Medien und Politik. 2. Medien und Demokratie
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- Rudolf Weiss
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1 Medien und Politik 2. Medien und Demokratie Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck Institut für Politikwissenschaft Universität Duisburg-Essen SS 2008
2 0. Überblick 1. Demokratie und Autokratie 1.1 Demokratie und Autokratie 1.2 Demokratie vs. Autokratie 1.3 Warum Demokratie? 1.4 Wellen der Demokratisierung 2. Medien in autokratischen politischen Systemen 2.1 Autoritäres Modell 2.2 Totalitäres Modell 3. Medien in demokratischen politischen Systemen 3.1 Liberales Modell 3.2 Sozialverantwortliches Modell 3.3 Partizipatorisches Modell 4/1/2008 2
3 1.1 Demokratie Demokratie = Volksherrschaft (Demos = Volk (mit vollen Bürgerrechten); Kratein = Herrschen ) Demokratie = government of the people, by the people, and for the people (Abraham Lincoln: Gettysburg address 1863) Demokratie = Oberbegriff für Vielzahl politischer Ordnungen, denen die begründete und rechtmäßige Berufung von Herrschaft auf den Willen des Volkes und die Rechenschaftspflichtigkeit der Herrscher gegenüber den Herrschaftsunterworfenen gemeinsam ist (nach Schmidt 1995: 205). Demokratie = a system of ruled open-endedness, or organized uncertainty (Przeworski 1991: 13) 4/1/2008 3
4 1.1 Autokratie Autokratie = Herrschaft, in der alle wesentlichen Entscheidungsbefugnisse einem einzigen Machtträger (Einzelperson oder Kollektivakteur) obliegen, der weder personell noch institutionell beschränkt, insbesondere ohne Mitwirkung, Zustimmung oder Kontrolle seitens der Beherrschten, regiert (nach Schmidt 1995: 92). 4/1/2008 4
5 1.2 Demokratie vs. Autokratie Autokratische Systeme Demokratie Totalitäre Systeme Autoritäre Systeme Defekte Demokratie Liberale Vollkommene Demokratie Demokratie Kontinuum politischer Systeme (Angelehnt an Merkel 1999) 4/1/2008 5
6 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Liberale Demokratie Staatsverfassung von Klein- und Flächenstaaten, in der die Herrschaft auf der Basis politischer Freiheit und Gleichheit sowie weit reichender politischer Beteiligungsrechte der Bevölkerung im Erwachsenenalter mittel- oder unmittelbar aus dem Staatsvolk hervorgeht, in wettbewerblich organisierten Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen erörtert und unter Berufung auf das Interesse der Gesamtheit oder der Mehrheit der Stimmberechtigten ausgeübt wird, und zwar unter dem Damoklesschwert der Abwahl der Regierenden durch das Volk oder dessen Vertreter. (Schmidt 2000: 21-2) 4/1/2008 6
7 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Polyarchie (Robert A. Dahl) 2 zentrale Merkmale der Polyarchie : "public contestation and the right to participate (Dahl 1971: 5). Für alle Bürger müssen folgende Bedingungen in gleichem Maße gegeben sein: die Möglichkeit, auf der Basis von informiertem Verständnis ( enlightened understanding ) Präferenzen zu formulieren, die Möglichkeit, diese Präferenzen den Mitbürgern und der Regierung durch individuelles und kollektives Handeln zu verdeutlichen, die gleiche Gewichtung aller Präferenzen unabhängig von Herkunft und Inhalt durch die Regierung. 4/1/2008 7
8 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Polyarchie (Robert A. Dahl) Abzusichern durch 6 institutionelle Garantien: Gewählte Repräsentanten treffen die politischen Entscheidungen; Freie und faire Wahlen; Recht auf freie Meinungsäußerung; Informationsfreiheit; Assoziations- und Koalitionsfreiheit; inklusive Bürgerrechte (aktives und passives Wahlrecht, Recht um Wählerstimmen und Unterstützung zu konkurrieren). 4/1/2008 8
9 1.2 Demokratie vs. Autokratie Autokratische Systeme Demokratie Totalitäre Systeme Autoritäre Systeme Defekte Demokratie Liberale Vollkommene Demokratie Demokratie Kontinuum politischer Systeme (Angelehnt an Merkel 1999) 4/1/2008 9
10 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Kriterien zur Unterscheidung politischer Systeme Herrschaftslegitimation = Wie und in welchem Umfang wird Herrschaft legitimiert? Herrschaftszugang = Wie ist Zugang zur politischen Macht geregelt? Herrschaftsmonopol = Von wem werden die politisch bindenden Entscheidungen getroffen? Herrschaftsstruktur = Wie verteilt/konzentriert ist staatliche Macht? Herrschaftsanspruch = Wie tief greift Staat in das Leben der Bürger ein? Herrschaftsweise = Wie wird Macht ausgeübt? 4/1/
11 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Merkmale politischer Systeme 1 Herrschafts... Demokratie Autoritäres System -Legitimation Volkssouveränität Mentalitäten Totalitäres System Geschlossene Weltanschauung -Zugang Offen (universelles Wahlrecht) Eingeschränkt (eingeschränktes Wahlrecht) Geschlossen (kein Wahlrecht) -Monopol Bei demokratisch legitimierten Institutionen Bei Führern/ Oligarchien Bei Führer(n) 4/1/
12 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Merkmale politischer Systeme 2 Herrschafts... Demokratie Autoritäres System -Struktur Pluralistisch Semipluralistisch (Gewaltenteilung, (einge- -hemmung, schränkte Getrolle) -konwaltenteilungschränkte -hemmung, -kontrolle) Totalitäres System Monistisch (keine Gewaltenteilung, -hemmung, -kontrolle) -Anspruch Eng begrenzt Umfangreich Unbegrenzt -Weise Rechtsstaatlich Rechtsstaatlich bis nicht rechtsstaatlich, repressiv nicht rechtsstaatlich, syst. repressiv, terroristisch 4/1/
13 1.2 Demokratie vs. Autokratie: Komparative Vorteile der Demokratie (Dahl 1998) Verhindert Tyrannei und Willkürherrschaft; garantiert fundamentale Bürgerrechte; gewährleistet persönliche Freiheiten; hilft Menschen, ihre Interessen zu schützen; ermöglicht Maximum an Selbstbestimmung; gewährleistet Maximum an moralischer Verantwortlichkeit; befördert persönliche Entwicklung; befördert relativ hohen Grad politischer Gleichheit; verhindert Kriege (zwischen Demokratien); befördert materiellen Wohlstand. 4/1/
14 1.3 Dritte Welle der Demokratisierung Jahr Zahl der Demokratien Anteil demokratischer Länder ,5 % ,5 % ,1 % ,8 % ,3 % ,5 % (Diamond/Plattner 2001: x) 4/1/
15 2. Medien in autokratischen politischen Systemen Siebert/Petersen/Schramm, Four Theories of the Press (1956), erweitert durch McQuail, Mass Communication Theory (1987): These: Gesellschaften versuchen, ihre Mediensysteme entsprechend je spezifischer normativer Leitvorstellungen so zu regeln und zu kontrollieren, dass sie erwünschte publizistische (und wirtschaftliche) Leistungen erbringen. Grundmodelle: Authoritarian theory --> Soviet communist (totalitarian) theory Libertarian (free press) theory --> Social responsibility theory --> Democratic-participant theory 4/1/
16 3. Medien in autokratischen politischen Systemen Autoritäre Systeme Totalitäre Systeme Hauptzweck Kontrolle Verboten Unterstützung der Regierung und ihrer Politik; Ablenkung durch Unterhaltung. Medien sind in staatlichem oder lizenziertem privatem Besitz; staatliche Ressourcenkontrolle; Vor- und Nachzensur unterschiedlichen Ausmaßes. Kritik der Herrschenden und ihrer Politik. Unterstützung der Regierung, ihrer Politik und ihrer Ideologie; Mobilisierung der Massen. Medien sind Teil des Staatsapparates; ständige Überwachung, strikte Vor- und Nachzensur. Kritik der Herrschenden und ihrer Politik, Abweichungen von Ideologie. 4/1/
17 3. Medien in demokratischen politischen Systemen: Libertäres und sozialverantwortliches Modell Hauptzweck Zugang, Recht auf Medienkommunikation Kontrolle Verboten Liberales Modell (Freie Presse) Wahrheitsfindung; Information, Repräsentation, Kontrolle; Unterhaltung; wirtschaftl. Gewinn Jeder, der es sich leisten kann; Medien vorwiegend in Privatbesitz Vielfalt und Konkurrenz auf dem freien "Marktplatz der Ideen" Verletzung der persönlichen Sphäre u. moralischer Standards, Geheimnisverrat Sozialverantwortliches Modell Wie liberales Modell, aber mit besonderer Berücksichtigung schwacher Interessen Jeder, der etwas zu sagen hat; teilweise öffentlicher Besitz Gesetze, Professionelle Codes, Ethik Wie liberales Modell, auch: Verletzung schwacher Interessen und sozialer Werte 4/1/
18 3.3 Partizipatorische Demokratietheorie Die Bürger sollen sehr viel mehr direkt an politischen Entscheidungen partizipieren. Partizipation ist ein Mittel der menschlichen Vervollkommnung und Selbstentfaltung. Außerdem können die Bürger dadurch auch ihre wirklichen Interessen besser erkennen. In der Deliberativen Demokratie beteiligen sich freie und gleiche Bürger an konsensorientierter, rationaler kollektiver Debatte über ihre eigene Regierung und werden so selbst zu Autoren der Gesetze, die ihr Leben regeln. Weil ökonomische Unterprivilegierung die politischen Beteiligungschancen von Bürgern vermindert, soll der Staat für mehr ökonomische Gleichheit sorgen. Weil nicht nur der Staat an der autoritativen Verteilung gesellschaftlicher Werte mitwirkt, sondern auch private Kräfte, sollen auch Entscheidungsprozesse in solchen Institutionen der demokratischen Mitwirkung der von ihnen Betroffenen unterworfen werden. 4/1/
19 3.3 Medien in demokratischen politischen Systemen: Partizipatorisches Modell Kritik: Libertäres Modell scheitert am Markt. Sozialverantwortliches Modell scheitert an Vermachtung und Bürokratisierung. Vision: Entdifferenzierung: Vielfältigkeit, Farbigkeit, Differenz. Sozial und geographisch kleinräumige Kommunikation. Alltagsnahe oder ganz unorganisierte Medien. Basisorientierung statt Kommerz. Horizontale Kommunikation, Tausch der Sender- Empfänger-Rollen. Communication is too important to be left to professionals. Relevanzbestimmung der Botschaften durch Empfänger statt Kommunkatoren. 4/1/
20 3.3 Medien in demokratischen politischen Systemen: Partizipatorisches Modell Repressiver Mediengebrauch Emanzipatorischer Mediengebrauch Zentral gesteuertes Programm Ein Sender, viele Empfänger Immobilisierung isolierter Individuen Passive Konsumentenhaltung Entpolitisierungprozeß Produktion durch Spezialisten Kontrolle durch Eigentümer oder Bürokraten Dezentralisierte Programme Jeder Empfänger ein potentieller Sender Mobilisierung der Massen Interaktion der Teilnehmer, feedback Politischer Lernprozeß Kollektive Produktion Gesellschaftliche Kontrolle durch Selbstorganisation Quelle: Enzensberger (1970: 173) 4/1/
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