Elternschaft zu dritt, zu viert und ihre rechtlichen Folgen
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- Louisa Baum
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1 Elternschaft zu dritt, zu viert und ihre rechtlichen Folgen Rechtsprechung im Bereich von Adoption und Abstammungsrecht nach (anonymer) Samenspende Fachtag Adoption Alternative Familiengründung -durch Samenspende oder eine im Ausland durchgeführte Leihmutterschaft - und ihre Bedeutung für die Adoptionspraxis in Münster Wolfgang Keuter
2 Gesetzliche Abstammungsregelung im Überblick - Mutterschaft 1591 BGB: Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat. Konsequenz: Gesetzlicher Vorrang der Gebärenden vor der genetischen Mutter Ausschluss Mutterschaftsanfechtung und Mutterschaftsanerkennung Kein Verfahren auf Feststellung der genetischen Mutterschaft
3 Gesetzliche Abstammungsregelung im Überblick Vaterschaft 1592 BGB: Vater eines Kindes ist der Mann, 1. der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, 2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder 3. dessen Vaterschaft... Gerichtlich festgestellt ist. Konsequenz: 1-Vater-Prinzip Keine Vaterschaftsfeststellung, solange anderweitige rechtliche Vaterschaft besteht
4 Gesetzliche Abstammungsregelung im Überblick Fortpflanzungsmedizin bei bestehender Ehe Homologe Insemination: rechtlich unproblematisch, genetische und rechtliche Elternschaft stimmen überein Heterologische Insemination: standesrechtlich anerkannt, rechtliche Zuordnung der Vaterschaft durch 1592 Nr. 1 oder 2 BGB Stabilität der abstammungsrechtlichen Zuordnung: Grds. gegeben, weil Ausschluss der Vaterschaftsanfechtung für Eltern 1600 Abs. 5 BGB Aber Anfechtungsmöglichkeit für das Kind ( 1600 I Nr. 4 BGB) und Recht des Kindes auf Kenntnis eigener Abstammung; insoweit: Aufbewahrung der Spenderdaten ( 15 II, 13a TPG), Auskunftsanspruch Kind gegen rechtliche Eltern aus 1618a BGB sowie gegen Fortpflanzungsmediziner
5 Gesetzliche Abstammungsregelung im Überblick Fortpflanzungsmedizin außerhalb bestehender Ehe Mutterschaft bei Geburt innerhalb eingetragener Lebenspartnerschaft: Gebärende ist Mutter nach 1591 BGB, dagegen keine automatische Co-Mutterschaft der Partnerin Vaterschaft: Vaterschaft: Zuordnung durch Anerkennung oder Vaterschaftsfeststellung; keine automatische Co-Vaterschaft des eingetragenen Lebenspartners, wenn der andere Partner eine Vaterschaft anerkennt oder als Vater festgestellt wird Genetische Verwandtschaft zum Kind für rechtl. Vaterschaft nicht notwendig Problemfälle: Wunschvater erkennt nicht an; Wunschmutter unterläuft Vaterschaftsanerkennung durch fehlende Zustimmung
6 Samenspende und Adoption Beteiligung des Samenspenders Sachverhalt Zwei Frauen leben in eingetragener Lebenspartnerschaft. Um sich ihren gemeinsamen Kinderwunsch zu erfüllen, bewegt eine von ihnen einen Bekannten zu einer Samenspende. Den Samen führt sie selbst ein. Die Zeugung gelingt, sie bringt ein Kind zur Welt. Ihre Lebenspartnerin will dieses Kind mit Zustimmung der Mutter adoptieren. Muss der Samenspender an dieser Adoption beteiligt werden, ihr sogar zustimmen?
7 Samenspende und Adoption Beteiligung des Samenspenders Rechtsgrundlagen 1747 Abs. 1 BGB: Zur Annahme eines Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich. Solange kein anderer Mann nach 1592 als Vater anzusehen ist, gilt im Sinne des Satzes 1... als Vater, wer die Voraussetzung des 1600d Abs. 2 Satz 1 glaubhaft macht. 1600d Abs. 2 Satz 1: Im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat Abs. 4 BGB: Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
8 Samenspende und Adoption Beteiligung des Samenspenders Rechtliche Würdigung (BGH NJW 2015, 1820): Samenspender kein Elternteil i. S Abs. 1 Satz 1 BGB Unterschiedliche Interessenlagen des Spenders denkbar: Spender legt keinen Wert auf Vaterschaft (idr bei Spende an eine Samenbank) Spender strebt Vaterschaft an (denkbar bei privaten Spendern) Samenspende wird vom BGH der Beiwohnung i. R I 2 BGB gleichgesetzt, wenn Spender Spermaübergabe glaubhaft macht Problem: Hat Spender Kenntnis vom Adoptionsverfahren? Literatur: Spender muss sich selber kümmern, ob aus seiner Spende ein Kind hervorgeht, wenn er Vaterrolle anstrebt BGH: Gericht muss Spender ermitteln und beteiligen
9 Samenspende und Adoption Beteiligung des Samenspenders Kenntnis der Mutter und / oder der Annehmenden von Person des Spenders: Keine Zwangsmittel möglich, aber Ohne Mitteilung keine Adoption, weil 1747 Abs. 4 BGB nicht eingreift, wenn Mutter oder Annehmender Aufenthalt des Spenders bekannt ist
10 Adoptionsverweigerung wegen Missachtung des Rechts des Kindes auf Kenntnis der Abstammung? Sachverhalt: 2 Jahre nach Partnerschaftsbegründung bringt eine LPin ein Kind zur Welt, das aus einer anonymen Samenspende stammt und das die andere LPin adoptieren will. Den Namen des Spenders wollen die LPinnen nicht wissen. Sie hinterlegen beim Notar zur Verwahrung für das Kind einen verschlossenen Umschlag mit Angaben zur Klinik und zum behandelnden Arzt. Den Umschlag darf das Kind erst ab Vollendung des 16. Lebensjahres öffnen.
11 Adoptionsverweigerung wegen Missachtung des Rechts des Kindes auf Kenntnis der Abstammung? Rechtliche Beurteilung (OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 674): Dass LPinnen Spendernamen nicht wissen wollen, ist kein Grund zur Adoptionsablehnung. Anonymitätszusagen werden zwar regelmäßig nicht anerkannt, insbesondere wiegt das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung i. d. R. mehr Verhalten der LPinnen erschwert aber nicht Auskunftsrecht des Kindes
12 Auskunftsrecht des Kindes gegen Eltern und Fortpflanzungsmediziner Sachverhalt Die minderjährigen Klägerinnen, vertreten durch ihre Eltern, verlangten vom Träger einer Klinik für Reproduktionsmedizin Auskunft über die Identität ihres biologischen Vaters durch Angabe der Personalien der Samenspender. Sie waren durch heterologische Insemination der Mutter in der Klinik gezeugt worden. Die Mutter und deren Ehemann, der rechtliche Vater, hatten vor der Behandlung der Klinik gegenüber in einer notariellen Erklärung auf Auskunft über die Identität der Spender verzichtet.
13 Auskunftsrecht des Kindes gegen Eltern und Fortpflanzungsmediziner Rechtliche Würdigung (BGH FamRZ 2015, 642): Kein Mindestalter des Kindes für Auskunftsbegehren Eltern müssen Auskunftsanspruch des Kindes für dieses geltend machen, um Kind über Abstammung zu informieren Auskunftserteilung muss für Arzt zumutbar sein; Interessenabwägung erforderlich. Anonymitätszusagen gegenüber Auskunftsrecht regelmäßig nachrangig Schadenersatzforderungen d. Spenders unerheblich Kollision mit Elterninteressen praktisch nicht vorstellbar
14 Adoptionspflegezeit bei Samenspende Sachverhalt Zwei eingetragene Lebenspartnerinnen fassen gemeinsam den Entschluss gefasst, dass die spätere Mutter mithilfe einer anonymen Samenspende ein Kind empfangen und gebären soll. Dieses soll nun von der Lebenspartnerin der Mutter adoptiert werden. Bei Adoptionsentscheidung ist das Kind 11 Monate alt. Es lebt seit der Geburt im gemeinsamen Haushalt der Lebenspartnerinnen ohne Beziehungsabbruch in der Partnerschaft auf.
15 Adoptionspflegezeit bei Samenspende Rechtliche Beurteilung (AG Göttingen FamRZ 2015, 1982) Eine Pflegezeit von mindestens einem Jahr ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann Adoptionspflegezeit verkürzt werden.
16 Samenspende und Unterhaltspflicht Sachverhalt Ein nichteheliches Paar beschließt wegen Zeugungsunfähigkeit des Mannes gemeinsam die Erfüllung des Kinderwunsches durch Samenspende. Der Mann erklärt schriftlich gegenüber dem Arzt, er werde für alle Folgen der Schwangerschaft aufkommen. Die Vaterschaft erkennt er später nicht an.
17 Samenspende und Unterhaltspflicht Rechtliche Würdigung (BGH FamRZ 2015, 2134) M ist nicht Vater des Kindes Gleichwohl hier Vertrag zugunsten des Kindes: Angebot des M, die Folgen der Behandlung zu übernehmen, ist F zur Kenntnis gelangt, sie hat es durch Inanspruchnahme der Behandlung angenommen. Formvorschriften für einen solchen Vertrag bestehen nicht; auch i. R V BGB ist Zustimmung formfrei möglich
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