Vergärung und Hygienisierung. Dr. Gerhard Riehl Internationale Tagung Gülle 11 am 17. und 18. Oktober 2011 im Kloster Reute
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- Ulrich Abel
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1 Vergärung und Hygienisierung Dr. Gerhard Riehl Internationale Tagung Gülle 11 am 17. und 18. Oktober 2011 im Kloster Reute
2 Rechtliche Rahmenbedingungen für Biogasgüllen und Gärreste (TLL, 2010; ergänzt) Nr. Vergärung von Einzelstoffen oder deren Gemischen aus Beispiele Düngemittelrechtliche Einstufung Bezeichnung Zutreffender Rechtsrahmen DüMV Festmist, Gülle, landwirtschaftlich erzeugter pflanzlicher Biomasse (NAWARO) Rinder- u. Schweinegülle, Pferdemist, Hühnertrockenkot, Maissilage, Grassilage, Getreide,... Wirtschaftsdünger/ Organischer NPK-Dünger Biogasgülle X Stoffen nach Nr. 1 und sonstig erzeugter Stoffen nach Nr. 2 und Bioabfällen tierischer Herkunft (tierische Stoffe nach Nr. 1 und Stoffe nach Nr. 2 und Kartoffelschalen, vor der Ausbringung Tierkörperteile, ist Hygienisierung Darminhalt, Blut, durch Schnittblumen, thermophile... Vergärung (mind. 24 Organischer NPK-Dünger DüV X X X BioAbfV - X X EG-VO 1069/2009 Art. 15** Art. 15** * einschließlich rein pflanzliche Nebenprodukte nach EEG (2009) Anlage 2 Nr. V ** Zulassung durch Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) auch Vergärung von Bioabfällen pflanzlicher Biomasse*, Nebenprodukte Kategorie 2 und 3 düngemittelrechtliche u. abfallrechtliche Bioabfällen pflanzlicher nach Verordnung (EG) 1079/2009) Herkunft Auflagen, u. a. in Bezug auf die seuchenhygienische Unbedenklichkeit notwendig: Melasse, Obsttrester, i.d.r. vor Schwarten, der Vergärung Rohmilch, Küchen- durch und Zuckerrübenschnitzel, einstündiges Erhitzen Speiseabfälle, auf Schlachtabfälle, 70 C oder... Stunden mit 55 C) Gärrest Anlage 2 Tab. 7 Artikel 5 (1) Artikel 6 (1)
3 Kriterien für die Verfahrensvarianten von Biogasanlagen Trockensubstanzgehalt der Substrate Nassfermentation Trockenfermentation Prozesstemperatur psychrophil: 15 C bis 20 C mesophil: 32 C bis 38 C (> 80 % der Anlagen) thermophil: 42 C bis 55 C Anzahl der Prozessstufen Beschickung einstufig diskontinuierlich zweistufige quasikontinuierlich mehrstufig kontinuierlich
4 Infektionen aus dem Fermenter? (Quelle: Kaemmerer u. Friedrich, 2008; LTZ 2008) Erreger/Krankheit Kultur Inaktivierung bei 38 C im Fermenter nach Fusarium Getreide, Mais 1 Tag Deoxynivalenol (DON) einige Tage Schneeschimmel Getreide 8 Stunden Maisbeulenbrand Mais 1 Tag Späte Rübenfäule, Wurzeltöterkrankheit Zuckerrüben, Rhizoctonia solani Kartoffeln, Mais 8 Stunden Sclerotinia sclerotiorum Raps, Leguminosen 8 Stunden Verticilliumwelke V. dahliae Raps 2 Tagen Verticilliumwelke V. albo-atrum Raps bis 7 Tage noch Wachstum Kartoffelzystennematoden Kartoffeln G. rostochiensis und pallida Schleimkrankheit Karfoffeln Pseudomonas solanacearum Bakterielle Ringfäule Kartoffeln Corynebacterium sepedonicum Die Hygienisierung 4 Tagen im Bereich der Phytopathogene kann als gegeben angesehen 2 Tagen bei isolierten Keimen; 7 Tagen in der Knolle (Laborversuch in Wasser) 2 Tagen bei isolierten Keimen; nach 7 Tagen noch werden! lebensfähig in der Knolle (Laborversuch in Wasser); in Karfoffelmus nach 4 Wochen noch lebensfähig
5 Einfluss des Biogasprozesses auf die Lebensfähigkeit von Ampfersamen (Gams et al., 2006)
6 Seuchenhygienische Situation von Gärprodukten (LTZ, 2008) 2005 bis 2008 wurden insgesamt 245 Gärprodukte, Güllen und Sonderproben vom LTZ Augustenburg auf Salmonellen und Clostridien untersucht: odurchseuchungsgrad der NawaRo-Anlagen war mit 3,2 % Salmonella-belasteter Proben geringer als der der Anlagen nach BioAbfV (11,1 %) odie ermittelten Keimzahlen von Clostridien stellen erstmalig belastbare Ergebnisse dar. Verteilung der Clostridien in Gärprodukten, Güllen und Sonderproben
7 Seuchenhygienische Situation von Gärprodukten (LTZ, 2008) 2005 bis 2008 wurden insgesamt 245 Gärprodukte, Güllen und Sonderproben vom LTZ Augustenburg auf Salmonellen und Clostridien untersucht: odurchseuchungsgrad der NawaRo-Anlagen war mit 3,2 % Salmonella-belasteter Proben geringer als der der Anlagen nach BioAbfV (11,1 %) odie ermittelten Keimzahlen von Clostridien stellen erstmalig belastbare Ergebnisse dar. okeine gesicherten Unterschiede zwischen Gärprodukten und Güllen okeine Unterschiede hinsichtlich Anlagentyp, Zeitverlauf und der Probenahmeregion Empfehlung: Der Gewährleistung einer zuverlässigen Seuchenhygiene in den Biogasanlagen ist künftig noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken!
8 Vergärung und seuchenhygienischer Status - Wirtschaftsdünger (aus: DüMV, 2009) 5 Anforderungen an die Seuchen- und Phytohygiene konkretisiert die Anforderungen an die Seuchen- und Phytohygiene auch für Wirtschaftsdünger Ziel ist das Erreichen einer hinreichenden Unbedenklichkeit bei sachgerechter Anwendung der Stoffe (1) keine Krankheitserreger, Toxine oder Schaderreger, von denen Gefahren für die Gesundheit von Menschen, Haustieren und Nutzpflanzen ausgehen (2) nicht eingehalten, wenn 1. in 50 Gramm Probenmaterial Salmonellen gefunden werden 2. Ausgangsstoffe pflanzlicher Herkunft, auch in Mischungen, verwendet werden, die von widerstandsfähigen Schadorganismen befallen sind und nicht einer geeigneten hygienisierenden Behandlung unterzogen wurden
9 Vergärung und seuchenhygienischer Status - Wirtschaftsdünger (aus: DüMV, 2009) 5 Anforderungen an die Seuchen- und Phytohygiene (3) gelten bei der Abgabe an Personen, die Düngemittel, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit anwenden, abweichend von Absatz 2 Nr. 1 als eingehalten, wenn auf die bestehende Belastung hingewiesen wird und folgende als Anwendungsvorgaben gekennzeichnete Hinweise gegeben werden: c) auf Grünland und Futterbauflächen ist ein zeitlicher Abstand von 6 Wochen bis zur nächsten Nutzung einzuhalten und d) die Ausbringung in Zonen I und II von Wasserschutzgebieten ist nicht zulässig (4) Absatz 2 Nr. 1 und Absatz 3 gelten nicht für Wirtschaftsdünger, außer Wirtschaftsdünger, die in einem von mehreren Landwirten genutzten gemeinschaftlichen Güllelager aufbewahrt werden. In diesem Fall gelten als eingehalten, wenn sichergestellt ist, dass die Wirtschaftsdünger ausschließlich in den Betrieben der Landwirte angefallen sind, die an der Nutzung des Güllelagers beteiligt sind, und ausschließlich auf den Flächen dieser Landwirte ausgebracht werden.
10 Clostridien (Clostridium spec.) anaerobe, bodenbürtige Bakterien mit fast 200 Arten Zersetzer organischer Substanz und damit Bestandteil des natürlichen Kreislaufs (Boden bürtig, teilweise im Darm vorkommend) bekannte Stämme: - Buttersäurebakterien (C. butyricum, C. tyrobutyricum) - Wundstarrkrampf (C. tetani) - Botulismus (C. botulinum) Wachstumsbedingungen: anaerob, > 15 C, höhere ph-werte, Feuchtigkeit, Substrat (ist alles in Biogasanlagen gegeben!) bei Stress (Lufteinfluss): Ausbildung von Sporen als Dauerform nur die Toxine (Abbauprodukte) von etwa 35 Arten wirken human- und tierpathogen, nicht die Bakterien selbst Clostridien (ohne Angabe der Art und Vorhandenseins ihres Toxins) sind als generelles Kriterium für den Hygienestatus nicht angebracht!
11 Chronischer (viszeraler) Botulismus Sachstand (Bräunig, 2011) Wissenschaftliche Veröffentlichungen seit Ende der 90iger Jahre: ätiologisch unbekannte, chronische Erkrankung, zunächst bei Hochleistungsrindern, aber auch bei Kälbern: u. a. Verdauungsstörungen, Labmagenverlagerungen, Abmagerung, Festliegen, Klauen- u. Gelenkserkrankungen, Lähmungen, Schluckstörungen seit 2009 Zahl der Betriebe mit chronischen Krankheitsbildern steigt Fragen nach der Lebensmittelsicherheit und der rechtlichen Beurteilung Bezug zu Umweltproblemen wird hergestellt (Eintrag von Clostridien: z.b. mit Biogasgärrückständen, Klärschlamm, auf Weide- und Grünflächen, in Silage) Erkrankungen mit neurologischen Symptomen bei Landwirten und ihren Familien intestinale Besiedlung mit Bakterien kontinuierliche exogene BoNT-Zufuhr
12 Chronischer (viszeraler) Botulismus Ursachen (BfR, 2011) Einige Wissenschaftler vermuten, dass ihr eine Toxiko-Infektion mit Clostridium botulinum zugrunde liegt (Göttinger Erklärung). Diese Hypothese ist bis heute nicht bestätigt.
13 Chronischer (viszeraler) Botulismus Ursachen (BfR, 2011) Einige Wissenschaftler vermuten, dass ihr eine Toxiko-Infektion mit Clostridium botulinum zugrunde liegt (Göttinger Erklärung). Diese Hypothese ist bis heute nicht bestätigt. Andere Wissenschaftler gehen von einem multifaktoriellen Geschehen aus, d.h. verschiedene Faktoren sind an dem Krankheitsgeschehen beteiligt.
14 Chronischer Botulismus in der Öffentlichkeit
15 Chronischer (viszeraler) Botulismus Sachverständigengespräch im BMELV am 20. September 2011 (Bräunig, 2011) Diagnostik von C. botulinum und seinen Toxinen Diagnostik muss optimiert werden Klare Definitionen des Krankheitsbildes fehlen Eintrag von C. botulinum in die Futtermittelkette über Biogasanlagen, Gülle und Mist es besteht Forschungsbedarf, da die Hypothese, dass viszeraler Botulismus durch Biogasanlagen begünstigt wird, wissenschaftlich derzeit nicht belegbar ist es wird eine Studie zur Häufung von Erkrankungen in Betrieben mit Biogasanlagen vorgeschlagen chronischer Botulismus in Tierbeständen Pilotstudie zum Nachweis von C. botulinum und seinen Toxinen in gesunden und chronisch-kranken Beständen
16 Werden bei der Vergärung auch Bioabfälle eingesetzt, so gelten auch düngemittelrechtliche u. abfallrechtliche Auflagen, u. a. in Bezug auf die seuchenhygienische Unbedenklichkeit. Vor der Ausbringung kann eine Hygienisierung notwendig werden, d. h. i.d.r. vor der Vergärung durch einstündiges Erhitzen auf 70 C oder durch thermophile Vergärung (mind. 24 Stunden mit 55 C). Grundsätzlich können Landwirte das Risiko für ihre Grundfuttermittel minimieren, wenn sie bei der Biogasgülle- oder Gärrestausbringung auf Grünland- und Futterflächen folgende Regeln beachten: Ausbringung vor Regen, in richtiger Menge, auf eine kurze Stoppel und auf eine dichte Grasnarbe, verbunden mit sauberer Futterwerbung und sachgerechter Silierung. Darüber hinaus sollte bedarfs- und wiederkäuergerecht gefüttert werden unter Einhaltung futtermittelhygienischer Standards. Die Diskussion zum chronischen Botulismus wird weiterhin kontrovers geführt.
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