Information. Frühjahrsgutachten 2016 der Wirtschaftsforschungsinstitute. Stand: April 2016
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1 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Stand: April
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3 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Vorwort X Vorwort Konsumgetriebenes Wachstum, Investitionen und Exporte bleiben schwach Die führenden haben ebenso wie nahezu alle Experten derzeit ihre Wachstumsprognose für Deutschland nach unten korrigiert. Waren sie in ihrem Herbstgutachten noch einem Anstieg des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts um 1,8 Prozent in diesem Jahr ausgegangen, liegt die Prognose der vorliegenden Gemeinschaftsdiagnose bei nur noch 1,6 Prozent. Für das kommende Jahr sehen die Institute ein Wachstum von 1,5 Prozent. Neben der Abwärtskorrektur enthält die Prognose noch weitere unangenehme Botschaften. So wird die schwache Weltkonjunktur dazu führen, dass der Wachstumsbeitrag des Außenhandels mittelfristig zurückgeht und im laufenden Jahr sogar merklich negativ ist. Für eine exportorientierte Volkswirtschaft wie Deutschland stellt dies eine strukturelle Belastung dar. Außerdem gehen die Institute davon aus, dass sich die Ausrüstungsinvestitionen nur moderat entwickeln werden und zudem schwerpunktmäßig in Form von Ersatzbeschaffungen und Rationalisierungen stattfinden werden. Die Investitionen von heute sind aber die Basis für das Wachstum von morgen. Neben den mäßigen Exportperspektiven haben die Forscher einen weiteren Grund für die Investitionsschwäche ausgemacht: die zu wenig auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Zu Recht bemängeln sie, dass in den vergangenen Jahren im Wesentlichen verteilungspolitische Maßnahmen umgesetzt wurden, die das Wachstum gebremst haben. So habe die Rente mit 63 dazu geführt, dass der Rückgang der inländischen Erwerbspersonen nicht mehr durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung ausgeglichen werden konnte. Die Einführung des Mindestlohns habe zu spürbaren Preisanstiegen in einigen Dienstleistungsbereichen geführt. Und die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit sei nach wie vor zu hoch. Nicht nur die Bundesregierung, auch die Gewerkschaften sollten das aktuelle Frühjahrsgutachten aufmerksam lesen. Um in einem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld Erfolg zu haben und um die Investitionsschwäche zu überwinden, ist jetzt lohnpolitische Vernunft gefragt. Wer auf unbegründbaren Entgeltsteigerungen beharrt und bewusst auf einen Arbeitskampf zusteuert, schadet der Konjunktur und schadet dem Standort. Bertram Brossardt 20. April 2016
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5 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Inhalt X Inhalt 1 Die Lage der Weltwirtschaft Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Außenhandel Ausrüstungsinvestitionen Bauinvestitionen Privater Konsum Gesamtwirtschaftliche Produktion Arbeitsmarkt Mittelfristige Projektion Zur Wirtschaftspolitik Prognose für Deutschland... 9 Anhang Ansprechpartner / Impressum... 11
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7 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Die Lage der Weltwirtschaft 1 1 Die Lage der Weltwirtschaft Wachstumsdynamik aufgrund anhaltender Konjunkturschwäche gering Die erwarten, dass sich die Weltwirtschaft im Laufe dieses Jahres nur moderat belebt. Dabei bleibt die Geldpolitik aufgrund der weiter anhaltenden Verlangsamung der Preisdynamik expansiv ausgerichtet. Die in manchen Ländern erwartete Straffung dürfte demnach entfallen oder deutlich geringer ausfallen, als angekündigt. Die Möglichkeiten der Geldpolitik sind aber weitestgehend ausgeschöpft, da die Finanzierungskosten bereits ein sehr niedriges Niveau erreicht haben. Die Folge dürfte eine in Teilen expansiver ausgerichtete Finanzpolitik sein, deren Ausmaß aber durch die weiterhin hohen Schuldenquoten und bestehenden Budgetregeln in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften Grenzen gesetzt sind. Auf Seiten der rohstoffexportierenden Länder führen der Rohstoffpreisverfall und die damit einhergehenden Einnahmeausfälle zu harten Konsolidierungsmaßnahmen, so dass hier die Finanzpolitik stark restriktiv agiert. Die trendmäßige Verlangsamung der Produktionsausweitung in China stellt weiterhin eines der größten Risiken für die globale Konjunktur dar. Die Institute erwarten aber aufgrund der vorhandenen Spielräume von Geld- und Fiskalpolitik, dass die Abkühlung der Konjunktur in China moderat ausfällt. Die USA dürften im Jahresverlauf 2016 einen dynamischen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes erleben. Maßgeblich sind dafür die steigenden Reallohneinkommen sowie die dadurch zunehmende Konsumnachfrage der privaten Haushalte verantwortlich. In Japan zeigt sich hingegen aufgrund der schrumpfenden Bevölkerung nur noch eine geringe wirtschaftliche Dynamik, insbesondere vom Außenhandel kommen kaum noch positive Impulse. Im Euroraum bleibt die Binnennachfrage die Stütze der Konjunktur. Gefördert durch die positive Beschäftigungsentwicklung bei gleichzeitig sinkender Arbeitslosigkeit, die Kaufkraftgewinne aufgrund niedriger Energie- und Rohstoffpreise sowie eine leicht expansive Fiskalpolitik erwarten die Institute einen Anstieg des privaten Konsums. Dennoch dürfte die konjunkturelle Dynamik im Prognosezeitraum nur mäßig zunehmen, da die Lage im Euroraum weiterhin sehr heterogen ist. So ist die Verschuldung in Teilen weiter hoch, notwendige strukturelle Reformen werden nur unzureichend umgesetzt und die Bruttoanlageinvestitionen bleiben schwach. Die Weltwirtschaft dürfte im Jahr 2016 um 2,4 Prozent und im kommenden Jahr um 2,7 Prozent zulegen. Auch der Welthandel weitet sich im Prognosezeitraum nur schwach aus, in diesem Jahr um 2,9 Prozent und im nächsten um 3,4 Prozent. Grundlage der Prognose ist aber, dass keines der bestehenden wirtschaftlichen Risiken weltweit und insbesondere in der Europäischen Union und China zum Tragen kommt. Eine Übersicht der Wachstumsprognosen für die einzelnen Staaten findet sich in Tabelle 1 auf Seite 2.
8 2 Die Lage der Weltwirtschaft Information Frühjahrsgutachten 2016 der Tabelle 1 Wirtschaftswachstum in der Welt Deutschland +1,7 +1,6 +1,5 Frankreich +1,1 +1,1 +1,4 Italien +0,6 +0,8 +1,1 Spanien +3,2 +2,6 +2,2 Niederlande +1,9 +1,3 +1,6 Belgien +1,4 +1,3 +1,5 Österreich +0,8 +1,5 +1,6 Griechenland -0,3-0,4 +1,4 Finnland +0,4 +0,6 +1,1 Portugal +1,5 +1,3 +1,6 Irland +7,8 +4,2 +3,2 Slowakei +3,6 +3,2 +3,3 Luxemburg +4,9 +3,4 +3,5 Slowenien +2,6 +2,0 +2,2 Litauen +1,6 +2,3 +2,8 Lettland +2,6 +2,5 +3,1 Zypern +1,6 +1,7 +2,1 Estland +1,2 +2,0 +2,1 Malta +6,3 +4,0 +3,0 Euroraum +1,6 +1,4 +1,6 Großbritannien +2,3 +2,0 +2,1 Polen +3,6 +3,5 +3,5 Schweden +3,8 +3,4 +2,6 Dänemark +1,2 +1,2 +1,8 Tschechien +4,3 +2,3 +2,6 Rumänien +3,8 +3,9 +3,5 Ungarn +2,9 +2,3 +2,5 Bulgarien +2,8 +2,0 +2,4 Kroatien +1,6 +1,7 +2,0 EU-28 +1,9 +1,7 +1,8 Schweiz +1,0 +1,1 +1,8 Norwegen +1,8 +1,5 +1,8 USA +2,4 +2,0 +2,3 Japan +0,5 +0,5 +0,7 Südkorea +2,6 +2,9 +3,0 Türkei +4,0 +3,1 +3,5 Industrieländer gesamt +1,9 +1,7 +2,0 Russland -3,7-1,3 +0,9 China +6,9 +6,4 +6,2 Ostasien ohne China +3,2 +3,6 +4,0 Indien +7,3 +7,4 +7,4 Lateinamerika -1,0-0,9 +1,7 Schwellenländer gesamt +3,9 +3,9 +4,6
9 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Die wirtschaftliche Lage in Deutschland 3 2 Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Der private Konsum und die Ausgaben für Flüchtlinge stützen das Wachstum Die sehen die deutsche Wirtschaft in einem moderaten Aufschwung, der vor allem vom privaten Konsum getragen wird. Zusätzliche Impulse kommen von den Ausgaben für Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge. Die Weltkonjunktur hingegen sorgt kaum für positive Effekte. Die Investitionstätigkeit wird verhalten bleiben. Die Institute betonen die Unsicherheiten, unter denen die aktuelle Prognose steht. Dies sind insbesondere die Frage der Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums sowie die Volksabstimmung im Vereinigten Königreich über den Verbleib in der EU. Sollte es anders als von den Instituten unterstellt zu merklichen Beeinträchtigungen des Warenverkehrs innerhalb von Europa kommen und/oder sollten die Briten für einen Austritt aus der EU stimmen, so muss die Prognose nach unten korrigiert werden. Des Weiteren steht die aktuelle Frühjahrsprognose unter folgenden Annahmen: Rohölpreis (Brent) von 39 US-Dollar pro Barrel in diesem Jahr und von 41 US-Dollar im kommenden Jahr, Wachstum des Welthandels von 2,9 Prozent in diesem Jahr und von 3,4 Prozent im kommenden Jahr, Wechselkurs von 1,10 US-Dollar je Euro im gesamten Prognosezeitraum, unveränderter Hauptrefinanzierungssatz der EZB von null Prozent bis Ende Außenhandel Nach einem schwachen Jahresstart erwarten die Institute eine Belebung der Exporte im Jahresverlauf Impulse sollten vor allem aus dem Euroraum, dem UK und aus den USA kommen. Im kommenden Jahr sehen die Forscher ein schwächeres Exportwachstum, da vor allem keine zusätzlichen Impulse aus den USA und aus China kommen. Die Beschleunigung im zweiten Halbjahr 2016 führt rechnerisch dazu, dass die Exporte im Jahresdurchschnitt 2017 mit 4,0 Prozent stärker wachsen als 2016 mit 2,0 Prozent. Die Importe dürften im Prognosezeitraum moderat steigen, wofür das nur schwache Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen und der Exporte verantwortlich sind. Im Jahresdurchschnitt erwarten die Institute ein Plus von jeweils 4,7 Prozent. Damit wird der Außenhandel im laufenden Jahr einen spürbaren negativen Wachstumsbeitrag von -1,0 Prozentpunkten leisten, 2017 ergibt sich ein minimal positiver Beitrag von 0,1 Punkten.
10 4 Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Information Frühjahrsgutachten 2016 der 2.2 Ausrüstungsinvestitionen Die Investitionsneigung wird derzeit vor allem von der schwachen Weltwirtschaft gedämpft. Speziell für das erste Halbjahr 2016 rechnen die Forschungsinstitute mit einer sehr schwachen Investitionstätigkeit. Im späteren Jahresverlauf sowie im Jahr 2017 ist mit einer etwas höheren Investitionsdynamik zu rechnen. Vor allem die Unternehmen der Baubranche sollten angesichts der steigenden Nachfrage die Investitionen erhöhen. Mit den sich wieder belebenden Ausfuhren sollte im späteren Prognosezeitraum auch die Exportindustrie ihre Investitionstätigkeit allmählich ausweiten. Im Wesentlichen wird es sich nach Einschätzung der Forscher dabei aber um Ersatzinvestitionen und Rationalisierungen handeln. Die Finanzierungsbedingungen bleiben im gesamten Prognosezeitraum unverändert günstig. Im Jahresdurchschnitt 2016 prognostizieren die Institute ein Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen um 2,5 Prozent, für 2017 erwarten sie ein Plus von 3,3 Prozent. 2.3 Bauinvestitionen Die Wohnungsbauinvestitionen dürften angesichts der Zuwanderung, des Niedrigzinsumfelds sowie der Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklung dynamisch zulegen. Darauf deuten auch die gestiegenen Auftragseingänge und Baugenehmigungen hin. Im laufenden Jahr rechnen die Forscher mit einem Plus von 2,9 Prozent, im kommenden Jahr mit einem Zuwachs um 1,8 Prozent. Der gewerbliche Bau ist nur moderat aufwärts gerichtet. Impulse kommen vor allem von den konsumnahen Wirtschaftsbereichen sowie vom Investitionsprogramm der Deutschen Bahn und dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau. Die Prognosen liegen bei +1,8 Prozent im Jahr 2016 und +0,6 Prozent im Jahr Der öffentliche Bau sollte im Prognosezeitraum verstärkt zunehmen. Auftragseingänge und Auftragsbestand im Hoch- und Tiefbau sind hoch. Positiv wirken die gute Kassenlage zahlreicher Kommunen sowie das Sondervermögen für finanzschwache Gemeinden. Impulse kommen zudem von den erhöhten Bundesmitteln für die Verkehrsinfrastruktur und den Maßnahmen zum Ausbau von Bildungseinrichtungen. Für die öffentlichen Bauinvestitionen ist mit einem Plus von 4,4 Prozent in diesem und von 1,2 Prozent im kommenden Jahr zu rechnen. Die Bauinvestitionen insgesamt werden der Prognose zufolge im laufenden Jahr um 2,8 Prozent und im kommenden Jahr um 1,4 Prozent wachsen. 2.4 Privater Konsum Der private Konsum wird den Forschungsinstituten zufolge auch im Prognosezeitraum kräftig expandieren. Die Realeinkommen steigen spürbar, die Einkommensteuerbelastung wurde in diesem Jahr reduziert, die Renten steigen kräftig, Kindergeld, Hartz-IV- Leistungen und Wohngeld wurden erhöht. Alles in allem werden die verfügbaren Ein-
11 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Die wirtschaftliche Lage in Deutschland 5 kommen im Jahr 2016 um rund drei Prozent wachsen. Angesichts einer geringen Inflation und einer leicht steigenden Sparquote sollte der private Konsum um 2,1 Prozent expandieren. Im kommenden Jahr wird ein etwas schwächeres Konsumwachstum erwartet. Der Beschäftigungsanstieg wird sich leicht verlangsamen, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden steigen, die Inflation wird höher ausfallen als Von daher prognostizieren die Institute einen Anstieg des privaten Verbrauchs um 1,6 Prozent im kommenden Jahr. Die Verbraucherpreise werden im laufenden Jahr nach wie vor von den niedrigen Energiepreisen gedrückt. Die Inflationsrate wird im Jahresdurchschnitt 0,5 Prozent betragen. Ohne Energie ergäbe sich ein Preisanstieg um 1,5 Prozent. Im kommenden Jahr dürfte die Inflation wieder etwas anziehen. Im Inland steigen die Lohnstückkosten beschleunigt, vom Ölpreis gehen keine dämpfenden Effekte mehr aus. Die Institute rechnen mit einer Inflationsrate von 1,5 Prozent. 2.5 Gesamtwirtschaftliche Produktion Im ersten Quartal 2016 dürfte das Wachstum in Deutschland auch witterungsbedingt relativ hoch ausgefallen sein, die Institute rechnen mit einem Plus von 0,6 Prozent. Für das zweite Quartal gehen die Institute aber nur von einem Plus von 0,3 Prozent aus, im dritten und vieren Quartal dürfte das BIP um jeweils 0,4 Prozent wachsen. Dies ergibt im Jahresdurchschnitt eine Zunahme des BIP um 1,6 Prozent. Für 2017 erwarten die Forscher wegen der geringeren Zahl von Arbeitstagen eine Wachstumsrate von 1,5 Prozent, arbeitstäglich bereinigt wären es 1,7 Prozent. 2.6 Arbeitsmarkt Trotz eines beschleunigten Beschäftigungsanstiegs ist die Arbeitslosigkeit zuletzt nur wenig gesunken. Grund ist das wegen der Zuwanderung deutlich gestiegene Erwerbspersonenpotenzial. Beim inländischen Erwerbspersonenpotenzial konnte 2015 der demografisch bedingte Rückgang nicht mehr durch eine höhere Erwerbsbeteiligung kompensiert werden, was vor allem an der 2014 eingeführten abschlagsfreien Rente mit 63 liegt. Im laufenden Jahr dürfte sich der Beschäftigungsaufbau verlangsamen, worauf die Zahl der offenen Stellen hindeutet. Angesichts der konjunkturellen Belebung dürfte die Erwerbstätigkeit aber im weiteren Prognosezeitraum wieder stärker zunehmen. Getragen wird der Anstieg weiterhin von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Im Jahresdurchschnitt 2016 wird die Zahl der Erwerbstätigen um über dem Niveau des Vorjahres liegen, im Jahr 2017 werden es mehr sein. Das Erwerbspersonenpotenzial wird zuwanderungsbedingt weiter steigen. Angesichts der nunmehr vollständigen Arbeitnehmerfreizügigkeit sind vermehrt Wanderungen aus Kroatien zu erwarten. Auch die Zuwanderung aus den anderen EU-Staaten wird sich fortsetzen, wenn auch in geringerem Tempo. Zudem wird sich die Flüchtlingsmigration zunehmend auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Ab Mitte 2016 ist damit zu rechnen, dass das Angebot an Arbeitskräften stärker wächst als die Nachfrage, sodass die Arbeitslosigkeit zunehmen wird. Im Jahresdurchschnitt wird die Zahl der Arbeitslo-
12 6 Die wirtschaftliche Lage in Deutschland Information Frühjahrsgutachten 2016 der sen nach Berechnungen der Institute aber noch um niedriger ausfallen als Im kommenden Jahr wird die Arbeitslosigkeit etwas beschleunigt steigen, die Zahl der Arbeitslosen wird um über dem Durchschnitt 2016 liegen. Die Arbeitslosenquote wird von 6,2 Prozent im laufenden Jahr auf 6,4 Prozent zunehmen. 2.7 Mittelfristige Projektion Die Forschungsinstitute haben im aktuellen Gutachten die Auswirkungen der Flüchtlingsmigration auf das Produktionspotenzial in Deutschland untersucht. Dabei haben sie verschiedene Szenarien berechnet mit unterschiedlichen Annahmen über die Anzahl der Flüchtlinge sowie deren Integrationsintensität auf dem Arbeitsmarkt. Die Institute schätzten auf diese Weise für Deutschland eine Potenzialwachstumsrate bis 2020 von 1,5 Prozent pro Jahr. Das tatsächliche Wachstum wird nach Einschätzung der Institute mit durchschnittlich gut 1½ Prozent geringfügig höher ausfallen als das Produktionspotenzial. Dabei wird die tatsächliche gesamtwirtschaftliche Produktion bis 2017 etwas unter dem potenziellen Niveau liegen, von 2018 bis 2020 wird die sog. Produktionslücke dann geschlossen. Im gesamten Projektionszeitraum wird die wirtschaftliche Entwicklung vom Konsum getragen. Die Ausrüstungsinvestitionen bleiben nicht zuletzt wegen des niedrigen Zinsniveaus robust, die Bauinvestitionen werden zusätzlich von der Zuwanderung angeregt. Die Exporte dürften trotz der nur moderaten Weltwirtschaft stabil wachsen, allerdings ist für die Importe mit einem noch stärkeren Wachstum zu rechnen, sodass der Anteil des Außenbeitrags zum BIP leicht zurückgeht. Die Projektion basiert auf der Annahme, dass die Finanzpolitik in Deutschland von ihrer derzeit expansiven Ausrichtung mittelfristig auf einen neutralen Kurs einschwenkt und die Geldpolitik noch längere Zeit expansiv bleiben wird.
13 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Zur Wirtschaftspolitik 7 3 Zur Wirtschaftspolitik Die Wirtschaftspolitik in Deutschland ist wenig wachstumsfreundlich Die kritisieren die Wirtschaftspolitik in Deutschland als zu wenig wachstumsfreundlich. Die Bundesregierung setze ihre Schwerpunkte stattdessen bei verteilungspolitischen und konsumtiven Maßnahmen. Eine Verschiebung hin zu mehr investiven Ausgaben sei bislang nicht erkennbar. Die von der Bundesregierung angekündigte Investitionsoffensive spiegle sich in der Ausgabenstruktur des Staates noch nicht wider. Die Forscher bescheinigen der Bundesregierung Erfolge bei der quantitativen Konsolidierung des Staatshaushalts. Sie befürchten aber, dass der aktuelle Haushaltsüberschuss nicht nachhaltig sei. Ein erheblicher Teil sei auf Einsparungen bei den Zinsbelastungen zurückzuführen, die nicht dauerhaft so niedrig bleiben dürften. Dennoch eröffneten die aktuellen Haushaltsüberschüsse der Regierung Handlungsspielräume. Diese sollten aber nur für temporäre Mehrausgaben oder für investive Maßnahmen verwendet werden, die das Produktionspotenzial dauerhaft erhöhen. Dazu zählen einerseits Investitionen in Humankapital. Die Ausgaben für Bildung seien im Vergleich mit anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften in Deutschland gering, was ein Wachstumshemmnis darstelle. Angesichts der hohen Flüchtlingsmigration und der notwendigen Integration dieser Menschen in den Arbeitsmarkt, seien Investitionen im Bildungsbereich noch dringlicher. Auch eine Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung das Faktors Arbeit könne die Wachstumsperspektiven verbessern. Die jüngste Reduzierung der Einkommensteuerbelastung reiche bei Weitem nicht aus. Einmal mehr mahnen die Institute an, dass versicherungsfremde Leistungen der Sozialversicherungen durch allgemeine Steuermittel finanziert werden müssen. Dies sei z. B. bei der abschlagsfreien Rente mit 63 und der Mütterrente unterblieben. Vielmehr wurden in den vergangenen Jahren die Zuschüsse an die Sozialversicherung gekürzt. Die aktuell gute Finanzlage der Sozialversicherungen lasse befürchten, dass der falsche Weg fortgesetzt werde. So zeichne sich schon konkret bei der geplanten Lebensleistungsrente eine Ausweitung der versicherungsfremden Leistungen ab. Auch die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit für Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge oder die Finanzierung der Krankenkassenbeiträge für anerkannte erwerbslose Flüchtlinge seien gesamtgesellschaftliche Aufgaben und dürften nicht allein den Beitragszahlern aufgebürdet werden. Eine weitere Lockerung der Geldpolitik halten die Institute für nicht erforderlich. Sie sehen keine Anzeichen einer Deflation, von daher sollten zunächst die Wirkungen der jüngsten geldpolitischen Maßnahmen abgewartet werden. Mittelfristig könne ein höheres Wachstum in Europa nur durch strukturelle Reformen erreicht werden.
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15 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Prognose für Deutschland 9 4 Prognose für Deutschland Wichtige Eckdaten Tabelle 2 Eckdaten der Prognose für Deutschland Veränderung ggü. Vorjahr in Prozent preisbereinigt 2016 * 2017 * * 2017 * 1. HJ 2. HJ 1. HJ 2. HJ Bruttoinlandsprodukt +1,7 +1,6 +1,5 +2,0 +1,3 +1,6 +1,5 Konsumausgaben der privaten Haushalte +1,9 +2,1 +1,5 +2,3 +1,9 +1,5 +1,5 Konsumausgaben des Staates +2,4 +2,9 +2,2 +3,2 +2,7 +2,2 +2,2 Ausrüstungsinvestitionen +4,8 +2,5 +3,3 +3,2 +1,9 +3,7 +3,0 Bauten +0,3 +2,8 +1,4 +3,7 +2,0 +1,3 +1,5 Sonstige Anlageinvestitionen +2,7 +2,5 +2,4 +2,6 +2,4 +2,4 +2,4 Exporte +5,4 +2,0 +4,0 +2,0 +1,9 +4,4 +3,7 Importe +5,8 +4,7 +4,7 +4,8 +4,7 +5,0 +4,3 Exportüberschuss, nominal in Mrd. 236,1 234,4 242,3 120,2 114,2 124,9 117,3 Verbraucherpreise +0,3 +0,5 +1, Produktivität je Stunde +0,6 +0,1 +0,7 ±0,0 +0,1 +0,6 +0,9 Arbeitszeit je Erwerbstätigen +0,3 +0,4-0,1 +0,8 ±0,0 +0,1-0,2 Unternehmens- u. Vermögenseinkommen +3,9 +3,6 +3,3 +4,5 +2,7 +3,1 +3,5 Arbeitnehmerentgelt +3,9 +4,3 +3,8 +4,4 +4,2 +3,9 +3,7 Bruttolöhne und -gehälter +4,0 +4,3 +3,7 +4,4 +4,2 +3,8 +3,6 Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten +2,9 +2,8 +2,7 +2,9 +2,8 +2,8 +2,6 Sparquote (in Prozent des Einkommens) 9,7 9,9 9,9 11,3 8,4 11,5 8,3 Erwerbstätige im Inland, in Tsd Arbeitslose, in Tsd. (nationale Definition) Arbeitslosenquote aller inländischen 6,4 6,2 6,4 Erwerbspersonen in Prozent Erwerbslose in Tsd (Definition nach ILO) Erwerbslosenquote aller inländischen 4,3 4,1 4,1 Erwerbspersonen in Prozent. *Prognose der Institute
16 10 Anhang Information Frühjahrsgutachten 2016 der Anhang Mitglieder der Projektgruppe: - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.v. in Kooperation mit: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung - ifo Institut Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.v. in Kooperation mit: KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle in Kooperation mit: Kiel Economics - Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung in Kooperation mit: Institut für Höhere Studien Wien
17 Information Frühjahrsgutachten 2016 der Ansprechpartner / Impressum 11 Ansprechpartner Volker Leinweber Leiter Volkswirtschaft Telefon Telefax volker.leinweber@vbw-bayern.de Tobias Kochta Volkswirtschaft Telefon Telefax tobias.kochta@vbw-bayern.de Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: bayme Bayerischer Unternehmensverband Metall und Elektro e. V. vbm Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße München bayme vbm vbw April 2016
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