellen und Senken. Es wird zwischen innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Transportprozessen unterschieden [Pfo-2010, S. 119; Jün-1989, S. 16]. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen Prozesse des innerbetrieblichen Materialflusses. Daher wird der Begriff Transportieren im Rahmen dieser Arbeit synonym mit dem Begriff Fördern verwendet und auf innerbetriebliche Transporte beschränkt. Handhaben Diese Funktionsgruppe umfasst nichtfördernde Funktionen wie Prüfen, Bewegen (Änderung der Orientierung, Anheben zum Wechsel des Transporthilfsmittels), Be- und Entladen, Sichern oder Palettieren [Gün-2010b] und lässt sich dem Umschlagsprozess zuordnen [Pfo-2010]. Lagern Diese Funktion ermöglicht eine langfristige Zeitüberbrückung im Materialfluss und entspricht einem gewollten Liegen der Güter. Das Lagern dient dem Ausgleich von Liefer- und Verbrauchs- bzw. Nachfrageschwankungen, der Sicherung der Lieferfähigkeit, Reifungsprozessen oder der Spekulation auf Wertsteigerung [Gün-2010b]. Verteilen/Zusammenführen Bei der Funktion Verteilen können Güter von einer Quelle (Eingang) mehrere parallele Senken (Ausgänge) erreichen. Beim Zusammenführen verhält es sich umgekehrt. Synonym finden sich in der Literatur die Begriffe Verzweigen und 11

24 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Sammeln. Umgesetzt werden diese Funktionen oftmals in Form von Sortiersystemen, welche Stückgüter aufgrund vorgegebener Unterscheidungsmerkmale unter Berücksichtigung einer Zielsteuerung in einen kontinuierlichen Transportprozess ein- oder aus diesem ausschleusen [Gün-2010b]. Sequenzieren Das Sequenzieren dient der Herstellung einer vorgegebenen Reihenfolge, in der die Güter einen Prozessschritt (z.b. Kommissionierung, Versand) erreichen müssen. Diese Funktion kann mit der Funktion Puffern verknüpft sein, wenn einzelne Güter kurzfristig auf andere Güter warten müssen, da diese den nächsten Zielpunkt gemäß einer vorgegeben Sequenz vor ihnen erreichen sollen. Puffern Diese Funktion dient einer gewollten kurzfristigen Zeitüberbrückung ohne räumliche Transformation, um auf das Eintreten der Eingangsbedingung (z.b. freie Förderstrecke) eines nachfolgenden Prozessschritts zu warten. Kommissionieren Das Kommissionieren entspricht dem Zusammenstellen von Teilmengen aufgrund von Aufträgen aus einer Gesamtmenge (Sortiment) [VDI ]. Prüfen Diese Funktion umfasst sämtliche Kontrollvorgänge (z.b. Messen, Zählen, Wiegen, Identifizieren) im Materialfluss [Jün-1989, S. 16] und ist eine Unterfunktion des Handhabens. Diese Funktion ist häufig Voraussetzung für andere Funktionen (z.b. Verteilen/Zusammenführen, Sequenzieren), für welche Eigenschaften oder die Identität der Güter im Materialfluss von Bedeutung sind. Aus-/Einlagern Diese spezielle Funktion stellt eine Kombination aus Handhaben und Fördern dar und ermöglicht einen direkten Zugriff auf einzelne Lagerplätze. Diese Funktion kann manuell, mit Flurförderzeugen oder mit speziellen Bediengeräten (z.b. Regalbediengerät, Shuttle) umgesetzt werden. Verpacken Das Verpacken dient einer lösbaren, vollständigen oder teilweisen Umhüllung eines Gutes [Pfo-2010]. Für intralogistische Prozesse kann die Verpackung 12

25 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme von Gütern eine Schutz- und/oder Informationsfunktion (z.b. durch Aufschriften oder Barcodes) erfüllen und eine Transport-, Manipulations- oder Lagerfähigkeit (z.b. Stapelfähigkeit) herstellen [Pfo-2010]. Die aufgeführten logistischen Funktionen sind den oben genannten Kernprozessen des Güterflusses Transport, Umschlag und Lagerung zuzuordnen (Ausnahme: Verpacken) und bilden somit die Anwendungsdomäne Intralogistik hinreichend ab. Die an dieser Stelle nicht berücksichtigten Signierungsprozesse und Prozesse des Informationsflusses (Auftragsübermittlungs-, Auftragsbearbeitungsprozesse) gehen an anderer Stelle in die Ermittlung des Informationsbedarfs selbststeuernder Fahrzeugkollektive ein (Abschnitt 4.3) Förder- und Materialflusstechnik Gemäß Günthner [Gün-2012] bezeichnet der Begriff Fördertechnik die Technik des Fortbewegens von Gütern und Personen in beliebiger Richtung über bestimmte Entfernungen. Das Fortbewegen kann stetig (kontinuierlich) oder unstetig (intermittierend) erfolgen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal für fördertechnische Geräte (Fördermittel) ist die Beschaffenheit des zu transportierenden Guts (Stückgut oder Schüttgut). Die autonomen mobilen Transportroboter eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs, welche den Betrachtungsgegenstand dieser Arbeit darstellen, sind als flurgebundene, gleislose Unstetigförderer für den Stückguttransport einzuordnen (vgl. Tabelle 2-1). Die Fördermittel dieser Gruppe werden auch als Flurförderzeuge 8 bezeichnet. Ausführungsbeispiele für Flurförderzeuge sind Hubwagen, Gabelstapler, Schlepper und Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF). Die Arbeitsfelder der Fördertechnik umfassen die Gestaltung und den Einsatz fördertechnischer Systemelemente. Zu diesen zählen neben Flurförderern Hebezeuge (z.b. Protalkran), Stetigförderer (z.b. Rollenförderer), Lagertechnik (z.b. Regalbediengerät, RBG) und Sondergebiete wie Seilbahnen. Zusammenfasst steht der Begriff Fördertechnik für die Geräteebene in intralogistischen Systemen. 8 Der Begriff Flurförderzeug bezeichnet gleislose, überwiegend innerbetrieblich verwendete Fahrzeuge mit oder ohne Einrichtungen zum Heben oder Stapeln von Lasten [Jün-1989, S. 228]. 13

26 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Tabelle 2-1: Systematik der Fördermittel für den Stückguttransport Stetigförderer Unstetigförderer flurgebunden aufgeständert flurfrei flurgebunden gleislos gleisgebunden spurgebunden flurfrei frei verfahrbar Schubskid- Anlage Schleppkette Rollenbahn Kugelbahn Bandförderer Kreisförderer Power&Free- Förderer RBG QVW Hubwagen Gabelstapler Schlepper EHB 9 Krane Kettenförderer Handwagen FTF (FTS) Mobiler Transportroboter (Selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv) Der Begriff Materialflusstechnik beschreibt die Aggregationsebene fördertechnischer Anlagen. Auf dieser Ebene werden neben den Geräten der Fördertechnik auch Informationsflussmittel (Techniken zum Erfassen, Übertragen, Verarbeiten und Ausgeben von Daten, Datenträger) und die übergeordnete Steuerungstechnik betrachtet, die für den Betrieb einzelner Anlagenteile erforderlich sind. Zu den Systemelementen der Materialflusstechnik zählen somit neben der Förder- und Lagertechnik Elemente der Kommissioniertechnik, der Handhabungstechnik, der Montagetechnik, der Umschlagstechnik, der Verpackungstechnik sowie der Informations- und Steuerungstechnik. Die Steuerung und der Informationsaustausch innerhalb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs, welches als Fördertechnikelemente autonome mobile Transportroboter umfasst, ist dieser Ebene zuzuordnen. Die Arbeitsfelder der Materialflusstechnik umfassen die Organisation, die Planung und den wirtschaftlichen Betrieb fördertechnischer Anlagen. Die Verknüpfung und exakte Steuerung des Material- und Informationsflusses über mehrere fördertechnische Anlagen aber auch über mehrere Standorte einer Wertschöpfungskette hinweg ist Aufgabe der Logistik. Die Logistik repräsentiert somit die Systemebene. Diese Ebene wird in der vorliegenden Arbeit lediglich als abstrakte, übergeordnete Ebene betrachtet, auf der logistische Globalziele vorgegeben 9 Schienenhängebahnen (bzw. Elektrohängebahnen, EHB) sind laut DIN 15201, Teil 1 [DIN ] in Materialflusssystemen oftmals mit Stetigförderern verkettet und werden daher mitunter selbst wie Stetigförderer eingesetzt. Streng genommen sind EHBs jedoch als Unstetigförderer einzustufen. 14

27 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme werden, welche es auf Ebene der Förder- und Materialflusstechnik durch abgeleitete Teilziele zu unterstützen gilt. Als Ausführungsbeispiel sowohl für die fördertechnische als auch für die materialflusstechnische Ebene wird im folgenden Abschnitt der Aufbau Fahrerloser Transportsysteme (FTS) beschrieben. Diese weisen aufgrund der strukturellen und funktionalen Ähnlichkeit zu selbststeuernden Fahrzeugkollektiven eine besondere Relevanz für die vorliegende Arbeit auf. Fahrerlose Transportsysteme Fahrerlose Transportsysteme (FTS) 10 sind innerbetriebliche, flurgebundene Fördersysteme mit automatisch gesteuerten Fahrzeugen, deren primäre Aufgabe der Materialtransport [ ] ist [VDI 2510] und weisen i.d.r. folgende Systemelemente auf: mehrere Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF 11 ) Leitsteuerung Kommunikationseinrichtung Navigationssystem Warn- und Sicherheitseinrichtungen Infrastruktur und periphere Einrichtungen (z.b. Tore, Übergabepunkte) Einfache Punkt-zu-Punkt-Transporte gehören ebenso zum Einsatzspektrum Fahrerloser Transportsysteme wie komplexe, rechnergesteuerte Transport- und Montagestrecken mit mehreren Übergabeplätzen und Ausweichrouten. In letzterem Fall dienen die fahrerlosen Fahrzeuge typischerweise der Verknüpfung von Bearbeitungsmaschinen und Arbeitsplätzen oder als Mobile Werkbank. Der Aufbau der Fahrerlosen Transportfahrzeuge orientiert sich am jeweiligen Anwendungsfall und den zu transportierenden Gütern bzw. Transporthilfsmitteln und ist daher sehr varianten- 10 Einen umfangreichen Überblick über den aktuellen Stand der Technik auf dem Gebiet Fahrerloser Transportsysteme (FTS) und über deren Einsatzmöglichkeiten bietet [Ull-2011]. 11 engl.: Automated Guided Vehicle, AGV 15

28 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik reich (vgl. Abbildung 2-1). Beispielhaft seien an dieser Stelle einige Bauformen und Anwendungsfelder aufgezählt: Schlepper-FTF: ziehender Transport antriebsloser Wagen Hubgabel-FTF: Heben und Transportieren von Lasten (z.b. Palette, Gitterbox) FTF mit integrierten Rollenbahnen: Transport von Paletten oder KLTs Unterfahrschlepper: Transport von Rollcontainern FTF-Tambourtransporter: Transport von Papier- oder Kartonrollen Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) Lastziehende FTF Lasttragende FTF Schlepper Unterfahrschlepper Aktive Lastaufnahme Passive Lastaufnahme Abbildung 2-1: Bauformen Fahrerloser Transportfahrzeuge (Bildquellen: DS Automation, rocla) Für innerbetriebliche Transporte im Outdoor-Bereich werden speziell entwickelte FTF mit entsprechenden Antriebs- und Führungstechniken eingesetzt [Ull-2006]. In großen Krankenhauskomplexen unterstützen Fahrerlose Transportsysteme die Versorgung der Stationen mit Essen, Medikamenten, Wäsche und Post und entsorgen gleichzeitig Müll, Geschirr und Schmutzwäsche [Hep-2007]. Zum Einsatz kommen automatisierte Unterfahrschlepper, welche Rollcontainer aufnehmen und bewegen können und Aufzüge zum Ebenenwechsel nutzen. Die VDI-Richtlinie 2510 Fahrerlose Transportsysteme (FTS) [VDI 2510] nimmt eine Einordnung mobiler flurgebundener Systeme in vier Kategorien vor (vgl. Tabelle 2-2). Anhand dieser Einteilung lässt sich der Unterschied zwischen Fahrerlosen Transportsystemen und einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv verdeutlichen. Zwar werden in beiden Systemen die Transportfahrzeuge automatisch gesteuert. Jedoch bewegen sich Fahrerlose Transportfahrzeuge auf vom Menschen vorgegebenen Fahrwegen, während ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv aus autonomen Robo- 16

29 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme tern besteht, denen zwar Zielkoordinaten, nicht aber die genauen Fahrwege vorgegeben sind. Tabelle 2-2: Systematik der mobilen flurgebundenen Systeme [VDI 2510] Vom Menschen gesteuert Vom Menschen direkt gesteuert (klassischer Gabelstapler, LKW, ) Vom Menschen ferngesteuert (Manipulatorfahrzeuge) Automatisch gesteuert Fahrweg vom Menschen vorgegeben (Fahrerlose Transportfahrzeuge) Fahrweg nicht vorgegeben (autonome Roboter) Aufgrund der bestehenden Ähnlichkeiten zwischen beiden Systemen hinsichtlich Struktur (Verbund aus automatisierten Fahrzeugen) und logistischer Aufgabe (i.d.r. innerbetrieblicher Warentransport) können jedoch die in Fahrerlosen Transportsystemen verwendeten Kommunikationseinrichtungen als Grundlage für die Entwicklung eines Kommunikationskonzepts selbstorganisierter Fahrzeugkollektive, wie es in dieser Arbeit angestrebt wird, dienen. Eine Untersuchung der Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen findet daher im Rahmen des dritten Kapitels (Abschnitt 3.2) statt, welches sich mit Grundlagen und relevanten Anwendungsfeldern der Kommunikationstechnik befasst. Selbststeuernde Transportfahrzeuge werden in der vorliegenden Arbeit synonym als mobile Transportroboter bzw. autonome Flurförderzeuge bezeichnet. Die Fahrzeuge sind ausschließlich für innerbetriebliche Transporte konzipiert. Ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv setzt sich folglich aus einer Vielzahl an mobilen Transportrobotern bzw. autonomen Flurförderzeugen zusammen Materialflusssteuerung Zur Steigerung der Effizienz und zur Kostenreduktion intralogistischer Prozesse ist eine automatisierte Steuerung von Materialflussanlagen von entscheidender Bedeutung. Die Elemente der Materialflussautomatisierung lassen sich in einem hierarchischen Ebenenmodell abbilden (vgl. Abbildung 2-2). 17

30 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Zur Feldebene zählen alle im Materialflusssystem befindlichen Sensoren und Aktoren. Die Steuerungsebene verarbeitet die Signale der Feldebene 12. Sie steuert und koordiniert beispielsweise Transporte oder Lastübergaben und gewährleistet alle sicherheitsrelevanten Funktionen. In der Prozessleitebene sendet der Materialflussrechner (MFR) definierte Vorgaben an die Steuerungstechnik. In dieser Schicht ist i.d.r. auch die Visualisierung angeordnet. Auf dieser Ebene kann über Barcodeund RFID-Lesegeräte oder mobile Datenterminals (MDT) auf Prozessdaten zugegriffen werden. Die Betriebsleitebene übernimmt alle lagerverwaltungstechnischen Aufgabe wie die Verwaltung von Aufträgen, die Disposition von Beständen etc. Das Warenwirtschaftssystem (WWS, engl. Enterprise Resource Planning, ERP) bildet höherwertige Geschäftsprozesse der Unternehmensleitebene ab. Unternehmensebene Betriebsleitebene WWS/ERP WMS-/LVS- Clients LAN Prozessleitebene MFR MDT RFID-/ Barcode- Lesegerät SPS/PLC Steuerungsebene Feldbus Feldebene Sensoren/Aktoren M Abbildung 2-2: Ebenenmodell der Materialflussautomatisierung in der Logistik Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Materialflusssteuerung gemäß folgender Definition verwendet [Lie-2009, S. 14]: Die Materialflusssteuerung erfasst und verwaltet Transportanforderungen angrenzender Informationssysteme in Form von Aufträgen. Sie initiiert eine zeitnahe Übergabe von Gütern in das Materialflusssystem und erfasst die Positionen der Güter fortlaufend. Unter Berücksichtigung der Zielangaben von Gütern werden Förderelemente situationsgerecht so angesteuert, dass der Materialfluss ohne Überschreitung der Systemkapazität auftragsgemäß erfolgen kann Die Signalverarbeitung erfolgt meist in Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS, engl. Programmable Logic Controller, PLC).

31 2.1 Konventionelle Materialflusssysteme Hinsichtlich der Steuerung von Materialflusssystemen lassen sich drei grundlegende Modellierungsansätze unterscheiden (Abbildung 2-3). (a) zentral (b) hierarchisch/verteilt (c) dezentral ZK Kommunikationssystem KK Kommunikationssystem DK DK DK DK DK DK DK - Dezentrale Steuerungskomponente ZK - Zentrale Steuerungskomponente KK - Koordinationskomponente - Automatisierungsmittel (z.b. Sensor, Antrieb) - Kommunikation Abbildung 2-3: Zentrale (a), hierarchische/verteilte (b) und dezentrale (c) Steuerungsorganisation (in Anlehnung an [Jün-1998, S. 142]) Komplett zentral gestaltete Steuerungsstrukturen nutzen einen einzigen Steuerrechner, der sämtliche Geräte der Feldebene ansteuert. In heutigen Materialflusssystemen findet diese Form der Steuerungsorganisation aufgrund der mit ihr verbundenen Konzentration komplexer Funktionen in einer zentralen Komponente kaum mehr Verwendung. Das hohe Risiko für das Materialflusssystem bei einem Ausfall der zentralen Steuerungskomponente sowie die Starrheit des zentralen Steuerungsprogramms gegenüber Änderungen haben dazu geführt, dass diese Steuerungsform vermehrt durch eine hierarchisch verteilte Steuerungsorganisation abgelöst wurde. Hierarchisch aufgebaute Steuerungssysteme verfügen sowohl über zentrale als auch über dezentrale Steuerungskomponenten. Die dezentralen Komponenten (z.b. SPS) werden durch übergeordnete Einheiten (z.b. Materialflussrechner) koordiniert. Aufgrund einer stark erhöhten Flexibilität im Vergleich zu zentral gesteuerten Systemen weisen hierarchische Steuerungsorganisationen (mit unterschiedlich hohem Dezentralisierungsgrad) die weiteste Verbreitung auf [Jün-1998, S. 142]. Auch das Ebenenmodell in Abbildung 2-2 entspricht dieser Steuerungsorganisation. Eine komplett dezentrale Steuerungsorganisation verspricht Vorteile hinsichtlich Flexibilität, Skalierbarkeit und Robustheit [Kuz-2010; Chi-2010; Nop-2011]. Eine dezentrale Steuerung ist jedoch mit neuen Herausforderungen verbunden, da sich die dezentralen Steuerungskomponenten in verschiedenen Kontexten (z.b. in unter- 19

32 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik schiedlichen Topologien, bei schwankendem Auftragsaufkommen, bei Nichtverfügbarkeit von Teilsystemen) ohne zentrale Koordination effizient verhalten müssen [Hei-2011a]. Zudem erhöhen sich Komplexität und Umfang der Kommunikation durch die Verteilung der Steuerungslogik auf viele Komponenten [Chi-2010, S. 62]. Bevor im nächsten Abschnitt auf dezentrale Steuerungskonzepte zur Steigerung der Wandlungsfähigkeit von Materialflusssystemen eingegangen wird, erfolgt an dieser Stelle die Vorstellung zweier konventioneller Steuerungsmodelle, um den Stand der Technik im Bereich der Materialflussteuerung abzurunden. Es handelt sich um die hierarchische Steuerungsarchitektur nach dem VDMA-Einheitsblatt Datenschnittstellen in Materialflusssystemen [VDMA 15276] sowie um den VDI/VDMA- Richtlinienentwurf 5100 Softwarearchitektur für die Intralogistik (SAIL) [VDI/VDMA 5100]. Die hierarchische Steuerungsarchitektur nach VDMA sieht eine Gliederung der Materialflusssteuerung in sechs Ebenen mit festgelegten Funktionalitäten und Schnittstellen vor: Ebene 1: Antriebe und Sensoren Ebene 2: Elementsteuerung Ebene 3: Bereichssteuerung Ebene 4: Subsystemsteuerung Ebene 5: Systemsteuerung Ebene 6: Darstellung und Kommunikation Eine Festlegung, auf welcher Hardware die Steuerungsfunktionen der einzelnen Ebenen umzusetzen sind, erfolgt nicht. Zudem können Funktionen mehrerer Ebenen kombiniert und auf derselben Hardware implementiert werden. Im Gegensatz zum hierarchisch aufgebauten Ebenenmodell nach VDMA basiert der VDI/VDMA- Richtlinienentwurf 5100 auf einem funktionsorientierten Ansatz zur Gestaltung intralogistischer Steuerungssysteme sowie auf Komponenten mit einheitlichen Schnittstellen [Irr-2007]. Die Materialflusssteuerung nutzt in diesem Konzept die folgenden Standardfunktionen: Anlagensteuerung (Facility Control, F:FC) Informationsgewinnung (Information Collection, F:IC) 20

33 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Fahrtauftragsverwaltung (Mission Management, F:MM) Richtungssteuerung (Direction Control, F:DC) Ressourcennutzung (Resource Utilisation, F:RU) Das SAIL-Modell orientiert sich an Konzepten der objektorientierten Programmierung (OOP) und verbessert auf diese Weise die Transparenz und die Austauschbarkeit von Komponenten und Programmbausteinen. Dennoch weist auch das SAIL- Modell einen hierarchischen Charakter auf und ersetzt somit die technisch bedingte Hierarchie herkömmlicher Materialflusssteuerungen lediglich durch eine funktionsbedingte Hierarchie [Chi-2010; Lib-2011]. Nachdem in diesem Abschnitt die grundlegenden Prozesse und Technologien konventioneller Materialflusssysteme vorgestellt wurden, widmet sich der folgende Abschnitt neuartigen Konzepten zur Gestaltung und Steuerung derartiger Systeme. Vor dem Hintergrund sich verändernder Anforderungen an Materialflusssysteme (z.b. gesteigerte Dynamik und Komplexität der abzubildenden Prozesse) haben diese Konzepte zum Ziel, die Förder- und Materialflusstechnik sowie deren Steuerung so robust, flexibel und wandelbar als möglich zu gestalten. 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Die in Abschnitt 1.1 dieser Arbeit dargelegte Ausgangssituation stützt die These, dass in Branchen, die auf ein immer schwerer prognostizierbares Kundenverhalten reagieren müssen, eine langfristige Vorausplanung und Auslegung von Materialflusssystemen angesichts schwankender Auftragseingänge und umfangreicher, sich schnell verändernder Sortimente nicht mehr zielführend und wirtschaftlich sinnvoll ist. Vor diesem Hintergrund suchen Industrie und Forschung verstärkt nach Möglichkeiten, fördertechnische Anlagen derart zu gestalten, dass diese sich jederzeit einfach, kurzfristig und kostengünstig an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen lassen (z.b. durch Erweiterungen oder Rückbauten). Die aufwandsarme und kostengünstige Anpassbarkeit eines technischen Systems an sich stark verändernde Prozessbedingungen ist eng mit dem Begriff der Wandelbarkeit verknüpft, dessen Bedeutung der folgende Abschnitt eingrenzt (Abschnitt 2.2.1). Des Weiteren werden sowohl mechanische (Abschnitt 2.2.2) als auch steuerungstechnische (Abschnitt 2.2.3) Gestaltungskonzepte vorgestellt, deren Anwen- 21

34 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik dung die Flexibilität und Wandelbarkeit in Materialflusssystemen erhöht. Die zu erwartende logistische Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit wandelbarer, dezentral gesteuerter Materialflusssysteme wird in Abschnitt diskutiert. Abschließend geben ausgewählte praktische Umsetzungen wandelbarer Materialflusssysteme in Form von Versuchsanlagen und industriellen Lösungen einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und Technik auf diesem Gebiet (Abschnitt 2.2.5) Der Begriff der Wandelbarkeit Wandelbarkeit 13 entspricht der Erweiterbarkeit und Veränderbarkeit eines Systems über vorab geplante Grenzen hinaus und kann somit als Kombination aus Flexibilität und Reaktionsfähigkeit betrachtet werden [Kuz-2010, S. 5]. Aufbauend auf früheren Arbeiten zum Thema der Wandelbarkeit in Materialflusssystemen [Han-2002; Wil- 2006; Hei-2006] definiert Chisu [Chi-2010] vier Flexibilitätsarten und zwei Leitmotive als grundlegende Voraussetzungen für wandelbare Systeme: Layoutflexibilität Fördergutflexibilität Durchsatzflexibilität Prozessflexibilität Erweiterbarkeit Integrationsfähigkeit Unter Flexibilität wird im Gegensatz zur Wandelbarkeit eine permanent vorgehaltene strukturelle und prozessuale Anpassungsfähigkeit eines Materialflusssystems verstanden. Der Grad der Flexibilität wird von vorab festgelegten Grenzen determiniert (operative Flexibilität). Nur durch die Erweiterbarkeit (Hinzufügen systemeigener Komponenten und Fahrzeuge) und die Integrationsfähigkeit (Kombinierbarkeit verschiedener Materialflusssysteme) können diese Grenzen als Reaktion auf nicht geplante Veränderungen überschritten werden (strategische Wandelbarkeit). Abbildung 2-4 verdeutlicht diese Zusammenhänge. Die von Chisu [Chi-2010] ergänzte Prozess- 13 auch Wandlungsfähigkeit (dieser Begriff wird jedoch selten für technische Systeme sondern eher für Organisationsstrukturen verwendet [Wil-2006, S. 20]) 22

35 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme flexibilität lässt sich durch Erweiterbarkeit und Integrationsfähigkeit nicht erhöhen, da sie selbst als Voraussetzung für diese beiden Eigenschaften gesehen werden kann. Demnach bezeichnet die Prozessflexibilität die Möglichkeit, die in einer Anlage ablaufenden logistischen Prozesse mit minimalem Aufwand zu verändern, ohne dabei einen zentralen Steuerungscomputer oder zahlreiche autonome Einheiten umprogrammieren oder umkonfigurieren zu müssen. Das System muss [ ] sozusagen in der Lage sein, auf Knopfdruck eine neue oder veränderte logistische Aufgabe umzusetzen. [Chi-2010, S. 39] Durchsatzflexibilität 1 1 Prozessflexibilität 0 Mindestanforderungen an die Wandelbarkeit* Operative Flexibilität* Strategische Wandelbarkeit* Theoretische maximale Wandelbarkeit Layoutflexibilität 1 Erweiterungs- und Integrationsfähigkeit 1 Fördergutflexibilität *eines beispielhaften Materialflusssystems Abbildung 2-4: Dimensionen der Wandelbarkeit (in Anlehnung an [Wil-2006] und [Chi-2010]) Abgeleitet von den oben genannten Vorarbeiten sollen im Rahmen dieser Arbeit die folgenden, auf den Untersuchungsbereich Intralogistik abgestimmten Definitionen der Begriffe Flexibilität und Wandelbarkeit nach Nopper gelten [Nop-2011, S. 31]: Unter Flexibilität in der Intralogistik wird die Fähigkeit eines Materialflusssystems verstanden, sich innerhalb der beim Aufbau des Systems gesetzten Grenzen an die Anforderungen der Umgebung anzupassen. Unter Wandelbarkeit in der Intralogistik wird die Fähigkeit eines Materialflusssystems verstanden, sich über die beim Aufbau des Systems gesetzten Grenzen hinaus an die Anforderungen der Umgebung anzupassen. Dafür muss das System in geeigneter Weise erweiterbar oder veränderbar 23

36 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik sein. Die Anforderungen der Umgebung lassen sich für Materialflusssysteme vollständig entlang der Dimensionen Fördergut, Layout und Durchsatz beschreiben. Als Stellhebel zur Steigerung der Wandelbarkeit intralogistischer Systeme werden in den folgenden Abschnitten die Konzepte Funktionsorientierte Modularisierung (Abschnitt 2.2.2) und Dezentrale Materialflusssteuerung (Abschnitt 2.2.3) vorgestellt, welche auch der Gestaltung selbststeuernder Fahrzeugkollektive zugrunde liegen Funktionsorientierte Modularisierung Wandelbare Materialflusssysteme erfordern den Einsatz eigenständiger Fördertechnikmodule, welche mechanisch, energetisch und steuerungstechnisch autonom sind und deren Automatisierung dem Konzept der verteilten Automatisierung folgt [Wil- 2006]. Die Modulgrenzen werden funktionsorientiert gezogen. Kriterien der funktionsorientierten Modularisierung sind [Wil-2006, S. 31]: Zerlegbarkeit des Systems in Subsysteme/Submodule uneingeschränkte Kombinierbarkeit der Module zu neuen Systemen und Subsystemen Verständlichkeit der Modulfunktion für den Anwender ohne Kenntnisse über den inneren Aufbau des Moduls (Black-Box-Prinzip) Stetigkeit und Geschütztheit (Kapselung) der Funktion des Gesamtsystems bei Fehlern und Störungen innerhalb eines einzelnen Moduls identische Systemgrenzen für Mechanik, Energie und Steuerungstechnik eines Moduls funktionsorientierte Betrachtungsweise beim Ziehen der Modulgrenzen (Erfüllung der Funktion ohne Einbettung in Gesamtsystem möglich) Die Kriterien der funktionsorientierten Modularisierung sollen im Rahmen dieser Arbeit für die autonomen Flurförderzeuge eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs als erfüllt gelten. Kuzmany überträgt die Prinzipien der funktionsorientierten Modularisierung auf dezentral gesteuerte Materialflusssysteme nach dem Internet-der- Dinge-Prinzip [Kuz-2010]. Auf dieses Prinzip zur dezentralen Steuerung wandelbarer Materialflusssysteme wird im Folgenden näher eingegangen. 24

37 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Dezentrale Materialflusssteuerung Konventionelle Steuerungsarchitekturen für Materialflusssysteme sind meist hierarchisch aufgebaut (vgl. Abschnitt 2.1.3). Jede hierarchische Steuerungsebene enthält zentrale Koordinationskomponenten für die untergeordneten Komponenten (vgl. Abbildung 2-3). Für Prozesse, die häufigen Änderungen unterworfen sind, ist dieser Steuerungsansatz mit vielen Nachteilen verknüpft, die von einer schlechten Wiederverwendbarkeit der Steuerungsprogramme bis hin zu einem kritischen Anstieg der Komplexität in zentralen Komponenten (z.b. Materialflussrechner) reichen (vgl. [Nie- 2010, S ] und [Lib-2011, S ]). Als Reaktion auf diese Schwachstellen hat sich in den vergangenen Jahren ein neuer Schwerpunkt der angewandten Forschung im Bereich automatisierter Materialflusssysteme etabliert, der sich der Untersuchung und Entwicklung dezentraler Steuerungskonzepte widmet [Hül-2007; Fur-2009; Ove-2010]. Dezentral gesteuerte Materialflusssysteme versprechen eine verbesserte Flexibilität und Wandelbarkeit sowie eine erhöhte Robustheit gegenüber Störungen und Komponentenausfällen [Nop-2011, S. 15]. Wirtschaftliche Vorteile entstehen durch eine verkürzte Inbetriebnahmezeit und eine aufwandsarme Erweiterbarkeit und Wiederverwendbarkeit der Materialflusssteuerung (vgl. Abschnitt 2.2.4). Bei der dezentralen Steuerung werden die Steuerungsfunktionen auf einzelne Komponenten mit geringerem Funktionsumfang verteilt. Die Komponenten (Steuerungen, Sensoren, Aktoren) sind über ein Kommunikationssystem miteinander verbunden (vgl. Abbildung 2-3). Die Steuerungsprogramme der einzelnen Komponenten weisen eine vergleichsweise geringe Komplexität auf und der Ausfall einer Steuerung bedingt lediglich den Ausfall eines Teilsystems. Selbststeuernde Komponenten verschiedener Hersteller lassen sich einfach und ohne Änderungsaufwand an zentralen Komponenten kombinieren, sofern diese zusätzlich über einheitliche mechanische und energetische Schnittstellen verfügen (vgl. Abschnitt 2.2.2). Die Nachteile einer dezentralen Steuerungsarchitektur liegen in einem erhöhten Kommunikationsaufwand innerhalb der Systemgrenzen und einer erschwerten Gewährleistung der Datenkonstistenz im System, da sämtliche Daten im System verteilt sind [Chi-2010]. Beide Schwachstellen werden von dem im Rahmen der vorliegenden Arbeit entwickelten Kommunikationskonzept adressiert. Im Folgenden wird ein konkreter dezentraler Steuerungsansatz für Materialflusssysteme mit der Bezeichnung Internet der Dinge in der Intralogistik vorgestellt. Dieser 25

38 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Steuerungsansatz bildet auch die Ausgangsbasis der vorliegenden Arbeit und hat sowohl Einfluss auf Gestaltung und Steuerung der autonomen Flurförderzeuge als auch auf das Kommunikationsverhalten innerhalb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs. Das Internet der Dinge in der Intralogistik Der Begriff Internet der Dinge (engl. Internet of Things) wurde am AutoID Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) geprägt [Fle-2005; Mat-2009] und bezeichnet in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Kommunikationsnetzwerk zwischen Geräten (Dingen) analog zum Rechnernetzwerk des Internets. Bekanntes Anwendungsbeispiel für das Internet der Dinge ist ein Kühlschrank, der die in ihm enthaltenen Lebensmittel überwacht (Menge, Verfallsdatum) und bei Bedarf (Produkt aufgebraucht/abgelaufen) Lebensmittel automatisch nachbestellt. Bezogen auf die Anwendungsdomäne Intralogistik lässt sich die Internet-der-Dinge- Metapher noch auf andere Weise interpretieren [Hom-2006a; Gün-2010b]. Bei dieser Interpretation übernimmt das zu transportierende Gut (analog zu Datenpaketen im Internet) selbst die steuernde Rolle und nutzt die Transportdienste einer Förderanlage (analog zu Datenleitungen und Routern im Internet), um an seinen Zielpunkt zu gelangen [Hom-2006b; Chi-2010, S. 22f]. Diese Art der Steuerungsorganisation ermöglicht eine automatische, dezentrale Um- bzw. Neuplanung von Transportrouten bei Störungen oder Blockaden [Sch-2007a] und weist somit eine erhöhte Robustheit gegenüber konventionell gesteuerten Systemen auf. Die Umsetzung der Vision eines Internet der Dinge in der Intralogistik basiert auf einer konsequenten funktionsorientierten Modularisierung der Fördertechnik (vgl. Abschnitt 2.2.2), dem Einsatz von Softwareagenten zur Dezentralisierung der Steuerungsintelligenz und der Ausstattung der logistischen Objekte mit RFID- Transpondern zur prozessnahen Zielverwaltung [Gün-2010b; Nop-2010, S. 8-9; Lib- 2011, S. 22f]. Ein Internet der Dinge in der Intralogistik setzt sich aus folgenden Grundeinheiten (Entitäten 14 ) zusammen [Gün-2008c]: 14 Materialflusstechnische Entitäten sind autonom agierende Diensterbringer im steuerungstechnischen und/oder im fördertechnischen Sinne. [Hom-2011, S. 86] 26

39 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Transporteinheiten (TE), welche steuerungsrelevante Informationen auf RFID- Transpondern mit sich führen. Module, welche ihre logistische Funktion anbieten und deren Modulgrenzen den Kriterien einer funktionsorientierten Modularisierung entsprechen. Dienste, welche die Koordination zwischen Transporteinheiten und Modulen unterstützen (z.b. Verzeichnisdienste) oder die Systemtransparenz steigern (z.b. Visualisierung) und als Softwareprogramme implementiert sind. Abbildung 2-5 stellt den hierarchischen Aufbau einer konventionellen Materialflusssteuerung der flachen Steuerungsarchitektur eines Internet der Dinge in der Intralogistik gegenüber. Sämtliche Funktionen, die bei konventionellen Systemen den verschiedenen Hierarchiestufen der Steuerungspyramide zugeordnet sind, werden auf die Entitäten des Internet der Dinge (Module, TE, Dienste) verteilt. Übergeordnete Steuerungsinstanzen (z.b. Materialflussrechner) entfallen. Herkömmliche Materialflusssteuerung Materialflusssteuerung Speicher- Programmierbare Steuerungen (SPS) Routing Stauvermeidung Koordination Statusüberwachung E/A Ansteuerung Internet der Dinge in der Intralogistik Modul Physik Elektrik Mechanik Transport -einheit Transport -einheit Modul Entität Kommunikation Kooperation Fördertechnik & Transporteinheiten Modul Entität logistische Funktion als mechatronische Einheit Abbildung 2-5: Ein Internet der Dinge in der Intralogistik ermöglicht hierarchielose Materialflusssysteme auf Basis kooperierender Entitäten (in Anlehnung an [Gün-2008c, S. 494]) 27

40 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Agentensysteme Zur Verteilung der Steuerungsintelligenz werden Softwareagenten 15 genutzt, welche den einzelnen Transporteinheiten, Modulen und Diensten zugeordnet sind und die deren Zielstellungen (z.b. Nutzung/Erbringung von Diensten) situationsabhängig in einem Agentensystem 16 repräsentieren. Die VDI/VDE-Richtlinie 2653 Agentensysteme in der Automatisierungstechnik definiert Agentensystem wie folgt [VDI/VDE , S. 3]: Ein Agentensystem besteht aus einer Menge von Agenten, die interagieren, um gemeinsam eine oder mehrere Aufgaben zu erfüllen. Jede Entität soll durch den ihr zugeordneten Softwareagenten in die Lage versetzt werden, ihre Umwelt (Materialflusssystem) wahrzunehmen, die gewonnenen Informationen zu verarbeiten und auf dieser Grundlage ihre spezifische Aufgabe zu erfüllen. Ein umfangreicher Datenaustausch innerhalb des Agentensystems ist v.a. für höhere Funktionen der Fördertechnikmodule (z.b. Auftragsdisposition, Wegplanung) notwendig. Die Steuerungslogik der Module ist anders als bei Transporteinheiten und Diensten in zwei Schichten aufgeteilt, von welchen nur eine durch den Softwareagenten realisiert wird. Grund dafür sind die stark unterschiedlichen Aufgabengebiete der Modullogik [Chi-2010, S. 26]. Einerseits muss das Modul zur Kommunikation und Interaktion mit anderen Entitäten sowie zu einer dezentralen Entscheidungsfindung fähig sein. Diese Aufgabe übernimmt der Modulagent als Bestandteil eines Agentensystems. Eine weitere Aufgabe des Fördertechnikmoduls ist die Steuerung und Überwachung des physikalischen Prozesses in Echtzeit. Da Softwareagenten i.d.r. in einer nicht-echtzeitfähigen Laufzeitumgebung (Windows, Linux, etc.) ausgeführt werden, sind sie für diese Aufgabe nicht geeignet. Für diesen Teil der Modullogik werden daher Steuerungsprogramme in Programmiersprachen nach IEC eingesetzt, welche speziell für den Einsatz in echtzeitfähigen Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) konzipiert sind [IEC ]. 15 Ein Softwareagent ist ein eigenständiges Softwareprogramm, das, basierend auf Informationen aus der Umgebung, internen Regeln (Verhaltensweisen) und einem internen Weltmodell, selbstständig Entscheidungen treffen kann, um vorgegebene Ziele zu erreichen (vgl. [Jen-2001; Woo-2002]). Eine gute deutschsprachige Einführung zum Thema Softwareagenten bietet [Lie-2007]. 16 Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Agentensystem gemäß der VDI/VDE-Richtlinie 2653 anstelle der ebenfalls üblichen Bezeichnung Multiagentensystem verwendet. Die VDI/VDE-Richtlinie 2653 begründet diese Begriffswahl folgendermaßen: Der Begriff Multiagentensystem ist eine unzutreffende Übersetzung des englischen Begriffs multi-agent system. Die deutsche Übersetzung von multi-agent system ist Agentensystem. [VDI/VDE , S. 3] 28

41 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Um beide Steuerungsschichten dem Prinzip der funktionsorientierten Modularisierung folgend auf dem Fördertechnikmodul zu vereinen, kommen Embedded-PCs zum Einsatz. Diese stellen eine Mischform aus Industrie-PC und (Soft-)SPS dar und erlauben sowohl die Ausführung von Programmen in Hochsprachen (C#, Java), wie sie i.d.r. zur Implementierung von Softwareagenten genutzt werden, als auch von Steuerungsprogrammen in IEC Sprachen. Der Datenaustausch zwischen den beiden Schichten erfolgt über eine Middleware [Chi-2010, S. 31; Kuz-2010, S. 77]. Zwar existieren erste Ansätze, Softwareagenten auf konventionellen Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) zu realisieren [Bus-1996; Wan-2008; Wan-2010], wodurch die beschriebene Zweischichtarchitektur aufgelöst werden könnte. Diese bieten allerdings noch nicht die erforderliche Leistungsfähigkeit für eine Anwendung zur dezentralen Steuerung von Materialflusssystemen und werden daher bei der Umsetzung eines Internet der Dinge in der Intralogistik nicht berücksichtigt. Die eingesetzten Softwareagenten basieren auf Standards der Foundation for Intelligent Physical Agents (FIPA) [FIPA-2009], welche für verschiedene Aspekte der Agentenmodellierung, -kommunikation und -interaktion gelten und den Anforderungen an eine agentenbasierte Gestaltung der Materialflusssteuerung genügen [Gün- 2010a, S. 99; Chi-2010; Lib-2011]. Die Softwareagenten sind als JADE-Agenten ausgeführt [Bel-2007; JADE]. Das JADE-Framework erlaubt die Implementierung FIPA-konformer Agentensysteme. Einsatz von RFID Zur Verortung von Steuerungslogik auf Transporteinheiten (logistische Objekte) kommen RFID-Transponder zum Einsatz. Die RFID 17 -Technologie erlaubt nicht nur eine berührungslose automatische Identifikation (AutoID) wie die in der Logistik weitverbreitete Barcode-Technologie, sondern ermöglicht darüber hinaus eine Kopplung von Informations- und Warenfluss, da zusätzliche Daten zu Status, Ziel und Route direkt am Transportgut gespeichert werden können [Hom-2006a; Hom- 2006b]. Auftragsrelevante Informationen befinden sich somit prozessnah am zu fördernden Gut und geben die Schritte des abzuarbeitenden Workflows vor. Die Daten befinden sich auf einem elektronischen Datenspeicher, dem sogenannten Transponder (RFID-Tag). Dieser besteht aus einer Antennenspule und einem Chip. 17 RFID Radio Frequency Identification 29

42 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Der Datenaustausch basiert auf elektromagnetischen Feldern und erfolgt über spezielle Schreib-/Lesegeräte. Es wird zwischen aktiven und passiven RFID- Transpondern unterschieden. Passive Transponder beziehen die für den Lesevorgang benötigte Energie über elektromagnetische Induktion vom Lesegerät. Aktive Transponder besitzen eine eigene Stromversorgung. Bei der Verwendung von passiven RFID-Tags müssen die assoziierten Softwareagenten auf separater Hardware abseits der Transporteinheit betrieben werden. Auch diese Hardware kann wiederum dezentral verteilt werden und sich an Entscheidungspunkten wie Weichen oder Übergabeplätzen befinden. Erst eine ausreichende Rechenkapazität auf den Transporteinheiten würde das direkte Mitführen des Softwareagenten erlauben (z.b. als Agent-on-Tag, vgl. [Net-2010]). Auf europäischer Ebene weisen zwei Verbundprojekte auf die wachsende Bedeutung eines Internet der Dinge in seinen unterschiedlichen Ausprägungen hin [Sun- 2010; IoT-A]. Im EU-Projekt Internet of Things Architecture (IoT-A) ist die Anwendungsdomäne Logistik eines von fünf Geschäftsszenarien, die auf dem Weg zu einem einheitlichen architektonischen Referenzmodell zur Gewährleistung der Interoperabilität von Systemen, Protokollen, Schnittstellen und Algorithmen des Internet der Dinge untersucht werden [IoT-A]. Anstelle von Softwareagenten wird im Rahmen des IoT-A-Projekts allgemein von virtual entities (virtuellen Entitäten) gesprochen, wodurch der konkreten Umsetzung der Internet-der-Dinge-Architektur mehr Freiraum eingeräumt wird. Die Selbststeuerung intralogistischer Fahrzeugkollektive, die den Betrachtungsgegenstand dieser Dissertation darstellt, basiert auf den in diesem Abschnitt eingegrenzten Gestaltungs- und Steuerungsprinzipien eines Internet der Dinge in der Intralogistik. Somit stellen selbststeuernde Fahrzeugkollektive hierarchielose Materialflusssysteme auf Basis autonomer, kooperierender Entitäten dar. Die autonomen mobilen Transportroboter, aus welchen sich selbststeuernde Fahrzeugkollektive zusammensetzen, sind demnach als (Fördertechnik-)Module für das Internet der Dinge zu verstehen (Abbildung 2-6). Im Folgenden wird die Bezeichnung Internet der Dinge synonym für das Internet der Dinge in der Intralogistik verwendet. 30

43 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Entität Wirtschaftlichkeit wandelbarer Materialflusssysteme Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Materialflussanlagen ist neben deren Anschaffungs- und Betriebskosten vor allem die logistische Leistungsfähigkeit 18 ein entscheidender Einflussfaktor. Für wandelbare Materialflusssysteme nach dem Internet-der-Dinge-Prinzip erfolgt die Leistungsmessung noch auf Basis von Simulationsmodellen, da reale Anlagen, die alle Kriterien einer komplett dezentralen Steuerung durch ein Agentensystem erfüllen (vgl. Abschnitt 2.2.3), derzeit nicht existieren. Bisherige Vergleiche zwischen konventionell und dezentral gesteuerten Materialflusssystemen ließen im Normalbeitrieb keine wesentlichen Leistungsunterschiede erkennen [Nop-2009; Nop-2011, S ]. Vor diesem Hintergrund treten bei der vergleichenden Bewertung der Wirtschaftlichkeit beider Alternativen andere Faktoren wie Wandelbarkeit, Robustheit und Wiederverwendbarkeit in den Vordergrund. Auf diesen Feldern weist ein Internet der Dinge Vorteile auf (Abbildung 2-7). Kosteneinsparungen ergeben sich durch das Internet-der-Dinge-Konzept demnach v.a. in der Entwicklungs- und Realisierungsphase durch eine hohe Wiederverwendbarkeit der modularen Mechanik und Steuerungslogik sowie bei Änderungen im An- Transporteinheit Modul Dienst Stetigförderer Unstetigförderer Verzweigung, Zusammenführung Arbeitsstation Lagerfach Elektrohängebahn-Katze Autonomer mobiler Transportroboter Fahrerloses Transportfahrzeug (FTF) Regalbediengerät (RBG) Stapler mit Leitsystem Abbildung 2-6: Einordnung autonomer mobiler Transportroboter als Modul im Klassendiagramm des Internet der Dinge in der Intralogistik (in Anlehnung an [Gün-2010a, S. 102]) 18 Die logistische Leistungsfähigkeit kann durch die Merkmale Lieferqualität, Lieferzeit, Lieferflexibilität, Lieferfähigkeit, Termintreue und Informationsbereitschaft beschrieben werden [Hom-2011, S. 186]. 31

44 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik lagenlayout (Umbau, Erweiterung) aufgrund einer gesteigerten Wandelbarkeit [Gün- 2008a; Kuz-2010]. Aufbau Vereinfachung von Entwurf, Programmierung, Inbetriebnahme und Tests durch modulare Steuerung und Mechanik Betrieb Änderung Zusätzliche Informationen und Dienste (z.b. Echtzeitinformationen über Bestände und Prozesse, Sicherheit etc.) Erhöhte Robustheit bei vergleichbarer Leistung Einfache Ankopplung von Modulen per Plug&Play Erweiterungen ohne zusätzlichen Programmieraufwand Höhere Flexibilität und Wandelbarkeit Abbau und Entsorgung Höhere Wiederverwendbarkeit durch modulare Komponenten Abbildung 2-7: Vorteile des Internets der Dinge im Lebenszyklus eines Materialflusssystems (in Anlehnung an [Kuz-2010, S. 153ff; Nop-2011, S. 2]) Nopper [Nop-2011] führt in seiner Arbeit basierend auf einer von ihm entwickelten Methodik zur monetären Bewertung von Wandelbarkeit in der Intralogistik einen Vergleich zwischen Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) mit konventioneller und dezentraler 19 Steuerung durch. Ergebnis der Gegenüberstellung der kumulierten Investitions- und Betriebskosten beider Alternativen ist ein Kostenvorteil der selbststeuernden Lösung [Nop-2011, S ]. Ökonomische Gesichtspunkte stehen einer Selbststeuerung intralogistischer Systeme nach dem Internet-der-Dinge- Prinzip somit nicht entgegen. Vielmehr ist zu erwarten, dass derartige Systeme bei einem Einsatz in einem Umfeld mit sich rasch verändernden Rahmenbedingungen erhebliche Kostenvorteile mit sich bringen Praktische Umsetzungen wandelbarer Materialflusssysteme Dezentralisierte Steuerungsarchitekturen und modular aufgebaute Materialflusssysteme stellen einen aktuellen Betrachtungsfokus von Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Intralogistik dar. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über 19 Ein dezentral gesteuertes FTS entspricht einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv. 32

45 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme die wesentlichen Forschungsaktivitäten in diesem Themenfeld sowie über relevante Umsetzungen wandelbarer Materialflusssysteme in der Praxis. Wandelbare Materialflusssysteme in der Forschung Am Lehrstuhl für Förder- und Lagerwesen (FLW) der Universität Dortmund werden in mehreren Projekten dezentrale Steuerungskonzepte für komplexe Materialflusssysteme entwickelt und auf fördertechnische Versuchsanlagen angewendet. Das DFG- Forschungsprojekt Realtime Logistics [Hom-2005] untersucht die echtzeitnahe Steuerung von Stetigfördersystemen auf Basis autonomer Softwareagenten. Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit Methoden und Regeln zur Gestaltung agentengestützter, dezentraler Steuerungen für den Einsatz in komplexen Materialflusssystemen [Hom-2009]. Zum Testen der Steuerungskonzepte steht am Lehrstuhl FLW eine aus einzelnen Fördertechnikmodulen aufgebaute Versuchsanlage zu Verfügung [Hom-2004]. Durch Kommunikation und Kooperation sind die einzelnen Module in der Lage, die Transporteinheiten ohne zentrale Steuerungseinheit zu deren Ziel zu routen. Eine simulative Untersuchung am Lehrstuhl FLW befasst sich zudem mit der dezentralen Steuerung einer Gepäckförderanlage mit 150 Quellen und 100 Senken [Fol-2008] Softwareagenten steuern in der Simulationsumgebung die Gepäckförderanlage und erzielen dabei eine logistische Leistung, die mit der dem Szenario zugrunde liegenden, herkömmlich gesteuerten Realanlage eines internationalen Flughafens vergleichbar ist. Dafür benötigen die Agenten lediglich 400 Codezeilen, was einer deutlichen Reduzierung gegenüber dem Umfang zentraler Steuerungsprogrammen entspricht [Hom-2008]. Der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München verfügt über eine mittels Softwareagenten dezentral gesteuerte Versuchsanlage, welche auf einem Elektrohängebahnsystem (EHB), zwei Rollenförderern und einer Roboterzelle basiert [Chi-2010, S. 131ff; Kuz-2010, S. 133ff]. Die konzeptionellen und technischen Grundlagen für dieses selbststeuernde Materialflusssystem wurden am Lehrstuhl fml seit Ende der 1990er Jahre im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte erarbeitet [Bam-2000; Han-2000; Gün-2004; Gün-2006b]. Die Anlage setzt das Konzept einer funktionsorientierten Modularisierung (vgl. Abschnitt 2.2.2) um, d.h. jedes Fördertechnikmodul übernimmt eine komplett eigenständige Aufgabe im Gesamtsystem und verfügt über vordefinierte, einheitliche Schnittstellen für Elektrik, Mechanik und Datenaustausch. Um die zur Ausführung seiner Aufgabe erforderlichen Informationen (z.b. Topologie) zu erhalten, kommuniziert der Modul- 33

46 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik Agent mit seiner Umgebung. Diese Umgebung wird durch andere Softwareagenten repräsentiert. Mit dem erhöhten Informationsbedarf der einzelnen Akteure eines dezentral gesteuerten Systems geht eine erhöhte Kommunikationslast innerhalb des Systems einher. Um den Datenaustausch zu bündeln und zu reduzieren, wird ein spezieller Softwaredienst eingeführt, der für andere Agenten als Datenaustauschplattform dient (Blackboard) [Chi-2010, S. 63ff]. Dieses Entwurfsmuster wird in der vorliegenden Arbeit zu einer Komponente des erarbeiteten Kommunikationskonzepts für selbststeuernde Fahrzeugkollektive weiterentwickelt (vgl. Abschnitt 5.3). Am Institut für Fördertechnik und Logistiksysteme (IFL) am Karlsruher Institut für Technologie existiert unter der Bezeichnung Flexförderer ein aus baugleichen und dezentral gesteuerten Modulen bestehendes Stetigfördersystem [Ber-2009; Fur- 2009; May-2009]. Die Einzelmodule können Behälter in Längs- und Querrichtung fördern und verfügen über einheitliche mechanische, elektrische und steuerungstechnische Schnittstellen. Benachbarte Module werden nach dem Plug-and-Play- Prinzip automatisch erkannt. Dadurch verkürzen sich die Inbetriebnahmezeiten. Zudem ist eine Skalierung des Systems oder der Austausch defekter Module mit geringem Aufwand zu realisieren. Jedes Einzelmodul generiert ein eigenes Abbild der realen Anlagentopologie in Form einer Routingtabelle. Die Behälter führen die Identifikationsnummer (ID) ihres Zielmoduls auf einem RFID-Tag gespeichert mit sich und werden blockadefrei durch das Streckennetz geroutet. Das System wird mittlerweile unter der Bezeichnung FlexConveyor durch die Firma Gebhardt Fördertechnik produziert und vertrieben [GEB-2012]. Zusammen mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft entwickelte das IFL im Rahmen eines kooperativen Forschungsprojekts außerdem das aus mobilen Transportrobotern bestehende Materialflusssystem KARIS (Kleinskaliges Autonomes Redundantes IntralogistikSystem, Abbildung 2-8) [Hip-2009]. Die Fahrzeuge können selbstständig Behältertransporte durchführen oder sich zu Clustern zusammenschließen, um auf diese Weise entweder größere Ladungsträger (z.b. Paletten) befördern zu können oder zeitweise als modularer Stetigförderer höhere Durchsätze auf aktuell hochfrequentierten Routen zu bewältigen. Am Institut für Fördertechnik (IFT) der Universität Stuttgart werden aktuell gemeinsam mit der Götting KG zwei Fördersysteme auf Basis autonomer Kleinfahrzeuge entwickelt [Weh-2012a; Weh-2012b]. Die Gestaltung der Fahrzeuge zielt auf ein möglichst günstiges Verhältnis von Nutzlast zu Eigengewicht ab. Daher sind die Fahrzeuge sehr kompakt und entweder für die Aufnahme von Kleinladungsträgern 34

47 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme (KLT) oder für die Aufnahme von Paletten optimiert. Das KLT-Fahrzeug (KaTe, Kleine Autonome Transporteinheit, Abbildung 2-8) besitzt ein passives Lastaufnahmemittel und ist auf den Transport von Standardbehältern (400 x 600 mm) mit einer Nutzlast von bis zu 40 Kilogramm spezialisiert. Das System besteht aus einer Vielzahl gleichartiger Fahrzeuge, die spurgeführt (z.b. mittels optischer Leitlinie) Transportaufträge abarbeiten, welche ihnen durch ein übergeordnetes Leitsystem oder den Benutzer zugewiesen werden. Für den Palettentransport kommen je zwei baugleiche Fahrzeuge zum Einsatz, die als Doppelkufensystem bezeichnet werden, da sie die Bauform von Gabelzinken aufweisen (Abbildung 2-8). Die Kufen-Fahrzeuge können in Europaletten (800 x 1200 mm) einfahren und diese anheben. Die Synchronisation zwischen den beiden Kufen erfolgt mittels einer Funkverbindung. Das Institut für Transport- und Automatisierungstechnik (ITA) der Leibniz Universität Hannover untersucht aktuell die durch Informationstechnik unterstützte Vernetzung von einzelnen Fördertechnikmodulen zu einem automatisierten, kognitiven Logistiknetzwerk [COG-2012]. Das so entstehende Netzwerk soll die Komplexität der Organisation, Steuerung und Überwachung der eingesetzten Fördertechnikmodule reduzieren. Das modulare Stetigförderkonzept fokussiert derzeit einheitliche, einzeln ansteuerbare Schwenkrollen, die zu einer Fördermatrix zusammengeschlossen werden [Ove-2010]. Im Rahmen des Forschungsprojekts findet auch die Untersuchung der dezentralen Steuerung von Unstetigförderern mittels einer adaptiven Ablaufsteuerung am Beispiel von Transportfahrzeugen in einem Cross-Docking-Zentrum statt [Hei-2011a]. Darüber hinaus beschäftigt sich ein aktuelles Projekt am ITA mit der dezentralen, auf Softwareagenten basierenden Selbststeuerung in FTS [Ove- 2011]. Konkrete Projektergebnisse liegen zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch nicht vor. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 637 Selbststeuerung logistischer Prozesse untersucht das Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) die dezentrale Bereitstellung entscheidungsrelevanter Informationen für die Steuerung logistischer Prozesse [Hül-2007]. Ziel sind adaptive logistische Prozesse mit der Fähigkeit zur Selbststeuerung. Unter Selbststeuerung wird die dezentrale Koordination autonomer logistischer Objekte in einer hierarchielosen Organisationsstruktur verstanden. Die Autonomie der logistischen Objekte wie Stückgüter und Ladungsträger wird durch neue IuK-Technologien (z.b. RFID, drahtlose Kommunikationsnetze) ermöglicht. Obwohl der SFB 637 Lösungen für die Transportlogistik fokussiert, können 35

48 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik aus den Ergebnissen der Grundlagenforschung übertragbare Erkenntnisse für die vorliegende Arbeit abgeleitet werden (vgl. hierzu [Sch-2007b; Sch-2010a]). Wandelbare Materialflusssysteme in der Praxis Neben den vorgestellten Versuchsanlagen bietet die Industrie bereits vereinzelt fördertechnische Anlagen an, die mit geringem Aufwand modular erweiterbar sind und auch dezentrale Steuerungskonzepte umsetzen. So nutzt das Fördertechniksystem der Firma Servus Intralogistics 20 autonom navigierende, schienengebundene Transportroboter für den Warentransport [NN-2011]. Die Fahrzeuge werden als Autonomous Robotic Carrier (ARC) bezeichnet [Jun-2011]. Diese Bezeichnung unterstreicht die zunehmende Bedeutung von Algorithmen und Technologien der Robotik für die Gestaltung zukunftsfähiger Materialflussanlagen, die einen sehr hohen Automatisierungsgrad bei gleichzeitig maximaler Flexibilität aufweisen sollen. In diesem Fall sorgt der Einsatz autonomer Transportroboter für eine hohe Layout- und Durchsatzflexibilität, da das Schienennetz ohne Programmieraufwand skalierbar ist und jederzeit Roboter in das System aufgenommen oder aus ihm entfernt werden können. Ein weiteres innovatives Förder- und Sortiersystem, das auf autonomen Schienenfahrzeugen basiert, stellt das Beumer autover-system dar [BEU-2012]. Es handelt sich um eine Gepäckförderanlage, bei der die Gepäckstücke durch angetriebene Fahrzeuge an ihr Ziel gebracht werden. Ein Zentralrechner versorgt die Fahrzeuge mit Aufträgen. Um eine selbstständige Abarbeitung der Aufträge zu ermöglichen, ist jedes der Fahrzeuge mit einem Routenmanager ausgestattet. Die Energie- und Informationsübertragung erfolgt berührungslos über das Schienennetz. Auf diese Weise kann jedes Fahrzeug mit dem Leitsystem und den anderen Fahrzeugen kommunizieren. Die erste Installation erfolgte 2001 am Flughafen Münster-Osnabrück [Hep- 2007, S. 285]. Beim System THINGtelligence handelt es sich um eine Entwicklung der Firma Lanfer CARGO-Technik, welche aus dem BMBF-Forschungsprojekt Internet der Dinge (vgl. Abschnitt 2.2) hervorgegangen ist [LAN-2012]. Es handelt sich um eine modular aufgebaute Stetigförderanlage, bei der die Steuerung der Fördertechnikmodule und das 20 Bei der Firma Servus Intralogistics handelt es sich um ein Joint Venture der österreichischen Heron-Gruppe und der Schweizer Swisslog AG. 36

49 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme Routing der Transporteinheiten durch miteinander kommunizierende und kooperierende Softwareagenten implementiert sind. Die Identifizierung von Fördergütern sowie die Bestimmung der spezifischen Transportziele erfolgt alternativ mittels RFID oder Barcode. Um ein ebenfalls modular aufgebautes und mit Robotern betriebenes Lagerkonzept handelt es sich beim System Autostore der Firma Jakob Hatteland Logistics [Mar- 2011; HAT-2012]. Die Waren werden von Roboterfahrzeugen, die sich schienengebunden auf der Oberseite eines Aluminiumgerüsts (Grid) in einem rechtwinkligen Raster bewegen können, transportiert sowie ein-, aus- und umgelagert. Zu diesem Zweck sind die Roboter mit einem Kran ausgestattet, mit dessen Hilfe die Behälter angehoben und abgesenkt werden können. Für den Zugriff auf Waren aus tiefer gelegenen Ebenen müssen darüber platzierte Behälter zunächst entfernt werden. Durch diesen Mechanismus ergibt sich automatisch eine Platzierung häufig angeforderter Produkte in den oberen Ebenen. Fällt ein Roboter aus, so übernehmen die weiteren Robotern selbstständig dessen Aufgaben. Das System gewinnt somit aufgrund seines modularen Aufbaus an Robustheit und Zuverlässigkeit. Im Mobile Fulfillment System der Firma Kiva Systems transportieren kleine Fahrroboter mobile Lagerregale direkt an den Kommissionierarbeitsplatz [Gui-2008]. Bei der Wegfindung sind sie lediglich an ein Raster aus 3D-Barcodes auf dem Hallenboden gebunden. Die Steuerung der Fahrzeuge erfolgt durch ein Agentensystem, welches auf einem zentralen Server läuft. Der Lagerroboterhersteller Kiva Systems hat das Mobile Fulfillment System in den USA bereits erfolgreich bei verschiedenen Handelsunternehmen installiert und steht kurz vor der Übernahme durch das Internethandelsunternehmen Amazon [GOL-2012]. In automatisierten Lagern finden zunehmend Shuttlesysteme Verwendung [Hei- 2011b; Sch-2011]. Shuttlesysteme bestehen aus Fahrzeugen mit integriertem Lastaufnahmemittel (Shuttles), die sich auf Schienen in den Regalebenen zu einzelnen Lagerplätzen bewegen können. Die einzelnen Shuttles sind je nach Ausführung entweder an eine Ebene gebunden und übergeben das Transportgut direkt an einen Aufzug am Gassenende, oder sie benutzen Vertikalförderer zum Ebenenwechsel. Die Firma Dematic entwickelte in Kooperation mit dem Fraunhofer IML unter der Bezeichnung Multishuttle ein mittels Softwareagenten gesteuertes Shuttlesystem [Jun- 2004; Sch-2005]. Die Steuerungsagenten laufen dabei auf einem zentralen Server. Das System wird für eine niedrige bis mittlere Umschlagsleistung in einer Version 37

50 2 Eingrenzung der Anwendungsdomäne Intralogistik angeboten, welche den Fahrzeugen den Ebenenwechsel durch spezielle Shuttle- Lifte erlaubt [Mar-2011; DEM-2012]. Das Multishuttle-System gewährt ein hohes Maß an Durchsatzflexibilität, da das System bei verändertem Leistungsbedarf durch das Hinzufügen oder Entfernen von Shuttles mit geringem Aufwand in seiner Leistungsfähigkeit skaliert werden kann. Eine Weiterentwicklung dieses Shuttlesystems ist das System Multishuttle Move [Kam-2011] (Abbildung 2-8). In diesem System verfügen die Shuttlefahrzeuge sowohl über ein Regal- als auch ein Bodenfahrwerk und können sowohl Transporte innerhalb der Lagerregale als auch außerhalb der Lagerstruktur durchführen. Die Flurförderzeuge ersetzen somit konventionelle, fest installierte Fördertechnik in der Lagervorzone und verfügen gleichzeitig über einen direkten Zugriff auf sämtliche Lagerfächer eine Hochregallagers. Auf diese Weise können die autonomen Flurförderzeuge den kompletten Materialfluss zwischen einzelnen Lagerfächern und Kommissionierstationen abbilden. Dieses Szenario liegt einer Versuchsanlage am Fraunhofer IML zugrunde [Kam-2011]. Dort kommen derzeit 50 Shuttlefahrzeuge im Testbetrieb zum Einsatz, der Aufschluss über geeignete Konzepte, Technologien und Algorithmen zur Organisation, Steuerung und Navigation eines derartigen Fahrzeugkollektivs geben soll. Abbildung 2-8: Prototypische Umsetzungen kleinskaliger Flurförderzeuge: KARIS, KaTe, Doppelkufensystem, Multishuttle Move (v.l.n.r., Bildquellen: IFL, IFT/Götting, IML/Dematic) Der vorangegangene Abschnitt zeigt auf, dass wandelbare, selbststeuernde Materialflusssysteme bereits wiederholt in Form von Versuchsanlagen an Forschungsinstituten aber ebenso als erste industrielle Systeme realisiert sind und sich somit bereits an der Schwelle zu einem breiten industriellen Einsatz befinden. Darüber hinaus lässt sich ein Trend in Richtung selbststeuernder Flurförderzeuge und deren Einsatz in Verbünden aus vielen baugleichen Einzelfahrzeugen erkennen. Die Entwicklung eines geeigneten Kommunikationskonzepts für derartige selbststeuernde Fahrzeugkollektive ist Gegenstand dieser Arbeit. Das folgende Kapitel widmet sich daher den Grundlagen der Kommunikationstechnik sowie der Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen sowie der Car-to-X-Kommunikation. Beide Anwendungsgebiete 38

51 2.2 Gestaltungsgrundlagen wandelbarer Materialflusssysteme technischer Kommunikationssysteme sind für die Konzeptentwicklung im Rahmen der vorliegenden Arbeit relevant. 39

52

53 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Diese Arbeit befasst sich mit der Entwicklung eines angepassten Konzepts für die Kommunikation zwischen autonomen Flurförderzeugen, Peripherieeinrichtungen und übergeordneten Ebenen in wandelbaren und auf selbststeuernden Fahrzeugkollektiven basierenden Materialflusssystemen. Zu Beginn dieses Abschnitts werden die theoretischen Grundlagen zu technischen Kommunikationssystemen anhand geeigneter Modelle (z.b. ISO/OSI Referenzmodell) erläutert sowie die Begriffe Daten und Informationen voneinander abgegrenzt, um deren Bedeutung im Rahmen dieser Arbeit festzulegen (Abschnitt 3.1). Anschließend werden zwei relevante Anwendungsgebiete der Kommunikationstechnik vorgestellt. Zunächst ist in diesem Zusammenhang die Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) aufgrund deren in Abschnitt dargelegter Ähnlichkeit zu selbststeuernden Fahrzeugkollektiven von Interesse (Abschnitt 3.2). Abschließend wird auf aktuelle Entwicklungen der Car-to- X-Kommunikation eingegangen (Abschnitt 3.3). Da der Datenaustausch zwischen Kraftfahrzeugen ähnliche Problemstellungen wie die Kommunikation in einem Kollektiv aus Flurförderzeugen aufweist, können vorhandene Lösungsansätze der Carto-X-Kommunikation in das zu entwickelnde Kommunikationskonzept einfließen. 3.1 Kommunikationsmodelle Als Voraussetzung für die Optimierung des Informationsprozesses in Materialflusssystemen gilt es, die im System vorhandenen Informationen zu strukturieren und in ein Kommunikationsmodell zu überführen [Arn-2009, S. 330]. Kommunikationsmodelle für den technischen Datenaustausch werden zur Unterscheidung von sozialen Kommunikationsprozessen auch als Nachrichtenübertragungsmodelle bezeichnet. Das in Abbildung 3-1 dargestellte Nachrichtenübertragungsmodell nach Shannon und Weaver [Sha-1949] zeigt die Bestandteile eines Kommunikationssystems nach dem Sender-Empfänger-Modell auf. Das Modell unterstützt ein strukturiertes Vorgehen bei der Gestaltung eines technischen Kommunikationssystems, indem es zwischen Informationsquellen und Sendern sowie zwischen Empfängern und Zielpunkten unterscheidet und zusätzlich 41

54 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Störquellen für die Signalübertragung berücksichtigt. Informationsquellen und Zielpunkte können beispielsweise Datenbanken und Softwareagenten als logische Kommunikationspartner sein, während Sender und Empfänger die technische Kommunikationsschnittstelle zwischen verschiedenen (Rechner-)Systemen darstellen (z.b. Sende- und Empfangsantenne). Der Nachrichtenaustausch zwischen zwei Kommunikationspartnern setzt eine korrekte Entschlüsselung der übertragenen Signale 21 auf Empfängerseite voraus. Nur so kann der Empfänger an den Nachrichteninhalt (Daten, Informationen) gelangen. Kommunikationspartner Daten, Informationen Übertragungsweg NACHRICHT SIGNAL EMPFANGENES SIGNAL NACHRICHT INFORMATIONS- QUELLE SENDER EMPFÄNGER ZIELPUNKT STÖRQUELLE Abbildung 3-1: Nachrichtenübertragungsmodell nach Shannon und Weaver (in Anlehnung an [Sha-1949, S. 5]) Übertragen auf ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv sind die logischen Kommunikationspartner Softwareagenten von Modulen (autonome Transportroboter und periphere Einrichtungen wie z.b. Lastübergabestation, Ladestationen), Diensten und Transporteinheiten. Die Kommunikationsteilnehmer können gleichzeitig als Informationsquellen und -senken fungieren. Spezialisierte Softwareagenten wie Visualisierungsdienste oder Datenlogger treten lediglich als Zielpunkte der Nachrichtenübertragung auf. Die Kommunikation in einem Agentensystem kann prinzipiell als direkte Nachrichtenübermittlung (Message-Passing, Peer-to-Peer 22 -Kommunikation) oder indirekt über eine Datenaustauschplattform (Blackboardsystem) realisiert werden [Bre-1998; Chi-2010, S. 63; Gün-2010a, S. 74ff]. Auf Vor- und Nachteile beider Modelle geht Abschnitt 5.3 ein. Ein Blackboardsystem entkoppelt Sender und Empfänger, wäh- 21 Signal zeitlicher Verlauf einer physikalischen Größe [Bau-1991] 22 von engl. peer Gleichgestellter 42

55 3.1 Kommunikationsmodelle rend bei der Peer-to-Peer-Kommunikation die Informationsquelle Nachrichten entweder gezielt an vorab bekannte Empfänger (Uni-/Multicast) sendet oder per Broadcast alle Empfänger adressiert. In letzterem Fall müssen die einzelnen Empfänger entscheiden, ob die in der Nachricht enthaltenen Daten für sie relevant sind (und somit einen Informationswert aufweisen) oder nicht. Diese Unterscheidung zwischen Daten und Informationen verdeutlicht Abbildung 3-2. Eine Information entsteht, wenn der Empfänger die erhaltenen Daten sinnvoll interpretieren kann, während Daten einer regelbasierten Zusammenstellung von Zeichen oder Signalen nach einer vorgegebenen Syntax entsprechen [Reh-1996]. Informationen sind somit auf einen bestimmten Kontext bzw. Verwendungszweck ausgerichtete Daten [Bop-2008; Krc- 2010]. 0 1 : Zeichenvorrat Zeichen 1:0 Daten Kontext 2 Kontext 1 Position 1:0 Endstand 1:0 Information Syntax Kontext Erkenntnis Position1:0 Position 1 ist frei Endstand 1:0 Sieg der Heimmannschaft Wissen Abbildung 3-2: Hierarchischer Zusammenhang zwischen den Begriffen Zeichen, Daten, Information und Wissen (in Anlehnung an [Reh-1996, S. 7] und [Bop-2008, S. 22]) In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Daten und Informationen gemäß dieser Abgrenzung verwendet. Welche Informationen für den effizienten Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs systemintern ausgetauscht werden müssen, untersucht Abschnitt 4.3 der vorliegenden Arbeit. Auf welche Weise die Informationen ihre Empfänger erreichen, ist Gegenstand der Abschnitte 5.2 und 5.3. ISO/OSI Referenzmodell Ein Kommunikationsnetzwerk besteht nicht nur aus einer Architektur (Topologie, Übertragungsmedium, Zugriffsverfahren), sondern benötigt zusätzlich einen Regelsatz zur Steuerung der Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen. Das seit 1979 von der International Standardization Organisation (ISO) entwickelte und seit 1983 standardisierte Schichtenmodell Open System Interconnection (OSI) ist als Referenzmodell für herstellerunabhängige Kommunikationssysteme konzipiert 43

56 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik [ISO/IEC ]. Dieses Modell ermöglicht eine logische Aufteilung komplexer Gesamtzusammenhänge beim Datenaustausch zwischen zwei Endsystemen. Es sieht den Aufbau von Kommunikationssystemen in sieben hierarchischen Schichten (engl. layer) vor (Abbildung 3-3), schreibt aber keine konkrete Ausgestaltung der einzelnen Ebenen vor. Die unteren vier Schichten sind rein transportorientiert, während die drei oberen Schichten die übermittelten Daten für Anwendungen aufbereiten (anwendungsorientiert). Endsystem 1 Datei Endsystem 2 7 Application AH Daten Anwendungsschicht 6 Presentation PH Daten + HüE Darstellungsschicht 5 Session SH Daten + HüE Sitzungsschicht 4 Transport TH Daten + HüE Transportschicht 3 Network NH Daten + HüE Vermittlungsschicht 2 Data Link* DLH Daten + HüE DLT Sicherungsschicht* 1 Physical Bits Bitübertragungsschicht Übertragungsmedium *Sub Layer: Logical Link Control (LLC) / Media Access Control (MAC) H : Header T : Trailer HüE : Header übergeordneter Ebenen Abbildung 3-3: ISO/OSI Referenzmodell Anforderungsbeschreibungen grenzen die Aufgaben der einzelnen Schichten ab. Die Anwendungsschicht (engl. Application Layer) gewährleistet Anwendungen (Programme und Benutzer) den Zugriff auf das Netzwerk. Die Darstellungsschicht (engl. Presentation Layer) ermöglicht den korrekten Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Systemen, indem sie die systemabhängige Darstellung der Daten in eine unabhängige Form umsetzt und bei Bedarf zwischen verschiedenen Datenformaten übersetzt. Weitere Aufgaben sind die Kompression und Verschlüsselung der Daten. Die Sitzungsschicht (engl. Session Layer) stellt Dienste für einen organisierten und synchronisierten Datenaustausch zur Verfügung und sichert auf diese Weise die Prozesskommunikation zwischen zwei Systemen. Um Zusammenbrüche der Sitzung zu beheben, werden in dieser Schicht Prüfpunkte in die Daten eingefügt, welche als Anknüpfpunkte zur Fortführung der Sitzung nach dem Ausfall einer Transportverbindung dienen. Die Transportschicht (engl. Transport Layer) stellt zwei miteinander kommunizierenden Anwendungsprozessen eine einheitliche und lückenlose Endezu-Ende-Datenübertragung bereit und sorgt dafür, dass die anwendungsorientierten 44

57 3.1 Kommunikationsmodelle Schichten die in den unteren Schichten verwendeten Übertragungsmedien nicht berücksichtigen müssen. Weitere Aufgaben sind die Segmentierung des Datenstroms und die Flusskotrolle. Die Vermittlungsschicht (engl. Network Layer) unterstützt die Datenübertragung über das gesamte Kommunikationsnetzwerk hinweg, indem sie Datenpakete weitervermittelt, netzwerkübergreifende Adressen bereitstellt und das Routing zwischen den Netzwerkknoten übernimmt. Die Sicherungsschicht (engl. Data Link Layer) gewährleistet eine weitgehend fehlerfreie Datenübertragung und regelt den Zugriff auf das Übertragungsmedium. Der Bitdatenstrom wird in Rahmen (engl. frames) aufgeteilt und um eine Prüfsumme ergänzt, die es dem Empfänger ermöglicht, fehlerhafte Datenblöcke zu erkennen. Die Bitübertragungsschicht (engl. Physical Layer) definiert die elektrische, mechanische und funktionale Schnittstelle zum Übertragungsmedium. Für jede Schicht existieren Kommunikationsprotokolle, die Regeln zu Syntax, Semantik und Synchronisation für den Datenaustausch mit den benachbarten Schichten festlegen. Da das ISO/OSI Referenzmodell, wie oben erwähnt, die konkrete Umsetzung der einzelnen Schichten offen lässt, haben sich für sämtliche Schichten etliche unterschiedliche, auf konkrete Einsatzfelder zugeschnittene Protokolle entwickelt. Während der Datenübermittlung von einer Anwendung zu einer anderen erhalten die Nutzdaten in jeder Schicht vorgeschaltete Steuerinformationen (z.b. Zieladressen, Routinginformationen), die im sogenannten Header mitgeführt werden und folglich die zu übertragende Datenmenge erhöhen. Weitere Zusatzinformationen enthält der ebenfalls mit den Nutzdaten übertragene Trailer. Diese Bitfolge wird in der Sicherungsschicht am Ende des Datenpakets angehängt. Auf der Empfängerseite dienen die Header-Informationen zum stufenweisen Entpacken der Anwendungsdaten, während der Trailer Informationen zum Erkennen und Korrigieren von Übertragungsfehlern enthält. Unterschiedliche Netzwerkprotokolle weisen unterschiedliche Datenstrukturen in Headern und Trailern auf, was direkten Einfluss auf den Anteil an Zusatzdaten hat, welche in einem Netzwerk übertragen werden müssen. Diesen Umstand gilt es bei der Auswahl von Kommunikationsstandards zu berücksichtigen. 45

58 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik TCP/IP Referenzmodell Beim TCP/IP Referenzmodell handelt es sich um ein spezielles, vier Schichten umfassendes Referenzmodell. Die beiden namensgebenden Protokolle Transmission Control Protocol (TCP) und Internet Protocol (IP) sind die am häufigsten genutzten Protokolle der Internet-Protokollfamilie. Tabelle 3-1 stellt die Schichten des TCP/IP- Modells jenen des ISO/OSI Referenzmodells gegenüber und ordnet diesen exemplarisch einen Protokollstapel der Internet-Protokollfamilie zu. Auf allen Ebenen des Protokollstapels existieren alternative Protokolle, die auf unterschiedliche Anwendungsfälle zugeschnitten sind. So kann in der Transportschicht das verbindungsorientierte Protokoll TCP durch das verbindungslose Protokoll UDP (User Datagram Protocol) ersetzt oder in der Anwendungsschicht das Protokoll HTTP (Hypertext Transfer Protocol), das dem Übertragen von HTML-Seiten dient, anstelle des Datenaustauschprotokolls FTP (File Transfer Protocol) genutzt werden. Tabelle 3-1: Beispielhafter Protokollstapel der Internet-Protokollfamilie Protokoll OSI Schicht TCP/IP Schicht FTP Anwendung Anwendungen TCP Transport Transport IP Vermittlung Internet IEEE 802.3u Ethernet Sicherung Bitübertragung Netzzugang In ihrer Funktion als Designgrundlage für Protokolle in Rechnernetzwerken unterstützen die beiden vorgestellten Referenzmodelle ein strukturiertes Vorgehen bei der Entwicklung eines Kommunikationskonzepts für den rechnerbasierten Datenaustausch in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv. Die beiden folgenden Abschnitte stellen Kommunikationssysteme für technische Systeme mit mobilen Kommunikationspartnern vor, die in einigen Aspekten als Muster für das angestrebte Kommunikationskonzept dienen können. Es handelt sich um Fahrerlose Transportsysteme (Abschnitt 3.2) und die Car-to-X-Kommunikation vernetzter Kraftfahrzeuge (Abschnitt 3.3). 46

59 3.2 Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen 3.2 Kommunikation in Fahrerlosen Transportsystemen Der Datenaustausch in Fahrerlosen Transportsystemen (vgl. Abschnitt 2.1.2) zwischen stationärer Leitsteuerung, sonstigen ortsfesten Einrichtungen und den Fahrerlosen Transportfahrzeugen erfolgt durch spezialisierte Kommunikationssysteme [VDI 2510]. Dabei stellt die Mobilität der Transportfahrzeuge die systeminterne Kommunikation vor vergleichbare Herausforderungen, wie sie für ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv charakteristisch sind. Die Bedeutung, die dem Kommunikationssystem eines Fahrerlosen Transportsystems zukommt, beschreibt die Richtlinie wie folgt [VDI 2510, S. 35]: Um die Funktion der Gesamtanlage sicherzustellen, ist in allen Betriebssituationen für eine ordnungsgemäße Abwicklung der Datenübertragung zu sorgen. Möglicherweise auftretende Übertragungsfehler müssen durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden. Als Leistungskriterien eines Datenübertragungssystems definiert die Richtlinie Reaktionsgeschwindigkeit und Übertragungsdauer [VDI 2510]. Diese Kriterien sind abhängig von den Faktoren Übertragungsgeschwindigkeit, Zuverlässigkeit des Übertragungsverfahrens sowie Prozedur und Protokoll der Datenübertragung [VDI 2510]. In Fahrerlosen Transportsystemen wird für den Datenaustausch zwischen stationären und mobilen Kommunikationspartnern häufig auf eine berührungslose Datenübertragung zurückgegriffen. Als berührungslose Übertragungstechniken kommen in Fahrerlosen Transportsystemen Kommunikationsschleifen im Boden für einen induktiven Datenaustausch, Infrarot, Schmalbandfunk (z.b. 433 MHz) oder Breitbandfunk (z.b. WLAN 23 nach IEEE ) zum Einsatz. Die genannten Techniken lassen sich abhängig von ihrem Wirkungsbereich als punktbezogen, streckenbezogen oder flächendeckend klassifizieren [VDI 2510]. 23 WLAN Wireless Local Area Network 47

60 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Induktive Techniken erlauben nur eine punkt- oder streckenbezogene Datenübertragung. Aufgrund dieser starken Einschränkung ist Induktion als Datenübertragungsprinzip in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv nicht geeignet. Zudem steht die fixe Installation von Kommunikationsschleifen im Hallenboden im Gegensatz zu der in Abschnitt formulierten Forderung nach größtmöglicher Layoutflexibilität. Lediglich auf definierten Hauptstrecken oder im Falle schienengebundener Fahrtanteile könnte Induktion zur Erweiterung der Übertragungsleistung in Ergänzung zu einer flächenbezogenen Kommunikationstechnik genutzt werden. Die Datenübertragung per Infrarot zählt zu den optischen Übertragungsverfahren und kann für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, als Richtstrecke oder flächendeckend im Weitwinkelbereich eingesetzt werden. Infrarot ist somit prinzipiell für einen Einsatz in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv geeignet. Allerdings bestehen auch bei optischen Verfahren wie Infrarot aufgrund der erforderlichen Sichtverbindung zwischen den Teilnehmern Einschränkungen hinsichtlich der Layoutflexibilität. Aus diesem Grund wird die Infrarot-Technik im weiteren Gang der Untersuchung nicht näher betrachtet. Funklösungen gehören wie optische Technologien der Gruppe drahtloser Übertragungsverfahren an und bieten i.d.r. ebenfalls einen flächendeckenden Wirkungsbereich. Da für die Datenübertragung per Funk keine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger erforderlich ist, ist ein funkbasiertes Kommunikationssystem auch gegenüber Veränderungen im Layout der Fördertechnikmodule flexibel, solange diese die Grenzen der verfügbaren Funkzellen nicht überschreiten. Kommen Kommunikationsprotokolle zum Einsatz, die sogenanntes Multihopping (Nutzung von Zwischenknoten auf dem Weg zum Zielpunkt) erlauben, kann auch unabhängig von Funkzellen zwischen den Teilnehmern kommuniziert werden. Aufgrund der genannten Potenziale und der weiten Verbreitung von Funklösungen im industriellen Bereich werden ausgewählte Funkstandards in Abschnitt umfassend hinsichtlich ihrer Eignung als Basistechnologie eines Kommunikationskonzepts für selbststeuernden Fahrzeugkollektive analysiert. 3.3 Car-to-X-Kommunikation Exemplarisch für die Konzeptentwicklung eines auf die konkreten Anforderungen einer Anwendungsdomäne zugeschnittenen Kommunikationssystems sollen an die- 48

61 3.3 Car-to-X-Kommunikation ser Stelle die Bestrebungen des Car 2 Car Communication Consortiums 24 (C2C-CC) zur Etablierung eines Datenaustauschstandards für Automobile im Straßenverkehr aufgezeigt werden. Die Bezeichnung Car-to-X-Kommunikation (C2X) umfasst den Datenaustausch zwischen mehreren Kraftfahrzeugen (Car-to-Car (C2C), engl. Vehicle-to-Vehicle (V2V)) sowie zwischen Kraftfahrzeugen und Verkehrsinfrastruktur (Car-to-Infrastructure (C2I), engl. Vehicle-to-Roadside (V2R)) [C2C-2007]. Die C2X- Kommunikation weist somit strukturelle Analogien zum Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit der Kommunikation in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven auf. Die allgemeine Bezeichnung für Netzwerke der C2X-Kommunikation lautet Vehicular Ad-hoc Networks (VANET) [Sen-2011]. Als Netzwerkknoten in VANETs kommen On- Board-Units (OBU, Funkknoten am Fahrzeug) sowie Road-Side-Units (RSU, Funkeinrichtungen an stationärer Verkehrsinfrastruktur) zum Einsatz. Der Datenaustausch erfolgt über WLANs gemäß des IEEE-Standards p 25 [Jia-2008]. Zwischen On- Board- und Road-Side-Units, die sich in gegenseitiger Funkreichweite befinden, bildet sich automatisch ein lokales Funknetzwerk aus. Die Kommunikationspartner in einem solchen Netzwerk können untereinander Daten austauschen, gleichzeitig aber ebenso Nachrichten an andere Teilnehmer weiterleiten. Auf diese Weise können auch Netzwerkknoten miteinander kommunizieren, die sich nicht in gegenseitiger Funkreichweite befinden. Der Informationsaustausch über C2X-Netzwerke soll u.a. einen stockungsfreien Verkehrsfluss fördern und Autofahrer frühzeitig vor gefährlichen Straßen- und Verkehrsverhältnissen in ihrer unmittelbaren Umgebung warnen (Unfallprävention). Für die oberen Schichten der C2X-Kommunikation sowie für ergänzende Dienste existieren ebenfalls IEEE-Standards, welche zusammen mit dem Standard IEEE p den sogenannten WAVE 26 -Protokollstapel bilden (Tabelle 3-2) [Uzc-2009]. 24 Zusammenschluss europäischer Automobilhersteller, Zulieferer und Forschungseinrichtungen 25 IEEE p unterstützt die US-amerikanische Version von Dedicated Short Range Communications (DSRC, Frequenzband: 5,85-5,925 GHz), welche explizit für die Kommunikation in sogenannten Intelligent Transportation Systems (ITS) vorgesehen ist. Da daneben eine europäische DSRC- Version existiert, die zur elektronischen Mauterhebung genutzt wird, hat sich in Europa die Bezeichnung ITS-G5 für die US-Version von DSRC etabliert. 26 WAVE Wireless Access for Vehicular Environment 49

62 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Tabelle 3-2: WAVE-Protokollstapel IEEE IEEE Bezeichnung Resource manager Security services Funktion unterstützt die Kommunikation zwischen Remote-Anwendungen und Fahrzeugen Sicherheitsdienste für den Austausch von Anwendungs- und Managementdaten IEEE Networking services Standard für den WAVE Network Layer IEEE Multichannel operation ermöglicht Mehrkanalbetrieb IEEE p Anpassung von IEEE an verkehrsspezifische Anforderungen WAVE-Datenpakete enthalten neben den Nutzdaten einen Zeitstempel und die per GPS ermittelte Position des Senders. Anhand dieser Zusatzinformationen kann der Empfänger Gültigkeit und Relevanz erhaltener Datenpakete überprüfen. Angelehnt an den WAVE-Protokollstapel wird vom C2C-CC ein offener Industriestandard für die C2X-Kommunikation im europäischen Raum angestrebt. Das vor diesem Hintergrund im Jahr 2007 verabschiedete CAR 2 CAR Communication Consortium Manifesto [C2C-2007] sieht verpflichtend getrennte Kommunikationskanäle für den Austausch verschiedener Informationsarten vor. Das C2C-CC unterscheidet zwischen vier Informationsarten: Datenpakete zur reinen Netzwerkkontrolle (Control Channel), Nachrichten für sicherheitskritische Anwendungen (z.b. Unfallwarnungen), Informationen zur Verkehrssicherheit und -effizienz (z.b. Daten zur Verkehrsdichte auf der geplanten Route) sowie der Datenaustausch für nicht sicherheitskritische Anwendungen. Die beiden erstgenannten Datenarten weisen ein geringes Datenvolumen bei hoher Dringlichkeit auf. Die beiden weiteren Datentypen sind durch ein höheres Datenvolumen bei gleichzeitig geringerer Dringlichkeit gekennzeichnet. Insgesamt wurden vom C2C-CC beim European Telecommunications Standards Institute (ETSI) sieben Kanäle mit einer Bandbreite von je 10 MHz im Frequenzbereich zwischen 5,875 und 5,925 GHz angefragt. Auf diese Weise könnten Informationsarten mit einem erhöhten Datenaufkommen mehrere Kanäle nutzen. Allerdings stehen derzeit für Car-to-Car-Anwendungen nur fünf Kanäle im Frequenzbereich zwischen 5,875 GHz und 5,905 GHz zur Verfügung [BUN-2009]. Ergänzend ist die Nutzung weiterer öffentlicher Kanäle (z.b. IEEE a/b/g, Mobilfunknetze) zur 50

63 3.3 Car-to-X-Kommunikation Übertragung von Infotainment-Inhalten vorgesehen. Abbildung 3-4 zeigt den angestrebten C2C-CC Protokollstapel und fasst die möglichen Anwendungsfelder der C2X-Kommunikation zusammen. Anwendungen Aktive Sicherheit C2C-CC Transport C2C-CC Network Verkehrseffizienz Infotainment TCP, UDP, andere IPv6 MAC/LCC C2C-CC MAC Erweiterung IEEE p* PHY IEEE p* *europäische Variante des Standards IEEE p MAC/LCC IEEE a/b/g PHY IEEE a/b/g weitere Funkstandards (UMTS, LTE etc.) Abbildung 3-4: C2C-CC Protokollstapel (in Anlehnung an [C2C-2007, S. 33]) In C2X-Netzwerken sollen zunächst nur Hinweisdaten übermittelt werden [C2C- 2007]. Der Mensch ist weiterhin als steuerndes Element vorhanden und kann aktiv in den Prozess eingreifen. Dagegen ist die Steuerung eines autonomen Flurförderzeugs in hohem Maße vom Erhalt externer Informationen (z.b. Lastwechselkoordination, Warnmeldungen) abhängig. Ein Ausbleiben benötigter Informationen kann dazu führen, dass ein Fahrzeug seine Aufgabe nicht fortsetzen kann oder in eine Gefahrensituation (z.b. Kollision) gerät. Beide Konsequenzen sind vor dem Hintergrund des prinzipiellen Strebens nach einem zuverlässigen und wirtschaftlichen Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs nicht tolerierbar. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Anwendungsdomänen liegt in den ungleichen Geschwindigkeitsprofilen der jeweiligen mobilen Akteure. Während die Geschwindigkeiten der Teilnehmer in einem Netzwerk aus frei navigierenden Flurförderzeugen in einem intralogistischen Anwendungsszenario (z.b. Distributionszentrum) typischerweise bei ca. 1 m/s liegen, können in einem C2X-Netzwerk Relativgeschwindigkeiten der Kommunikationspartner von bis zu 140 m/s (500 km/h) auftreten. Zudem sind in VANETs Funkreichweiten von mehr als m erforderlich, während für die Kommunikation in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv aufgrund dessen eingeschränkten Aktionsraums im innerbetrieblichen Einsatz Funkreichweiten von deutlich weniger als 100 m ausreichen. 51

64 3 Grundlagen und relevante Anwendungen der Kommunikationstechnik Gemein ist beiden Anwendungsdomänen die Forderung nach einer korrekten Bereitstellung prozessrelevanter Informationen innerhalb vorgegebener Fristen. Der maßgebliche Prozess ist in beiden Fällen eine zielgerichtete Fahrt von einem Startpunkt zu einem Zielpunkt unter den aktuell gegebenen Rahmenbedingungen (Wetter, Verkehrsaufkommen, geplanter Ankunftstermin etc.). Eine Trennung von Kommunikationskanälen in Abhängigkeit von den zu übertragenden Informationsarten analog zum Ansatz im Kommunikationssystem des C2C-CC ist daher auch für den Datenaustausch innerhalb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs sinnvoll, um eine hohe Übertragungssicherheit bei sicherheitskritischen Nachrichten zu gewährleisten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die für die C2X-Kommunikation entwickelten Konzepte dem angestrebten Kommunikationssystem für selbststeuernde Fahrzeugkollektive in einigen Aspekten Impulse geben können (z.b. topologie- und geografiebasierte Weiterleitungsalgorithmen für Datenpakete, Organisation und Koordination eines Kommunikationsnetzwerks mit mobilen Teilnehmern) und es sich somit bei VANETs um ein im Rahmen dieser Arbeit relevantes Praxisbeispiel aus einem verwandten Anwendungsfeld handelt. 52

65 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Als Lösungsansatz für die in Abschnitt 1.2 formulierte Problemstellung einer steigenden Komplexität und Dynamik intralogistischer Prozesse soll ein Kollektiv aus selbststeuernden Flurförderzeugen den innerbetrieblichen Warentransport in Logistiksystemen abbilden. Die Gestaltung und dezentrale Steuerung dieses Fahrzeugkollektivs erfolgt gemäß den Prinzipien einer funktionsorientierten Modularisierung (vgl. Abschnitt 2.2.2) und eines Internet der Dinge in der Intralogistik (vgl. Abschnitt 2.2.3). Dieses neuartige Konzept einer fördertechnischen Anlage bestimmt die Anforderungen und Rahmenbedingungen für ein zweckmäßiges Kommunikationssystem. Die folgenden Abschnitte beschrieben daher Aufbau und Funktionsweise eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs (Abschnitt 4.1) und grenzen dessen Eignung zur Realisierung intralogistischer Prozesse ein (Abschnitt 4.2). Anschließend wird aufbauend auf den möglichen Einsatzfeldern selbststeuernder Fahrzeugkollektive deren Informationsbedarf bestimmt und kategorisiert (Abschnitt 4.3). Abschnitt 4.4 zeigt zwei Referenzszenarien auf, die als Rahmen für die weitere Entwicklung des Kommunikationskonzepts bzw. zu dessen Validierung geeignet sind. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse (Abschnitt 4.5). 4.1 Aufbau und Funktionsweise Unter dem Begriff selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv wird im Rahmen dieser Dissertation ein Verbund aus baugleichen 27 autonomen Flurförderzeugen verstanden. Autonome Flurförderzeuge entsprechen gemäß der Systematik der mobilen flurgebundenen Systeme (vgl. Abschnitt 2.1.2, Tabelle 2-2) autonomen mobilen Robotern 28 [VDI 2510]. Ein Roboter gilt als autonom, wenn er ohne steuernde Zugriffe von außen (z.b. durch eine Fernsteuerung) gemäß eigenen Verhaltensregeln handelt [Ste-2002, S. 5]. Den Regelsatz, nach dem ein Roboter autonom Aufgaben löst und dabei auf 27 Denkbar wären auch heterogene Verbünde mit unterschiedlichen spezialisierten Fahrzeugen. Dieser Ansatz ist nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 28 Das Forschungsgebiet der Robotik befasst sich allgemein mit der Entwicklung von Maschinen, die den Menschen bei der Durchführung einer Aufgabe sowohl physisch als auch bei der Entscheidungsfindung ersetzen können [Sic-2010, S. 1]. 53

66 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Umwelteinflüsse reagiert, ist in Form von Steuerungssoftware hinterlegt. Eine Steigerung erfährt die Autonomie von Robotern, wenn zusätzlich Lernalgorithmen zur Aneignung neuer Regelsätze zum Einsatz kommen [Alp-2010]. Ein Roboter gilt als mobil, wenn er mit Hilfe von Aktoren einen beliebigen Fortbewegungsmechanismus umsetzen kann und dabei nicht physikalisch an einen fixen Bezugspunkt gebunden ist [Ste-2002, S. 6]. Beide Grundeigenschaften müssen die in dieser Arbeit betrachteten Flurförderzeuge aufweisen, um gemeinsam ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv bilden zu können. Die selbststeuernden Flurförderzeuge werden daher im Rahmen dieser Arbeit synonym als autonome mobile Transportroboter bezeichnet. Der Aufbau der Einzelfahrzeuge kann wie bei Fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF, vgl. Abschnitt 2.1.2) in Abhängigkeit vom Einsatzgebiet stark variieren. Daneben können als Gestaltungsbasis der mobilen Transportroboter auch Shuttlefahrzeuge (vgl. Abschnitt 2.2.5) dienen [Kam-2011]. Entsprechend der Kriterien einer funktionsorientierten Modularisierung (vgl. Abschnitt 2.2.2, [Wil-2006]) kapseln die Fahrzeuge alle zur Erbringung ihrer logistischen Funktion benötigten mechanischen (z.b. Antrieb, Räder, Lenkung, Lastaufnahmemittel), energetischen (z.b. Batterie, Schnittstelle zu Ladestation) sowie steuerungstechnischen (z.b. Embedded-PC, Sensoren, Funkknoten) Komponenten innerhalb ihrer Systemgrenzen (Fahrzeughülle). Der Selbststeuerungsgrad eines Fahrzeugkollektivs hängt von der Ausstattung des zu fördernden Gutes (logistisches Objekt) mit Rechenkapazität und steuerungsrelevanten Informationen (z.b. auf einem RFID-Tag) ab. So sieht Scholz-Reiter [Sch-2007a, S. 180] eine Selbststeuerung logistischer Prozesse erst als gegeben an, wenn das logistische Objekt Informationsverarbeitung, Entscheidungsfindung und -ausführung selbst leistet. Diese Forderung entspricht dem Internet-der-Dinge-Paradigma (Abschnitt 2.2.3). Solange diese Anforderung nicht erfüllt ist, sind zusätzliche Einheiten (z.b. Datenbanken) zur Verknüpfung von Steuerungsparametern und Objekt-ID erforderlich, die einer kompletten Selbststeuerung entgegen stehen. Ein Konzept für kooperative autonome Flurförderzeuge existiert am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München un- 54

67 4.1 Aufbau und Funktionsweise ter der Bezeichnung µcarrier bzw. microcarrier (Abbildung 4-1) [Gün-2008b; Weh- 2008]. Abbildung 4-1: Konzeptskizze microcarrier bzw. µcarrier Der Konzeptskizze liegt die Ausstattung der Fahrzeuge mit zwei Rädern und einem elektronisch geregelten Einzelradantrieb (vgl. Segway Personal Transporter [SEG- 2012]) zugrunde. Die autonomen Flurförderzeuge verfügen über einheitliche mechanische und energetische Schnittstellen, über die sie Anbaugeräte (z.b. Gabelzinken) und zusätzliche Sensoren (z.b. 2D-Laserscanner) ankoppeln können. Zudem können sich mehrere Fahrzeuge temporär zu einem Stetigförderer zusammenschließen. Das System ist durch Hinzufügen und Entfernen einzelner Fahrzeuge stark skalierbar. Im Zusammenhang mit dieser Vision kooperierender autonomer Flurförderzeuge, die sich bei Bedarf zu Clustern [Hip-2009] zusammenfinden, ist die Übertragung eines zielgerichteten Kollektivverhaltens (Schwarmintelligenz) nach dem Vorbild biologischer Schwärme auf Verbünde aus autonomen mobilen Robotern [Grä-2009; Dor- 2010] von besonderer Bedeutung. Schwarmintelligenz ist ein emergentes Phänomen. Im Bezug auf ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv bedeutet dies, dass sich durch Kollektivverhalten höherwertige Funktionen (z.b. Palettentransport, Sequenzbildung) umsetzen lassen, als dies den Einzelfahrzeugen möglich ist. Auch der Austausch von Sensordaten (z.b. Messwerte eines 2D-Laserscanners) innerhalb des Kollektivs kann als derartiges Phänomen gedeutet werden, da durch eine solche Sensorfusion die Entscheidungsbasis für die dezentrale Steuerung der einzelnen Flurförderzeuge verbessert werden kann und sich somit u.u. die Qualität der Entscheidungen erhöht. Abbildung 4-2 zeigt exemplarisch für die Forschungsrichtung der Schwarmintelligenz in Robotersystemen eine strukturierte grafische Darstellung organischer Formationen eines Roboterschwarms im EU-Projekt SYMBRION [SYM-2012]. Für den autonomen Zusammenschluss der mobilen, quadratförmigen Roboter zu ebenen 55

68 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Organismen sind Anwerbungsstrategien und eine lokale Kommunikation zur Selbstorganisation des Kollektivverhalten notwendig [Liu-2010]. Die Problemstellung entspricht dem oben erwähnten Zusammenschluss autonomer mobiler Fördertechnikmodule zu einem Stetigfördersystem. Dieses Beispiel zeigt, wie die Entwicklung innovativer Fördertechniksysteme (z.b. selbststeuernde Fahrzeugkollektive) von Ergebnissen und Lösungsansätzen der Roboterforschung profitieren kann. Darstellung als Roboter links vorne 0 hinten rechts Darstellung als Knoten übergeordneter Knoten Organismus Organismus links mittig rechts untergeordnete Knoten Abbildung 4-2: Grafische Darstellung organischer Strukturen eines Roboterschwarms [Liu- 2010] Die Funktionsweise eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs entspricht prinzipiell der anderer fördertechnischer Anlagen für den Stückguttransport (z.b. Stetigfördertechnik, Querverschiebewagen (QVW), Abbildung 4-3). Auf Basis von Auftragsdaten führen die mobilen Roboter Transporte zwischen Quell- und Zielpunkten durch und realisieren auf diese Weise einen Materialflussgraphen. Jedoch sind sie dabei weder ortsfest noch gleisgebunden und im Gegensatz zu Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) nicht auf umfangreiche Infrastruktur zur Navigation und Daten einer Leitsteuerung angewiesen. Es entsteht ein selbststeuernder und sich selbst organisierender (z.b. Umsetzung von Vorfahrtsregeln, Zusammenschluss zu Transportclustern) Fahrzeugschwarm, der hochgradig layout-, durchsatz- und prozessflexibel ist und über ein hohes Maß an Erweiterbarkeit und Integrationsfähigkeit verfügt (vgl. Abschnitt 2.2.1). Die Fördergutflexibilität ist abhängig von der Gestaltung der Lastaufnahme (passiv/aktiv, Abmaße etc.) sowie von der Fähigkeit der autonomen Flurförderzeuge, in Kooperation mit anderen Fahrzeugen ihr Spektrum an transportierbaren Gütern zu erweitern (z.b. um Paletten, Gitterboxen etc.). Aufgrund dieser hohen Wandelbarkeit und der damit verbundenen Möglichkeit eines organischen Wachstums stellen selbststeuernde Fahrzeugkollektive eine mögliche Ausprägung Zellularer Transportsysteme nach ten Hompel dar [Hom-2006c]. 56

69 4.1 Aufbau und Funktionsweise Q1 S1 Q2 S2 Q3 S3 Q4 Materialflussgraph Stetigfördertechnik (Rollenbahn) QVW Selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv Abbildung 4-3: Verschiedene fördertechnische Realisierungsformen eines Materialflussgraphs Für Zellulare Transportsysteme (Z. T.) gilt folgende Definition [Hom-2011, S. 351]: (engl. Cellular transport systems; auch Zellulare Fördertechnik ) basieren auf autonomen fördertechnischen Entitäten. Dies sind z.b. autonome Transportfahrzeuge (Fahrerlose Transportfahrzeuge 29 ) und/oder autonome Fördertechnikmodule 30. Die Kommunikation der Entitäten untereinander erfolgt, wie auch die Steuerung selbst, typischerweise durch (Software-)Agenten. Z. T. sind topologieflexibel : Die Anordnung der fördertechnischen Entitäten im Raum (das fördertechnische Layout) kann jederzeit geändert werden. Werden den (bewegten) logistischen Objekten Missionen und Strategien bzw. entsprechende Koeffizienten implantiert, so verfolgen deren Agenten in der Kommunikation mit der Umgebung und untereinander das vorgegebene Ziel selbstständig (z.b. Ein- und Auslagerung, Transport, Sortierung etc.). Auch die gewünschte Emergenz im Sinne einer ressourcenschonenden Zielerfüllung des Z. T. ergibt sich durch Interaktion zwischen den fördertechnischen Entitäten und einer entsprechenden (serviceorientierten) Umgebung selbstständig. Z. T. sind somit intralogistische Systeme höchster Flexibilität. 29 Anmerkung: Fahrerlose Transportfahrzeuge sind nicht per se autonome Transportfahrzeuge (vgl. Abschnitt 2.1.2, Tabelle 2-2). Daher werden die beiden Bezeichnungen im Rahmen dieser Arbeit nicht synonym verwendet. 30 Ein Zellulares Transportsystem kann somit auch ausschließlich aus ortsfesten Fördertechnikmodulen bestehen, sofern diese in der Lage sind, sich nach dem Plug-and-Play-Prinzip selbstständig zu einem Materialflusssystem zusammenzuschließen. 57

70 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik 4.2 Eignung für Prozesse der Intralogistik Abschnitt charakterisiert Prozesse und Funktionen intralogistischer Systeme. Im Folgenden wird die Eignung selbststeuernder Fahrzeugkollektive für die technische Abbildung einzelner Funktionen untersucht. Tabelle 4-1 stellt die in Abschnitt beschriebenen intralogistischen Funktionen den Fähigkeiten und Eigenschaften selbststeuernder Fahrzeugkollektive gegenüber und bewertet darauf aufbauend die Einsatzmöglichkeiten dieses neuartigen Födertechniksystems. Tabelle 4-1: Bewertung der Eignung selbststeuernder Fahrzeugkollektive zur Erfüllung logistischer Funktionen in innerbetrieblichen Materialflussprozessen Transportieren/ Fördern Verteilen, Zusammenführen Sequenzieren Puffern Prüfen Handhaben Ein-/Auslagern Erläuterung Das Fördern bzw. Transportieren von Gütern von einer Quelle zu einem Zielpunkt ist Kernaufgabe der mobilen Transportroboter eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs. Das Verteilen bzw. Zusammenführen von Waren kann durch eine gerichtete Koordination des Fahrzeugkollektivs abgebildet werden, von Einzelfahrzeugen nur mit Mehrfach-LAM 31. Eine Sequenzierung von Gütern kann durch das Überholen einzelner Fahrzeuge erreicht werden. Puffern wird durch verlangsamte Fahrt oder Anhalten bei Stauungen an Übergabepunkten abgebildet. Für den Prozess Prüfen sind die selbststeuernden Fahrzeuge bedingt geeignet, da eine zusätzliche sensorische Ausstattung (z.b. RFID-Antenne, Wiegeeinrichtung) erforderlich ist. Für den Prozess Handhaben sind die selbststeuernden Fahrzeuge bedingt geeignet, da eine zusätzliche Ausstattung mit einem aktiven LAM bzw. einem Manipulator erforderlich ist. Das Ein- und Auslagern von Gütern stellt eine Kombination aus Handhaben und Fördern dar und kann durch Spezialfahrzeuge mit entsprechendem LAM abgebildet werden. 31 LAM Lastaufnahmemittel 58

71 4.2 Eignung für Prozesse der Intralogistik Lagern Kommissionieren Verpacken Das Lagern von Gütern zieht eine langfristige Belegung einzelner Fahrzeuge nach sich und kann durch ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv nicht wirtschaftlich sinnvoll realisiert werden. Der Prozess Kommissionieren wird entweder manuell oder durch spezialisierte Automaten durchgeführt. Der Prozess Verpacken wird entweder manuell oder durch spezialisierte Automaten durchgeführt. sehr gute Eignung gute Eignung bedingte Eignung schlechte Eignung keine Eignung Als Kernfunktion erbringen die autonomen Flurförderzeuge eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs Transporte logistischer Objekte von einer Quelle zu einer Senke. Alle weiteren Funktionen entstehen entweder durch das Zusammenspiel des Fahrzeugverbunds (Kollektivverhalten, z.b. Verteilen, Zusammenführen, Sequenzieren, Puffern) oder werden durch die Ausstattung der Fahrzeuge mit weiterer Sensorik und Aktorik ermöglicht (z.b. Prüfen, Handhaben, Ein-/Auslagern). Abbildung 4-4 verdeutlicht, wie durch die Erfüllung der Funktion Fördern auf Fahrzeugebene die Funktion Verteilen auf der Systemebene des selbststeuernden Fahrzeugkollektivs entsteht. Drei Transporteinheiten werden von einer gemeinsamen Quelle aus auf drei verschiedene Senken verteilt. Analog lassen sich die Funktionen Zusammenführen und Sequenzieren durch das Zusammenspiel mehrerer Einzelfahrzeuge realisieren. S1 Fahrzeug 1 Funktion: Fördern (Q1 S1) Q1 S2 Fahrzeug 2 Funktion: Fördern (Q1 S2) S3 Fahrzeug 3 Funktion: Fördern (Q1 S3) Selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv Funktion: Verteilen (Q1 {S1, S2, S3}) Abbildung 4-4: Umsetzung logistischer Funktionen durch ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv Die Funktionen Lagern, Kommissionieren und Verpacken lassen sich nicht sinnvoll durch einzelne autonome Flurförderzeuge oder ein Fahrzeugkollektiv abbilden und 59

72 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik werden daher mit spezialisierter Materialflusstechnik (Lager-, Kommissionier-, Verpackungstechnik) umgesetzt (vgl. Abschnitt 2.1.2). Die Materialflusstechnik angrenzender Systeme (Lager, Kommissionier-/Verpackungsbereich) kann allerdings ebenfalls durch Softwareagenten repräsentiert werden, um die Interaktion zwischen den agentengesteuerten Transportroboter einfach und ohne Medienbruch zu ermöglichen Anwendungsabhängige Ausstattung der Einzelfahrzeuge Wie angesprochen können einzelne Fahrzeuge dazu befähigt werden, weitere Funktionen im innerbetrieblichen Materialfluss zu übernehmen (z.b. Wiegen, Identifizieren mit RFID-Lesegerät, Handhaben mit aktivem LAM). Allerdings steigt durch zusätzliche Komponenten sowohl die mechatronische Komplexität der Fahrzeuge als auch das Risiko eines Komponentenausfalls. Zudem wirkt sich zusätzliche Sensorik und Aktorik negativ auf die Kosten pro Transportfahrzeuge aus. Da ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv aus sehr vielen Einzelfahrzeugen (< 100) bestehen kann, wirken sich die Investitionskosten für ein einzelnes autonomes Flurförderzeug stark auf die Kosten des Gesamtsystems aus und sind daher so gering als möglich zu halten. Diesen Zielkonflikt zwischen Funktionalität und Kosten gilt es anwendungsgerecht zu lösen. Ein Lösungsansatz ist die strikte Beschränkung auf eine einzige Funktion (z.b. Transport von Europaletten) und der Verzicht auf einen hohen Selbststeuerungsgrad. Unter diesem Prämissen lassen sich die Einzelfahrzeuge kompakt, robust und kostengünstig gestalten (vgl. [Weh-2012a; Weh-2012b]). Durch die kompakte Bauweise lässt sich ein günstiges Verhältnis von Nutzlast und Eigengewicht und somit eine effiziente Nutzung der Antriebsenergie erreichen. Aufgrund der geringeren Anschaffungskosten pro Fahrzeug ist eine Erweiterung der Leistungsfähigkeit monofunktionaler Systeme durch das Hinzufügen weiterer Fahrzeuge zudem mit geringeren Kosten verbunden. Allerdings schränkt diese Gestaltungsweise die Flexibilität und Wandelbarkeit des Systems ein, da weiterhin zentrale Steuerungskomponenten und Infrastruktur zur Wegfindung benötigt werden. Ein zweiter Lösungsansatz sind autonome Flurförderzeuge, die frei navigierend Ladungsträger aufnehmen, abgeben und transportieren [Hip-2009; Kam-2011]. Zur freien Navigation benötigen diese Fahrzeuge zusätzliche, kostenintensive Sensorik. Ziel dieses Ansatzes ist es, die Fahrzeuge mit einem Höchstmaß an Autonomie, Flexibilität (auch hinsichtlich der transportierbaren Güter) und Wandelbarkeit auszustat- 60

73 4.2 Eignung für Prozesse der Intralogistik ten, um über den Lebenszyklus des Transportsystems durch die gewonnene Anpassbarkeit an nicht vorab geplante Umfeldbedingungen Einsparungen gegenüber konventionellen Materialflusssystemen zu erreichen. Zudem sollen die Fahrzeuge Schwarmintelligenz aufweisen, was sich in komplexen Steuerungsalgorithmen niederschlägt. Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf autonomen Transportrobotern dieser multifunktionalen Ausprägung, da nur aus diesen ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv gemäß der Abgrenzung in Abschnitt 4.1 entstehen kann. Abhängig vom Anwendungsfall (System mit starrem/flexiblem Layout und homogenen/heterogenen Transporteinheiten) bieten beide Lösungsansätze Potenzial für die Gestaltung zukünftiger Materialflusssysteme Bereichsübergreifender Einsatz Für automatisierte Systeme ist ein hoher Auslastungsgrad anzustreben, um deren Vorzüge bezüglich Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit in vollem Umfang zu nutzen und auf diese Weise die Investitionskosten durch Einsparungen bei den Personalkosten und durch erhöhte Erträge in einer möglichst kurzen Zeitspanne auszugleichen. Als eine Möglichkeit, die Auslastung der Einzelfahrzeuge eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs zu steigern, ist deren Einsatz über mehrere Funktionsbereiche hinweg denkbar. Dieser bereichsübergreifende Einsatz kann auf zwei Arten geschehen. Entweder wechseln die Fahrzeuge als Springer von einem Funktionsbereich in einen anderen und setzen dort ihre Tätigkeit innerhalb der Bereichsgrenzen fort (z.b. Wechsel zwischen zwei Kommissionierbereichen). In diesem Fall kann der Transfer einzelner Fahrzeuge manuell (z.b. Fahrzeug auf Palette), ferngesteuert oder autonom 32 erfolgen. Alternativ können die Fahrzeuge Warentransporte zwischen verschiedenen Funktionsbereichen übernehmen, wieder unter der Voraussetzung, dass den Fahrzeugen ein selbstständiger Transfer zwischen den Bereichen möglich ist. Hindernisse können hierbei unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten, Niveauwechsel zwischen den Bereichen oder fehlende Fahrwege sein. Spezielle Strecken für die autonomen Fahrzeuge zwischen den Funktionsbereichen sind mit einem zusätzlichen Flächenbedarf verbunden. Werden hingegen vorhandene Fahrwege genutzt, so besteht die Gefahr von Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern wie Mitarbeitern oder Flurförder- 32 Sofern geeignete Fahrwege vorhanden sind und dem Fahrzeug die Transferroute bekannt ist. 61

74 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik zeugen, welche beim Design der Fahrzeugsteuerung berücksichtigt werden muss. Gegen einen bereichsübergreifenden Einsatz eines Fahrzeugkollektivs sprechen darüber hinaus weite Distanzen zwischen einzelnen Bereichen. Bei der Fahrt zwischen weit voneinander entfernten Funktionsbereichen sind die einzelnen Fahrzeuge lange Zeit blockiert, wodurch sich der Durchsatz pro Fahrzeug reduziert. Transportfahrten entlang eines unidirektionalen Materialstroms oder reine Bereichswechsel ohne Last führen zudem zu weiten und daher unwirtschaftlichen Leerfahrten. Einen entscheidenden Einflussfaktor für beide Einsatzformen stellen die in den einzelnen Bereichen verwendeten Ladehilfsmittel (KLT, Paletten, Sonderbehälter, Versandeinheiten, Pakete) dar. Unterscheiden sich diese in Abmessungen oder Struktur, so kann ein bereichsübergreifender Einsatz nur umgesetzt werden, wenn die Flurförderzeuge über entsprechend flexible Lastaufnahmemittel (LAM) oder Kooperationsstrategien (z.b. Palettentransport im Cluster [Hip-2009]) verfügen, um mehrere Typen von Ladehilfsmitteln aufnehmen und transportieren zu können. Ein hoher Selbststeuerungsgrad des Fahrzeugkollektivs begünstigt Bereichswechsel der Einzelfahrzeuge, da sich deren Bedarf an Infrastruktur zur Unterstützung von Wegfindung, Steuerung und Kommunikation entlang der Verbindungsstrecken auf ein Mindestmaß beschränkt. Mithilfe autonomer Navigationsverfahren (z.b. durch Maschinelles Sehen), Künstlicher Intelligenz (KI) sowie sich selbst organisierender Ad-hoc-Netzwerke (analog zu drahtlosen Sensornetzwerken) für die Kommunikation mit anderen systemrelevanten Akteuren ist zukünftig auch die Gestaltung komplett selbststeuernder Systeme möglich, die in ihrer Domäne ohne externe Infrastruktur agieren können. Ein Beispiel soll den erwarteten Nutzen eines bereichsübergreifenden Einsatzes verdeutlichen: Die Warenflüsse in der Lagervorzone eines AKL werden durch ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv abgebildet. Gleichzeitig realisieren die Fahrzeuge auf definierten Routen den Materialfluss zwischen Wareneingang, AKL und Warenausgang. Die einzelnen Fahrzeuge passen in diesem Einsatzszenario ihren Einsatzort in Abhängigkeit von aktueller und prognostizierter Auftragslast an. Diese Nutzungsform des Fahrzeugkollektivs ist insbesondere für Distributionszentren mit bereichsabhängigen Durchsatzschwankungen im Tagesverlauf vorteilhaft (Abbildung 4-5). Durch die Möglichkeit der flexiblen Verlagerung von Leistungskapazitäten in Form einzelner Fahrzeuge lassen sich Schwankungen und Spitzenlasten ohne ein 62

75 t t t Versand 4.3 Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs Vorhalten zusätzlicher oder leistungsstärkerer Fördertechnikelemente (Leistungsreserve) ausgleichen. Warenlager Wareneingang Warenausgang Kommissionierzone Depalettieren/Umverpacken St/h St/h St/h St/h St/h St/h St/h St/h St/h St/h St/h t t t t t Wareneingang Depalettieren/Umverpacken Wareneingang Depalettieren/Umverpacken Wareneingang Warenlager Warenlager Depalettieren/Umverpacken Kommissionierzone Warenlager Kommissionierzone Kommissionierzone Versand Versand Warenausgang Warenausgang Versand Versand Warenausgang Warenausgang Abbildung 4-5: Bereichsweise Schwankungen beim Behälterdurchsatz im Tagesverlauf Der bereichsübergreifende Einsatz selbststeuernder Fahrzeugkollektive bietet somit das Potenzial, kurzfristige Durchsatzschwankungen in verschiedenen Funktionsbereichen ohne das Vorhalten von Leistungsreserven auszugleichen und gleichzeitig die Auslastung der Einzelfahrzeuge zu verbessern. Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit des bereichsübergreifenden Einsatzes sind für den Einzelfall zu prüfen. Langfristige Veränderungen im Durchsatz (z.b. saisonale Schwankungen oder starkes Wachstum) können über eine Anpassung der Fahrzeuganzahl 33 abgefangen werden. Dieses Potenzial unterstreicht die Durchsatzflexibilität und Skalierbarkeit eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs. 4.3 Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs In diesem Abschnitt werden aus den vielschichtigen Informationen, die in Materialflusssystemen generiert und verarbeitet werden, jene extrahiert, welche für ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektivs relevant sind (Abschnitt 4.3.1). Anschließend erfolgt eine Klassifizierung der Informationsarten als Ausgangspunkt für die weitere 33 In diesem Zusammenhang ist das Leasing von Zusatzfahrzeugen als Geschäftsmodell denkbar. 63

76 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Konzeptionierung eines bedarfsgerechten Kommunikationssystems für selbststeuernde Fahrzeugkollektive (Abschnitt 4.3.2) Informationen der Materialflusssteuerung Ein erster Überblick über unterscheidbare Informationsarten in Materialflusssystemen kann aus dem VDI/VDMA-Richtlinienentwurf 5100 [VDI/VDMA 5100] sowie der VDI-Richtlinie 2510 [VDI 2510] gewonnen werden (vgl. Abschnitt 2.1.3). Während der VDI/VDMA-Richtlinienentwurf 5100 Softwarearchitektur für die Intralogistik (SAIL, vgl. Abschnitt 2.1.3) einen Ansatz zur allgemeingültigen Informationsklassifizierung in Materialflusssystemen enthält, unterscheidet die VDI-Richtlinie 2510 konkret die in einem Fahrerlosen Transportsystem auszutauschenden Daten (vgl. Tabelle 4-2). Tabelle 4-2: Informationen der Materialflusssteuerung (inkl. Abkürzungen) nach [VDI/VDMA 5100] und der FTS-Steuerung nach [VDI 2510] SAIL VDI/VDMA 5100 FTS VDI 2510 Anlagenstatus (I:FS) Richtungsinformation (I:DI) Betriebsparameter (I:OP) Sensor-Information (I:SI) Fahrauftrag (I:M) Transportauftrag (I:TO) Fahrauftragsanfrage (I:MR) Transportauftragsquittung (I:TOD) Fahrauftragsquittung (I:MD) Transportauftragsstorno (I:TOC) Fahrauftragsstorno (I:MC) Überfahrmeldung (I:NO) Richtungsanfrage (I:DR) Fahrauftrag Fertigmeldung Hol-, Bringziele Batteriezustand Steuersignale zur Blockstreckensteuerung auftragsspezifische Daten (Fertigungsdurchlauf, Historie) Steuersignale zur Synchronisation FTF-seitiger Lastaufnahmemittel & stationärer Lastübergabestationen produktspezifische Daten (Auftragsnummer, Farbcode etc.) Fahrzeugnummer Stör- und Fehlermeldungen Fahrzeugposition sicherheitsrelevante Steuersignale Fahrzeugstatus (Beladezustand, Not-Aus etc.) Steuersignale zu sonstigen peripheren Einrichtungen (Tore, Schranken etc.) Die Systemsteuerung eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs erfolgt gemäß der Vorgaben eines Internet der Dinge (vgl. Abschnitt 2.2.3) mittels eines Agentensystems. Der Einsatz von Softwareagenten bedingt einen zusätzlichen systeminternen Kommunikationsbedarf. Diese Erhöhung des Kommunikationsaufwands ist auf den zusätzlichen Organisations- und Koordinationsaufwand des Agentensystems sowie 64

77 4.3 Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs auf Mechanismen der dezentralen Auftragsdiposition zurückzuführen. Ein erweiterter Informationsbedarf in agentengesteuerten Materialflusssystemen nach dem Internetder-Dinge-Paradigma ergibt sich durch: An-/Abmeldung der Softwareagenten bei Systemkomponenten (z.b. Container (vgl. [JADE]), Blackboard) Dienstanfragen (z.b. Transportfunktion) durch Softwareagenten der Transporteinheiten (TE) Auftragsverhandlungen zwischen Modul-Agenten Meldungen der Modul-Agenten über Gebote bzw. Kosten Einrichten/Kündigen von Abonnements bei Softwarediensten Aus dem Informationsbedarf konventioneller Materialfluss- und Fahrzeugsteuerungen nach Tabelle 4-2 und den zusätzlichen Informationen innerhalb eines Agentensystems werden Informationsarten abgeleitet, die für den Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs bedeutsam sind. Tabelle 4-3 fasst die ermittelten Informationsarten zusammen und beschreibt deren Inhalte und Eigenschaften. Die Informationsarten lassen sich bereits anhand dieser Auflistung bezüglich ihrer Bedeutung für einen sicheren und effizienten Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs in zwei Gruppen einteilen. Während die Informationsarten Topologie/Layout, Organisation/Koordination, Auftragsverhandlungen, Transportauftragsdaten, Fahrauftragsdaten, Reservierungen, Identifikationsdaten und Lastwechselkoordination für einen korrekten und verzögerungsfreien Ablauf der logistischen Prozesse relevant sind, sind die Informationsarten Kollisionsvermeidung, Sensordaten, Status-/Fehlermeldungen und Schaltaufträge darüber hinaus für ein sicheres und unfallfreies Funktionieren des Fahrzeugkollektivs entscheidend. Die Informationsart Visualisierungsdaten umfasst sämtliche Informationen, die der Überwachung und dem Verständnis des Systemverhaltens dienen (z.b. Fahrzeugstatus/-bewegungen, Reservierungen, Layout), und nimmt daher eine gesonderte Stellung im Informationsmodell dar. Prinzipiell übernimmt eine Visualisierung eine Komfortfunktion (aufbereitete Darstellung des Systemverhaltens für den Benutzer). Allerdings können anhand einer Visualisierungsumgebung auch Störungen verhindert oder frühzeitig erkannt und beseitigt werden. 65

78 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik Tabelle 4-3: Informationsarten in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven Symbol Informationsart Inhalt / Eigenschaften Visualisierungsdaten Topologie/Layout Organisation/Koordination Positionen, Statusmeldungen, Layout, Reservierungen etc. Aggregierte Funktion, sammelt und verteilt Positionsdaten An-/Abmeldung im System, Einrichten/Kündigen von Abonnements 34 Auftragsverhandlungen Gebote/Kosten und Rückmeldungen Transportauftragsdaten Fahrauftragsdaten Auftragsbezogenes Datenkollektiv, Quittierung, Storno Aktuelle Position, Koordinaten von Stützpunkten, nächstes Ziel, Storno Reservierungen Zonen, Strecken, Positionen, Aufträge Lastwechselkoordination Identifikationsdaten Sensordaten Kollisionsvermeidung Status-/Fehlermeldungen Schaltaufträge Datenaustausch zwischen Lastübergabestation und Fahrzeug Per AutoID ausgelesene Daten (Sonderfall RFID: auch Schreiben möglich) Distanzwerte, Geschwindigkeit, Gewicht etc. Aggregierte Informationsart, Sammlung sicherheitsrelevanter Daten Frei, Beschäftigt, Fehler, Fehlerart, Batteriezustand Schaltaufträge als Eingang für SPS, Not-Aus-Signal 34 Der Informationsaustausch mittels Abonnements wird in Abschnitt näher erläutert. 66

79 4.3 Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs Informationen, die im Zusammenhang mit Transportaufträgen ausgetauscht werden, können sehr komplex aufgebaut sein. So kann ein Transportauftrag neben Startund Zielpunkt eine Reihe weiterer Attribute enthalten [Lib-2011, S. 78]. Beispielsweise kann einem Transportauftrag als Attribut eine Sequenzinformation beigefügt werden, um eine Sequenzierung von ungeordnet eintreffenden Transporteinheiten zu erreichen. Diese Information kann folgende Logik enthalten: Übergabe der Transporteinheit X am Zielpunkt nur, wenn Transporteinheit Y diesen bereits passiert hat. Tabelle 4-3 enthält keine Aussage über Quellen und Zielpunkte der einzelnen Informationen. Sender und Empfänger der Nachrichten sind i.d.r. Softwareagenten, die Module, Transporteinheiten oder Dienste repräsentieren (vgl. Abschnitt 2.2.3). Der kommunikative Mehraufwand in einem derart dezentral gesteuerten System gegenüber hierarchisch gesteuerten Systemen soll am Beispiel der Lastwechselkoordination erfolgen. Diese erfolgt bei herkömmlichen Steuerungssystemen durch einen Leitrechner, der anhand der von ihm zentral gesammelten Daten prüft, ob sich die beiden beteiligten Fördertechnikelemente in einem sicheren Zustand für den Lastwechsel befinden. Ist dies der Fall, sendet er anschließend entsprechende Schaltbefehle an die Steuerungen der Fördertechnikelemente. In einem selbststeuernden Materialflusssystem müssen sich die am Lastwechsel beteiligten Fördertechnikmodule hingegen erst gegenseitig identifizieren (z.b. über einen Directory Facilitator [JADE]), ehe sie den Lastwechsel dezentral mittels Nachrichtenaustausch koordinieren können Klassifizierung relevanter Informationsarten Aufgrund der Informationsvielfalt in selbststeuernden Materialflusssystemen und der teils sehr unterschiedlichen Eigenschaften verschiedener Informationsarten kann es sinnvoll sein, für unterschiedliche Datenklassen verschiedene Übertragungswege vorzusehen. Für Kommunikationssysteme in vergleichbaren Anwendungsdomänen wird dieser Ansatz bereits umgesetzt (vgl. Car-to-X-Kommunikation, Abschnitt 3.3). Eine Untersuchung und Gruppierung der im vorangegangenen Abschnitt bestimmten Informationsarten nach den vier Kriterien Zeitvorgaben, maximale Datenmenge, durchschnittliche Bedarfshäufigkeit und Anzahl der Endpunkte 35 (Nachrichtenemp- 35 Sender (Informationsquelle) und Empfänger (Zielpunkt) stellen die Endpunkte des Informationsaustausches dar und werden im Folgenden zusammengefasst betrachtet. Sender und Empfänger können zueinander in 1:1-, 1:n- oder n:1-beziehung stehen. 67

80 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik fänger/-sender) unterstützt die Bedarfsermittlung für getrennte Kommunikationskanäle innerhalb des Kommunikationssystems (Abbildung 4-6). Angestrebt wird eine möglichst geringe Anzahl an Kanälen, um eine effiziente Nutzung des Übertragungsmediums und einen geringen Koordinationsaufwand zu gewährleisten. ZV S W DM G H G H H S O S O S O S O AE W V W V W V W V W V W V W V W V Not-Aus-Signal ZV: Zeitvorgaben H: Bedarfshäufigkeit DM: max. Datenmenge AE: Anzahl Endpunkte Transportauftrag W: Weich S: Strikt S: Selten O: Oft H: Hoch G: Gering V: Viele W: Wenige Abbildung 4-6: Entscheidungsbaum zur strukturierten Klassifizierung von Informationen mit beispielhafter Einordnung der Informationen Transportauftrag und Not-Aus- Signal In Abbildung 4-6 ist beispielhaft die Einordnung der Informationen Transportauftrag und Not-Aus-Signal (Ausprägung der Informationsart Schaltaufträge) eingetragen. Der Transportauftrag weist weiche Zeitvorgaben auf, d.h. dass ein Nichteinhalten vorgegebener Fristen für die Übermittlung der Information kein Sicherheitsrisiko darstellt und lediglich zu Verzögerungen im Prozessablauf führen kann (vgl. Abschnitt 5.1.2). Das Not-Aus-Signal weist an dieser Stelle harte Zeitvorgaben auf. Es ist daher zu garantieren, dass diese Information ihren Zielpunkt innerhalb einer definierten Zeitspanne (z.b. 50 ms) erreicht. Die maximale Datenmenge, die mit einem Transportauftrag verbunden ist, ist im Vergleich zu einem Not-Aus-Signal, für das wenige Bit ausreichen, als sehr hoch einzustufen. Die Bedarfshäufigkeit ist bei beiden Informationen gering, da Transportaufträge und Not-Aus-Signale nicht kontinuierlich in kurzen Zeitabständen übertragen werden (anders als beispielsweise Visualisierungsoder Sensordaten). Bezüglich der Anzahl der Endpunkte unterscheiden sich beide Informationstypen wiederum. Während Auftragsdaten potenziell für sämtliche Modul-Agenten der Fahrzeuge relevant sind und daher beispielsweise in einem Broadcast versendet werden, gilt das Not-Aus-Signal i.d.r. nur für ein Fahrzeug (Ausnah- 68

81 gering max. Datenmenge hoch 4.3 Informationsbedarf zur Selbststeuerung eines Fahrzeugkollektivs me: System-Not-Aus) und muss daher lediglich über einen direkten Nachrichtenaustausch an dieses übermittelt werden. Anhand dieses Beispiels lässt sich erkennen, dass in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv Informationen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften ausgetauscht werden müssen. Um die Ableitung weiterer Handlungsschritte zu strukturieren, wird im Folgenden untersucht, ob sich Informationsarten zu Klassen mit vergleichbaren Anforderungen an ein Kommunikationssystem zusammenfassen lassen. Für diese Klassifizierung sind v.a. vorhandene Zeitvorgaben und die maximal zu übertragende Datenmenge entscheidend, da sie die Anforderungen an die technische Leistungsfähigkeit (Datendurchsatz, Zuverlässigkeit) des Kommunikationssystems bestimmen (Abschnitt 5.2). Abbildung 4-7 zeigt eine Einordnung der in Tabelle 4-3 aufgeführten Informationsarten nach diesen beiden Kriterien. strikt Zeitvorgaben weich Abbildung 4-7: Einordnung verschiedener Informationsarten nach Datenmenge und Zeitvorgaben Aus der Abbildung lassen sich zwei Anforderungsschwerpunkte ableiten. Einerseits muss das Kommunikationssystem in der Lage sein, Informationen mit geringer Datenmenge zuverlässig innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters zu übermitteln (Schaltaufträge, Status-/Fehlermeldungen, einfache Sensordaten 36, Lastwechselko- 36 Im Rahmen einer Sensorfusion, wie sie in Abschnitt 4.1 angedacht wird, müssen Sensordaten ausgetauscht werden. Diese Daten können in Abhängigkeit von den genutzten Sensoren sehr umfangreich und komplex werden (z.b. 2D-Laserscanner). Dieser Fall ist von den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen. Vielmehr wird empfohlen, im Falle einer Sensorfusion auf Basis von Laserscannern einen eigenen Funkkanal für die entsprechenden Sensordaten einzurichten. 69

82 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik ordination). Auf der anderen Seite stehen Informationen, die lediglich weichen Zeitvorgaben folgen müssen, jedoch sehr hohe Datenmengen und komplexe Strukturen aufweisen können (Topologie-/Layoutdaten, Transportauftragsdaten, Fahrauftragsdaten, Auftragsverhandlungen, Organisations-/Koordinationsdaten, Visualisierungsdaten). Diese beiden Anforderungsschwerpunkte gilt es bei der Entwicklung des technischen Kommunikationskonzepts zu adressieren. Die weiteren Kriterien Bedarfshäufigkeit und Anzahl der Endpunkte werden im Folgenden ergänzend zur Ausgestaltung des logischen Kommunikationskonzepts herangezogen (Abschnitt 5.3). So kann es sinnvoll sein, dass der Austausch häufig anfallender Nachrichten mit vielen Empfängern oder Sendern (z.b. Visualisierungsdaten, Transportaufträge) einer anderen Logik folgt als der einmalige Austausch von Nachrichten zwischen einem Sender und Empfänger (z.b. Lastwechselkoordination). Im ersten Fall empfiehlt sich der indirekte Datenaustausch über ein Blackboardsystem, während im zweiten Fall eine direkte Nachrichtenübertragung (Peer-to-Peer-Kommunikation) den geringsten Kommunikationsaufwand verursacht (vgl. Abschnitt 3.1) Fazit Für den Betrieb bzw. die Koordination eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs benötigen die Softwareagenten und Steuerungsprogramme der autonomen Flurförderzeuge verschiedene Informationsarten, die nicht auf den Fahrzeugen selbst durch Sensoren generiert werden können (z.b. Layoutdaten). Diese Informationen müssen den Fahrzeugen über ein Kommunikationssystem bereitgestellt werden. Das Kommunikationssystem muss den Fahrzeugen bzw. den steuernden Softwareagenten zudem das Versenden von Statusmeldungen und koordinierenden Nachrichten (z.b. Auftragsverhandlungen, Lastwechselkoordination) ermöglichen. Die Informationsarten liegen nun in einer hinsichtlich ihrer Charakteristika (z.b. Datenmenge, Sicherheitsrelevanz) klassifizierten Form vor. Auf Basis dieser Analyse und Klassifizierung erfolgt die Entwicklung eines technischen (Abschnitt 5.2) sowie eines logischen Konzepts (Abschnitt 5.3) für ein auf den Bedarf selbststeuernder Fahrzeugkollektive in der Intralogistik zugeschnittenes Kommunikationssystem. 70

83 4.4 Referenzszenarien 4.4 Referenzszenarien Die Veranschaulichung des vorgestellten Internet der Dinge in der Intralogistik soll anhand zweier Referenzszenarien erfolgen. Beim ersten Szenario handelt es sich um eine Elektrohängebahnanlage, deren Fahrzeuge (EHB-Katzen), Weichen und Krane als eigenständige Module mit eigener Steuerungsintelligenz ausgelegt sind (Abschnitt 4.4.1). Das zweite Szenario zielt auf potenzielle Einsatzmöglichkeiten selbststeuernder Fahrzeugkollektive ab. Betrachtet werden typische logistische Prozesse in einem Distributionszentrum, welche stellvertretend für Logistikprozesse in weiteren intralogistischen Systemen betrachtet werden können (Abschnitt 4.4.2). Beide Szenarien liefern Ansatzpunkte und eine Untersuchungsgrundlage für das Kommunikationskonzept, welches den Gegenstand dieser Arbeit darstellt Elektrohängebahnanlage Die bereits in Abschnitt vorgestellte Versuchsanlage einer agentengesteuerten Elektrohängebahnanlage am Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München kann für Tests eines Kommunikationskonzepts für selbststeuernde Fahrzeugkollektive genutzt werden. Zum einen gleicht die dezentrale Steuerungsorganisation des EHB-Systems der angestrebten Selbststeuerung mobiler Transportroboter. Zudem lassen sich die Einträgerkatzen der Elektrohängebahn als spurgeführte Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF, vgl. Abschnitt 2.1.2) interpretieren, wodurch sich Erkenntnisse aus dem EHB-System auch auf Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und somit auch eingeschränkt auf selbststeuernde Fahrzeugkollektive übertragen lassen. Die Elekrohängebahnanlage besteht aus einer Ringbahn mit drei Weichen, einem Einträgerkran und zwei EHB-Katzen (Abbildung 4-8). Die EHB-Katzen können sich im Bereich der Gleisanlage frei bewegen und mittels eines speziellen Lastaufnahmemittels in Form einer Greifeinrichtung genormte Kleinladungsträger (VDA- Behälter) mit einem Gewicht von bis zu 50 kg automatisch oder manuell aufnehmen und absetzen. EHB-Katzen, Weichen und Kran werden, dem Internet-der-Dinge- Paradigma folgend, als mechatronische Einheiten betrachtet und als solche mit Recheneinheiten und eigener Logik ausgestattet. Beide EHB-Katzen und der Einträgerkran verfügen über je einen Embedded-PC, auf dem deren Steuerungslogik in Form von Softwareagenten und SPS-Programmen hinterlegt ist, während die Mo- 71

84 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik dul-agenten und Steuerungsprogramme der drei Weichen aus Kostengründen auf einem einzigen Embedded-PC zusammengeführt sind. Abbildung 4-8: Elektrohängebahnanlage und Kranfeld in der Versuchshalle am Lehrstuhl fml Die Softwareagenten sind als JADE/LEAP-Agenten ausgeführt [Bel-2007; JADE], die Steuerungsprogramme in Programmiersprachen nach IEC [IEC ] (vgl. Abschnitt 2.2.3). Jede EHB-Katze verfügt über einen Laser-Distanzmesser (Kollisionsvermeidung), eine WLAN-Anbindung (Agentenkommunikation), ein RFID- Lesegerät (Auslesen von Transponder-Wegmarken) sowie ein Absolut- Wegmesssystem auf Basis einer Codeschiene. Eine Middleware ermöglicht den notwendigen Datenaustausch zwischen Softwareagenten (strategische Steuerung) und den SPS-Programmen (operative Steuerung). Die operative Steuerungsschicht kann emuliert werden, um die Funktionalitäten der Agenten-Software ohne Rückwirkungen auf die mechanischen und elektrischen Komponenten der EHB-Anlage testen zu können [Chi-2010]. Zudem ermöglicht die Emulation eine Ergänzung des vorhandenen Streckennetzes um virtuelle Gleise, Weichen und Krane (Abbildung 4-9). Auf diese Weise können geplante Erweiterungen des Anlagenlayouts vorab getestet werden. 72

85 4.4 Referenzszenarien Abbildung 4-9: Mischbetrieb eines realen Elektrohängebahnsystems (schwarz) und einer simulierten Anlagenerweiterung (hellgrau) in der Betriebsphase unter Verwendung eines agentenbasierten Emulationsbaukastens [Gün-2010, S. 165] Dieser Ansatz liegt der Validierung der Agentenkommunikation im Rahmen dieser Arbeit zugrunde (vgl. Abschnitt 6.1). Mit Hilfe der EHB-Emulation wird die Logik des entwickelten Kommunikationskonzepts für selbststeuernde Fahrzeugkollektive untersucht Logistikprozesse eines Distributionszentrums Als zweites Referenzszenario dienen die logistischen Prozesse innerhalb eines Distributionszentrums 37 (auch Warenverteilzentrum, Distributionslager). In diesem Szenario treten typischerweise verschiedene logistische Funktionen (Fördern, Verteilen/Zusammenführen, Sequenzieren, Kommissionieren, Verpacken, Prüfen) parallel auf. Daher ist das Einsatzszenario Distributionszentrum für eine Analyse der Einsatzmöglichkeiten eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs sehr gut geeignet. Zudem sind die Prozesse in Distributionszentren im besonderen Maße von einem zu Beginn dieser Arbeit beschriebenen Anstieg an Komplexität und Dynamik in Logis- 37 Abgrenzung des Begriffs Distributionszentrum nach [LOG-2012]: Ort, an dem Ware gelagert und umgeschlagen sowie i.d.r. kunden- bzw. auftragsspezifisch zusammengestellt wird. Der Schwerpunkt der Distributionszentren liegt auf makrologistischen Funktionen, insbesondere dem Zeitausgleich [ ]. 73

86 4 Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik tiknetzwerken betroffen, da sie als Konsolidierungs- und Verteilknoten innerhalb der Wertschöpfungskette von entscheidender Bedeutung für die logistische Leistungsfähigkeit des gesamten Netzwerks sind [Pfo-2010, S. 88]. Als Bereiche innerhalb eines Distributionszentrums werden üblicherweise Wareneingang, verschiedene Lagerbereiche (z.b. Bodenblocklager/Hochregallager für Paletten, Automatisches Kleinteilelager (AKL)), Kommissionierzone, Verpackung sowie Warenausgang unterschieden [Bow-1996]. Bei der Nutzung des Systems Distributionszentrum als Einsatzszenario für ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv liegt der Fokus auf der auftragsorientieren Versorgung der Kommissionierzone mit Gütern nach dem Bereitstellprinzip Ware-zum-Mann (WzM). Dem Kommissionierer werden bei diesem Bereitstellprinzip die Artikel, die er zur Zusammenstellung von Lieferaufträgen benötigt, aus einem AKL und/oder einem automatischen Paletten- Hochregallager über automatisierte Fördertechnik an seinem Kommissionierplatz bereitgestellt. Dieser Anwendungsfall ist mit hohen Anforderungen an die eingesetzte Fördertechnik hinsichtlich Leistung und Zuverlässigkeit verbunden, da Geschwindigkeit und Qualität der Kommissionierung den Liefergrad 38 entscheidend beeinflussen. Diesen Anforderungen muss ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv genügen. Leert der Kommissionierer eine Bereitstelleinheit nicht vollständig, so wird diese i.d.r. als sogenannte Anbrucheinheit wieder in den Lagerbereich transportiert und eingelagert 39. Geleerte Behälter oder Paletten müssen aus dem Kommissionierkreislauf ausgeschleust und in einen Leerbehälter/-paletten-Speicher transportiert werden. Sämtliche dieser Transportvorgänge lassen sich durch ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv umsetzen. Aus diesem Szenario lassen sich prozessbedingte Anforderungen an das Kommunikationskonzept ableiten, die auf andere Anwendungsfälle der Intralogistik (z.b. Produktionsversorgung, Cross-Docking) übertragbar sind (Abschnitt 5.1.1). 38 Liefergrad (auch Lieferbereitschaftsgrad) Quotient aus Anzahl zeit- und sachgerechter Auslieferungen und Anzahl Bestellungen [Hom-2011, S. 182] 39 Ausnahme: Negativ-Kommissionierung [Hom-2011, S. 207] 74

87 4.5 Zusammenfassung 4.5 Zusammenfassung Selbststeuernde Fahrzeugkollektive setzen sich aus einheitlich aufgebauten autonomen mobilen Transportrobotern zusammen, welche eigenständig logistische Funktionen erfüllen können. Durch Kooperation und Koordination der Einzelfahrzeuge entsteht ein emergentes Kollektivverhalten, das selbststeuernde Fahrzeugkollektive auszeichnet und die Umsetzung komplexer logistischer Funktionen ermöglicht. Grundlage für die Steuerung einzelner Fahrzeuge und die Organisation des Gesamtsystems ist neben Algorithmen und Mechanismen zur Auftragsdisposition, zur Koordination mehrerer Einheiten und zur effizienten, kollisionsfreien Navigation ein auf die spezifischen Anforderungen des Fahrzeugkollektivs zugeschnittenes Kommunikationssystem, das den notwendigen Informationsaustausch zwischen den Akteuren sicherstellt. Die durchgeführte Datenanalyse und -klassifizierung grenzt die benötigten Informationen ein und ordnet diese nach für den Datenaustausch relevanten Kriterien. Die definierten Referenzszenarien Agentengesteuerte EHB-Anlage und Logistikprozesse eines Distributionszentrums stellen einen Bezug zu realen Einsatzfeldern dar und dienen im Folgenden der Ableitung prozessbedingter Anforderungen an das Kommunikationssystem sowie der Validierung der erarbeiteten Konzepte. Auf diesen Grundlagen aufbauend stellt der folgende Abschnitt ein Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven der Intralogistik vor. 75

88

89 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Konzeption eines geeigneten Kommunikationssystems für den Datenaustausch in verteilt gesteuerten und auf autonomen Flurförderzeugen basierenden Materialflusssystemen. In Kapitel 4 wird die Funktionsweise und der Aufbau derartiger selbststeuernder Fahrzeugkollektive charakterisiert. Als Grundlage für die Konzeptwicklung werden dort Informationsarten bestimmt, deren Austausch für die selbstständige Steuerung der Einzelfahrzeuge sowie für deren Koordination untereinander erforderlich ist, und zwei Szenarien definiert, die für den weiteren Gang der Untersuchung als Referenzen für das Einsatzfeld selbststeuernder Fahrzeugkollektive dienen. Zu Beginn dieses Kapitels werden zunächst Anforderungen, denen das Kommunikationskonzept genügen muss, gesammelt und analysiert (Abschnitt 5.1). Daran schließt sich die Vorstellung des aus Informationsbedarf und Anforderungen abgeleiteten Konzepts in seiner technischen (Abschnitt 5.2) und logischen Ausprägung (Abschnitt 5.3) an. Aus der Zusammenführung von technischem und logischem Konzept ergibt sich ein Gesamtkonzept für die Kommunikation in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven der Intralogistik (Abschnitt 5.4). Abschließend werden die Ergebnisse und Erkenntnisse dieses Kapitels zusammengefasst (Abschnitt 5.5). 5.1 Anforderungsanalyse Zunächst werden Anforderungen ermittelt, welche unabhängig von der konkreten Realisierungsform für relevante intralogistische Prozesse (vgl. Abschnitt 4.2) gelten. Diese Anforderungen definieren den Rahmen für den Betrieb selbststeuernder Fahrzeugkollektive und bestimmen somit den spezifischen Informationsbedarf. Die prozessbedingten Anforderungen bedingen ihrerseits Anforderungen an das technische und an das logische Kommunikationskonzept. Die Anforderungen werden zunächst lösungsneutral formuliert. Der erforderliche Leistungsumfang des Kommunikationssystems wird festgelegt, jedoch ohne Vorgaben, auf welche Art und Weise die Leistungsmerkmale zu realisieren sind. Die Anforderungen sind auf eine Weise zu beschreiben, die eine objektive Überprüfung bezüglich deren Erfüllung ermöglicht 77

90 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule (Verifizierbarkeit). Durch die präzise Formulierung der Anforderungen entsteht ein Anforderungskatalog. Ein Anforderungskatalog zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus [Bol-98]: Eindeutigkeit: Jede Anforderung ist auf eine einzige Art und Weise interpretierbar. Vollständigkeit: Keine Anforderung wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Konsistenz: Es besteht kein Widerspruch zwischen einzelnen Anforderungen. Modifizierbarkeit: Form und Struktur des Anforderungskatalogs erlauben Änderungen. Nachvollziehbarkeit: Ursprung aller Anforderungen ist erkennbar. Nutzbarkeit: Der Katalog ist für Systemwartung und Nachfolgeprojekte nutzbar. Diese Eigenschaften werden bei der Generierung eines Anforderungskatalogs für Kommunikationssysteme selbststeuernder Fahrzeugkollektive berücksichtigt Prozessbedingte Anforderungen der Intralogistik Basis für eine Bestimmung der Anforderungen an ein Kommunikationssystem ist zunächst eine Analyse der Prozesse, in denen es zum Einsatz kommen soll. Im vorliegenden Fall sind dies innerbetriebliche Logistikprozesse, die durch ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv abgebildet werden. Als konkretes Anwendungsbeispiel dienen die logistischen Prozesse innerhalb eines Distributionszentrums (vgl. Abschnitt 4.4.2). Eine Auflistung der Funktionen, die die Fahrzeuge in intralogistischen Prozessen übernehmen können, findet sich in Abschnitt 4.2. Mit den Prozessen verknüpft sind Anforderungen an Funktionsumfang und Gestalt der eingesetzten Fördertechnik sowie an deren Steuerungs- und Kommunikationstechnik. Die mechanische, elektrische und steuerungstechnische Gestaltung der eingesetzten Materialflusstechnik ist nicht Gegenstand dieser Arbeit und wird daher nur als zusätzlicher Einflussfaktor auf die Fahrzeugkommunikation betrachtet. 78

91 5.1 Anforderungsanalyse Die konkurrierenden Zielsetzungen in den Knotenpunkten eines logistischen Netzwerks sind ein hoher Liefergrad bei gleichzeitig niedrigen Bestandskosten [Gün- 2010b; Pfo-2010]. Für innerbetriebliche Transporte, wie sie von einem Fahrzeugkollektiv durchgeführt werden, leitet sich daraus die Forderung nach einer hohen Termintreue, d.h. die vollständige und fehlerfreie Ausführung eines (Transport-)Auftrags innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters, ab. Der Liefergrad wird, wie oben erwähnt (Abschnitt 4.4.2), durch die sach- und zeitgerechte Auslieferung von Bestellungen bestimmt. Neben einer hohen Prozessqualität (z.b. in Form fehlerfreier Kommissionierung) ist daher der Faktor Zeit entscheidend. Schnelle Lieferzeiten lassen sich realisieren, wenn Waren und Güter direkt aus dem Bestand entnommen werden können. Lässt sich der Absatz einzelner Warengruppen nur ungenau prognostizieren, so führt dies dazu, dass große Mengen einzelner Positionen über lange Zeiträume eingelagert werden und auf diese Weise Kapital binden sowie die freien Lagerkapazitäten beschränken. Werden im Gegensatz dazu nur wenige Waren gelagert, so können bei einem starken Nachfrageanstieg Lieferengpässe entstehen, die einen reduzierten Lieferbereitschaftsgrad bedingen. Lange Durchlaufzeiten und ein zu geringer Systemdurchsatz verstärken diesen Effekt. Eine schnelle Auslieferung wird verhindert und Ressourcen im Materialflusssystem werden blockiert. Diese Problematik findet sich v.a. in starren und unzureichend dimensionierten Materialflusssystemen. Eine wandelbare Gestaltung von Materialflusssystemen (vgl. Abschnitt 2.2.1) kann den genannten Zielkonflikt zwischen hohem Liefergrad und geringen Beständen entschärfen. Gefordert sind ein hohes Maß an Flexibilität (Layout-, Fördergut-, Durchsatz- und Prozessflexibilität) und eine kurzfristige Reaktionsfähigkeit (Integrationsfähigkeit, Erweiterbarkeit) sowie eine hohe Fördergeschwindigkeit. Diese Anforderungen gelten auch für selbststeuernde Fahrzeugkollektive, wenn diese eine Alternative zu herkömmlichen Materialflusssystemen darstellen und diese substituieren sollen. Auf eine gute Erfüllung der Forderungen nach Durchsatz- und vor allem nach Layoutflexibilität weist die Definition für Zellulare Transportsysteme in Kapitel 4 hin, denen selbststeuernde Fahrzeugkollektive zuzuordnen sind. Auch die Forderung nach Integrationsfähigkeit und Erweiterbarkeit ist systemimmanent erfüllt, wenn das Fahrzeugkollektiv nach den Vorgaben dieser Definition gestaltet wird. Die Flexibilität eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs hinsichtlich der transportierbaren Fördergüter ist abhängig von der Gestaltung der Fahrzeuge (z.b. Traglast, Abmaße), von 79

92 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule deren Lastaufnahmemittel sowie von deren Fähigkeit, spezielle Transportaufgaben (z.b. Palettentransport) kooperativ im Verbund durchzuführen (vgl. [Hip-2009]). Durchlaufzeiten und Durchsatz im Materialflusssystem sind direkt von der Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Steuerung und des Datenaustauschs abhängig. Zu spät eintreffende Nachrichten oder ineffiziente d.h. nicht echtzeitfähige Steuerungsalgorithmen führen zu Wartezeiten im Prozess und können Gefahrensituationen im Materialflusssystem bedingen. Die Gestaltung der Steuerungsalgorithmen ist, wie oben erwähnt, nicht Gegenstand dieser Arbeit 40. Der folgende Abschnitt fokussiert basierend auf dieser prozessbedingten Forderung nach einem schnellen und zuverlässigen Datenaustausch konkrete Anforderungen an ein Kommunikationssystem für selbststeuernde Fahrzeugkollektive Anforderungen an das Kommunikationssystem Im Folgenden werden die ausgearbeiteten Anforderungen an das Kommunikationssystem aufgelistet und erste Lösungsansätze zur Erfüllung der jeweiligen Anforderung vorgestellt. Anforderung A1: Bedarfsgerechte Bereitstellung benötigter Informationen Eine bedarfsgerechte Bereitstellung der von den Kommunikationsteilnehmern benötigten Informationen zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Qualität ist die grundlegende Anforderung an das Kommunikationskonzept. Die Ergebnisse einer Analyse und Klassifizierung der in einem Materialflusssystem vorhandenen Daten hinsichtlich ihrer Relevanz für den Betrieb selbststeuernder Fahrzeugkollektive werden in Abschnitt 4.3 vorgestellt. Anforderung A2: Vollständige Mobilität der Sende- und Empfangseinheiten Da das angestrebte Kommunikationssystem u.a. freifahrende Transportroboter als Kommunikationspartner verbinden soll, muss sich dieser hohe Grad an Mobilität auch in den Knoten des Kommunikationsnetzwerks (Sende-/Empfangseinheiten) widerspiegeln. Diese Anforderung beeinflusst die Auswahl des Übertragungsmedi- 40 Algorithmen zur Selbststeuerung intralogistischer Systeme stellen u.a. Liekenbrock [Lie-2009], Mayer [May-2009] und Libert [Lib-2011] in ihren Arbeiten vor. 80

93 5.1 Anforderungsanalyse ums und der Kommunikationstechnologie (vgl. Abschnitt 5.2.1). Drahtgebundene Lösungen sind für die Realisierung der Kommunikation unter den Fahrzeugen bzw. zwischen Fahrzeugen und peripheren Einrichtungen (z.b. Übergabestationen, übergeordneten Serversystemen) nicht geeignet. Die Anforderung nach mobilen Sendeund Empfangseinheiten besteht auch häufig für Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und wird in diesem verwandten Anwendungsgebiet mit drahtlosen Techniken erfüllt (vgl. Abschnitt 3.2). Anforderung A3: Kommunikation in Echtzeit Die Fähigkeit zur Selbststeuerung eines Kollektivs aus autonomen mobilen Transportrobotern setzt eine Verarbeitung prozessrelevanter Daten in Echtzeit, d.h. schritthaltend mit dem angeschlossenen technischen Prozess [Hom-2011, S. 75], voraus, da sich das System ansonsten ineffizient oder sogar sicherheitsgefährdend verhält. Daher muss auch das Kommunikationssystem die Reaktion des Systems auf äußere Ereignisse in vorbestimmbaren Zeiten (Echtzeitfähigkeit) unterstützen, indem es Informationen stets rechtzeitig zur Verfügung stellt. Verzögerungen im logistischen Prozess aufgrund zu spät eintreffender Nachrichten sind auszuschließen. Es gilt zu beachten, dass eine Aufrechterhaltung der Echtzeitfähigkeit nicht ausschließlich vom Zeitbedarf für die Datenübertragung abhängt, sondern ebenso von der Geschwindigkeit der Datenverarbeitung und möglichen Wartezeiten beim Empfänger. Eine langsame (z.b. aufgrund zu geringer Rechenleistung oder ineffizienter Verarbeitungsalgorithmen) oder verspätete Verarbeitung der Daten kann dazu führen, dass das Zielsystem trotz rechtzeitiger Übermittlung der Information über das Kommunikationssystem nicht rechtzeitig reagiert. Die Eignung einer Kommunikationstechnik für eine bestimmte Aufgabe (auch: Anwendungsklasse, vgl. Tabelle 5-1) kann anhand charakteristischer Kenngrößen wie Latenzzeiten oder Deterministik der Datenübertragung ermittelt werden. Abhängig davon, welche Konsequenzen eine Verletzung der Echtzeitvorgaben möglichenfalls nach sich zieht, wird zwischen harten und weichen Echtzeitanforderungen unterschieden. Während bei harten Echtzeitanforderungen ein Überschreiten der definierten Zeitvorgaben zu einem kritischen Systemverhalten führen kann und daher unter keinen Umständen tolerierbar ist (z.b. fehlerhafte elektronische Motorsteuerung), äußern sich bei Anwendungen mit weichen Echtzeitanforderungen Fristver- 81

94 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule letzungen lediglich in störenden Effekten (z.b. stockendes Bildsignal eines Videokonferenzsystems). Im vorliegenden Anwendungsfall eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs werden Regelkreise für Positioniervorgänge oder zur Kollisionsvermeidung, die harten Echtzeitanforderungen unterliegen, i.d.r. über Fahrzeug-interne, echtzeitfähige Bussysteme (z.b. zwischen Steuerung, Wegmesssystem und Antrieb) umgesetzt. Für den externen Datenaustausch unter den Fahrzeugen bzw. zwischen den Fahrzeugen und weiteren Kommunikationspartnern beispielsweise zu Auftrags- oder Statusinformationen gelten meist weiche Echtzeitanforderungen. Diese gilt es konsequent einzuhalten, da verspätete Datenpakete zu unnötigen Stillstandzeiten einzelner Fahrzeuge mit Informationsbedarf und somit zu Einschränkungen der Systemleistung führen können. Detaillierte Klassifizierungen des Zeitverhaltens unterschiedlicher Anwendungen geben die International Society of Automation (ISA) (Tabelle 5-1, [ISA-2008]) sowie die NAMUR 41 -Empfehlung 124 [NE 124] vor. Tabelle 5-1: Anwendungsklassifizierung nach dem ISA-SP100 Komitee [ISA-2008] Klasse Anwendung Beschreibung (Anwendungsbeispiele) Sicherheit 0 Notfallmaßnahmen Prozesssteuerung Monitoring geschlossener Regelkreis geschlossener Regelkreis offener Regelkreis 4 Visualisierung 5 Aufzeichnung immer zeitkritisch (Notabschaltung) oft zeitkritisch (direkte Aktorsteuerung) gewöhnlich unkritisch (niederfrequenter Regelkreis) human-in-the-loop (manuelle Pumpensteuerung) kurzfristige betriebliche Auswirkungen (Wartung, Internet über WLAN) keine unmittelbaren Konsequenzen (Zustandsüberwachung) Die NAMUR-Empfehlung 124 [NE 124] beschreibt Mindestanforderungen für einen zuverlässigen und wirtschaftlichen Einsatz von drahtlosen Kommunikationstechnologien in der Prozesstechnik und gibt Hinweise und Empfehlungen für den Einsatz in der betrieblichen Praxis. Trotz der Fokussierung auf verfahrenstechnische Prozesse 41 NAMUR Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie 82

95 5.1 Anforderungsanalyse stellt die Empfehlung eine geeignete Ausgangsbasis für die Anforderungsanalyse im Zusammenhang mit der Gestaltung eines Kommunikationssystems für ein Kollektiv aus selbststeuernden Flurförderzeugen dar. Die NAMUR führt drei Anwendungsklassen auf, in welche funkbasierte Technologien und Anwendungen der Automatisierungstechnik nach deren Einsatzbereich eingeordnet werden können. Diese drei Klassen sind [NE 124, S. 5]: Anwendungsklasse A Funktionale Sicherheit (Safety): zeitkritische Anwendungen; Prozesseingriffe und Wechselwirkungen mit anderen Applikationen und Systemen sicherheitskritisch Anwendungsklasse B Prozessführung (Control): zeitkritische, deterministische Anwendungen; Prozesseingriffe/Wechselwirkungen mit anderen Applikationen und Systemen möglich Anwendungsklasse C Anzeige (Monitoring): nicht zeitkritische Anwendungen (reine Zusatzinformationen); Wechselwirkungen mit anderen Applikationen und Systemen ausgeschlossen Da die Fahrzeug-zu-Fahrzeug- bzw. Fahrzeug-zu-Peripherie-Kommunikation in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv i.d.r. keinen harten Echtzeitanforderungen unterworfen ist, wird diese Anforderungsausprägung bei der Konzeptentwicklung im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande betrachtet. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf Funktechnologien für Anwendungen der ISA-Klassen 2 bis 5 bzw. der NAMUR- Klassen B und C mit weichen Echtzeitanforderungen. Anforderung A4: Wirtschaftlichkeit und Anbieterunabhängigkeit Die Kosten der Kommunikationseinrichtung gehen direkt in die Gesamtkosten der Flurförderzeuge ein. Da ein selbststeuerndes Fahrzeugkollektiv aus einer Vielzahl an Transportrobotern besteht, gilt es, die Kosten des Einzelfahrzeugs möglichst gering zu halten (Skaleneffekt). Diese Zielvorgabe gilt auch für einzelne Komponenten wie Sende- und Empfangseinheiten des Kommunikationssystems. Geräte und Systeme mit einer weiten Verbreitung und einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis basieren meist auf internationalen Normen oder Standards. Proprietäre Lösungen oder Erweiterungen sind zu vermeiden, da diese von der Preisgestaltung und dem Service einzelner Anbieter abhängig sind. 83

96 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Um die Interoperabilität und eine einfache Austauschbarkeit (Interchangeability) von Kommunikationskomponenten unterschiedlicher Hersteller zu gewährleisten, müssen diese nicht nur denselben Standard nutzen, sondern darüber hinaus hinsichtlich Anschlusstechnik (Steckverbindungen, Antennen), Energieversorgung (Versorgungsspannung, Batteriekapazität) und Security-Maßnahmen einheitlich gestaltet sein [NE 124]. Neben dem Anschaffungspreis gehen Wartungs-, Energie- und Entsorgungskosten in die Lebenszykluskosten des Kommunikationssystems ein und beeinflussen dessen Wirtschaftlichkeit. Diese Kostenfaktoren sind jedoch als vergleichsweise gering einzuschätzen und werden daher nicht näher betrachtet. Anforderung A5: Nutzbarkeit im industriellen Umfeld Der Einsatz elektronischer Komponenten in industriellen Anwendungen ist mit speziellen Rahmenbedingungen verbunden, da raue Umgebungsbedingungen wie Staub, Schmutz, Spritzwasser, Feuchtigkeit, Stöße, Vibrationen oder starke Temperaturschwankungen auftreten können. Auch Geräteeigenschaften wie elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) oder Explosionsschutz können erforderlich sein. Diese Faktoren sind bei der Auswahl bzw. Gestaltung der Kommunikationseinrichtungen in Abhängigkeit vom Einsatzfall zu berücksichtigen. Im Referenzszenario eines Distributionszentrums (Abschnitt 4.4) treten i.d.r. lediglich einfach beherrschbare Umgebungsbedingungen in Form von Staub, Stößen oder Vibrationen auf. Drahtlosen Kommunikationstechniken stehen im Gegensatz zu drahtgebundenen Anwendungen die benötigten Ressourcen zur Signalübertragung nicht exklusiv zur Verfügung. Da internationale Funkstandards (z.b. WLAN, Bluetooth) in Produktionsstätten und Logistikzentren zunehmend Einsatz finden, steigen gleichzeitig die Anforderungen an deren Koexistenzfähigkeit. Die Koexistenz der eingesetzten Funktechnologien ist durch eine entsprechende Funkplanung zu gewährleisten (vgl. Abschnitt 5.2.1) [NE 124]. Darüber hinaus unterstützen Schnittstellen zur Systemintegration in vorhandene Bussysteme (z.b. PROFIBUS, Ethernet, vgl. Abschnitt 5.2.1) die Nutzbarkeit des Kommunikationssystems im industriellen Umfeld. Anforderung A6: Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit Die Forderung nach einer hohen Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Kommunikationssystems steht in engem Zusammenhang mit der Forderung nach einer Kommunikation in Echtzeit (Anforderung A3). Die zu erwartenden Eigenschaften von 84

97 5.1 Anforderungsanalyse Kommunikationstechnologien hinsichtlich dieser beiden Kriterien lassen sich aus Kennwerten (z.b. Paketverlustrate, Paketfehlerrate, Signalstärke) und der Deterministik des eingesetzten Medienzugriffsverfahrens (z.b. CSMA/CD, Token- Passing) folgern. Darüber hinaus kann auf Ergebnisse von Feldtests und Simulationen zurückgegriffen werden [NS2-2004; Tit-2005]. Während des Betriebs kann eine kontinuierliche Online-Überwachung der Kommunikationsinfrastruktur eine hohe Systemverfügbarkeit unterstützen, indem wesentliche Fehlerzustände frühzeitig erkannt und behoben werden. Spezielle Diagnose- Algorithmen generieren aus Fehlerzuständen aussagekräftige Statusmeldungen und ermöglichen eine Selbstüberwachung des Kommunikationssystems. Die NAMUR- Empfehlung 124 [NE 124] nennt eine Reihe von Informationen, die der Selbstüberwachung in einem Kommunikationsnetzwerk dienlich sein können. Dazu gehören die Erkennung von Störungen und Zugriffen durch nicht zugelassene Teilnehmer, der Pegel des Funksignals, der Status der Energieversorgung, gemessene Latenzzeiten, die Netzwerkbelastung anhand der Häufigkeit von Kollisionen oder Verlusten der Datenpakete, kontinuierliche Lebenssignale (Alive-Signal) aller aktiven Netzwerkteilnehmer sowie die aktuellen topologischen Standorte der Funkteilnehmer. Anforderung A7: Datensicherheit Die Datensicherheit (Security) beim Austausch von Informationen ist eine weitere Anforderung an das Kommunikationssystem. Im Fall selbststeuernder Fahrzeugkollektive sind die ausgetauschten Daten zwar nicht vertraulich, ein missbräuchlicher Zugriff kann das Systemverhalten allerdings negativ beeinflussen und ist daher zu verhindern. Für offene Systeme (z.b. drahtlose Netzwerke) sind Security- Maßnahmen wie die Verschlüsselung der übertragenen Daten, Zugriffskontrollen (Authentifizierung, Autorisierung) und ggfs. eine sichere Ankopplung an übergeordnete Netzwerke vorzusehen [NE 124]. Entsprechende Sicherheitsmechanismen sind für gängige Kommunikationsstandards in unterschiedlicher Ausprägung spezifiziert und müssen bei der Gestaltung des Kommunikationssystems aus oben genannten Gründen Berücksichtigung finden. 85

98 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Anforderung A8: Energieversorgung Um das Kommunikationsnetz und damit die Fähigkeit zum Datenaustausch aufrecht zu erhalten, müssen die elektronischen Bauteile eines Kommunikationssystems während der Betriebszeit kontinuierlich mit ausreichender Energie versorgt werden. Die Energieversorgung für strombetriebene Komponenten auf den Flurförderzeugen ist mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden, da aufgrund der hohen Mobilität der Fahrzeuge ein Anschluss an das Hallenstromnetz mit erheblichem Aufwand verbunden ist (z.b. Induktionsschleifen im Hallenboden). Stattdessen bietet sich die Stromversorgung per Batterie an. Autonome mobile Transportroboter führen i.d.r. Energiespeicher (z.b. Blei- oder Lithium-Ionen-Akkumulator) für Aktorik und Sensorik mit sich. Die Komponenten des Kommunikationssystems können an dieses bereits vorhandene Bordspannungsnetz angeschlossen werden. Auf diese Weise ist keine separate Überwachung der Batterielebensdauer für die Kommunikationseinrichtung notwendig. Zudem entfallen zusätzliche Ladezyklen bzw. Aufwände für einen Batterieaustausch. Das benötigte Energiemanagement sowohl fahrzeugintern als auch für das Fahrzeugkollektiv als Materialflusssystem entspricht steuerungstechnischen Anforderungen und wird im Rahmen dieser Arbeit nicht betrachtet. Informationen zum Batterieladezustand der einzelnen Fahrzeuge stellen jedoch eine wichtige Informationsart dar und beeinflussen die Konzeptionierung des Kommunikationssystems (vgl. Tabelle 4-3) Zusammenfassung der Anforderungen Tabelle 5-2 fasst die Anforderungen an das Kommunikationssystem zusammen und listet die zugehörigen Lösungsansätze auf. Die Kürzel A1 bis A8 dienen der besseren Übersichtlichkeit, da in den folgenden Abschnitten an mehreren Stellen der Konzeptentwicklung Bezug auf die Anforderungen genommen wird. 86

99 5.2 Technisches Kommunikationskonzept Tabelle 5-2: Anforderungen an das Kommunikationssystem A1 A2 A3 A4 A5 A6 A7 Anforderung Bedarfsgerechte Bereitstellung benötigter Informationen Vollständige Mobilität der Sende- und Empfangseinheiten Kommunikation in Echtzeit Wirtschaftlichkeit und Anbieterunabhängigkeit Nutzbarkeit in industriellem Umfeld Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit Datensicherheit Lösungsansatz Analyse und Klassifizierung des Informationsbedarfs Entwicklung eines Kommunikationssystems Drahtlose Kommunikationstechnik Auslegung des Kommunikationssystems abhängig von relevanten Kenngrößen (z.b. Latenzzeit, Deterministik) Interoperabilität/Austauschbarkeit (offene Standards, keine proprietären Lösungen) Gewährleistung der Koexistenz mit anderen Kommunikationssystemen (Funkplanung) robuste Komponenten Selbstüberwachung Berücksichtigung relevanter Kenngrößen (z.b. Signalstärke, Paketfehlerrate) Verschlüsselung und Zugriffskontrolle sichere Kopplung zu übergeordneten Netzwerken A8 Energieversorgung Energieversorgung über Fahrzeugbatterie 5.2 Technisches Kommunikationskonzept Aufbauend auf den im vorangegangenen Abschnitt abgeleiteten Anforderungen sowie der in Abschnitt durchgeführten Informationsklassifizierung erfolgt die Entwicklung eines technischen Kommunikationskonzepts. Dieses basiert auf Kommunikationstechnologien und -protokollen etablierter Kommunikationsstandards und auf ausgewählten Datenformaten. Ziel ist ein offenes, einfach nutzbares Kommunikationssystem, das auf Standardlösungen basiert und eine hohe Praxistauglichkeit aufweist. Gleichzeitig muss es den Austausch komplexer Informationen und großer Datenmengen, die zur Selbststeuerung eines intralogistischen Fahrzeugkollektivs benötigt werden, ermöglichen. Kriterien für die Güte eines Kommunikationssystems sind die Zuverlässigkeit, mit der die gesendeten Nachrichten fehlerfrei ihren Empfänger erreichen, und die Geschwindigkeit, mit der die Informationen zwischen 87

100 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Informationsquelle und Zielpunkt übermittelt werden. Letztere ist abhängig von der Latenzzeit 42 einer Verbindung Kommunikationsstandards Aufbauend auf der Anforderungsanalyse aus Abschnitt 5.1 erfolgt die Auswahl geeigneter Kommunikationsstandards in weiteren zwei Schritten. Den ersten Schritt stellt eine Untersuchung verfügbarer Kommunikationsstandards dar. In einem zweiten Schritt werden ausgewählte Standards hinsichtlich ihrer Anforderungserfüllung bewertet. Die Forderung nach größtmöglicher Mobilität von Sende- und Empfangseinheiten (Anforderung A2) legt eine Fokussierung auf drahtlose Kommunikationstechnologien nahe. Drahtlose Technologien entfalten ihre Vorteile in Einsatzfeldern mit Anforderungen an Flexibilität und Mobilität und als Alternative zu kabelgebundenen Lösungen (z.b. Ersatz von Schleifkontakten oder Schleppkabeln) [NE 124]. Gängige Lösungen der industriellen Kommunikation wie Feldbussysteme (z.b. PROFIBUS, CAN) und Industrial Ethernet sind i.d.r. drahtgebunden ausgeführt [Sch-2006]. Dennoch sind auch diese Bussysteme Teil der Untersuchung, da sie als echtzeitfähige Systeme (Anforderung A3) designt sind und sich aus den verwendeten Kommunikationsprotokollen Erkenntnisse für das angestrebte Kommunikationskonzept ableiten lassen. So stellt der CAN-Bus (Controller Area Network) ein asynchrones 43 Feldbussystem dar, das aufgrund eines integrierten Mechanismus zur Vermeidung von Datenkollisionen (Zugriffsverfahren CSMA/CA 44 ) eine hohe Zuverlässigkeit aufweist und das Versenden wichtiger Nachrichten innerhalb einer berechenbaren Zeitspanne garantieren kann [Law-2009]. Das CAN-Bus-Protokoll lässt sich auf Funkstandards übertragen [PFT-2000]. Unter der Bezeichnung Industrial Ethernet werden Bestrebungen zusammengefasst, den Ethernet-Standard für den Datenaustausch in der industriellen Automatisierungstechnik nutzbar zu machen. Ethernet wird in der IEEE-Norm (vgl. Tabelle 3-1 in Abschnitt 3.1) spezifiziert und ist die am weitesten verbreitete technische Um- 42 Die Latenzzeit setzt sich zusammen aus Ausbreitungs- und Übertragungsverzögerung sowie Wartezeiten bei einer Übertragung über mehrere Knotenpunkte. 43 Im Gegensatz zur synchronen Datenübertragung ist bei der asynchronen Datenübertragung die Kommunikation nicht über ein Taktsignal synchronisiert, d.h. jeder Teilnehmer kann jederzeit Nachrichten versenden. 44 CSMA/CA Carrier Sense Multiple Access / Collision Avoidance 88

101 5.2 Technisches Kommunikationskonzept setzung des drahtgebundenen Internets. Ethernet nutzt jedoch ein nichtdeterministisches Zugriffsverfahren (CSMA/CD 45 ) und kann daher das rechtzeitige Eintreffen zeitkritischer Nachrichten nicht garantieren. Daher sind für eine Verwendung des Ethernet-Standards als Feldbusprotokoll Anpassungen notwendig, um einen echtzeitfähigen Datenaustausch gewährleisten zu können [Kuz-2010, S. 42f]. Powerlink, PROFInet und EtherCAT sind Ausführungsbeispiele für Industrial- Ethernet-Lösungen, die eine echtzeitfähige Kommunikation in industriellen Anwendungen ermöglichen. Aufgrund des drahtgebundenen Charakters von Industrial Ethernet ist es in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv lediglich für die Vernetzung ortsfester Komponenten (z.b. ortsfeste Hardware-Plattformen der Softwareagenten, Access Points, Übergabestationen) geeignet. Drahtlose Kommunikationstechnologien Die in Abschnitt formulierte Forderung nach vollständiger Mobilität der Sendeund Empfangseinheiten der Flurförderzeuge eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs (Anforderung A2) kann nur durch drahtlose Kommunikationstechniken erreicht werden. Induktive und optische Techniken zur drahtlosen Datenübertragung werden in Abschnitt 3.2 vor allem aufgrund der mit ihrem Einsatz verbundenden Einschränkungen hinsichtlich der Layoutflexibilität eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs von einer weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Daher konzentriert sich der weitere Gang der Untersuchung auf standardisierte Funktechniken. Im Hinblick auf die weiter oben formulierte Forderung nach einer wirtschaftlichen und anbieterunabhängigen Gestaltung des Kommunikationssystems (Anforderung A4) werden überwiegend lizenzfreie und nicht-proprietäre Funkstandards betrachtet. Abbildung 5-1 bietet einen Überblick über die lizenzfrei nutzbaren Frequenzen im elektromagnetischen Spektrum. Diese Frequenzbereiche werden als ISM-Bänder 46 bezeichnet. 45 CSMA/CD Carrier Sense Multiple Access / Collision Detection 46 ISM Industrial, Scientific and Medical Band 89

102 433,05-434,79 MHz MHz ,5 MHz MHz 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Frequenz in MHz Licht Radiowellen Mikrowellen Infrarot L UV Frequenz in Hz Abbildung 5-1: Lizenzfrei nutzbare Frequenzen im elektromagnetischen Spektrum [ZVEI-2008] Ergänzend werden ausgewählte Funkstandards in lizenzbehafteten Frequenzbereichen (z.b. Mobilfunkstandards) hinsichtlich ihrer Eigenschaften analysiert und mit den Standards der ISM-Bänder verglichen. Auf diese Weise entsteht eine umfassende und zielführende Ausgangsbasis für die Festlegung einzelner Funkstandards, die für eine Verwendung in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven aufgrund ihrer technischen und wirtschaftlichen Eigenschaften geeignet sind. Bedeutung der Funkplanung Ein vermehrter Einsatz von Funklösungen in industriellen Anwendungen sowie ein hoher Nutzungsgrad der lizenzfreien ISM-Frequenzbereiche für offene Funkstandards wie WLAN erhöhen das Risiko einer gegenseitigen Beeinflussung bzw. Beeinträchtigung parallel betriebener Funksysteme. Eine Funkbeeinflussung tritt auf, wenn zwei oder mehrere Funksysteme zur gleichen Zeit auf derselben Frequenz und in gegenseitiger Funkreichweite betrieben werden. Folgen der Funkbeeinflussung sind der Abbruch einzelner Funkverbindungen und somit der Verlust von Datenpaketen. Die damit einhergehende 90

103 5.2 Technisches Kommunikationskonzept verringerte Datenverfügbarkeit ist im Zusammenhang mit der Steuerung automatisierter Materialflusssysteme aus Gründen der Sicherheit und der Performanz nicht tolerierbar. Für die Nutzung eines auf Funktechnologien basierenden Kommunikationssystems für selbststeuernde Fahrzeugkollektive sind daher Methoden der Funkplanung von hoher Bedeutung. Die Funkplanung befasst sich mit der Auslegung und Koordination parallel betriebener Funknetzwerke, um deren gegenseitige Beeinflussung auszuschließen bzw. zu minimieren. Auf der Webseite des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.v. (ZVEI) findet sich ein Leitfaden für den zuverlässigen Parallelbetrieb koexistierender Funklösungen [ZVEI-2008]. Auswahl geeigneter Funkstandards Tabelle 5-3 fasst die Ergebnisse einer Recherche zu verfügbaren drahtlosen, funkbasierten Kommunikationstechniken zusammen. Als charakteristische Merkmale sind für jeden Funkstandard der genutzte Frequenzbereich, die Reichweite sowie die Datenübertragungsrate 47 angegeben. Die weiteren zur Charakterisierung und Bewertung der unterschiedlichen drahtlosen Kommunikationsstandards betrachteten Eigenschaften lassen sich in quantitative Faktoren (z.b. Latenzzeit, Paketfehlerrate) und qualitative Faktoren (z.b. Zuverlässigkeit, Datensicherheit, Verbreitung) einteilen. Selbststeuernde Fahrzeugkollektive in der Intralogistik agieren i.d.r. räumlich begrenzt innerhalb von Logistik- und Produktionshallen. Daher reichen für den drahtlosen Datenaustausch Reichweiten von unter 50 m aus. Eine Abdeckung größerer Flächen kann durch parallele Funkzellen erreicht werden. Allerdings sind in diesem Fall Mechanismen für den nahtlosen Zellenwechsel (Handover) einzelner Fahrzeuge vorzusehen. Hohe Datenübertragungsraten unterstützen grundsätzlich eine Kommunikation in Echtzeit (Anforderung A3), da Datenpakete ihr Ziel theoretisch schneller erreichen. Allerdings kann ein nicht-deterministisches Zugriffsverfahren (z.b. CSMA/CD) und das damit verbundene Risiko von Datenkollisionen/-verlusten eine echtzeitfähige Kommunikation auch bei hohen Datenraten verhindern. 47 Zu berücksichtigen ist, dass bei der Datenübertragung neben Nutzdaten auch Steuerdaten übertragen werden müssen. Der Durchsatz für Nutzdaten (Datendurchsatz) kann daher wesentlich geringer sein (z.b. WLAN: Übertragungsrate (brutto): 54 Mbit/s, Datendurchsatz (netto): 5-25 Mbit/s). 91

104 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Tabelle 5-3: Überblick über drahtlose, funkbasierte Kommunikationstechniken (in Anlehnung an [Mat-2005], [Fin-2006], [Wil-2006] und [Krc-2010]) Kommunikationstechnik Frequenzbereich Typische Reichweite max. Datenübertragungsrate RFID khz 13,56 MHz MHz 2,5 & 5 GHz < 6 m (passiv) < 120 m (aktiv) 1 kbit/s kbit/s NFC 13,56 MHz 0 cm - 20 cm 106, 212, 424 kbit/s a 5 GHz (ISM) b/g WLAN 2,4 GHz (ISM) 100 m 54 Mbit/s n (Wi-Fi 48 ) 2,4 GHz (ISM) 5 GHz (ISM) 300 m 600 Mbit/s Bluetooth m (Klasse 1) 780 kbit/s Bluetooth m (Klasse 2) 2,1 Mbit/s 2,4 GHz (ISM) Bluetooth m (Klasse 3) 24 Mbit/s WISA 10 m 1 Mbit/s ZigBee WirelessHART ISA100.11a 6LoWPAN GSM GPRS EDGE HSCSD UMTS LTE 868 MHz (ISM) 2,4 GHz (ISM) 30 m (Indoor) 100 m (Outdoor) 20 kbit/s 250 kbit/s 9,6 kbit/s 115 kbit/s 900 MHz mehrere 236 kbit/s 1,8 GHz Kilometer 57,6 kbit/s 1,9 GHz 7 Mbit/s ~100 Mbit/s DECT 1,9 GHz 50 m (Indoor) 300 m (Outdoor) 1,15 Mbit/s HIPERLAN/1 23 Mbit/s 50 m (Indoor) HIPERLAN/2 54 Mbit/s 5 GHz (ISM) HIPERLAN/ m 23 Mbit/s HIPERLAN/4 150 m 155 Mbit/s Nanonet 2,4 GHz (ISM) 20 m 2 Mbit/s SRD 868 MHz (ISM) m 10 kbit/s WiMAX 3,5 GHz 2-5 km 70 Mbit/s 48 In dieser Arbeit werden die Begriffe WLAN und Wi-Fi synonym verwendet und auf ihre engere Bedeutung als lokale Funknetzwerke gemäß Protokollen der IEEE Familie beschränkt. 92

105 5.2 Technisches Kommunikationskonzept Einige der aufgelisteten Funkstandards erweisen sich bei näherer Betrachtung als nicht für ein Kommunikationssystem für selbststeuernde Fahrzeugkollektive geeignet. Dem Ausschluss einzelner Funkstandards liegen folgende Gründe zugrunde: schlechte Erfüllung einzelner Kriterien (z.b. Reichweite, Unterstützung mobiler Teilnehmer) aufgrund einer Optimierung für andere Anwendungsfelder (RFID, NFC 49, SRD 50 ) geringer Entwicklungsstand zum Entscheidungszeitpunkt dieser Arbeit (WirelessHART, 6LoWPAN 51, ISA100.11a) Nutzung lizenzbehafteter Frequenzbänder und damit verbundene Bestimmung wirtschaftlicher und technischer Leistungsmerkmale durch Dienstanbieter (Provider) (DECT 52, WiMAX und Telekommunikationsstandards der zweiten bis vierten Generation (2G/3G/4G): GSM 53, HSCSD 54, GPRS 55, EDGE 56, UMTS 57, LTE 58 ) mangelnde Verbreitung (HIPERLAN 59 /1-4) herstellerspezifische Sonderlösungen, die der Forderung nach einer nichtproprietären Funktechnik entgegenstehen (WISA 60, Nanonet) Geeignete Funkstandards Als prinzipiell für die Nutzung in einem Kommunikationssystem für selbststeuernde Fahrzeugkollektive geeignet zu bewerten sind die Funkstandards ZigBee (IEEE 49 NFC Near Field Communication 50 SRD Short Range Devices 51 6LoWPAN IPv6 over Low power WPAN 52 DECT Digital European Cordless Telecommunications 53 GSM Global System for Mobile Communications (2G) 54 HSCSD High Speed Circuit Switched Data (2,5G) 55 GPRS General Packet Radio Service (2,5G) 56 EDGE Enhanced Data Rates for GSM Evolution (2,5G) 57 UMTS Universal Mobile Telecommunication System (3G) 58 LTE Long Term Evolution (4G) 59 HIPERLAN High Performance Radio Local Area Network 60 WISA Wireless Interface for Sensors and Actuators 93

106 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule ), Bluetooth (IEEE ) und WLAN/Wi-Fi (IEEE a/b/g/n). Die gewichtete Bewertung dieser drei Funkstandards hinsichtlich der Anforderungen an das angestrebte Kommunikationssystem enthält Tabelle 5-4. Tabelle 5-4: Gewichtete Bewertung ausgewählter Funkstandards in Bezug auf die Anforderungen an das angestrebte Kommunikationssystem Gewicht WLAN/Wi-Fi Bluetooth ZigBee A1 18% 3 0,54 2 0,36 1 0,18 A2 16% 3 0,48 2 0,32 3 0,48 A3 16% 1 0,16 1 0,16 1 0,16 A4 12% 3 0,36 3 0,36 2 0,24 A5 12% 1 0,12 2 0,24 2 0,24 A6 11% 2 0,22 2 0,22 2 0,22 A7 10% 3 0,30 3 0,30 3 0,30 A8 5% 1 0,05 2 0,10 3 0,15 Σ 100% Σ 2,23 Σ 2,06 Σ 1,97 0 nicht erfüllt 1 bedingt erfüllt 2 gut erfüllt 3 sehr gut erfüllt Anforderungen: A1 Bedarfsgerechte Bereitstellung benötigter Daten A2 Vollständige Mobilität für Sender/Empfänger A3 Kommunikation in Echtzeit A4 Wirtschaftlichkeit, Anbieterunabhängigkeit A5 Nutzbarkeit im industriellen Umfeld A6 Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit A7 Datensicherheit A8 Energieversorgung Die Bewertung basiert auf Rechercheergebnissen und Expertengesprächen 61 und erfolgt anhand einer Skala mit den ganzzahligen Werten von 0 bis 3. Der höchste Wert bedeutet, dass die entsprechende Anforderung als sehr gut erfüllt bewertet wird. Der Wert 0 sagt aus, dass eine Anforderung nicht erfüllt wird. Da die Erfüllung der einzelnen Anforderungen wie in Abschnitt 5.1 dargestellt von unterschiedlicher Bedeutung für den Betrieb eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs ist, werden die Anforderungen mit verschiedenen Gewichtungen versehen. Generell stellen Anforderungen mit einer Gewichtung von über 15 Prozent K.O.-Kriterien dar, deren Nichterfüllung (Wert 0) zum Ausschluss des Standards führt. Die finale Bewertungszahl der einzelnen Standards liegt folglich ebenfalls zwischen der Werten 0 (unge- 61 Die Expertengespräche wurden im Rahmen des IGF-Projekts Algorithmen und Kommunikationssysteme für die Zellulare Fördertechnik geführt [IGF 16166]. 94

107 5.2 Technisches Kommunikationskonzept eigneter Standard) und 3 (sehr gut geeigneter Standard), wird allerdings mit zwei Nachkommastellen angegeben, um eine erweiterte Differenzierung der Ergebnisse zu erhalten. Der WLAN-Standard IEEE erreicht mit einer Bewertungszahl von 2,23 den besten Wert und erfüllt zwei der drei K.O.-Kriterien sehr gut. Daher ist eine WLAN- Lösung als am besten für den vorliegenden Einsatzfall geeignet anzusehen. Eine Nutzung von WLAN im 5-GHz-Band nach IEEE n kann die Bewertung hinsichtlich der Einsatzfähigkeit in einem industriellen Umfeld (Anforderung A5) zusätzlich verbessern, da in diesem Frequenzbereich aufgrund der aktuell geringen Verbreitung entsprechender Funklösungen mit einer geringeren Funkbeeinflussung durch andere Funknetze zu rechnen ist. Allerdings führt die geringe Etablierung zu erhöhten Komponentenkosten im Vergleich zu Komponenten für den 2,4-GHz- Frequenzbereich. Dieser Umstand wirkt sich hinsichtlich der Forderung nach Wirtschaftlichkeit (Anforderung A4) nachteilig aus, da die Kosten der Funkkomponenten direkt in die Gesamtkosten jedes autonomen Fahrzeugs eingehen. Für eine Nutzung von Funkstandards aus der IEEE Familie sprechen aktuelle Erweiterungen, welche auch für einen Einsatz in selbststeuernden Fahrzeugkollektiven Relevanz aufweisen. So ist der Standard IEEE p für WLANs in Car-to-X-Netzwerken optimiert (vgl. Abschnitt 3.3). Die Erweiterung IEEE s ermöglicht die Einrichtung drahtloser, vermaschter Netzwerke, während mit der Erweiterung IEEE r eine Verkürzung des Handover-Vorgangs beim Wechsel zwischen Basisstationen auf 50 ms für eine verbesserte mobile Nutzbarkeit von Voice-over-IP-Diensten angestrebt wird. Zudem lässt sich WLAN ohne Systemsprung mit drahtgebundenen Ethernet-Lösungen koppeln [Wil-2006, S. 51]. An der Bewertungstabelle lässt sich ablesen, dass alle drei untersuchten Funkstandards die Forderung nach einer Kommunikation unter Echtzeitbedingungen (Anforderung A3) nur eingeschränkt erfüllen. Die Standards IEEE , IEEE und IEEE sind in ihrer Grundausprägung nicht echtzeitfähig und daher lediglich für Anwendungen der ISA-Klassen 3 bis 5 (vgl. Abschnitt 5.1.2, Tabelle 5-1) verwendbar. Für die Anwendungsklassen 0, 1 und 2 existieren für die drahtlose Kommunikation derzeit lediglich proprietäre Lösungen bzw. Speziallösungen, welche bestehenden Standards um Echtzeit-Mechanismen erweitern. Allerdings sind hart echtzeitkritische Anwendungen auf den Fahrzeugen nicht von per Funk übermittelten Daten abhängig, sondern werden fahrzeugintern umgesetzt. Dennoch ließe sich die Flexibilität des Kommunikationssystems durch die Minderung vorhandener 95

108 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Einschränkungen (z.b. beschränkte Echtzeitfähigkeit) erhöhen. Entsprechende Maßnahmen auf der Protokollebene stellen die Einführung von Alive-Signalen zur Überprüfung der Erreichbarkeit der Systemteilnehmer oder garantierte exklusive Zeitschlitze für den Nachrichtenversand einzelner Teilnehmer dar. Da alle drei zur Auswahl stehenden Funktechnologien die lizenzfreien ISM- Frequenzbänder zur Datenübertragung nutzen, empfiehlt sich bei einer Verwendung weiterer Funklösungen in denselben Räumlichkeiten, wie oben erwähnt, die Durchführung einer Funkplanung, um die Koexistenzfähigkeit sämtlicher Kommunikationssysteme sicherzustellen [ZVEI-2008]. Eine Funkplanung berücksichtigt die durch andere Sender im gleichen Frequenzband belegten Kanäle, die Zeiträume und Intervalle, in denen andere Sender aktiv sind, sowie die räumliche Anordnung der weiteren Funknetze. In diesem Zusammenhang weist der Bluetooth-Standard eine Besonderheit auf. Zur Steigerung der Robustheit gegenüber Störungen durch parallel betriebene Funknetze wird ein Frequenzsprungverfahren (Frequency Hopping) verwendet, bei dem das genutzte Frequenzband (2,4-GHz-Band) in 79 verschiedenen Frequenzstufen eingeteilt ist, die fortlaufend gewechselt werden. Durch dieses Verfahren reduziert sich das Risiko von Kollisionen mit anderen Funkstandards, die das gleiche Frequenzband nutzen (z.b. WLAN). ZigBee ist für einen energieeffizienten Betrieb und den Einsatz in drahtlosen Sensornetzen optimiert und weist im Vergleich zu WLAN und Bluetooth mit 250 kbit/s eine geringe Datenübertragungsrate auf. Mit einem sehr schnellen Verbindungsaufbau ( 30 ms) und der Fähigkeit zur Ad-hoc-Vernetzung und Selbstorganisation ist ZigBee jedoch gut für die mobilen Teilnehmer in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv geeignet. Voraussetzung ist allerdings ein vergleichsweises geringes auszutauschendes Datenvolumen oder ein kombiniertes Einsatz mit einem leitungsstärkeren Standard (z.b. WLAN, Bluetooth). Es bleibt festzuhalten, dass keiner der etablierten offenen Funkstandards sämtliche Anforderungen (vgl. Abschnitt 5.1.3) eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs komplett erfüllt. Zu unterschiedlich sind die Anwendungsfälle, für die die bestehenden Standards optimiert sind. Dennoch bietet die Nutzung vorhandener Kommunikationsstandards erhebliche Vorteile gegenüber der Neuentwicklung einer Sonderlösung. Bei den benötigten Komponenten handelt es sich um Standardgeräte, die in großen Stückzahlen produziert werden und daher kostengünstig von unterschiedlichen Anbietern erhältlich sind. Darüber hinaus existieren zu etablierten Funkstan- 96

109 5.2 Technisches Kommunikationskonzept dards detaillierte und leicht zugängliche Spezifikations- und Dokumentationsunterlagen. Die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit zeigen, dass die Standards WLAN, Bluetooth und ZigBee mit ihren jeweiligen charakteristischen Eigenschaften in der Lage sind, sämtliche in Abschnitt 5.1 formulierten Anforderungen zu unterstützen. Gerade WLAN und Bluetooth werden fortlaufend weiterentwickelt und in Hinsicht auf Datentransferraten, Sicherheit und Koexistenz mit anderen Funksystemen in jeder Version verbessert. Daher eignen sich diese Kommunikationstechniken für die Realisierung des Datenaustauschs in einem Verbund aus autonomen mobilen Transportrobotern Datenformate In Abschnitt werden zwei Gruppen von Informationen identifiziert, die sich vor allem in ihrem Zeitverhalten und ihrer Struktur unterscheiden. Die Informationsarten der ersten Gruppe weisen komplexe Strukturen auf (z.b. Transportauftrag, Streckenreservierung). Da die durch diese Informationen beeinflussten realen Prozesse üblicherweise im Sekundenbereich ablaufen, sind auch die Zeitanforderungen für deren Übertragung als weich einzustufen. Die entsprechenden Informationen müssen lediglich ihren Zielpunkt zu einem Zeitpunkt erreichen, der deren rechtzeitige Verarbeitung zulässt. Auch Nachrichten, die der Organisation und Koordination des Agentensystems dienen, gehören dieser Gruppe an. Für die zweite Gruppe von Informationen sind sehr kurze Übertragungszeiten von entscheidender Bedeutung (z.b. Schaltauftrag, Kollisionsvermeidung). Jedoch weisen Nachrichten zur Übermittlung dieser Informationen i.d.r. eine geringe Komplexität auf. Für einen einfachen Schaltbefehl reichen beispielsweise der Name (ID) des zu schaltenden Steuerungseingangs sowie eine boolesche Variable (TRUE/FALSE bzw. 1/0) aus. Es bietet sich daher für den Datenaustausch in einem selbststeuernden Fahrzeugkollektiv die Nutzung zweier unterschiedlicher Datenformate an, die abhängig von diesen spezifischen Eigenschaften der zu übertragenden Informationen zum Einsatz kommen. Der folgende Abschnitt stellt mit den Datenformaten Extensible Markup Language (XML) und Binärcodierung zwei Möglichkeiten der Informationscodierung vor, mit welchen sich beide Informationsgruppen in Abhängigkeit ihrer spezifischen Eigenschaften effizient aufbereiten und übertragen lassen. 97

110 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Extensible Markup Language (XML) und Binärcodierung Für komplexe Datensätze bietet sich eine Codierung im Datenformat XML (Extensible Markup Language, [W3C-2008]) an. XML stellt Daten hierarchisch strukturiert in Form von Textdaten unter Angabe der logischen Bedeutung der einzelnen Informationen dar. XML-Dateien sind für einen plattformunabhängigen Datenaustausch zwischen verschiedenen Computersystemen anwendbar und aufgrund ihrer Struktur sowohl maschinen- als auch menschenlesbar. Das folgende Beispiel zeigt einen in XML codierten, von einem mobilen Transportroboter reservierten Transportauftrag: <Auftrag> <DataName>ID_7</DataName> <Auftragsart>Transport</Auftragsart> <Einlasszeit>0</Einlasszeit> <Prioritaet>2</Prioritaet> <Start> <DataName>Start_ID_7</DataName> <Name>Übergabe_AKL_Gasse_1</Name> <PositionX_mm>15880</PositionX_mm> <PositionY_mm>1683</PositionY_mm> <Pose_grad>90</Pose_grad> <Zugriffsrichtung>links</Zugriffsrichtung> <Lastwechselart>Aufnahme</Lastwechselart> <Zugriffsart>Automatisch</Zugriffsart> <LastwechselHoehe_mm>790</LastwechselHoehe_mm> </Start> <Ziel> <DataName>Ziel_ID_7</DataName> <Name>Übergabe_Kommissionierstation_7</Name> <PositionX_mm>3911</PositionX_mm> <PositionY_mm>12811</PositionY_mm> <Pose_grad>45</Pose_grad> <Zugriffsrichtung>rechts</Zugriffsrichtung> <Lastwechselart>Abgabe</Lastwechselart> <Zugriffsart>Automatisch</Zugriffsart> <LastwechselHoehe_mm>790</LastwechselHoehe_mm> </Ziel> <Erledigt>FALSE</Erledigt> <Reserviert>Transportroboter_1</Reserviert> </Auftrag> Das Beispiel verdeutlicht die Baumstruktur eines XML-Datensatzes. Mittels Spezieller Parser lassen sich die in XML-Dokumenten enthaltenen Informationen extrahieren und zur Verarbeitung an Softwareprogramme weiterleiten. Die Baumstruktur mit ihren untergliedernden Markups bzw. Tags (z.b. <DataName> </DataName>) benötigt im Verhältnis zu den eigentlichen Nutzdaten (z.b. ID_7) einen hohen Anteil an 98

111 5.2 Technisches Kommunikationskonzept Begleitdaten und steigert das zu übermittelnde Datenvolumen. Um die Tags korrekt interpretieren zu können und somit die Informationen nutzbar zu machen, müssen Sender und Empfänger auf ein standardisiertes XML-Schema zurückgreifen. Binärcode ist ausschließlich maschinenlesbar und benötigt nur wenige Begleitdaten. Eine Erweiterung oder Veränderung der enthaltenen Informationen ist mit hohem Aufwand verbunden, da dem Empfänger zur Entschlüsselung der Informationen die Abfolge der codierenden Bits bekannt sein muss (gemeinsamer Codierungsschlüssel). Sowohl bei der Verwendung des XML-Formats als auch bei Binärcodierung sind zusätzlich die Begleitdaten des genutzten Übertragungsstandards zu berücksichtigen (Header, Trailer), welche die zu übertragende Datenmenge erhöhen können (vgl. Abschnitt 3.1). Datenformate in Abhängigkeit der Informationsart Da die von den mobilen Transportrobotern eines selbststeuernden Fahrzeugkollektivs benötigten Informationen in Struktur und Menge stark variieren, schränkt die Festlegung auf ein einziges Datenformat die Flexibilität zu weit ein und wird der Forderung nach einer effizienten Übertragung aller benötigten Daten nicht gerecht. Daher sieht das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Kommunikationskonzept die Verwendung zweier unterschiedlicher Formen der Datencodierung in Abhängigkeit der zu übertragenden Informationsart vor. Für einfache aber zeitkritische Datensätze erfolgt eine Binärcodierung nach einem definierten Muster. Komplexe Informationen ohne strikte Zeitvorgaben werden als XML-Nachrichten ausgetauscht. Abbildung 5-2 verdeutlicht am Beispiel eines Schaltbefehls und eines Transportauftrags die Kriterien, welche die Auswahl des geeigneten Datenformats für einzelne Informationsarten beeinflussen. 99

112 5 Kommunikationskonzept für autonome mobile Fördertechnikmodule Abbildung 5-2: Auswahl geeigneter Datenformate in Abhängigkeit der Informationsart Soll der Nachrichtenaustausch für beide Datenformate getrennt erfolgen, um eine gegenseitige Beeinflussung (z.b. Blockade einer binärcodierten Nachricht durch ein umfangreiches XML-Telegramm) zu vermeiden, ist die Nutzung verschiedener Kanäle eines Funkstandards oder eine parallele Nutzung zweier Kommunikationstechnologien (z.b. WLAN für XML, ZigBee für Binärcode) denkbar. Die zweite Lösungsalternative führt zu erhöhten Komponentenkosten, bietet im Gegenzug jedoch zwei komplett getrennte Kommunikationskanäle für Nachrichten mit strikten und mit weichen Zeitvorgaben (vgl. Abschnitt 4.3.2) Fazit Das technische Kommunikationskonzept baut auf gängigen Standards, Technologien und Datenformaten auf und berücksichtigt die unterschiedlichen Eigenschaften verschiedener Informationsarten. Das Konzept basiert auf lizenzfreien Funkstandards (IEEE , IEEE , IEEE ) und einer Übertragung von Nachrichten im XML-Format und/oder als Binärcode. Die Datenformate können den unterschiedlichen Informationsarten (vgl. Abschnitt 4.3.1, Tabelle 4-3) basierend auf deren Umfang, Struktur und zeitlichen Vorgaben (vgl. Abschnitt 4.3.2) zugeordnet werden. Das vorgestellte technische Kommunikationskonzept unterstützt somit die Erfüllung der in Abschnitt 5.1 formulierten Anforderungen. Neben der technischen Realisierung des Kommunikationssystems hängt die bedarfsgerechte Übermittlung von Informationen an die autonomen Flurförderzeuge auch von der Logik ab, der der Datenaustausch zwischen den Entitäten folgt. Im folgenden Abschnitt wird daher 100

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