Sonderseiten zum 50. Kantoreijubiläum

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1 Die Altmünsterkantorei wird 50 Kann der Kirchenchor einer Gemeinde sein fünfzigjähriges Jubiläum feiern, so ist der willkommene Anlass gegeben, inne zu halten, sich zu fragen, was ist denn in dem vergangenen halben Jahrhundert geschehen testen. Die Singakademie war ja schon mein Brigitte erklären wir mit 36 Jahren zur Dienstäl- und vor allem, in welche Richtung wird die zu, die Skala der Moll-Tonarten um die therapeu- Vorspann. Außerdem kommt ihr das Verdienst Entwicklung vermutlich weiter gehen. Betischen Pul-Moll-Varianten bereichert zu haben. vor wir uns diesen Fragen zuwenden, gilt es jedoch eine Besonderheit hervorzuheben, die im Falle unserer Altmünsterkantorei einzigartig ist: Zum Zeitpunkt des fünfzigjährigen Jubiläums ist der Gründer des Chores, Kantor Prof. Eberhard Volk, nach wie vor deren Leiter. Zum Zeitpunkt der Gründung war Eberhard Volk noch Student der Germanistik und Schulmusik. Der damalige Altmünsterpfarrer Egon Rühl erkannte schnell, hier war ein rühriger junger Mann am Werk, der nicht nur die Orgel zu spielen versteht, sondern der auch junge Menschen für die Chormusik begeistern kann. Letzteres war dringend nötig, denn der bestehende Kirchenchor war hoffnungslos überaltert. Die Gründung eines neuen Chores, damals Jugendkantorei genannt, bot die Möglichkeit, ein Instrument heranzubilden, das die Gottesdienste bereicherte und mit dem erste Schritte auf dem schwierigen Feld der kirchenmusikalischen Konzertpraxis gewagt werden konnten. Nach der anfänglichen Aufführung Seit 1982 oder 83, bin also kleinerer Werke konnte die Kantorei schon ca. 30 Jahre dabei und Ende der siebziger Jahre der Chor habe bereits einige Jubiläen war damals noch nicht einmal zwei mitgefeiert Jahrzehnte alt - sein erstes Oratorium zu Gehör bringen, es war der Messias von G.F.Händel. Danach begann die Zeit, in der die Altmünster Kantorei bei großen Konzer-

2 ten eine Chorgemeinschaft mit der Mainzer Singakademie einging. Fast alle gängigen Werke der kirchenmusikalischen Weltliteratur wurden zur Aufführung gebracht, aber auch selten zu hörende Stücke der Kirchenmusik kamen ins Programm, erinnert sei nur an das Stabat Mater des Mainzer Komponisten Peter Cornelius ( ). Trotz der erfolgreichen Chorgemeinschaft mit der Singakademie führte die Kantorei immer mal wieder auch große Aufführungen allein durch, so beispielsweise alle sechs Kantaten von Bachs Weihnachtsoratorium Mitte der neunziger Jahre. Seit Eberhard Volk vor knapp Manch ein Exemplar aus unserem Notenarchiv zeugt von der langen Kontinuität intensiver Chorarbeit: Warum ist der Bass da plötzlich verstummt? Das war unsere letzte Seite! zehn Jahren die Leitung der Mainzer Singakademie abgegeben hat und die Chorgemeinschaft folglich nicht mehr besteht, beschränkt sich die Kantorei neben der regelmäßigen Ausgestaltung der Gottesdienste auf die Aufführung e- her kleinerer Werke. So rückte vor allem der Komponist Heinrich Schütz ( ) in den Vordergrund. Seine musikalischen Exequien kamen ebenso zur Aufführung wie seine beiden Passionen und viele seiner Motetten. Aber auch die Moderne wurde, nicht unbedingt zur Freude der Gemeindemitglieder, nicht vernachlässigt. Daneben wurden immer mal wieder Bachkantaten zu Gehör gebracht, die sich, von einem solistisch besetzten Orchester begleitet, ganz der historischen Aufführungspraxis verpflichtet zeigten. Erinnert sei an das Konzert vom 8. November 2008, in dem die russische Sopranistin Tatjana Charalgina einen unvergesslichen Eindruck hinterließ. Ich habe mich nach längerem Zögern endlich getraut und aufgerafft. Vorher habe ich mit meinem Sohn in der Musikalischen Früherziehung noch ein bisschen geübt und wollte danach mit dem Singen nicht wieder aufhören

3 Leider ist die Konzertpraxis für jede Kirchengemeinde ein Zuschussbetrieb. Die finanziellen Möglichkeiten der Altmünstergemeinde haben, weil steigende Belastungen in anderen Bereichen zu verkraften waren, auf diesem Gebiet eher ab- als zugenommen. So wird sich die Kantorei vor allem auf die Ausgestaltung der Gottesdienste konzentrieren und die Mein Onkel Georg Jelden war es, der mich damals auf diesen Chor und dessen Leiter hingewiesen hat. Er selbst hatte früher (v.a. in den 60er und 70er Jahren) verschiedentlich bei Konzerten der Altmünster-Kantorei solistisch mitgewirkt. Aufführungen von Konzerten wird sie eher als seltene Höhepunkte feiern dürfen. In diesem Zusammenhang sei auf das geplante Konzert zum fünfzigjährigen Jubiläum hingewiesen. Es wird am 4. November 2012 stattfinden und unter anderem die Bachkantaten Allein zu dir, Herr Jesu Christ und Ein feste Burg ist unser Gott enthalten. Die Zukunft der Altmünsterkantorei sieht eher düster aus. Sie hängt untrennbar zusammen mit der Stelle des Kirchenmusikers oder der Kirchenmusikerin, die für unsere Gemeinde seit fast 10 Jahren gestrichen ist. Seit mehr als neun Jahren versieht Eberhard Volk diesen Dienst dankenswerterweise für eine geringe Aufwandsentschädigung über seine Pensionsgrenze hinaus. Was geschieht mit der Kantorei nach Eberhard Volk? Diese Frage muss sich die Altmünstergemeinde veranlasst durch das Jubiläum vor allem stellen. Insbesondere der Kirchenvorstand dürfte dabei gefragt sein. Ohne Kirchenmusik wird nicht nur das gottesdienstliche Leben einer Gemeinde erheblich ärmer, das Gemeindeleben ins- Keine Liebe auf den ersten Blick, sondern ein Suchen und Finden, ein Ankommen und Weggehen und am Ende dann doch ein Zurückkommen: Hanswolf Scriba und St. Johannes Babypause Professor Volk und Altmünster dies und das Ralf Bibiella und Rheinhessenkantorei und endlich wieder zurück nach Altmünster!

4 gesamt wird eines besonderen Aspektes beraubt, denn was ist Kirchenmusik anderes als die Verkündigung von Gottes rettendem Handeln in Jesus Christus mit den Mitteln der Musik, und die reichen manchmal weiter als das gesprochene Wort es vermag. Rainer Vinke Ein Interview mit Prof. Eberhard Volk Die Fragen stellte Dr. Frieda Meyer-Jedamski Dr. Meyer-Jedamski: Wir feiern in diesem Jahr den 50. Geburtstag der Altmünsterkantorei. Wie kam es 1962 zur Gründung? Prof. Eberhard Volk: Am 1.Okrober 1961 trat ich mein Amt als Kirchenmusiker der Altmünstergemeinde an. Ich fand einen von meinem Vorgänger, Herrn Walter Zachert, geführten Gemeindechor vor, der aber nach etwa einem Jahr aus Altersgründen kaum noch singfähig war und daher aufgelöst werden

5 musste. Eine intensive Werbung um neue Mitglieder war vergeblich gewesen. So musste ein Neuanfang gefunden werden: Der damalige Gemeindepfarrer Egon Rühl wandte sich mit einem Aufruf an die früheren Konfirmanden und ich konnte den Start eines Jugendchores wagen. Da ich bereits seit meinem Dienstantritt mit den damals noch großen Konfirmandengruppen regelmäßig Choräle und geistliche und weltliche Kanons gesungen hatte, war der Kontakt bereits hergestellt und die erste Chorprobe im November 1962 war gut besucht. Beim Neuaufbau des Chores begannen wir zunächst mit 1-2 stimmigen Choralsätzen mit Orgelbegleitung, probten aber auch immer wieder Kanons jetzt schon von etwas größerer Schwierigkeit und bis zur 3- und 4-stimmigkeit mit höherem Anspruch auch an das mehrstimmige Singen. Als dann die ersten Männerstimmen dazu kamen, konnten auch bereits 3stge Chorsätze (vor allem aus dem Jahrkreis von Hugo Distler u.a.) gesungen werden. Eine kurze Rückblende sei mit 20 Leuten 8stimmig im Kreuzgang von St. Stephan vergisst man nie. Die Nacht der offenen Kirchen führte an den verschiedenen Haltestellen ihrer Zeitmaschine mit begleitenden Lesungen in die Musik der einzelnen Epochen: Gregorianik, Reformation, Klassik, Romantik bis in die Gegenwart erlaubt: Seit meinem 1. Semester als Musikstudent hatte ich auf Empfehlung von Diethard Hellmann, dem damaligen Kantor an der Christuskirche in Mainz, in dessen Kantorei ich mitsang, die Leitung der Ev. Studentenkurrende übernommen. Mit ihr hatte ich bald sehr gute Ergebnisse vorzuweisen, so dass sogar Funkaufnahmen mit dem Südwestfunk möglich wurden vor allem mit Werken von Heinrich Schütz(Passionen) und Hugo Distler (Geistliche Chormusik/ Mörike Chorliederbuch), Pepping (Motetten) unter Mitwirkung namhafter Solisten wie z.b. des damals sehr bekannte Georg Jelden.

6 Durch diese Arbeit fand ich auch Unterstützung (vor allem in den Männerstimmen) für meinen nun Jugendkantorei der Altmünstergemeinde genannten neuen Chor, so dass jetzt leichtere 4stg. Sätze möglich wurden und einfachere 3-4stg. Kantaten mit Instrumenten aufgeführt werden konnten. Bereits im ersten öffentlichen Konzert (10. März 1963) Konzertreise in bella Italia ist ein absolutes Highlight! Auf der Rückreise folgt die Ernüchterung kurz vor dem Gotthardtunnel: Buspanne! Ankunft in MZ 5 Uhr morgens. Nach Kurzdusche zur Arbeit. Musik on tour! tauchen Komponistennamen wie Buxtehude, Händel und Bach auf. Hinzu kamen jetzt auch schon die ersten Auslandsreisen z.b. in die Mainzer Partnerstädte nach Watford in England und Dijon in Frankreich. Außer Studenten aus der Ev. Studentengemeinde und der Hochschule kamen vermehrt auch Schüler des Gutenberg- Gymnasiums, in dem ich als Musiklehrer hauptamtlich tätig war, zu unserem Chor und verstärkten ihn ganz erheblich. Neben den oben bereits genannten Komponisten Buxtehude, Händel, Bach und Distler, deren Werke sich wie ein rotes Band durch die gesamte Chorarbeit der 50 Jahre des Bestehens ziehen, tauchen nun als weitere Namen auf: Monteverdi, Mozart, Mendelssohn-Bartholdy, Schumann, Brahms und Orff.Dies ergab eine Ausweitung auf andere Stilepochen, die allerdings auch eine Weiterentwicklung des Chores bedeuteten. Weitere Einzelheiten können in der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Altmünsterkantorei nachgelesen werden. Dr. Meyer-Jedamski: Das von Ihnen soeben genannte Stichwort Weiterentwicklung möchte ich Ihnen jetzt als Interviewfrage zuspielen. Prof. Eberhard Volk: Durch mein Referendariat in Worms lernte ich meinen Mentor Not schweißt zusammen und aktiviert ungeahnte Selbsthilfe-Kräfte. Trotz des schweren Unfalls wird die Aufführung des Requiems gerettet

7 und späteren Kollegen an der Musikhochschule, Prof. Tobias Ihle, kennen, der von meiner Chorleitungstätigkeit in Mainz erfuhr, und eine Zusammenarbeit der Wormser und Mainzer Chöre für größere Projekte vorschlug. So wurde die erste Aufführung eines Oratoriums mit Chor, Solisten und Orchester in Worms und Mainz möglich: Der Messias von G.Fr. Händel (in englischer Original Sprache) mit englischen Solisten (T. Penrose, J. Griffet, W. Mason). Die Aufführungen fanden in Worms in Die Aufführung des Weihnachtsoratoriums im Rheinhessischen Stephansdom strapaziert unser aller Nerven bis zum Herzrasen. Der Solobassist ist nicht erschienen. Jetzt singen wir bereits Choral Nr. 5. Und dann? Muss Prof. Volk der andächtig konzentrierten Gemeinde eine Lücke ankündigen? Da huscht im letzten Moment ein schwer keuchender Irrläufer herein. Im Chagall-Stephan hatte ihn die leere Kirche mächtig irritiert der Lutherkirche, in Mainz aus Platzgründen in der St. Stephanskirche in Mz-Gonsenheim am 4. und 6. Dezember 1977 statt. Diese Kirche wurde dann später für die meisten Aufführungen von Oratorien unsere Aufführungskirche. Durch die Verpflichtung der englischen Sänger und der Aufführung in Originalsprache bahnte sich auch die intensive Beschäftigung mit der Aufführungspraxis der barocken Oratorien-Literatur an, die bald auch zur Verpflichtung von Orchestern führte, die auf Original-Instrumenten (historische Instrumente oder historische Nachbauten) spielten: so zuerst bei der Aufführung der Marienvesper von Claudio Monteverdi am (Musica fiata Köln (mit Zinken und Posaunen) und dem holländischen Orchester Florilegium musicum Amsterdam mit Oboen, Flöten Fagotten und Streichern in Original-Bauart) Entsprechend musste sich der Chor jetzt ebenfalls mit der historischen Aufführungspraxis beschäftigen, was eine intensive Auseinandersetzung mit der Artikulationsart der Chorwerke und der barocken Klanggebung erzwang. Diese Beschäftigung wurde bald zu einem Markenzeichen unserer Aufführungen was in Mainz völlig neu und so zum ersten Mal zu hören war.

8 Ein neuer Abschnitt der Entwicklung der Altmünsterkantorei begann mit der im Jahre 1979 beginnenden Zusammenarbeit mit der Mainzer Singakademie, deren Leitung ich im Januar 1979 übernahm. Von da an traten beide Chöre bei großen Aufführungen in der Regel miteinander auf und es wurde so die Auseinandersetzung mit der großen Oratorienliteratur möglich. Neben allen großen Oratorien- Werken von Bach wie Johannes-Passion, Matthäus-Passion, Weihnachts-Oratorium (alle 6 Kantaten), Magnificat, Himmelfahrts-Oratorium, H-Moll-Messe und Oratorien von Händel Messias, Jephta, Dettinger Te Deum, Israel in Ägypten, Brockes- Passion u.a. wurden jetzt auch die Aufführungen der klassischen und romantischen Komponisten in Angriff genommen wie Haydn ( Jahreszeiten, Schöpfung ) Mozart ( c-moll-messe, Requiem, Krönungsmesse u.a) Beethoven Nach rund 20 Jahren komme ich wieder, sehe in viele bekannte Gesichter und werde begrüßt, als wäre ich nur mal eben weggewesen. Das spricht für den Kantor und für die Gemeinschaft und macht jede Woche neu Lust auf Die To die To die Tohohonne Ad multos annos Altmünsterkantorei ( Missa solemnis mit Originalinstrumenten 1987!), Mendelssohn ( Elias, Paulus, Lobgesang ), Cornelius ( Stabat mater, Großes Domine ) Schubert ( Messe As-dur ) Brahms ( Ein deutsches Requiem, Schicksalslied ) Bruckner ( Messe in e- moll, Messe in d-moll, 150. Psalm ), Rossini ( Petite Messe solennelle ), Orff ( Carmina burana ) Die genauen und vollständigen Angaben können auch hier wieder in der Festschrift zum 50. Jubiläum der Altmünsterkantorei nachgelesen werden. Dr. Meyer-Jedamski: Bis heute beobachten wir Ihren Kontakt zur Musikhochschule der Universität. Inwiefern beeinflusste diese als ständiger Begleiter die Chorarbeit?

9 Prof. Eberhard Volk: Im Jahre 1973 wurde ich zum Professor an den damaligen Fachbereich Musik, heute Hochschule für Musik, und als Leiter der Schulmusikabteilung berufen. Meine Lehrfächer waren u.a. Chorleitung und Orchesterleitung. Somit war die Grundlage gelegt für eine gegenseitige Befruchtung von Lehre und Praxis, die für beide Seiten positive Auswirkungen hatte: ich konnte die Studierenden immer wieder mit meinen praktischen Erfahrungen bei der Chorarbeit und der Erarbeitung der Werke bedeutender Komponisten konfrontieren, umgekehrt kamen immer wieder auch Möglichkeiten der In Erinnerung sind mir die ersten Proben in den 80er Jahren vor allem auch deswegen, weil im Chor gestrickt wurde, was mich zunächst etwas befremdet hat. (Diese Modeerscheinung hat sich jedoch bald gelegt.) In diesen Proben ging es immer recht lustig zu. Trotzdem kam die Probenarbeit nicht zu kurz offenbar waren da Multitalente am Werk. Zusammenarbeit zustande, bei denen Studierende in meinen Chören mitsangen, bzw. diese auch gelegentlich unter meiner Aufsicht und Anleitung leiten konnten. Höhepunkte dieser Zusammenarbeit waren die Aufführung der sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums in Mainz und der h-moll-messe von J.S. Bach in Frankfurt- Höchst, in der ausgewählte Studierende Profi-Solisten, Profi- Orchester (bei der h-moll-messe sogar mit Original-Instrumenten) und die mitwirkenden Chöre leiten und so einen engen Kontakt mit der Praxis erwerben konnten. In jüngster Zeit zeugt der unter meiner Mitwirkung erfolgte Einbau der früheren Orgel der Hochschule für Musik als zweite und jetzige große Haupt-Orgel der Altmünsterkirche von der noch immer guten Zusammenarbeit (auch nach meiner Pensionierung) vor allem mit der Kirchenmusikabteilung der Musikhochschule und ihrem Leiter Prof. Gerhard Gnann. Durch Aufführungen mit zwei Orgeln (Altarund Empore) und von zwei Chören wurden die musikalischen Möglichkeiten in der Altmünsterkirche noch vielfältiger!

10 Dr. Meyer-Jedamski: Alte Plakate künden von den Aufführungen großer Meister. Welche davon möchten Sie als besondere Höhepunkte kommentieren? Prof. E. Volk: In meiner Chorarbeit war ich immer bestrebt, stilistisch möglichst vielfältig zu arbeiten, unterschiedliche Werke aus verschie- Das hat keiner schöner ausgedrückt als Martin Luther in seinem Entwurf über die Musik von 1530: weil sie die Seelen fröhlich macht. Weil die protestantische Liedkultur mich von frühester Jugend an geprägt und seither ein treuer Begleiter geblieben ist denen Epochen zu proben und aufzuführen. Trotzdem zieht sich durch die gesamte Chorarbeit mit der Altmünsterkantorei der rote Faden Schütz und zeitgleiche Komponisten; Bach und Händel, dann aber auch die großen Komponisten der Romantik, wie Mendelssohn, Brahms, Bruckner. Einzelne Werke von bestimmten Komponisten dabei als besondere Höhepunkte herauszuheben, fällt schwer: Ein gut gelungener a-cappella-chorsatz (z.b. H. Wolf Sechs geistliche Lieder ) kann dabei genauso im Gedächtnis bleiben wie die gelungene Aufführung eines großen Oratoriums. Hier allerdings erinnere ich mich sehr gerne an die vielen Aufführungen mit bedeutenden, weltweit bekannten Gesangssolisten wie z.b. Peter Schreier,(Johannes- und Matthaeus-Passion) Siegfried Lorenz (Brahms Requiem), Hermann Christian Polster,(Matthäus-Passion), Ute Selbig (Bach-Passionen, Brahms-Requiem), Venceslava Hruba-Freiberger (Brahms-Requiem), Barbara Hoene und Andreas Scheibner (Haydn Schöpfung) aus Leipzig und Dresden, den englischen Barock-Spezialisten Ruth Holton, Una Barry, Timothy Penrose, John Riley Schofield, Paul Elliot, Michael George, Paul Esswood, Barbara Schlick, Johanna Koslowski, David Cordier (Johannes- Passion von Bach),Hans- Peter Blochwitz (Bach Matthäus-Passion; Weihnachtsoratorium, Mendelssohn: Elias,) Berthold Possemeyer (Bach Johannes-Passion; Mendelssohn: Elias) und den Kollegen von der Musikhochschule Ingrid Kremling (Missa solemnis ), Claudia

11 Eder (Johannnes-Passion, Weihnachtsoratorium, Rossini Petite Messe solennelle), Eduard Wollitz (Johannes-Passion) u.v.a; in gleicher Weise gern erinnere ich mich an die interessante und befruchtende Zusammenarbeit mit den zahlreichen bedeutenden Instrumentalisten und Orchestern (z.b. Philharm. Staatsorchester Mainz, Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Deutsches Philharmonisches Orchester Frankfurt/Main, Rundfunkorchester des Südwestrundfunks Kaiserslautern u.v.a) Proben an Wochenenden, vor allem wenn die Kinder noch klein sind! Stöhn, Ächz! Aber wir haben alle bedeutenden geistlichen Chorwerke Oratorien, Passionen, Messen - einstudiert, liefen dabei zur Hochform auf: Montag: Chor Donnerstag: Chor, Klavier Freitag: Chor, Klavier, Solisten Samstag: Chor, Orchester Sonntag: Aufführung, zum Teil mit alten Insturmenten Dr. Meyer-Jedamski: Welche musikalischen Schwerpunkte prägten die Chorarbeit? Prof. Eberhard Volk Wie aus dem vorher Gesagten bereits deutlich wurde, gibt es in der Chorarbeit mit der Altmünsterkantorei eine stetige Entwicklung vom Leichten (1-3stg. Sätze) zum Schwierigen (5-8stg Chorsätze von Bach (Motetten), Brahms (Volksliedersätze/Fest- und Gedenksprüche u.a.), Mendelssohn (4-8stg. Sätze) Raphael ( Deutsch- Lateinisches Credo ), vom Barock bis zur Moderne (Schütz Schein Buxtehude Bach Händel Haydn- Mozart Mendelssohn Brahms Bruckner Distler Pepping - Hindemith Orff David K. J. Müller (Uraufführung, 1981: Feuersignale über Abgründe geblinkt; anl. des 150jährigen Jubiläums der Mainzer Singakademie/ ehemals Mainzer Liedertafel) um nur einige wenige Komponisten zu nennen, mit deren Chorwerken wir uns in den letzten 50 Jahren beschäftigten. Grundlage aller unserer Arbeit war und ist bis heute aber die a- cappella-chorarbeit mit stimmbildnerischer Vorbereitung an Choralsätzen, Motetten und Messen vor allem für den Gottesdienst, den die Altmünsterkantorei regelmäßig über 50 Jahre hinweg und i. d.

12 Regel allein und ohne Unterstützung durch andere Chöre ausrichtete. Dies war so habe ich es immer und bis heute gesehen - die erste und eigentliche Aufgabe unserer chorischen Bemühungen, Seit 5 Uhr auf den Beinen. 10 Stunden Arbeit. mit a-cappella-chormusik die Gottes- Aber Chor muss sein. Muntermacher? Gähn! dienste musikalisch zu bereichern; die großen Konzerte waren zwar immer die künstlerischen Höhepunkte im Jahr, die aber stimmlich und chortechnisch von der a-cappella - Arbeit befruchtet wurden und ohne diese nicht machbar gewesen wären. Dr. Meyer-Jedamski: Sie sprechen vom innermissionarischen Dienst der Kirchenmusik. Geben Sie uns bitte konkrete Beispiele.

13 Prof. Eberhard Volk: Mit dieser Frage sprechen Sie doch wohl die umfassendere Aufgabe und den Auftrag der Kirchenmusik im Gottesdienst und Konzert an. Viel besser als ich es könnte, hat hierauf der damalige Gemeindepfarrer der Altmünstergemeinde, Pfarrer Dr. Schulz-Rauch, in seinem Vorwort in der Festschrift zum 40ten Jubiläum der Altmünsterkantorei eine Antwort gegeben, die ich hiermit zitieren möchte: Kirchenmusik, so wie sie von der Altmünsterkantorei bis heute gepflegt wird, ist eine eigenständige, vollwertige und oftmals sehr viel wirkungsvollere, weil die Sinne elementar ansprechende Verkündigung und Auslegung des Gotteswortes. Solange gilt, Gott loben, das ist unser Amt (EG 288,5) solange transportiert die Kirchenmusik nicht nur erhabene Stimmung und bildungsbürgerlichen Wohlgenuss. Der Lobpreis Gottes und die Anerkennung seiner souveränen Majestät als Zentrum des christlichen Gottesdienstes darf sich nicht beschränken auf lehrhafte Auslegung des Predigers und eifriges diakonisches Wirken der Gemeinde. Gott vielmehr ist zu loben mit Herzen, Mund und Händen (EG 321,1) mit dem ganzen Leib und allem Gefühl, was außer durch Reden, Hören, Denken und Handeln vor allem durch fröhliches Singen, erhabenes Klingen und lautes Jubeln geschieht. Oder mit den Worten J. S. Bachs, der am Ende einiger seiner Kompositionen schrieb: S D S Soli Deo Gloria! Der von mir in einem anderen Zusammenhang kurz angesprochene innermissionarische Dienst der Kirchenmusik ist nur ein Teilaspekt der oben angeführten ei- Singen macht Spaß! Auch wenn ich am Montagabend manchmal lieber müde auf dem Sofa sitzen bleiben würde, komme ich immer gut gelaunt und beschwingt aus der Probe. Und dieses Gefühl hält mindestens noch am nächsten Tag an, weil die Musik im Kopf weiterspielt und man fröhlich vor sich hin summt gentlichen Aufgaben der Kirchenmusik aus heutiger Sicht und bezieht sich auf die Auswirkungen, die Kirchenmusik haben kann für die, die als Chormitglieder zunächst vorwiegend aus Freude an der Musik zu den Pro-

14 ben gekommen sich nun mit kirchlichen Texten und Fragestellungen bei der Einstudierung auseinandersetzen müssen und sich ihnen gewollt oder ungewollt - nähern. Dies gilt in unserer heutigen immer stärker säkularisierten Welt aber natürlich in gleicher Weise für die Besucher kirchenmusikalischer Konzerte die oft besser besucht sind als mancher Gottesdienst. Dr. Meyer-Jedamski: Mit welchen Wünschen begleiten Sie die Kantorei zum 50. Jahrestag? Prof. Eberhard Volk: Vor dem Ausblick auf die Zukunft, gilt vor allem eines: Dank zu sagen vor allem den Chorsängerinnen und Chorsängern der Altmünsterkantorei, die in den zurückliegenden 50 Jahren einen Groß-Teil zum Gelingen der genannten Aufführungen beigetragen haben, dann aber auch den Pfarrern und Kirchenvorständen. die finanziell und durch unterschiedliche organisatorische Hilfen diese Arbeit unterstützt haben und sie hoffentlich auch weiter unterstützen werden. Dank auch denen, die durch Zuschüsse besonders in den letzten Jahren unsere Arbeit ermöglichten (hier besonders Zuschüsse aus Mitteln der EKHN Zentrum Verkündigung + Dezernat Noschka, Zuschüsse des Dekanates Mainz aus Mitteln der Stiftung Evang. Mainz und für nebenamtlich verantwortete kirchenmusikalische Arbeit. Zu Ihrer eigentlichen Frage zurückkommend, wünsche ich der Altmünsterkantorei viele weitere Jahre im Sinne der in den beschriebenen Jahren begonnenen Arbeit - hoffentlich mit der gleichen Unterstützung wie ich sie hatte deshalb vor allem hier der Aufruf an alle Gemeindemitglieder: Singen Sie mit in der Altmünsterkantorei: Kommen Sie ganz einfach zu den Proben montags ab19.30 Uhr im Gemeindesaal der Altmünstergemeinde und probieren Sie es aus: alle werden Ihnen helfen, eventuelle Anfangsprobleme zu überwinden. Mein Wunsch also zum Schluss: Ad multos annos Die Zitate im Text: Zwischentöne Pausengeflüster gesammelt in der Kantorei von Dr. Frieda Meyer-Jedamski

15 Festkonzert zum 50jährigen Jubiläum der Altmünsterkantorei Mainz Sonntag, 4. November Uhr in der Altmünsterkirche Mainz Johann Sebastian Bach Kantate BWV 148 Bringet dem Herrn Ehre seines Namens Kantate BWV 80 Ein feste Burg ist unser Gott Kantate BWV 137 Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren Für Soli, Chor und Instrumente Altmünsterkantorei Leitung: Eberhard Volk Eintritt frei- Spende erbeten!