Weiße Weihnachten. theaterboerse.de. Egon Busch LESEPROBE. (Ein Weihnachtsstück)
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- Klaudia Lorentz
- vor 7 Jahren
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3 Personen Herr Lorenz Nachbar(in) Peter(Petra) Vater Mutter Junge Mädchen Opa theaterbörse GmbH 3
4 1. Bild Schauplatz Ein gewöhnliches Wohnzimmer, etwas altertümlich eingerichtet, allerdings mit Fernseher und Telefon. Personen Herr Lorenz, Nachbar Er dreht sich um Steht am Fenster, schaut hinaus, schüttelt heftig den Kopf Du meine Güte, was ist das für ein Schneewetter heute! Ich muss ja schon wieder den Bürgersteig räumen! Dabei war ich doch heute Vormittag schon zweimal draußen! Ich weiß überhaupt nicht mehr, wohin mit dem vielen Schnee!! Wenn es nicht bald aufhört, werden wir noch vollständig zuschneien. - Na ja, viele Leute freut das natürlich: Endlich haben wir wieder einmal weiße Weihnachten! Das hat es bestimmt seit 10 Jahren nicht mehr gegeben. Und wenn es endlich aufhört, können die Kinder aus dem Dorf drüben am Wiesenhang auch wieder einmal Schlitten fahren - falls sie überhaupt noch einen haben. - Dann werde ich mich halt wieder einmal in meine Winterklamotten stürzen, Schaufel, Schneeschieber und Besen aus dem Schuppen holen und Schnee räumen gehen. - Viel helfen wird es allerdings nicht, denn in zwei Stunden ist doch alles wieder zugeschneit und auf der Straße zum Altersheim hinauf ist sowieso kein Fortkommen mehr möglich. - Ich denke, das wird bei diesem Wetter heute auch keiner mehr versuchen. Herr Lorenz geht kurz hinaus und kommt bald darauf mit Anorak, Mütze, Schal und Handschuhen wieder zurück. Er beginnt, sich anzuziehen. - Plötzlich klingelt das Telefon) Eilt zum Telefon, nimmt ab, hört einen Augenblick zu Vielen Dank, mein liebes Töchterchen, das wünsche ich euch auch. - Und viele, schöne Weihnachtsgeschenke noch dazu. Er hört wieder einen Augenblick zu Ja, das kann ich mir denken. Seitdem der Willi arbeitslos ist, müsst ihr mit jedem Euro rechnen, da fallen die Geschenke nicht so üppig aus. - Habt ihr mein Paket schon geöffnet? Erst unterm Weihnachtsbaum heute Abend? So ist es recht, da wird die Freude für die Kinder dann doppelt groß sein. - Ich hoffe nur, es gefällt ihnen, was ich da für sie eingepackt habe. Er hört wieder eine Zeitlang zu Aber das weiß ich doch, dass ihr dieses Jahr nicht kommen könnt! - Natürlich könnt ihr euch solche Reisen jetzt nicht mehr leisten, wo ihr so wenig Geld habt. Eifrig Außerdem schneit es hier wie verrückt Wie, bei euch auch? - Hier ist jedenfalls kein Durchkommen mehr auf der Straße, und ich muss schon zum dritten Mal Schnee räumen gehen. - Wie ich den Weihnachtsabend verbringen werde? - theaterbörse GmbH 4
5 Ach, da wird mir schon etwas einfallen! Aufgekratzt Ich werde erst etwas Gutes essen, dazu ein Glas Wein trinken, danach vielleicht eine gute Zigarre rauchen, wahrscheinlich auch ein wenig fernsehen und nicht so spät zu Bett gehen. - Ja, ja, ganz bestimmt klappt es nächstes Jahr wieder! Sicher wird Willi bis dahin auch wieder Arbeit gefunden haben!! Zurzeit werden ja überall wieder Leute eingestellt und mit seinem Beruf und in seinem Alter kommt der doch ganz bestimmt bald wieder unter. - Da bin ich ganz sicher! Er hört wieder eine Zeitlang zu Er hängt auf Natürlich, sonst wird das Gespräch ja auch zu teuer! Eifrig Und morgen rufe ich euch einmal an! Vielleicht so am späten Nachmittag? - Dann geht es auf meine Kosten. Was meinst du? Mach dir nur keine Sorgen, dafür wird es schon noch reichen. - Euch auch fröhliche Weihnachten und noch einen schönen Weihnachtsabend!! - Und grüß auch die Kinder ganz herzlich von mir!! - Dann bis morgen! Greift wieder nach seinen Winterklamotten, um sich weiter anzuziehen, da klingelt es an der Haustür. - Er geht hinaus, um zu öffnen und kommt mit seinem Nachbarn herein, der einen kleinen Tannenbaum mitbringt Ich habe mir gedacht, ich schaue schnell einmal vorbei und frage nach, ob unser alter Nachbar Lorenz vielleicht diesen kleinen Weihnachtsbaum hier gebrauchen kann? - Im Dorf ist ja schon seit Tagen keiner mehr zu kriegen, und wer da nicht rechtzeitig eingekauft hat, kann leicht am Heiligen Abend ohne Baum da stehen. Freundlich, nimmt den Baum entgegen Das ist aber nett, lieber Peter, dass du an mich gedacht hast und mir noch ein Bäumchen bringst. - Ich habe schon geglaubt, dass ich dieses Jahr Weihnachten ohne Weihnachtsbaum feiern müsste, denn ich gehöre auch zu denen, die immer gedacht haben, den Baum kann ich auch später noch kaufen, und die dann keinen mehr gekriegt haben. Erfreut Also hatte ich doch den richtigen Riecher, als ich diesen hier mit unserem gestern aus unserem Wald geholt habe. - Der ist also noch ganz frisch und kann bestimmt bis zum Dreikönigstag stehen bleiben, ohne dass er die Nadeln fallen lässt. Und außerdem hat er die richtige Größe für mich. - Wehmütig) Früher, als unsere Kinder noch klein waren, hatten wir ja immer einen großen Baum, damit man auch die Geschenke bequem darunter legen konnte. - Aber die Zeiten sind ja nun auch vorbei. Leise Heute bin ich an Weihnachten allein. - Der Helmut und die Lisa kommen nicht über Weihnachten? Seitdem Lisas Mann arbeitslos geworden ist, müssen die mit jedem Cent rechnen und haben kein Geld, um an Weihnachten große Reisen zu machen und der Helmut wollte dieses Jahr über die Feiertage einmal in die Alpen zum Wintersport fahren. - Er hat ja einen ziemlich stressigen Beruf und braucht dringend ein wenig Erholung. theaterbörse GmbH 5
6 Nachbar geht ab Überlegt einen Moment - dann strahlend Dann kommen Sie doch heute Abend einfach ein bisschen zu uns herüber und feiern Weihnachten mit uns! Wir würden uns alle sehr darüber freuen und mit meinem Vater könnten Sie ein bisschen über die alten Zeiten erzählen und auch ein Gläschen Wein zusammen trinken. - Was halten Sie davon? Winkt ab Das ist sicher gut gemeint, aber ich habe mich jetzt schon ganz darauf eingestellt, den Weihnachtsabend dieses Jahr einmal allein und für mich zu verbringen, so ganz ohne Trubel und Hektik,so dass ich das auch nicht mehr ändern möchte. - Und außerdem erwarte ich noch einen Anruf von Helmut, und der würde sich bestimmt gehörig wundern und wahrscheinlich auch Sorgen machen, wenn er am Heiligen Abend hier anruft und ich wäre nicht zu Hause. - Ernst Ja, das verstehe ich. - Aber wenn Sie noch etwas benötigen, vielleicht für die Küche, dann sagen Sie auf jeden Fall Bescheid. Sie wissen ja, seitdem wir den Hofladen haben, kann man bei uns so gut wie alles bekommen, was man so gewöhnlich braucht. Eifrig Das werde ich auf jeden Fall tun, doch ich denke, ich habe gestern schon alles eingekauft, was ich so brauche über die Feiertage. Ich habe ja bereits Übung als Selbstversorger und außerdem hat mich deine Frau bestens beraten und mir alles gegeben, was ich für mein Festtagsmenü so benötige. - Ich werde also bestimmt nicht verhungern. Wendet sich zur Tür Na, dann ist ja alles in bester Ordnung. - Ich muss dann auch wieder los und Schnee schaufeln gehen. Der ganze Bürgersteig und die Straße sind ja wieder so zugeschneit, dass man meinen könnte, ich hätte heute noch nicht geräumt. Eifrig Ja, das stimmt, das werde ich jetzt auch wieder tun. - Ich war gerade im Begriff hinaus zu gehen, als du geklingelt hast. Besorgt Wird Ihnen das auch nicht zu viel? - Ich meine, ich bin gerne bereit, Ihr Stück noch mit zu räumen, das macht mir gar nichts aus. Winkt heftig ab Das kommt überhaupt nicht in Frage, obwohl es sicher gut gemeint ist! - Gerade wenn man älter wird, darf man sich nicht nur in den Sessel setzen, sondern soll sich ordentlich bewegen, sonst rostet man ein und wird bald völlig steif und unbeweglich. - Also meinen Wintersport vor der Haustür lasse ich mir von dir nicht nehmen!! Damit tue ich etwas für meine Gesundheit, und ich kann ja schön langsam machen, wenn es mir zu anstrengend wird und auch öfter einmal eine Pause zum Verschnaufen einlegen. - Aber noch einmal vielen Dank für dein freundliches Angebot. - Wenn ich einmal gar nicht mehr kann, komme ich gerne darauf zurück. Dann wünsche ich schöne Weihnachtsfeiertage und denken Sie immer daran :Wenn Ihnen einmal die Decke auf den Kopf fällt, brauchen Sie nur bei uns zu klingeln, Sie sind jederzeit willkommen. Herzlichen Dank. Es ist immer schön zu wissen, dass man solche freundlichen Nachbarn hat. Läuft ihm nach, ruft laut Peter, Peter! Einen Augenblick noch! - Ich habe ja noch etwas vergessen! Kommt noch einmal zurück Es fehlt also doch noch etwas für das Festtagsessen? Sucht eifrig in seinen Hosentaschen nach dem Geldbeutel, geht schließlich zum Schrank hinüber, zieht eine Schublade auf, nimmt einen Schein heraus Ich hab dir ja das Bäumchen noch gar nicht bezahlt! - Da merkt man halt doch wieder, dass man alt wird! theaterbörse GmbH 6
7 Nachbar geht ab Lacht, winkt ab Der kleine Baum kostet Sie doch nichts, ich bitte Sie! - Das ist doch sozusagen Nachbarschaftshilfe. Das kann ich doch nicht annehmen, schließlich muss heutzutage jeder sehen, wo er bleibt und keiner hat etwas zu verschenken. Ihr bestimmt auch nicht. Nehmen Sie es einfach als kleines Weihnachtsgeschenk, wenn es nicht anders geht und es Ihnen dann leichter fällt. Dann bedanke ich mich auch vielmals. Das ist wirklich sehr lieb von euch und ich habe mich sehr darüber gefreut. Winkt ab Das ist doch wirklich nicht der Rede wert. Schaut sich das Bäumchen an Du bist ja wirklich ein schönes Weihnachtsbäumchen, das mir der Peter da gebracht hat, aber wozu soll ich einen Weihnachtsbaum schmücken nur ganz für mich allein? - Das weckt doch nur wieder Erinnerungen an frühere Zeiten, die längst vorbei und vergangen sind, als wir hier noch eine richtige Familie waren und Weihnachten noch das schönste Fest im Jahr war. Damals hat ja auch meine Frau noch gelebt und die Kinder waren noch klein und konnten es gar nicht abwarten, bis endlich der Weihnachtsabend kam. Und wenn ich jetzt auch noch einen Weihnachtsbaum aufstelle, dann wird mir erst so richtig bewusst, wie allein ich doch bin und ich werde dann bestimmt so richtig sentimental werden und in Selbstmitleid versinken. Und das bekommt mir gar nicht. Ich bin nun einmal alt und allein und daran lässt sich gar nichts ändern, das muss einfach akzeptiert werden. - Schließlich bin ich ja nicht der Einzige, dem es so geht und ewig wird das ja auch nicht mehr dauern. - Nein, mein lieber Weihnachtsbaum, ich nehme dich jetzt mit hinaus in den Schuppen und stelle dich dort in eine Ecke und irgendwann im Frühjahr werde ich dich dann zerhacken und in den Ofen stecken. - So wird es am besten sein. Er nimmt den Baum und geht hinaus, kommt aber gleich darauf wieder herein. - Das Telefon klingelt Nimmt den Hörer ab Ach du bist es, Helmut, hab ich es mir doch schon fast gedacht. Er hört einen Augenblick lang zu Ja, das wünsche ich euch auch. - Wo seid ihr jetzt genau? - Ist das noch in Bayern oder schon in Österreich? Er hört wieder eine Zeitlang zu Was, ihr habt überhaupt keinen Schnee? - Das gibt es doch nicht!! - Hier schneit es schon den ganzen Tag wie verrückt und ich muss gleich wieder hinaus, um Schnee zu schippen. Ja, ja, schon zum dritten Mal muss ich anrücken und den Gehsteig räumen. Er hört wieder eine Zeitlang zu Sehr erfreut Bis zum 2.Januar wolltet ihr bleiben, aber nur, wenn es inzwischen endlich Schnee gibt. Dann mache ich euch einen Vorschlag: Wenn ihr früher nach Hause fahrt, kommt ihr einfach noch einige Tage hierher zu mir und macht hier Wintersport!! - theaterbörse GmbH 7
8 Er hört wieder zu Er hört wieder zu Er hängt auf Schnee haben wir schließlich genug und Berge gibt es hier auch! - Ich würde mich riesig freuen! Sehr schade, aber wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht. - Ja, vielleicht an Ostern. Ich freue mich schon darauf. - Nein, deine Weihnachtskarte ist noch nicht angekommen. Aber sie kann ja noch kommen, schließlich war der Briefbote noch nicht hier. - Bei dem Wetter verspätet sich natürlich alles heute und vielleicht kommt die Post ja auch gar nicht durch. Nein, nein, ich bleibe heute Abend zu Hause und mache es mir vor dem Fernseher gemütlich. - Der Nachbar Peter war vorhin da und hat mir ein Bäumchen gebracht und gesagt, ich solle doch heute Abend hinüber zu ihnen kommen. Aber das möchte ich nicht. Weihnachten ist ja schließlich ein Familienfest und da stört ein Fremder wie ich doch nur. Er hört wieder zu Sicher hast du Recht, aber nicht heute an Heilig Abend. - Vielleicht gehe ich morgen Nachmittag einmal ein Stündchen hin, damit die lieben Nachbarn nicht böse sind. Er hört wieder zu Ja, das wünsche ich euch auch. - Und meldet euch einmal, wenn ihr wieder zu Hause seid. Er zieht sich weiter an, als es wieder an der Haustür klingelt. - Er geht hinaus und kommt bald darauf mit einer Handvoll Briefe und einer Zeitung zurück Reklame, Reklame und hier noch einmal Reklame! Er wirft alles achtlos in den Papierkorb Ach, und da ist ja auch Helmuts Ansichtskarte! Er schaut sie flüchtig an, liest, was darauf steht Er war ja schon immer ein Meister im Schreiben von nichtssagenden Postkarten, der liebe Helmut. - Aber ich will nicht unfair sein, schließlich hat er wenigstens an mich gedacht und extra angerufen. Er zieht sich fertig an, setzt die Mütze auf Vorhang So, jetzt werde ich ja wohl endlich zum Schneeschippen kommen! - Also auf in den Kampf, Torero! Er geht ab 2. Bild Schauplatz Der gleiche Raum wie im ersten Bild Personen Herr Lorenz, Vater, Mutter, Junge, Mädchen theaterbörse GmbH 8
9 Herr Lorenz sitzt in seinem Lehnstuhl und schläft oder döst. Er trägt Hausschuhe und eine bequeme Hausjacke und schreckt auf, als es draußen an der Tür klingelt Erhebt sich langsam aus seinem Sessel, schaut auf die Uhr, schlurft zur Tür Nanu, wer klingelt denn jetzt noch an meiner Tür? - Es ist ja schon fast acht Uhr. - Und dann bei diesem Schneewetter!! - Ob das noch einmal der Peter von nebenan ist? Er geht hinaus, man hört Stimmengemurmel, dann kommt er in Begleitung eines Mannes, einer Frau und eines kleinen Mädchens sowie eines etwa gleichaltrigen Jungen wieder zurück. Alle tragen Winterkleidung und bleiben in der Nähe der Tür eng beieinander stehen. VATER MUTTER MÄDCHEN JUNGE VATER Bitte entschuldigen Sie unseren plötzlichen Überfall zu so später Stunde und dann auch noch am Weihnachtsabend. - Wir wollten eigentlich zum Altersheim hinauf, um mit unserem Opa Weihnachten zu feiern, aber bei diesem Wetter ist ja kein Fortkommen mehr mit dem Auto und wir sind draußen vor Ihrem Haus im Schnee stecken geblieben und trotz aller Bemühungen keinen Schritt mehr weiter gekommen. Da haben wir uns entschlossen auszusteigen und hier zu klingeln, um zu fragen, ob es hier im Ort vielleicht ein Hotel gibt oder eine Pension, wo wir die Nacht über bleiben könnten. Hier in unserem kleinen Dorf gibt es kein Hotel und auch keine Pension. Wir haben nicht einmal mehr ein Gasthaus hier und Fremdenzimmer zu vermieten hat auch niemand. Mit weinerlicher Stimme Mama, müssen wir jetzt wieder in das kalte Auto hinaus? Werden wir jetzt in unserem Auto übernachten müssen? Denkt einen Moment nach. Es ist ganz still im Raum Nein, ihr beiden Mäuschen, ihr müsst nicht wieder in die Kälte hinaus. - Ihr bleibt heute Nacht einfach hier. - Und eure Eltern natürlich auch. - Und morgen werden wir dann schon weiter sehen. Abwehrend Aber das können wir doch nicht annehmen, was Sie uns da so großzügig anbieten!! Das geht doch wirklich nicht!! - Wir sind doch für Sie völlig fremde Leute, die plötzlich hier herein geschneit kommen und Ihnen alle Ihre Planungen für das Weihnachtsfest durcheinander bringen und außerdem auch noch Arbeit und Mühe machen. - Schüttelt heftig den Kopf, wendet sich zum Gehen FRAU Nein, nein, das kommt überhaupt nicht in Frage!! Wischt den Einwurf mit einer Handbewegung vom Tisch, hält ihn am Ärmel fest. Ihnen wird doch gar nichts anderes übrig bleiben, junger Mann! Oder wollen Sie mit diesen beiden Kindern und Ihrer Frau wirklich wieder hinaus ins kalte Auto und die Nacht dort verbringen? - Das kann doch nicht Ihr Ernst sein bei diesem Wetter! Mein Mann meint natürlich, dass wir Ihnen doch nicht so viele Umstände machen können und einfach über Nacht hier bleiben. Wo wir Ihnen doch buchstäblich und ohne Voranmeldung ins Haus geschneit sind, weil unser Auto einfach keinen Meter mehr weiter kam und ausgerechnet vor Ihrem Haus völlig im Schnee stecken geblieben ist. - Was wird denn Ihre Familie dazu sagen, wenn Sie nachher nach Hause kommt und uns hier vorfindet? Ernst, entschieden Meine Familie kommt heute Abend nicht hierher, darüber müssen Sie sich keine Gedanken machen. Ich wohne ganz alleine hier. - Und was die Umstände angeht, so müssen Sie einfach mit dem Vorlieb nehmen, was hier ist. - Und außerdem werden Sie mit anfassen müssen, wenn wir gleich einiges vorzubereiten haben für die Nacht. VATER Sehr erleichtert Aber das tun wir doch sehr gerne, das ist doch selbstverständlich. - Doch Sie müssen mir gestatten, dass ich Ihnen unsere Übernachtung hier bezahle. theaterbörse GmbH 9
10 Entschuldigend VATER Er zieht den Geldbeutel Wie viel sind wir Ihnen schuldig? - Ich kenne die Preise hier in dieser Gegend nicht. Sehr ernst Sie haben mich missverstanden, ganz gehörig missverstanden, junger Mann! - Ich habe Ihnen angeboten, hier zu bleiben, weil mir diese beiden Kleinen hier leid tun und weil ich nicht möchte, dass eine Familie am Heiligen Abend bei diesem Schneewetter da draußen auf der Straße hungernd und frierend in ihrem Auto sitzen muss, während ich es mir hier in meinem Haus gut gehen lasse. - So etwas oder so etwas Ähnliches hat es schon einmal gegeben, wie wir alle wissen, damals vor etwas mehr als 2000 Jahren. Und damals ging es auch ums Geld. - Das soll sich nicht wiederholen, wenn ich es verhindern kann. - Und das lasse ich mir auch nicht bezahlen, denn eins steht fest: Ich bin kein Hotel und keine Pension und ich kann Ihnen auch das nicht bieten, was man Ihnen dort für Ihr Geld bestimmt bieten würde. Aber ein Dach über dem Kopf bei diesem Wetter, eine warme Stube und ein Bett für Sie alle, sowie auch etwas zu essen und zu trinken, das kann ich bieten. - Und ich möchte mich nicht vor mir selbst schämen müssen, wenn ich Ihnen dafür Geld abnehmen würde. Beschämt, kleinlaut, steckt seinen Geldbeutel wieder ein Ich wollte Sie bestimmt nicht beleidigen, aber man ist halt heutzutage ein solches Verhalten nicht mehr gewohnt. Wir bedanken uns ganz herzlich und werden bestimmt niemals vergessen, was Sie heute Abend für uns tun. - Und jetzt sagen Sie uns, was wir machen sollen! Lacht, zeigt auf die Tür Ich denke, Sie sollten jetzt erst einmal hinausgehen in den Flur und Ihre Mäntel, Jacken, Schals und Mützen dort an die Garderobe hängen bzw. ablegen. Die Familie geht hinaus und kommt bald darauf wieder ohne diese Kleidungsstücke zurück MÄDCHEN JUNGE MUTTER VATER Leise zu der Mutter Mama, ich hab ja solchen Hunger! Klagend Und ich bin ja so durstig, Mama. Einen Augenblick müsst ihr euch noch gedulden, ihr zwei Mäuschen, dann gibt es zu essen und zu trinken für alle. - Vielleicht geht ja eure Mama einmal mit mir in die Küche hinaus und hilft mir ein bisschen beim Vorbereiten des Essens, dann geht alles noch ein bisschen schneller? Steht sofort auf Aber selbstverständlich! - Sie müssen mir nur sagen, was ich tun soll. Zu den Kindern gewandt Und ihr beide könnt mit eurem Papa zusammen schon einmal den Tisch decken. Teller und Gläser stehen da drüben im Schrank, die Bestecke liegen in der Schublade. - Könnt ihr das schon? Und ob die das können! Zu Hause müssen die auch immer helfen. Beide Kinder gehen zum Schrank, holen Geschirr und Gläser und decken den Tisch. Der Vater bringt die Stühle zum Tisch, hilft dann beim Tischdecken, die Mutter geht mit Herrn Lorenz in die Küche JUNGE Kommt mit der Mutter aus der Küche. Beide tragen Platten mit Wurst und Käse, einen Brotkorb voll Brot, Butter, Mineralwasser, Limonade ins Zimmer und stellen alles auf den gedeckten Tisch So, fehlt noch irgendetwas? - Lachend zu den Kindern Es wäre doch gelacht, wenn wir euch beide nicht satt bekämen. Zu dem Jungen Limo oder Mineralwasser? Limo bitte. - Aber bitte ein bisschen viel. theaterbörse GmbH 10
11 JUNGE Schenkt ordentlich ein Hier, mein Junge, hast du auch ein bisschen viel. Reicht dir das? Nickt,nimmt das Glas, trinkt hastig Das schmeckt ja Klasse, Ihr Limo. - Viel besser als unseres zu Hause. Lacht, streicht ihm über den Kopf Das kommt dir nur so vor, mein Junge, weil das eine andere Sorte ist, die du noch nicht kennst. theaterbörse GmbH 11
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