AG Landwirtschaft und Ernährung - Bruttagebuch

Transkript

1 AG Landwirtschaft und Ernährung - Bruttagebuch 10.Februar: Die Schüler für die neue AG Landwirtschaft und Ernährung rücken an. Ein vertrautes Gesicht ist ja doch dabei! Nein, sogar mehrere, schließlich sind die Klassen aus der Grundschule Werlte ja regelmäßige Gäste hier am Lernstandort. Erst mal wird geklärt, was denn Landwirtschaft überhaupt ist, und warum die Arbeit der Landwirte für jeden von uns so wichtig ist. Auf einem Tisch liegen bunt durcheinander Dinge des täglichen Lebens. Was hat das alles mit Landwirtschaft zu tun? Jetzt wird sortiert. Ein großer Berg entsteht, auf dem sich Apfel, Kartoffeln, Brot,, Milch und Käse stapeln. Dass dies alles auf dem Acker oder im Stall erzeugt wird, weiß rund um Vrees und Werlte jedes Kind. Aber was ist mit Kakao, Schokolade, Gummibärchen, Schokoküssen, und wohin sortieren wir Pinsel, Schnur und Leinenbeutel? Nach kurze Diskussion ist auch das geklärt. Schokoküsse und Gummibärchen sind rasch aufgegessen, und jetzt wird endlich geklärt, was die AG in den nächsten Wochen hier am Lernstandort erleben wird. In der Ecke steht auf einem Tisch ein geheimnisvoller, weißer Kasten aus Styropor. Zwei Stromkabel aus dem Kasten führen in eine Steckdose. Ein leises Brummen ist zu hören (aber nur ganz kurz, denn am Nachmittag ist leise sein eine schwierige Aufgabe!). Nach kurzem Nachdenken hat einer aus der Truppe bereits einen guten Tipp: dies ist eine Brutmaschine! Viele Schüler aus Werlte haben Erfahrung mit landwirtschaftlichen Themen, weil ihre Eltern oder Großeltern eine Hof führen. Diese Schüler klären ihre Mitschüler dann immer ganz schnell auf, und das Angebot: Ich nehm dich mal mit und zeig dir das! ist auch schnell gemacht. Aber zurück zum Programm für die AG: Der Brutkasten wird nun erst mal eine Woche laufen. In dieser Woche wird regelmäßig überprüft, ob die Temperatur im Brutraum immer gleich hoch ist? Wie hoch muss die eigentlich sein? Und wie lange dauert es, bis die Küken schlüpfen? Mit der Aufgabe, diese Fragen zu klären, werden die Schüler entlassen. 17. Februar Die Schüler aus dem Schulzentrum und Justin aus Lorup sind nun auch zur Truppe gestoßen. Also gibt es eine kurze Wiederholung der Einführung. Aber wirklich ganz kurz, denn in der Ecke mit der Brutmaschine gibt es etwas zu entdecken: mehrere Karton mit n stehen bereit, Taschenlampen (?) daneben.

2 Zuerst fällt auf: die sehen ja ganz unterschiedlich aus! Ich hatte sogar schon mal ein grünes Ei! weiß einer der Neuen zu berichten. Die hat Wolfgang Riemer, der Züchter, der uns die besorgt hat, auch zu bieten. Spontan wünschen sich die Schüler, auch noch ein grünes Ei auszubrüten. Aber was hat es denn nun mit den verschiedenen farben auf sich? Größe, Form und Farbe der sind von der Hühnerrasse abhängig. Wir haben von fünf verschiedenen Hühnerrassen. Also erst mal ab an die Internetrechner und herausbekommen, wie diese Hühner aussehen! Steckbriefe müssen her, aber das schaffen wir heute nicht mehr damit machen wir beim nächsten mal weiter. Jetzt ist es wichtiger, dass die in die Brutmaschine kommen: schön vorsichtig und abwechselnd, jeder will mal mit anfassen! Noch ein Plakat gestalten, damit jeder sieht, wann die Küken schlüpfen sollen: am 10. März ist es soweit! Und dann noch ein Anruf bei Wolfgang Riemer und fragen, ob wir ein grünes Ei bekommen können. Der ist unterwegs (bei seinen Hühnern?), also sprechen wir unsere Bitte auf den Anrufbeantworter. Ob das klappt? Ob wir wirklich ein grünes Ei bekommen? 18. Februar Ein Anruf am frühen Morgen: Ihr wolltet doch ein grünes Ei. Ich habe gestern nach Deinem Anruf ein grünes Ei einer Bruthenne untergelegt, damit die Küken am gleichen Tag schlüpfen! Da soll ich also der Henne das grüne Ei wegnehmen? Wird sie dabei nicht ärgerlich? Das ist doch schließlich ihr Kind? Keine Sorge, die beißt schon nicht, aber wenn du gleich kommst bin ich noch zu hause und hol das Ei für dich raus. Also schnell, schnell, auf so eine Mutprobe am frühen Morgen habe ich keine Lust. Und im Hühnerstall geht auch alles ganz schnell: ein beherzter Griff, und Wolfgang Riemer hat das Ei in der Hand. Die Henne schaut nicht mal hoch. Das Ei fühlt sich ganz warm an. Aber es macht wohl nichts, wenn es auf der Fahrt etwas auskühlt. Trotzdem wird es in einen dicken, warmen Schal eingepackt und kommt auf den Beifahrersitz. Jetzt schnell zum Lernstandort nach Vrees. Auf der Fahrt denke ich darüber nach, ob Hennen wohl gute Mütter sind. Wird sie das Ein denn vermissen? Können Hennen überhaupt zählen? Noch mehr Fragen, die wir später klären müssen. Jetzt kommt das Ei erst mal zu den anderen. Bei der Gelegenheit wird auch die Temperatur kontrolliert. Und jetzt müssen wir drei Wochen warten. Zwischendurch gibt es aber noch einiges zu tun. Die müssen regelmäßig geschiert werden. Was es damit auf sich hat? Ihr erfahrt es nächste Woche!

3 23. Februar Eine dumme Panne: Nachdem das grüne Ei dazugelegt worden war, ist es auf der letzten Reihe etwas eng geworden. Beim Wenden wurde ein Ei regelrecht zerquetscht! Sehr schade, ausgerechnet ein Ei der Sussex-Hühner, von denen wir nur drei Stück bekommen konnten. Aber zum Glück ist diese Rasse nicht so selten wie andere Rassen. Und damit sind wir schon mitten im Thema: Was hat es mit den verschiedenen Hühnerrassen denn nun auf sich? Dazu haben wir eine Menge Informationen gefunden. Damit Euch beim Lesen nicht langweilig wird, gibt es dazu eine Übersicht mit vielen Bildern. Zwei Fragen müssen wir auch noch beantworten: 1. Was hat es mit dem Schieren auf sich? Beim Schieren werden die durchleuchtet. Das haben wir nach einer Woche Brutzeit gemacht. Dabei kann man feststellen, ob die befruchtet sind und ob die Küken im Ei wachsen. Das konnten wir beobachten: Vor dem Brüten leuchten die, wenn man sie über eine Taschenlampe hält. Nach einer Woche Brutzeit war bei einigen n ein dunkler Schatten zu sehen. Wir vermuten, dass an dieser Stelle das Küken wächst. Bei n mit einer ganz hellen Schale konnten wir erkennen, dass ein etwa 1 cm großer Embryo (= Keimling) in einer Art Blase gewachsen war. Von dieser Blase aus waren Adern zu sehen, die sich durch das ganze Ei gezogen haben. Dazu haben wir später dieses Bild gefunden, das unsere Beobachtung erklärt: (Die Abb. zeigt die Entwicklung nach 5 Tagen, unser Keimling war schon etwas größer) 1. Die Blase, die wir gesehen haben, ist die Keimscheibe. Die Blutadern konnten wir ganz deutlich sehen. 2. Die Luftblase war bei allen n größer geworden. 2. Warum werden die in der Brutmaschine gedreht? Damit das Küken nicht an der schale festklebt, müssen die regelmäßig (alle paar Stunden!) gedreht werden. Bei einer Naturbrut im Hühnerhof macht das die Glucke. Die Kunstbrut muss von Hand gedreht werden. Weil sich die AG nur ein Mal in der Woche trifft, hat unser Brutapparat eine automatische Wendevorrichtung.

4 Unsere alten Hühnerrassen aus dem Hühnerhof Rasse Kennzeichen Verhalten Bergischer Schlotterkamm Vorwerkhuhn Sussex-Huhn Ramelsloher Huhn Derbes, wetterfestes Nutzhuhn, langgestreckter kastenförmiger Körper, dunkel, verschiedene Farben. War viele hundert Jahre im Bergischen Land ein wichtiger Bestandteil des Hühnerhofes. Besonderes Kennzeichen: ein zur Seite schlotternder Kamm bei den Hennen. Goldbraun mit dunklem Behang am Hals, kräftig und robust. Sucht sich gerne Futter im Gehege. Wurde vor etwa 100 Jahren als schönes Huhn für den Ziergarten gezüchtet. Sussex-Hühner sind ruhig und zutraulich. Es gibt sie in verschiedenen Farben, häufig sind sie wie hier abgebildet hell ( silber-weiß ). Vor etwa 100 Jahren wurden sie aus ihrer Heimat im Süden Englands zu uns gebracht. Große, kräftige Landhühner, lebhaft und zutraulich. Es gibt weiße und gelbe Ramelsloher, Beine und Schnabel sind immer blau. Sie wurden vor etwa 100 Jahren aus Hühnern gezüchtet, die auf fast jedem Hof hier in Norddeutschland zu finden waren. Kann gut fliegen, brütet ungern Fliegt nicht. Verträglich, brütet ungern Brütet ungern Hähne oft aggressiv, brütet ungern Größe / Gewicht mittelgroß, Hähne: 2-3 kg Hennen: ca. 2 kg mittelgroß, Hähne: 2,5-3 kg Hennen: ca. 2,5 kg sehr groß, Hähne: 4 kg Hennen: 3 kg Mittelgroß, Hähne: 2,5-3 kg Hennen: 2-2,5 kg Legeleistung Nutzung ( / Jahr) Fleisch (Zwiehuhn) 150 Fleisch 260 Fleisch 170 Fleisch

5 Unsere Exoten Rasse Kennzeichen Verhalten Größe / Gewicht Legeleist ung ( / Jahr) 80 kleine Nutzung Seidenhühner Weil die Federn der Seidenhühner zerschlissen sind, wirken sie auf die Kinder wie eine Kreuzung aus Huhn und Osterhase. Aber natürlich sind Seidenhühner echte Vögel, die Rasse ist viele Hundert Jahre alt. Sehr zahm, brüten gerne (auch von anderen Hühnern) Sehr unterschiedlich, es gibt viele Zwergrassen Seidenhühner wurden und werden gerne von Hobbyzüchtern gehalten. Sie sind leicht zu halten, auch im Freiland, nur Regen mögen sie nicht. Zum Vergleich: In der modernen Landwirtschaft werden Hähnchen in großen Stallanlagen gemästet. Unsere Frühstückseier kommen in der Regel auch nicht vom Hühnerhof, sondern aus spezialisierten Betrieben, wo sie in großen Freigehegen oder Anlagen zur Bodenhaltung laufen. Legebatterien gibt es seit Beginn dieses Jahres in Deutschland nicht mehr, in den anderen Ländern der EU werden sie im Laufe der nächsten Jahre auch ersetzt. Dies sind die Hühner, die unsere Frühstückseier legen und zu Brathähnchen heranwachsen: (achte beim Lesen der Tabellen vor allem darauf, wie viele die verschiedenen Hühnerassen legen!)

6 Rasse Kennzeichen Größe / Gewicht Legehennen Masthühnchen Legehennen sind Hühner aus Hybridrassen, die speziell zum legen gezüchtet wurden. Es gibt unterschiedliche Rassen für braune und weiße. Legeleistung ( / Jahr) 1-2 kg Mehr als 300 im Jahr Auch Masthühnchen stammen aus eines speziellen Zucht. Wichtig ist hier, dass die Tiere schnell wachsen und Gewicht zulegen. Die Gewichtszunahme hängt auch stark von Futter ab, viele Verbraucher achten auf langsame Mast. Nutzung, nach etwa 15 Monaten wird aus einer Legehenne ein Suppenhuhn Hähnchen: g in 4-5 Wochen Poularde: g in 7-12 Wochen 3. März Heute können wir uns nicht um die Brut kümmern. Wir dürfen zu Bauer Jansen, dort wartet eine Überraschung auf uns! Ein Kälbchen?!? Auf dem kurzen Weg zum Milchhof von Hans Jansen gibt es viele Diskussionen und Vermutungen und dann gibt es auf dem Weg ja auch allerhand zu entdecken: Dammwild, Schafe und die Hühner, die Hauskatze will denn keiner in den Stall schauen? Schließlich siegt die Neugier, und so entdecken wir schließlich drei Kälbchen in ihren Boxen. Es gab Zwillingskälbchen, und über Nacht war noch ein drittes Kälbchen geboren worden. Na, das ist jetzt ganz schön eng: drei Kälberboxen und 15 Kinder im Milchgang. So nah waren die meisten Kinder den Kühen doch noch nicht gekommen, und manch respektvoller Blick streifte die Tiere. Aber die Kälbchen: soooo niedlich! Und so zutraulich. Schon nuckelte eines an den Fingern eines mutigen Schülers. Herr Jansen hatte Mühe, alle Fragen zu beantworten. Über Milchkühe und Kälber hatten wir ja noch nichts gelernt, aber das wurde jetzt schnell nachgeholt: Wie werden die Kälbchen gefüttert, bekommen sie Namen, oder nur eine Nummer auf der Ohrmarke, was steht noch auf der Ohrmarke, geht es den Müttern gut, und wo sind die Väter der Kälbchen? Die Väter der Kälbchen hat Herr Jansen in einem Katalog ausgesucht. Die Kälbchen sehen ihren Müttern nicht ähnlich, und sie werden auch nicht wie

7 diese Milchkühe werden. Die Kälbchen sind für die Mast vorgesehen. Sie bleiben nur wenige Tage auf dem Milchhof, dann werden sie an einen Mastbetrieb verkauft. Nachdem wir alles über die Kälbchen erfahren hatten, gab es noch eine Überraschung: Auf der Wieder des Nachbarn waren am Morgen zwei Lämmer geboren worden. Und die durften wir auch noch ansehen! Hans Jansen hatte die Lämmchen morgens gefunden. Sie lagen unter einem Busch und blökten laut, weil ihre Mutter sich nicht um die beiden kümmerte. Weil es sehr kalt war, hat er die Lämmchen mit ihrer Mutter in den Stall gesperrt. Jetzt sollten sie trinken ob das klappt? 10. März Endlich ist es so weit! Heute sollen die Küken schlüpfen. Und wirklich schon beim Öffnen der Eingangstür begrüßt uns lautes Piepsen. Sechs Küken sind schon geschlüpft. Es sind Seidenhuhnküken. Wir erkennen das nicht nur an dem plusterigen Federkleid, sondern auch an den Beinen: Seidenhühner haben bläuliche Beine, an denen Federn wachsen. Bei den hellen Küken oben kann man das deutlich sehen. Und sie haben eine fünfte Zehe an ihren Füßen. Wir haben braune und hellgelbe Seidenhuhnküken. Herr Riemer züchtet eigentlich die braunen. Dieser Farbschlag heißt wildfarbig. Gelegentlich kreuzt er weiße Hühner ein, um das Blut in seiner Zucht aufzufrischen. Offensichtlich hatten wir von diesen hellen Hühnern zwei Bruteier erwischt. Warum haben die Seidenhühner solche plusterigen Federn? Dazu muss man wissen, wie Federn aufgebaut sind. Das zeigt die Zeichnung hier: Schematischer Bau der Konturfeder: 1 Schaft, 2 Spule, 3 Fahne (3a Außen-, 3b Innenfahne), 4 Nebenfeder, 5 oberer Nabel, 6 unterer Nabel, 7 Federast, 8 Bogenstrahl, 9 Hakenstrahl

8 Bei Seidenhühner fehlen die Hakenstrahlen. Die Fahne liegt deshalb nicht ordentlich nebeneinander, sondern flattert frei und ungeordnet. Deshalb sieht das Federkleid der Seidenhühner fast aus wie ein Fell. Auch an den Flügeln bekommt diese Rasse keine ordentlichen Federn. Seidenhühner können also nicht fliegen. Und sie lieben es auch nicht, wenn sie bei Regen nass werden! Wenn unsere Seidenhühner etwas größer sind, werden wir die Federn genau unter dem Mikroskop untersuchen! Die Seidenhuhnküken sind niedlich aber wir wollten doch auch gerne sehen, wie die Küken schlüpfen. Und dann gerade noch rechtzeitig, bevor der Bus zum Abholen kam, entdeckten wir einen Schlitz in einem der : Jetzt mussten wir erst mal den Tisch in die Mitte rücken, damit alle Zugang hatten: Kinder, macht platz, ich würde das gerne fotografieren! Aber das dauerte ganz schön lange, bis das Küken es geschafft hatte und einen Deckel von seinem Ei geschnitten hatte. Und dann lag das Küken nass, klebrig und vollkommenerschöpft im Brutapparat. Dort musste es bleiben, bis es ganz trocken war. Und da ist er endlich: Max-Flippsi an seinem zweiten Lebenstag neben seiner schale. Max ist ein Vorwerkküken, das erkennt man an seinem rotbraunen Gesicht. Max Füße sind hell und haben auch keine Federn, sein Federkleid glänzt. An der schale erkennt man, wie sorgfältig und fast kreisrund Max das Ei geöffnet hat. Im Inneren ist das Netz aus Blutadern zu erkennen, das beim Schieren zu sehen war.

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