Macho ade - Die Feminisierung der Gesellschaft
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- Berthold Schmid
- vor 7 Jahren
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1 Macho ade - Die Feminisierung der Gesellschaft Ö1 Radiokolleg Gestaltung: Gerhard Pretting Sendedatum: Juni 2012 Länge: 4 mal zirka 22 Minuten Fragen und Antworten Teil 1 1. Was genau versteht man unter dem Megatrend Frauen? Durch den Bildungszuwachs der Frauen im letzten Jahrhundert werden immer mehr Spitzenpositionen in Politik und Gesellschaft von Frauen besetzt. Man spricht von einem Zuwachs der Frauenmacht. 2. Warum versucht man in diesem Zusammenhang den Begriff Feminisierung zu vermeiden? Feminisierung bedeutet oft auch eine Abwertung. Die Feminisierung von Universitäten z.b. geht für viele Hand in Hand mit einer Abwertung der Universitäten. 3. Wie hat man begründet, dass Frauen früher nicht in der Metallindustrie (Hochöfen) arbeiten durften? Frauen seien zu schwach für diese Tätigkeit und die Kleidung sei zu gefährlich, weil die Gefahr bestehe, Feuer zu fangen. 4. In welchen Industriebereichen waren Frauen schon viel früher gefragte Arbeitskräfte? In Industrien, die nahe am häuslichen Bereich waren, wie z.b. Textil, Ernährung, Pflege. 5. Was war von jeher das Hauptargument, warum Frauen weniger bezahlt bekamen? Frauen hätten weniger Kraftreserven und könnten daher auch nur weniger leisten. 6. Gibt es nach wie vor eine Geschlechter-Einkommenslücke? Laut Bericht zum Einkommens-Transparenzgesetz gibt es de facto dasselbe Einkommen für Mann und Frau für dieselbe Tätigkeit. Profil schreibt in der Ausgabe vom 2. April 2012 sogar von einem Mythos. 7. In Jobs mit frei-verhandelbaren Einkommen verdienen Männer meist mehr. Wie erklären das Politikwissenschaftler? Männer verhandeln besser. 1
2 8. Inwiefern kann man mit dem Miniaturmodell einer Tabakfabrik im Technischen Museum die klassischen Rollenzuschreibungen der Arbeitswelt studieren? Die wenigen komplizierten Maschinen wurden von Männern bedient, man hat auch nur Männern die notwendige Intelligenz zugesprochen. Die viel anstrengendere Massenarbeit in der Produktion durften die Frauen erledigen. Damit geht dann einher, der Mann bedient die Maschine und bekommt daher mehr bezahlt. Die Frauen tragen alle Kopftuch und man schreibt ihnen von jeher die Eigenschaften Ordentlichkeit und Sauberkeit zu. Die arbeitenden Frauen werden von Männern beaufsichtigt. 9. Erklären Sie das Denkmodell der Gläsernen Decke. Es soll erklären, warum so viele hochqualifizierte Frauen nicht über die Ebene des mittleren Managements hinauskommen. Es geht von unsichtbaren Aufstiegsbarrieren für Frauen aus und von dem stillschweigenden Prinzip, dass Männer unter sich bleiben wollen. 10. Man sagt, Männer finden sich auf einer polarisierten Verteilungskurve. Was versteht man darunter? Männer findet man meist an den Rändern der Gesellschaft, entweder ganz oben in der Hierarchie oder ganz unten. Laut Susan Pinker unterscheiden sich Männer und Frauen an den Rändern am stärksten. Demnach gebe es z.b. mehr dumme, faule und asoziale Männer als Frauen, aber es gebe auf der anderen Seite auch mehr Extremsportler und mehr geniale Männer. 11. Warum verzichten Frauen oftmals freiwillig auf Führungspositionen? Frauen wollen angeblich nicht auf quality-time, auf ihre Freizeit, verzichten; sie wollen auch keinen Job, bei dem sie oft im Hotelzimmer übernachten müssen, und sie wollen auch keine 14 Stunden arbeiten, sondern ziehen das Familienleben vor. 12. Warum taten sich gerade in den letzten Jahrzehnten mehr Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt auf? Durch den Rückgang der Schwerindustrie und den Aufschwung der Dienstleistungsindustrie. Den Beginn machte die Telefonzentrale, ein Berufszweig, wo zu Beginn fast nur Frauen beschäftigt waren. 2
3 Teil 2 1. Warum wünschen sich Eltern in westlichen Ländern lieber Mädchen als Burschen? Mädchen gälten als disziplinierter und fleißiger, seien oft besser in der Schule. Drogen- und Alkoholprobleme usw. gebe es nach wie vor stärker bei Jungs. Jungs verursachen in vieler Augen mehr gesellschaftliche Probleme. 64% der Sonderschüler sind männlich. Burschen seien auch häufiger Schulschwänzer und Schulabbrecher. 2. Gibt es ein aussagekräftiges Messergebnis dafür, dass Mädchen in der Schule besser sind als Burschen? Ja, die Pisatests. Burschen schneiden etwa beim Leseverständnis durchschnittlich schlechter ab als Mädchen. 3. Inwiefern trägt die Erziehung dazu bei, dass Buben in der Schule schlechter abschneiden? Mädchen lernen meist von ihren Müttern schon relativ früh Selbstverantwortung zu übernehmen (z.b. im Haushalt mithelfen), Buben dürfen oft machen, was sie wollen. 4. Warum bekommen Buben in der Schule oft mehr Aufmerksamkeit? Weil sie besonders oft getadelt werden, weil sie disziplinmäßig schwieriger seien. 5. In den 60er Jahren gab es annähernd gleich viele Volkschullehrer wie Volkschullehrerinnen, heute sind es weit mehr Lehrerinnen. Warum? Es gibt zwei Erklärungsversuche: Einerseits sinkt das Image des Lehrerberufs und andererseits entwickelt sich der Beruf ähnlich wie die Medizin und die Pflege immer mehr zu einem Care - Beruf. 6. Warum sollte hier gegengesteuert werden, damit es wieder mehr Männer in den Volksschulen und Kindergärten gibt? Wenn für Buben männliche Bezugspersonen fehlen, tun sie sich danach oft schwer, eine geschlechtsspezifische Identität zu entwickeln. Die Abnabelung von Mutter und anderen weiblichen Personen ist dann umso schwerer. Oft entwickeln Buben dabei eine sehr misogyne Haltung. 7. Die Amerikanerin Christina Hoff Sommers hat die Debatte losgetreten, dass Buben in der Schule benachteiligt sind. Welche Gründe führt sie an? Die Buben seien die Verlierer des Systems, dies wird aber ignoriert, weil noch immer der Mythos des fragilen Mädchens im Mittelpunkt der schulischen Debatte stehe. Man versuche immer die Buben zu disziplinieren und sozialer zu machen, also mehr wie Mädchen zu machen. Es werde immer nur geklagt, wie wild die Buben seien. 8. Sind Mädchen weniger aggressiv? Nein, sie leben ihre Aggressivität meist anders aus als Buben, z.b. über Cybermobbing. 9. Was versteht man unter dichotome Geschlechterdifferenz? Es gibt eine Geschlechtertrennung in männlich und weiblich. 3
4 10. Was versteht man unter dem sogenannten 'Generalverdacht' bei Männern? Männer werden oft vorverurteilt. Männer dürfen in öffentlichen Gebäuden nicht mehr wickeln oder dürfen Kinder nicht mehr auf die Toilette begleiten, weil man glaubt, sie haben pädophile Gedanken. Man gilt also als Mann von vornherein als gefährlich. Teil 3 1. Seit den 1990er Jahren hat sich der Anteil an Frauen in der Justiz mehr als verdoppelt. Welche Gründe dafür lassen sich anführen? Der Beruf der Richterin gilt als familienfreundlich. Richter verfügen über eine freie Dienstzeit, d.h. gewissen Tätigkeiten können auch von zu Hause aus erledigt werden. Frauen schätzen den Kontakt zu Menschen und wollen oft nicht den Sprung ganz nach oben, wo sie mehr mit Verwaltung zu tun haben. 2. In den Wirtschafts-Anwaltskanzleien in Europa gibt es immer noch mehr Männer. Warum? Die Wirtschaftsbosse, bei denen es immer ums große Geld geht, lassen sich lieber von Männern vertreten. 3. Wie ist das in den USA in den Wirtschaftskanzleien? Amerika schmückt sich gerne mit ihrem commitment to diversity und mit dem damit verbundenen hohen Frauenanteil. 4. Gelten Frauen als Richterin nachsichtiger als Männer? Nein, üblicherweise ist genau das Gegenteil der Fall. Wenn Frauen in eine Männerdomäne einsteigen, müssen sie anfangs der bessere Mann sein, sonst werden sie nicht ernstgenommen. 5. Hat eine Feminisierung der Justiz stattgefunden? Nein, es gibt genügend Beweise dagegen. 6. Was versteht man unter der sogenannten Prozessbegleitung? Wenn Frauen sexuelle Gewalt widerfahren ist, dann haben sie in Österreich Anspruch auf Prozessbegleitung, dadurch sollen die mit dem Verfahren im Zusammenhang gebrachten Belastungen abgefedert werden. Die Opfer werden auf die Vernehmungen und Verhandlungen vorbereitet und auf Wunsch begleitet. 7. Welche Hauptmotive nennen Männer, die versucht haben sie ihre Partnerin zu ermorden? Eifersucht und Besitzanspruch 8. Was kritisieren Männer am häufigsten am österreichischen Obsorge-Recht? Die Obsorge wird meist den Müttern zugesprochen, als nichtverheirateter Vater hat man praktisch keine Rechte, oft nicht einmal Besuchsrecht. Die Kompetenz der Mütter werde viel zu selten in Frage gestellt. 4
5 Teil 4 1. Welche Eigenschaften schrieb man dem Mann und der Frau früher (vor etwa 50 Jahren) zu? Mann: dominant, zielorientiert, logisch, aktiv, risikofreudig Frau: fürsorglich, passiv, vorsichtig, emotional, sozial 2. Dieses System ist heute aufgebrochen. Womit kämpfen die Gesellschaften heute? Sie kämpfen mit einer Pluralisierung und einer damit verbundenen Desorientierung. 3. Frauen wandern stärker ab als Männer. Welche Gründe führt Gerlind Weber in ihrer Studie Gehen oder bleiben an, warum Frauen vom Land ihr Herkunftsdorf verlassen? Ein Drittel der Frauen verlässt ihr Dorf aus traditionellen Gründen (Heirat). Zwei Drittel geben andere Gründe an. Frauen sind nicht so stark in Dorfgemeinschaften eingebunden wie Männer (Vereine, Feuerwehr, Hotel Mama, etc.). Frauen sind häufiger High Potentials und verfügen über eine bessere Schulbildung. Frauen klagen häufig über mangelnde Freizeit-Möglichkeiten, fehlende Kinderbetreuung, wenig Arbeitsplätze für Frauen. 4. Welchen Nachteil bringt diese Abwanderung der Frauen für die Dörfer? Es führt zu sozialen Verwerfungen. Es gibt bereits 17 Gemeinden, wo doppelt so viele junge Männer leben als junge Frauen. Die Abwanderung der Frauen wird oft durch Zuwanderung von Frauen aus dem Ausland kompensiert, d.h. es findet ein Bevölkerungsaustauschprozess statt. 5. Warum finden die jungen Männer trotzdem ihre Partnerinnen? Welche Probleme sind vorprogrammiert? Der Heiratsmarkt ist globaler geworden, vor allem durch das Internet. Partnerinnen aus anderen Kulturkreisen haben aber oft ganz andere Erwartungen vom Leben auf dem Land. Partnerinnen erhoffen sich oft den goldenen Westen, und die Männer erwarten eine zusätzliche Arbeitskraft. Es prallen also unterschiedliche Zielvorstellungen aufeinander. 6. Welcher Druck herrscht im Moment auf den Mann von heute? Männer sollen einerseits sensibel und fürsorglich sein, auf der anderen Seite aber auch Durchsetzungskraft haben und im Job erfolgreich sein. 7. Welche Stereotype erkennt man nach wie vor in Männern? den Anzugträger, den Macher, den Täter, idealisierten Familienmann, den Macho 8. Welche Männer bezeichnet man in der Geschlechterforschung als traditionell? Jene Männer gelten als traditionell, denen die Karriere das Wichtigste ist, und die es als Selbstverständlichkeit sehen, wenn die Frau sich um Haushalt und Kinder kümmert. 9. Wie viele Männer wurden in Deutschland 2008 noch als traditionell eingestuft? zirka 27% 5
6 10. Welche Männer bezeichnet man als modern? Moderne Männer sehen z.b. die Erziehung der Kinder als Bereicherung in ihrem Leben. Sie orientieren sich nicht nur nach der Karriere. Am liebsten würden sie überall halbe-halbe machen, sowohl privat als auch im Beruf. 11. Was sind die sogenannten Schmerzens -Männer? Männer die Gefühle zulassen, werden schnell als weinerlich und wenig sexy betrachtet. 6
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