Atemwegsinfektionen: Update von Diagnostik und Therapie

Transkript

1 Atemwegsinfektionen: Update von Diagnostik und Therapie Univ.-Prof. Dr. med. Heymut Omran Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendmedizin -Allgemeine Pädiatrie-

2

3

4 Wie häufig kommen ambulant erworbene Pneumonien (community acquired pneumonia, CAP) vor?

5 Wie häufig kommen ambulant erworbene Pneumonien (community acquired pneumonia, CAP) vor?

6 Gibt es klar definierte Risikofaktoren? Jungen sind häufiger betroffen (alle Altersgruppen) Schwere Verläufe finden sich signifikant häufiger bei jüngeren Kindern (0-5J vs. > 5J) Ehemalige Frühgeborene haben in Abhängigkeit vom Gestationsalter schwerere Verläufe Der Gebrauch von Magensäure-Inhibitoren korreliert bei Erwachsenen mit der Pneumoniehäufigkeit (1 Studie bei Kindern scheint dies zu bestätigen) Andere chronische Erkrankungen

7 Gibt es saisonale Effekte? Die meisten Virusinfekte sind in den Wintermonaten deutlich häufiger: RSV, Influenza, Parainfluenza Typ 1 und 2. Parainfluenza Typ 3 findet sich ganzjährig Invasive Pneumokokkenerkrankungen sind in den Wintermonaten (Dezember und Januar) dreimal häufiger als in den Sommermonaten

8 tiologie ambulant erworbene Pneumonien (Viren) RSV: 17-25% Rhino-Viren: ~13% Adeno-Viren: 1-30% Corona-Viren: ~7% Influenza A: 2-22% Parainfluenza: 3-13 % hmpv: 8-13% Humanes Boca Virus: 3-14 %

9 Ätiologie ambulant erworbene Pneumonien (Bakterien) Strep. pneumoniae: 4-50% Gruppe A Strept.: 1-7% H. influe.: ~3% Mykoplasmen: 1-15% (26%) Chlamydien: 1-9%

10 Ätiologie ambulant erworbene Pneumonien (Viren und Bakterien) Nota bene: Mehr als 1/3 aller ambulant erworbener Pneumonien werden durch Mischinfektionen verursacht!!

11 Ätiologie ambulant erworbene Pneumonien (Viren und Bakterien) 1/3 der CAP-Fälle sind Mischinfektionen [II] S. pneumoniae ist der häufigste bakterielle Erreger [Ib] S. pneumoniae verursacht ~1/3 aller radiologisch bestätigter P. bei Kindern < 2 Jahre [Ia] Die Einführung der PCV7-Vaccine hat die IPD dramatisch gesenkt [II] Pneumonien verursacht durch Gruppe-A-Streptokokken und S. aureus sind häufiger assoziiert mit einem schweren Krankheitverlauf [III] Virus-Erkrankungen machen 30-67% der CAPs aus und sind signifikant häufiger bei Kindern <1 Jahr [II] Mycoplasma kommen auch bei jungen Kindern (1-5J) vor [II]

12 Ätiologie ambulant erworbene Pneumonien (Viren und Bakterien) Alter ist ein guter Prädiktor für das Pathogen: Ein Virus (als alleiniges Agens) wird in ca. 50% der jüngeren Kinder gefunden Ältere Kinder haben häufig bakterielle Infektionen, dann am wahrscheinlichsten S. pneumoniae gefolgt von Mycoplasma und Chlamydien Evidenzstufe [II]

13 Ambulant erworbene Pneumonien Klinisches Bild Fieber, Tachypnoe, Kurzatmigkeit, Einziehungen, Husten, Giemen [IVb] Kinder < 3 Jahre haben häufig Kurzatmigkeit [II] Eine erhöhte Atemfrequenz ist assoziiert mit Hypoxie [II] Fazit: Eine bakterielle Pneumonie ist wahrscheinlich bei persistierendem hohem Fieber >38.5C, Einziehungen und erhöhter Atemfrequenz [D]

14 S. Schmitt-Grohé, 2011

15 Kann man eine bakterielle von einer viralen Pneumonie unterscheiden? S. Schmitt-Grohé, 2011

16 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien

17 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien 6-jähriges Mädchens mit einer Lobärpneumonie aufgrund einer Pneumokokkeninfektion Oppelt und Zebedin, 2009 Primär abszedierende OL-Pneumonie rechts G. Hahn, Dresden

18 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien RSV-Pneumonie des Säuglings Bronchopneumonie rechts G. Hahn, Dresden

19 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien G. Hahn, Dresden

20 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Viruspneumonie (RS-Viren). a Männlich, 2 Monate,bds. ausgeprägte Lungenblähung, teils netzig-streifige, teils dystelektatische Infiltrationen und Verdichtungen bds., rechts im Mittelund Unterfeld und im linken Oberfeld.b Männlich, 6 Wochen, dystelektatische Verschattungen im linken Mittelfeld, rechten Ober-Unterfeld; pulmonale Obstruktion Färber und Hahn, 2000

21 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Rundpneumonie (retrokardial) Rundpneumonie rechts G. Hahn, Dresden

22 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien H. Schroten und T. Tenenbaum, 2011

23 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Mykoplasmenpneumonie H. Schroten und T. Tenenbaum, 2011

24 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Chlamydienpneumonie. Weiblich, 2 Monate,grobfleckige diffuse Infiltrationen bds., rechts mehr als links, geringe Obstruktion, kleinfleckige Dystelektasen, fleckige Verdichtungen, z.t. auch streifig Färber und Hahn, 2000

25 Kasuistik 8-jähriger Junge seit ca. 1 Woche erkrankt, Fieber Labor: CRP 4.9 mg/dl; GOT: 252 U/l; GPT: 165 U/l Sono: rechts basal Pleuraerguß 2,5 cm

26 Kasuistik 8-jähriger Junge seit ca. 1 Woche erkrankt, Fieber Labor: CRP 4.9 mg/dl; GOT: 252 U/l; GPT: 165 U/l Sono: rechts basal Pleuraerguß 2,5 cm Mykoplasmen-Pneumonie

27 Kann man eine bakterielle von einer viralen Pneumonie unterscheiden? BTS, 2011

28 Kann man eine bakterielle von einer viralen Pneumonie unterscheiden? Many studies have confirmed previous evidence that there is no way of reliably distinguishing clinically (or radiologically) between aetiological agents. Ib, II BTS, 2011

29 Welche Diagnostik ist bei ambulant erworbenen Pneumonien (ambulantes setting) sinnvoll? Röntgen: Nein Labordiagnostik: Nein Mikrobiologische Diagnostik: Nein Virologische Diagnostik: Nein Pulsoxymetrische Sättigungsbestimmung (stationäres setting): Ja

30 Allgemeine Behandlungsmaßnahmen (ambulantes setting) Fieber Antipyrese Keine Wadenwickel Vermeidung einer Dehydrierung Erkennung einer klinischen Verschlechterung

31 Wann sollte die Behandlung stationär erfolgen?

32 Wann sollte die Behandlung stationär erfolgen? Säuglinge Kleinkinder Temperatur >38,5 C Atemfrequenz >70/min Thorakale Einziehungen (moderat bis stark) Nasenflügeln SaO2 92% Zyanose Inappetenz Temperatur >38,5 C Atemfrequenz >50/min Deutlich erschwerte Atmung Nasenflügeln SaO2 92% Zyanose Dehydrierung S. Schmitt-Grohé, 2011

33 Welche mikrobiologischen Untersuchungen sollten im Krankenhaus erfolgen? Weiterführende Diagnostik nur bei Kindern, die Komplikationen einer CAP (z.b. Pleuraempyem) aufweisen oder auf der ICU behandelt werden müssen [C]: Blutkultur (< 10%) [C] Nasopharynx-Sekret und/oder Abstrich für Virusdiagnostik (PCR und/oder Immunofluoreszenz) [C] Serologie für respiratorische Viren, Mycoplasmen und Chlamydien [B+] Falls vorhanden,pleuraflüssigkeit für Mikroskopie, Kultur, Pneumococcus Antigen und/oder PCR [C]

34 Allgemeine Behandlungsmaßnahmen (stationäres setting) Sauerstoff-Supplementation bei SaO2 <92% Flüssigkeitsmanagement Nasogastrische Sonden sollen vermieden werden Elektrolyte und Nierenfunktionswerte sollen regelmäßig kontrolliert werden Keine Physiotherapie

35 Welche Kinder sollten antibiotisch behandelt werden? Alle Kinder mit einer klinischen Diagnose Pneumonie sollen antibiotisch behandelt werden, da virale und bakterielle Genese nicht sicher von einander unterschieden werden können [C] Kinder <2 Jahren mit milder Symptomatik brauchen initial nicht antibiotisch behandelt werden. Sie sollen engmaschig evaluiert werden. Eine Pneumokokken- Impfung stärkt diese Entscheidung [C]

36 Womit sollten die Kinder antibiotisch behandelt werden?

37 Antibiotics for community-acquired pneumonia in children (2010) Randomised controlled trials comparing different antibiotics have shown similar or equivalent efficacy variously for macrolides, amoxicillin, co-amoxiclav, cefaclor, erythromycin, cefixime, cefpodoxime, cefuroxime and ceftriaxone. Additionally, newer antibiotics such as levofloxacin have shown efficacy in similar studies in the USA. A Cochrane review of specific mycoplasma treatment in children with lower respiratory tract infections did not find enough evidence to indicate whether antibiotics improved outcomes in children with M pneumoniae lower respiratory tract infections.

38 Antibiotics for community-acquired pneumonia in children (2010) Amoxicillin ist die erste Wahl, weil es gegen die meisten Erreger effektiv ist. Alternativen sind co-amoxiclav, cefaclor,erythromycin, azithromycin und clarithromycin [B] Makrolide können zusätzlich gegeben werden, falls die Initialtherapie nicht anschlägt [D] Makrolide können bei dringendem V.a. Mycoplasma oder Chlamydien-Pneumonie gegeben werden [D] Eine Influenza-Pneumonia sollte zusätzlich mit coamoxiclav behandelt werden [D]

39 Wie sollten Antibiotika verabreicht werden? Die orale Antibiotikagabe ist sicher und effektiv, auch bei schweren Pneumonien [A+] Intravenöse Antibiotika sollten eingesetzt werden, wenn Kinder orale Flüssigkeitsgaben nicht tolerieren (z.b. Emesis) oder eine Sepsis / komplizierte Pneumonie aufweisen [D]

40 An was sollte gedacht werden, wenn das kind nicht besser wird? Wenn ein Kind länger als 48h unter der eingeschlagenen Therapie fiebert oder krank bleibt, sollte eine erneute Evaluation erfolgen: Ist das Antibiotikum richtig oder adäquat dosiert? Ist eine Komplikation aufgetreten (z.b. Empyema)? Hat der Patient eine andere Grunderkrankung oder eine Immunschwäche?

41 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Primär abszedierende OL-Pneumonie rechts Primär abszedierende OL-Pneumonie rechts G. Hahn, Dresden

42 Radiologische Befunde bei kindlichen Pneumonien Aspirationspneumonie. 2-jähriger Junge,. Verschleppte Erdnußaspiration; konfluierende Infiltration im rechten Mittelund Unterfeld, unscharfe Begrenzung von Zwerchfell und Herzrand. Segmentatelektase im rechten Mittel- und Unterlappen Färber und Hahn, 2000

43 Radiologische Differentialdiagnosen bei kindlichen Pneumonien Lungensequester rechts basal G. Hahn, Dresden

44 Radiologische Differentialdiagnosen bei kindlichen Pneumonien 6-jährige Junge mit rezidivierendem Husten. Zwerchfellhernie links. Oppelt und Zebedin, 2009

45 Sind Impfungen effektiv in der Vorbeugung von CAP? Impfungen haben kindliche Pneumonien weltweit deutlich vemindert (HiB, B. pertussis, Masern, Influenza [H1N1]) [II] Der konjugierte Pneumokokken-Impfstoff hat die radiologisch bestätigte Pneumonie um 30% vermindert [Ib]

46 Fazit: Ambulant erworbene Pneumonien These recommendations should result in significant changes to practice and be welcomed in these financially challenged times as they should decrease costs with no change in effectiveness of treatment. Junior doctors are creatures of habit and feel (rightly or wrongly) that they are more likely to be criticised for underinvestigation than overinvestigation and usually send laboratory tests when inserting an intravenous line. Now: no intravenous line, no tests, no physiotherapy. Simple oral antibiotics and supportive care will be effective for the majority of children with CAP, who will also escape from hospital faster. BTS guidelines 10/2011

47 Antibiotics for community-acquired pneumonia in children (2010) H. Schroten und T. Tenenbaum, 2011