FALL III: Studiengebühren (gemischte Bescheidbeschwerde)
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- Renate Neumann
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1 Übung Verfassungsrecht SS 2011 Bruno Binder/Simone Grochar Diplomstudium Rechtswissenschaften/Bachelorstudium Wirtschaftsrecht FALL III: Studiengebühren (gemischte Bescheidbeschwerde) 1. Sabine S (österreichische Staatsbürgerin, wohnhaft in Steyr, S-Straße 34) schließt im Juni 2009 die Handelsakademie mit der Matura erfolgreich ab. Bereits während ihrer Schulzeit zeigte sie besonderes Interesse an den wirtschaftskundlichen Fächern. Im Herbst 2009 entschließt sie sich daher, ein einschlägiges Studium zu inskribieren und entscheidet sich wegen der besonderen Praxisnähe für das Bachelorstudium Controlling, Rechnungswesen und Finanzmanagement an der FH Oberösterreich. 2. Nach dem ersten Studienjahr zweifelt Sabine S jedoch an ihrer Studienwahl. Sie überlegt, doch ein breiter angelegtes Universitätsstudium zu absolvieren. Um eine gewissenhafte Entscheidung treffen zu können, will sie jedoch zunächst lediglich einzelne Lehrveranstaltungen des Bachelorstudiums Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz besuchen. Sie beantragt im September 2010 die Zulassung als außerordentliche Studierende. Dem Antrag wird statt gegeben, Sabine beginnt ihr außerordentliches Studium im Wintersemester 2010/ Sabine stellt sich die Frage, ob sie für ihr außerordentliches Studium einen Studienbeitrag bezahlen muss. Sie wird aus 91 Abs 1 und 2 Universitätsgesetz sowie 2 Abs 3 und 2a Studienbeitragsverordnung nicht schlau. Als außerordentliche Studierende gelten für sie keine Studienabschnitte, weswegen ihr mehr als fraglich erscheint, ob außerordentliche Studierende überhaupt unter 91 Universitätsgesetz fallen. Da Sabine S für den Besuch einzelner Lehrveranstaltungen des Bachelorstudiums Wirtschaftswissenschaften keinen Studienbeitrag zahlen will, stellt sie am 10. Oktober 2010 an den Vizerektor für Lehre der Johannes Kepler Universität Linz den Antrag auf Feststellung, nicht verpflichtet zu sein, gemäß 91 Universitätsgesetz den Studienbeitrag für das Wintersemester 2010/11 zu bezahlen. Der Rektor, nicht der Vizerektor für Lehre, weist diesen Antrag mit Bescheid vom 15. November 2010, GZ Geb-214/10, ab und stellt fest, dass Sabine S als außerordentliche Studierende jedenfalls verpflichtet ist, den Studienbeitrag zu entrichten. Gegen diesen Bescheid erhebt Sabine S fristgerecht Berufung, die vom Senat der JKU Linz mit Berufungsbescheid vom 31. Jänner 2011, GZ StG-05/11, abgewiesen wird. Die Begründung erschöpft sich unter Abdruck der maßgeblichen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen in einem Verweis auf die folgende Rechtslage: 1
2 Auszug aus dem Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 UG) BGBl I 2002/102 idf BGBl I 2009/81 II. Teil Studienrecht 91. (1) Studierende, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, EU Bürger sind oder denen Österreich aufgrund eines völkerrechtlichen Vertrags dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie Inländern, haben, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als zwei Semester überschreiten, keinen Studienbeitrag zu entrichten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes, der während der Studienzeit absolviert wird, werden auf die vorgesehene Studienzeit nicht angerechnet. (2) Studierende, die die Voraussetzungen gemäß Abs 1 nicht erfüllen, haben jedes Semester einen Studienbeitrag in der Höhe von 363,36 Euro zu entrichten. Der Studienbeitrag erhöht sich bei Entrichtung innerhalb der Nachfrist um 10 vh. (3) (4) (5) (6) Nähere Bestimmungen zur Einhebung des Studienbeitrages sind durch Verordnung der Bundesministerin oder des Bundesministers festzulegen. Auszug aus der Verordnung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur über Studienbeiträge (Studienbeitragsverordnung 2004 StubeiV 2004) BGBl II 2004/55 idf BGBl II 2009/3 2. (1) (2) (3) 91 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 ist nur auf ordentliche Studierende anzuwenden. 2a. (1) Die Universitäten haben von Amts wegen für die an ihrer Universität belegten Studien zu ermitteln, ob die Studienzeit gemäß 91 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 (vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt zuzüglich zwei Semester) überschritten wurde. Jenen Studierenden, die die Studienzeit gemäß 91 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 nicht überschritten haben, ist anlässlich der Meldung der Fortsetzung des Studiums kein Studienbeitrag vorzuschreiben. (2) (3) Jenen Studierenden, die die Studienzeit gemäß 91 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 (vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt zuzüglich zwei Semester) überschritten haben, ist anlässlich der Meldung der Fortsetzung des Studiums der Studienbeitrag vorzuschreiben. (4) Die Bestimmung des 91 Abs 1 Universitätsgesetz 2002 über die Studienzeit pro Studienabschnitt ist auf Diplomstudien anzuwenden. Bei Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien bezieht sich die vorgesehene Studiendauer gemäß 91 Abs 1 des Universitätsgesetzes 2002 auf die gesamte Studiendauer des betreffenden Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. (5) 4. Sabine S hält den ihr am 02. Februar 2011 zugestellten Berufungsbescheid für rechtswidrig und will ihn vor dem Verfassungsgerichtshof anfechten. 2
3 Rechtsvorschriften Auszug aus dem Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 UG), BGBl I 2002/102 idf BGBl I 2009/81 I. Teil Organisationsrecht 19. (1) Jede Universität erlässt durch Verordnung (Satzung) die erforderlichen Ordnungsvorschriften im Rahmen der Gesetze und Verordnungen selbst. (2) In der Satzung sind insbesondere folgende Angelegenheiten zu regeln: Einrichtung eines für die Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmungen in erster Instanz zuständigen monokratischen Organs; 22. (1) Das Rektorat leitet die Universität und vertritt diese nach außen. Es hat alle Aufgaben wahrzunehmen, die durch dieses Bundesgesetz nicht einem anderen Organ zugewiesen sind. Zu seinen Aufgaben zählen insbesondere: Einhebung der Studienbeiträge in der gesetzlich festgelegten Höhe; 10. (3) Das Rektorat besteht aus der Rektorin oder dem Rektor und bis zu vier Vizerektorinnen oder Vizerektoren.. (6) Das Rektorat hat eine Geschäftsordnung zu erlassen, die der Genehmigung des Universitätsrats bedarf und die im Mitteilungsblatt zu verlautbaren ist. In der Geschäftsordnung ist festzulegen, welche Agenden gemäß Abs 1 den einzelnen Mitgliedern des Rektorats allein zukommen, welche Agenden von zwei Mitgliedern des Rektorats und welche von allen Mitgliedern gemeinsam wahrzunehmen sind. 25. (1) Der Senat hat folgende Aufgaben: Entscheidungen in zweiter Instanz in Studienangelegenheiten. 46. (1) (2) In Studienangelegenheiten endet der administrative Instanzenzug in behördlichen Verfahren beim Senat. II. Teil Studienrecht 51. (1) In Vollziehung der Studienvorschriften werden die Universitäten im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig. (2) Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen: Ordentliche Studien sind die Diplomstudien, die Bachelorstudien, die Masterstudien und die Doktoratsstudien. 3. Diplomstudien sind die ordentlichen Studien, die sowohl der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten, welche die Anwendung wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnisse und Methoden erfordern, als auch deren Vertiefung und Ergänzung dienen. 4. Bachelorstudien sind die ordentlichen Studien, die der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung und der Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten dienen,. Sie sind nicht in Studienabschnitte gegliedert. 5. Masterstudien sind die ordentlichen Studien, die der Vertiefung und Ergänzung der wissenschaftlichen und künstlerischen Berufsvorbildung auf der Grundlage von Bachelorstudien dienen. Sie sind nicht in Studienabschnitte gegliedert. 12. Doktoratsstudien sind die ordentlichen Studien, die der Weiterentwicklung der Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit sowie der Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dienen. Sie sind nicht in Studienabschnitte gegliedert. 15. Ordentliche Studierende sind die Studierenden, die zu den ordentlichen Studien zugelassen sind. 20. Außerordentliche Studien sind die Universitätslehrgänge und der Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern. 22. Außerordentliche Studierende sind die Studierenden, die zu den außerordentlichen Studien zugelassen sind. 26. Der Umfang der Studien mit Ausnahme der Doktoratsstudien ist im Sinne des Europäischen Systems zur Anrechnung von Studienleistungen (European Credit Transfer System ECTS, ) in ECTS-Anrechnungspunkten anzugeben. Mit diesen Anrechnungspunkten ist der relative Anteil des mit den einzelnen Studienleistungen verbundenen Arbeitspensums zu bestimmen, wobei das Arbeitspensum eines Jahres Echtstunden zu betragen hat und diesem Arbeitspensum 60 Anrechnungspunkte zugeteilt werden. 54. (1) (3) Der Arbeitsaufwand für Bachelorstudien hat 180 ECTS-Anrechnungspunkte und für Masterstudien mindestens 120 ECTS- Anrechnungspunkte zu betragen. 3
4 Auszug aus der Organisation der Johannes Kepler Universität Linz, Mitteilungsblatt vom , 55.Stk. [Hinweis: Die Organisation stellt einen Bestandteil der Satzung der Johannes Kepler Universität Linz dar.] 3. (1) Das Rektorat besteht aus 5 Mitgliedern. Rektor/in Vizerektor/in für Finanz- und Ressourcenmanagement Vizerektor/in für Lehre Vizerektor/in für Forschung Vizerektor/in für Außenbeziehungen 24. Gemäß 19 Abs 2 Z 2 UG 2002 ist durch die Satzung ein in Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmungen in erster Instanz zuständiges monokratisches Organ einzurichten. Die Vizerektorin bzw. der Vizerektor für Lehre als jenes Mitglied des Rektorats, das nach der Geschäftsverteilung des Rektorats für alle Angelegenheiten der Lehre zuständig ist, ist zugleich auch monokratisches Organ, das für die Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmungen in erster Instanz zuständig ist. Auszug aus der Geschäftsordnung des Rektorats der Johannes Kepler Universität Linz, Mitteilungsblatt vom , 19.Stk., Pkt (1) Durch die Aufteilung der Geschäftsbereiche [...] und die nachstehend festgelegte Aufgabenverteilung wird die Gesamtverantwortung des Rektorats nicht aufgehoben. (2) Folgende Angelegenheiten sind von allen Mitgliedern des Rektorats gemeinsam wahrzunehmen und bedürfen der Beschlussfassung des Rektorats: (8) Folgende Angelegenheiten kommen dem Vizerektor für Lehre alleine zu: a) b) Einhebung der Studienbeiträge in der gesetzlich festgelegten Höhe ( 22 Abs 1 Z 9 UG 2002) c) d) Alle weiteren Kompetenzen in Studienangelegenheiten, die nach dem UG 2002 in die Zuständigkeit des Rektorats fallen. 4
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