Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz in der Bundeskunsthalle. Ein Erfahrungsbericht über vielfältige Angebote in Wechselausstellungen
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- Bella Geier
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1 Museumstag Rheinland-Pfalz: Museen im Dienste der Gemeinschaft Angebote für Menschen mit Demenz, deren Angehörigen und Pflegende. Landesmuseum Mainz, 15. September 2014 Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz in der Bundeskunsthalle. Ein Erfahrungsbericht über vielfältige Angebote in Wechselausstellungen Referent/-innen: Birgit Tellmann, Leiterin Rahmenprogramme, Bundeskunsthalle Uschi Baetz, Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin Peter Gauchel, Leiter Senioreneinrichtung Haus Katharina, Königswinter Die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend Bundeskunsthalle genannt) soll kulturelle und geistige Entwicklungen von nationaler und internationaler Bedeutung sichtbar machen, insbesondere durch Ausstellungen, die von der Bundeskunsthalle selbst erarbeitet oder auch im Austausch übernommen werden. Als Wechselausstellungshaus präsentiert sie archäologische, kunst- und kulturhistorische Ausstellungen, aber auch solche mit naturwissenschaftlichen Schwerpunkten. In mehr als 21 Jahren wurden über 220 Ausstellungen realisiert sowie Konzerte, Lesungen, Filmprogramme, Kongresse. Die durchschnittliche Besucherzahl liegt bei bis pro Jahr. Das Vermittlungsprogramm richtet sich zielgruppenorientiert an Besucher ab 4 Jahren bis zu den hoch altrigen Besucher/-innen in der nachberuflichen Lebensphase. Die Angebote umfassen Führungen, Workshops, Vortrags- und Filmreihen, Lesungen etc.. Das Programm ist ausstellungsbegleitend und -vertiefend jeweils auf die Ausstellungsthemen bezogen entwickelt. Von Anfang an zählte die Gruppe ab 60 Jahren-plus mit einem Anteil von 26 % zur stärksten Besuchergruppe. Ziel ist es, auch diese Besucher/-innen am Kulturleben im Sinne der Kulturellen Teilhabe zu beteiligen. Zahlreiche Untersuchungen zur Generation 60 plus dokumentieren, dass Bildung und kulturelle Aktivitäten für ältere Menschen auch der Schlüssel zu sozialer Teilhabe sind sie sichern Lebensqualität und Zufriedenheit. Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz Seit 2011 ist dieses Vermittlungsangebot fester Bestandteil des Rahmenprogramms: Es wurde speziell auf die Bedürfnisse dementiell veränderter Menschen ausgerichtet Die Vorbereitung im Team erfolgte durch den Besuch von Tagungen, Fortbildungen, Studium von Fachliteratur sowie durch kollegialen Erfahrungsaustausch. Herausforderungen und Chancen von Wechselausstellungen Die Bundeskunsthalle kann als Wechselausstellungshaus die große thematische Vielfalt bei der Umsetzung des Angebots für Menschen mit Demenz nutzen, da es sowohl in kulturhistorischen, archäologischen, kunsthistorischen als auch naturwissenschaftlichen Ausstellungen zu realisieren ist. Bisher genutzte Ausstellungen in der Bundeskunsthalle: Art and Design for All The Victoria and Albert Museum (2011/12) Am Anfang. Anselm Kiefer. Werke aus dem Privatbesitz Hans Grothe (2012) Schätze der Weltkulturen. The British Museum (2012/13)
2 Auf den Spuren der Irokesen (2013) Kleopatra Die ewige Diva (2013) Die Avantgarden im Kampf (2013/14) Florenz! (2013/14) Kasimir Malewitsch und die russische Avantgarde (2014) Faszination Orient. Max von Oppenheim und seine Entdeckung des Tell Halaf (2014) Afrikanische Meister. Kunst der Elfenbeinküste (2014) Ziele der Bundeskunsthalle Folgende Leitlinien stehen für die Realisierung im Fokus: gesellschaftliche, kulturelle und soziale Teilhabe ermöglichen gemeinsames Erleben Anregung zu Kommunikation und Interaktion intellektuelle Stimulation an den Bedürfnissen orientierte Wissensvermittlung Mehrsinne-Prinzip: verschiedene Sinne ansprechen ressourcenorientiertes und personenzentriertes Arbeiten Zugänge öffnen zu kreativen Potenzialen Wertschätzung durch Anerkennung und Zuwendung Kooperation und Evaluation: Die Bundeskunsthalle hatte für die Dauer eines Jahres eine Kooperation mit der Senioreneinrichtung Haus Katharina geschlossen, um das Angebot für Menschen mit Demenz auszuwerten und zu qualifizieren. Beide Kooperationspartner wollten messen, inwiefern sich das Wohlbefinden der Teilnehmer/-innen verändert im Sinne einer spürbaren Verbesserung. Umfang: Besuch von 4 Ausstellungen, 2 Termine pro Ausstellung Gruppenstärke: 2 feste Gruppen mit je 6 Bewohner/-innen und Begleiter/-innen Angebot: Kennenlernen plus Ausstellungsbesuch plus kreatives Angebot Dauer: Minuten Datenerhebung: Messung des Wohlbefindens durch teilnehmende Beobachtung Ziele der Senioreneinrichtung im Hinblick auf das Kooperationsprojekt gesellschaftliche, kulturelle und soziale Teilhabe herstellen Verringerung der Ghettoisierung erwirken Erinnerungs- und Biografiearbeit sowie Gedächtnistraining Ausflüge in die Welt der Erinnerung bewusstes Erleben nonverbaler Ausdrucksmöglichkeiten durch Kreativität Steigerung des Wohlbefindens: Was verändert sich, wie ist es messbar? Zum Messung des Wohlbefindens Wohlbefinden als DER Indikator einer adäquaten Pflege und Betreuung bei Demenz These: Besuche der Bundeskunsthalle verbessern Wohlbefinden Teilnehmende Beobachtung mittels standardisierter Fragebögen Richtlinien zur Einschätzung des Wohlbefindens Profilerstellung des Wohlbefindens ist keine exakte Wissenschaft
3 Ziel: allgemeines Bild, das Wohlbefinden des Bewohners im gewählten Zeitraum der Profilerstellung reflektiert Bewertung von Qualität/Quantität: Dauer eines bestimmten Zustandes oder Verhaltens ist von größerer Bedeutung als Intensität der Gefühle Indikatoren liefern Informationen zu eventuell notwendiger Unterstützung und/oder einer Veränderung Zentrierung: mittels Erstellung einer Liste der Stärken/Bedürfnisse im Verhältnis zum Wohlbefinden Profilerstellung des Wohlbefindens Kommuniziert Wünsche, Bedürfnisse und Vorlieben Die Person ist in der Lage, ihre Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren. Nimmt Kontakte zu anderen auf Die betreffende Person versucht, durch Gespräche, Laute, Gesten oder Augenkontakt die Beziehung zu anderen herzustellen. Für die Aufnahme sozialer Kontakte ist es nicht notwendig, zu sprechen. Zeigt Herzlichkeit oder Zuneigung Die Person mit Demenz begegnet anderen mit Herzlichkeit oder Zuneigung oder reagiert, wenn diese ihr gegenüber geäußert werden. Zeichen der Zuneigung sind u. a. ein liebevoller Blick oder die Tendenz, den Bewegungen einer anderen Person mit Blicken zu folgen. Zeigt Freude oder Vergnügen Die Person mit Demenz zeigt Freude, Vergnügen oder Zufriedenheit, z. B. eine gute Mahlzeit genießen, einer Darbietung aufmerksam und begeistert zuschauen. Auswertung der Beobachtungsbögen Beispiel Frau W.: Indikatoren für Wohlbefinden Humor soziale Kontakte mit Dritten Einbeziehung in Kommunikationsabläufe Aufmerksamkeit kreative Ausdrucksmöglichkeit Bewertung Frau W. zeigte sich als interessierte Persönlichkeit, die Wünsche und Bedürfnisse ausdrücken und vertreten konnte Frau W. berichtete mit Freude und Stolz ihrem Sohn, dass sie an dem Ausflug, dieser elitären Veranstaltung, teilnehmen durfte. Stärken / Schwächen Förderung von Frau W. weniger Aufforderung zur aktiven Teilnahme bei Kreativangeboten Verstärkung von Kommunikationsangeboten sind für sie im Allgemeinden wichtig: Lesekreis, Abendrunde, gesellige Veranstaltungen etc. Abklärung der Schmerzsymptomatik Regelmäßige Einbeziehung in Ausflüge Vorbereitung der Senioreneinrichtung auf den Ausstellungsbesuch Das Angebot muss gut vorbereitet und geplant werden:
4 Schulung der Begleiter/-innen vor jeder Veranstaltung, da wechselnde Begleiter/- innen personelle und materielle Ressourcen klären und organisieren Anreise mit dem Öffentlichen Personennahverkehr hat sich bewährt Erster Teil: Begrüßungsrunde im Workshop-Raum Das Angebot Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz ist in drei Phasen unterteilt. Der erste Teil umfasst die Ankunft und das Kennenlernen im Museum: Herzliches Willkommen bei Kaffee und Kuchen Einstimmungsritual für Aktivitäten, wie es die Teilnehmer/-innen aus ihrem Heimalltag kennen Einfinden in die fremde Umgebung ermöglichen Erstellung von Namensschildern dient dem persönlichen Kennenlernen Einführung in das aktuelle Ausstellungsthema Zweiter Teil: Der Ausstellungsbesuch gezielte Auswahl weniger Exponate gemeinsame Betrachtung und Beschreibung Einbeziehung der Lebens- und Erfahrungswelt der Teilnehmenden Nutzung von Anschauungsmaterialien Dritter Teil: Das kreative Angebot Die Gruppe kehrt in den Workshop-Raum zurück und widmet sich gemeinsam einem kreativkünstlerischen Angebot, das inhaltlichen Bezug zu den in der Ausstellung gesehenen Exponaten hat. Dauer: ca. 30 Minuten Abschlussrunde: gemeinsamer Austausch zu den Werken Verabschiedung Intergenerationelles Angebot Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz - Jung & Alt Gemeinsame Kunstbetrachtung: Dieses Angebot ermöglicht auf spielerische Weise die Begegnung von Vorschulkindern und Senior/-innen. Bildungspartnerschaft von Kindertagesstätte und Senioreneinrichtung gemeinsamer Ausstellungsbesuch wird in beiden Einrichtungen vorbereitet kreativer Arbeiten von Senioren und Junioren Kunst und Kultur für Menschen mit Demenz: Fazit aus der Sicht des Seniorenheims Für die Mitarbeiter/-innen der Einrichtungen ergeben sich folgende Herausforderungen: Leitungsaufgabe umfänglich wahrnehmen (Zeitmanagement) Ressourcen aller Begleiter/-innen mobilisieren Motivation der Teilnehmenden Zu den Anforderungen zählen: Fortführung der Kreativarbeit im Heim Kontinuität: Regelmäßige Ausstellungsbesuche planen Der persönliche Zugewinn für alle Teilnehmenden wird sichtbar: positive Erfahrungen für Bewohner/-innen: das Wohlbefinden steigert sich
5 positive Auswirkungen auf Begleiter/-innen und ihr Verhältnis zu den Senior/-innen Persönliches Fazit aus der Perspektive einer Kunstvermittlerin Was kann das Angebot bewirken? zeitweise das Wiederfinden der Sprache kreative, fantasievolle Momente Gefühle des Glücks, der Erfüllung, der Dankbarkeit auf beiden Seiten! Fazit aus der Sicht der Bundeskunsthalle Zu den Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, zählen: hoher zeitlicher und organisatorischer Aufwand nicht immer gewährleistete Barrierefreiheit Besucherzahlen und Geräuschkulisse in der Ausstellung Verhalten des Begleitpersonals Die Anforderungen an die Kunstvermittler/-innen sind vielfältig: Spontanität und Improvisation Empathie und Intuition Offenheit und Authentizität hohes Maß an Konzentration Humor Ein erfolgreiches Programm! Demenzangebote als fester Bestandteil des Vermittlungsprogramms Intensivierung der Arbeit mit den Angehörigen Weiterer Ausbau der institutionellen Vernetzung. Kontakt: Birgit Tellmann Kunstvermittlung/Bildung Leiterin Rahmenprogramme Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Friedrich-Ebert-Allee 4 D Bonn T
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