Das Internet und der neue Strukturwandel von Öffentlichkeit
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- Fritzi Beyer
- vor 7 Jahren
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1 Das Internet und der neue Strukturwandel von Öffentlichkeit Jan Hinrik Wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation Noch ein Strukturwandel von Öffentlichkeit? 2von 17 1
2 Worüber spreche ich? Soziale Medien, Praktiken & persönliche Öffentlichkeiten Folge 1: Konvergenz von Konversation und Publikation Folge 2: Privatsphäre und die Entgrenzung von Publika Folge 3: De und Re Intermediation Folge 4: Partizipation und Macht(losigkeit?) Die obligatorische Fazit Folie 3von 17 Soziale Medien und ihre Praktiken (1/1) (*) Wer bin ich? Welchen Platz habe ich in der Gesellschaft? Identitätsmanagement Beziehungsmanagement Informationsmanagement Selbstauseinandersetzung Sozialauseinandersetzung Sachauseinandersetzung Wie orientiere ich mich in der Welt? (*) Paus Hasebrink/Schmidt/Hasebrink 2009; Schmidt von 17 2
3 Persönliche Öffentlichkeiten (1/2) Soziale Medien lassen persönliche Öffentlichkeiten entstehen, in denen Nutzer (a) Informationen nach Kriterien der persönlichen Relevanz auswählen, [anstatt nach journalistischen Nachrichtenfaktoren] (b) sich an (intendiertes) Publikum richten, das aus sozialen Kontakten besteht, [anstatt des verstreuten, unbekannten, unverbundenen Publikums der Massenmedien] (c) und sich im Kommunikationsmodus des Konversation Betreibens befinden. [anstatt im Modus des Publizierens ] 5von 17 Persönliche Öffentlichkeiten (2/2) Trennung zwischen Sender und Empfänger Rollen der Massenkommunikation löst sich weiter auf; in persönlicher Öffentlichkeit ist man beides Persönliche Öffentlichkeiten bestehen aus Microcontent, der aus anderen Angeboten gelöst ( entbündelt ) und durch soziale Beziehungen gefiltert wird Re Bündelung findet nicht in abgeschlossenen / linearen Produkten ( Ausgabe ; Sendung ) statt, sondern im konstanten Informationsfluss der streams bzw. feeds 6von 17 3
4 Folge 1: Konvergenz von Konversation & Publikation (1/3) Persönliche Öffentlichkeiten lassen journalistische Öffentlichkeiten nicht verschwinden, aber deren Monopol auf das Auswählen, Aufbereiten und öffentliche zur Verfügung Stellen von Informationen erodieren +1, Fav-Stern, Retweet nicht so sehr, weil Nutzer auch als Urheber von gesellschaftlich relevanten Informationen auftreten ( usergenerated content ; citizen journalism ) sondern vor allem, weil sie als Filter bzw. Multiplikatoren innerhalb ihrer sozialen Netzwerke agieren und Informationen (auch aus etablierten Medien) miteinander teilen 7von 17 Folge 1: Konvergenz von Konversation & Publikation (2/3) Trennung der Kommunikationskanäle, die Theorien der Nachrichtendiffusion oder Two /Multi Step Flows zugrundelag, weicht auf In den vernetzten Öffentlichkeiten der sozialen Medien kommt es zur Konvergenz von Konversation und Publikation Publizistische Angebote machen ihre Inhalte für die neuen Plattformen zugänglich Nutzer verlinken, retweeten, bookmarken, diggen, teilen und empfehlen journalistische Inhalte Anschlußkommunikation des Publikums 8von 17 4
5 Folge 1: Konvergenz von Konversation & Publikation (3/3) Wer welche Informationen wann zu sehen bekommt, hängt angesichts derzeitiger Trends technischer Entwicklung (Personalisierung; Mobilisierung; Veralltäglichung des Netzes) in wachsendem Maße ab von (a) der Position im sozialen wie im geographischen Raum sowie (b) softwaretechnischen Parametern (Algorithmen, Voreinstellungen, ) Diese Form von Personalisierung verspricht bessere Informationen, die auf den Kontext einer Situation und Person zugeschnitten sind Offen ist, inwieweit dies aber auch zu filter bubbles (Pariser 2011) führt, die geteilte Weltsichten erschweren 9von 17 Folge 2: Entgrenzung von Publika (1/2) Merkmale der Kommunikationsarchitektur (1) erschweren inf. Selbstbestimmung Persistenz Kopierbarkeit Skalierbarkeit Durchsuchbarkeit a) Intendiertes Publikum: Welches Publikum habe ich ganz allgemein im Sinn, wenn ich einen bestimmten Internetdienst nutze? b) Adressiertes Publikum: Welchem Publikum mache ich in einer spezifischen Situation bestimmte Äußerungen/Informationen tatsächlich zugänglich? c) Empirisches Publikum: Welches Publikum nimmt tatsächlich Kenntnis von einer Äußerung bzw. Information? d) Potentielles Publikum: Wie ist die technische Erreichbarkeit welches Publikum hat technisch die Möglichkeit, irgendwann irgendwie Zugang zu haben? (1) boyd von 17 5
6 Folge 2: Entgrenzung von Publika (2/2) Informationelle Selbstbestimmung ist Sollen Tun Können 1. normatives Konzept: Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung (und in Datenschutzregelungen etc. näher spezifiziert); liegt zudem als zumindest diffuse Erwartung bei vielen Nutzern vor; 2. ausgeübte Praxis:Nutzer üben sie (mehr oder weniger kompetent, reflektiert, evtl. auch scheiternd) aus, wenn sie sich in den vernetzten persönlichen Öffentlichkeiten des Social Web bewegen; 3. notwendige Kompetenz:das eigenständige Wahrnehmen des Rechts auf Privatheit, die informierte Einwilligung in Datenverarbeitung oder auch die informationelle Autonomie setzt Wissensformen und Fertigkeiten voraus. 11 von 17 Folge 3: Dis /Reintermediation (1/3) (*) (*) Neuberger/Nuernbergk/Rischke von 17 6
7 Folge 3: Dis /Reintermediation (2/3) (*) z.b. Unternehmen, Parteien, Verbände, Kirchen, Stiftungen (*) Neuberger/Nuernbergk/Rischke von 17 Folge 3: Dis /Reintermediation (3/3) (*) Journalistische Vermittlung + Reintermediation z.b. Unternehmen, Parteien, Verbände, Kirchen, Stiftungen, z.b. Politische Akteure (*) Neuberger/Nuernbergk/Rischke von 17 7
8 Folge 4: Das Partizipationsparadox (*) Mitwirkung an Konversationen, dem Bereitstellen und Teilen von Inhalten, etc. Abernten nutzergenerierter Inhalte und Verwertung verknüpfter Daten Mitbestimmung über Ausrichtung, Gestaltung oder Moderation der Angebote Ausbeuten unentgeltlich erbrachter Arbeit (kreative Inhalte erstellen; Pflege der Community) Selbstbestimmung in eigenen, nicht bzw. kaum vorstrukturierten Kommunikationsräumen Einhegen der Nutzer in kommerzialisierten und nicht demokratisch gestalteten Strukturen. (*) Wagner/Gerlicher/Brüggen 2011; Schmidt 2012a, 2012b 15 von 17 Fazit Das Internet verändert das soziotechnische Umfeld (Technologie, Regeln und Relationen), in dem Menschen Identitäts, Beziehungs und Informationsmanagement betreiben Es lässt vor allem im Social Web einen neuen Typ von Öffentlichkeit entstehen: Persönliche Öffentlichkeiten, die aus Informationen von persönlicher Relevanz bestehen, die an vergleichsweise kleine Publika gerichtet sind und mit Hilfe von artikulierten sozialen Beziehungen gefiltert und verbreitet werden Dies wirkt sich auf Strukturen etablierter Öffentlichkeit aus, z.b. indem sich der Anpassungsdruck auf publizistisch journalistische Medien erhöht und die Spannung zwischen Kontrolle von und Partizipation an öffentlicher Kommunikation wächst Entscheidende Frage: Wer hat die Macht, diese neuen Kommunikationsräume zu gestalten? 16 von 17 8
9 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Jan Hinrik Schmidt Hans Bredow Institut Warburgstr. 8 10, Hamburg j.schmidt@hans bredow institut.de bredow institut.de von 17 Quellennachweise Abbildungen Folie 2: [Kaffeehaus] [Zeitungen] CC BY NC ND 2.0, Erik Hartberg, [TV] CC BY SA 3.0, Takk, [Habermas] CC BY SA 3.0, Wolfram Huk, Folie 4ff.: [Identität] Hapf2, [Beziehung] CC BY NC SA 2.0, Myles!, [Information] CC BY NC ND 2.0, Axel V, Folie 7: [Konversation]: CC BY NC ND 2.0, Dominic Dada, Folie 15: CC BY NC ND 2.0, Stephen Desroches, CC BY NC ND 2.0, Dom Dada, CC BY NC ND 2.0, Nathanael Boehm, 18 von 17 9
10 Verwendete und weiterführende Literatur Benkler, Yochai (2006): The Wealth of Networks. How social production transforms markets and freedom. New Haven/London. boyd, danah (2008): Taken out of context. American teen sociality in networked publics. Ph.D. Dissertation an der University of California, Berkeley. Online verfügbar: Münker, Stefan (2009): Emergenz digitaler Öffentlichkeiten Die Sozialen Medien im Web 2.0. Frankfurt a.m. Neuberger, Christoph/Christian Nuernbergk/Melanie Rischke (Hg.) (2009): Journalismus im Internet. Profession Partizipation Technisierung. Wiesbaden. Pariser, Eli (2011): Filter Bubble. What the Internet is hiding from you. London. Schmidt, Jan/Ingrid Paus Hasebrink/Uwe Hasebrink (Hrsg.) (2009): Heranwachsen mit dem Social Web. Berlin. Schmidt, Jan (2011): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web überarbeitete Auflage. Konstanz. Schmidt, Jan Hinrik (2012): Das demokratische Netz? In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Jg. 62, Nr. 7, 2012, S Schmidt, J. / Weichert, T. (Hrsg.): Datenschutz. Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Kontroversen. Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung. Bonn: BPB. Wagner, U. / Gerlicher, P. / Brüggen, N. (2011): Partizipation in und mit dem Social Web Herausforderungen für die politische Bildung. München 19 von 17 10
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