Multiple Sklerose und Schluckprobleme
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- Theresa Schuler
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1 Multiple Sklerose und Schluckprobleme Esther Zürcher, Sandra Zanetti, Dipl. Logopädinnen Kantonsspital Aarau, Neurologische Klinik 21. Mai 2016
2 Agenda Physiologie und Pathophysiologie Dysphagie- und Aspirationssymptome Schluckabklärung, diagnostische Verfahren Therapie, Übungen Koststufen Mundhygiene
3 Dysphagie Schluckstörung: Störung des Transportes von der Mundhöhle bis zum Magen Am Schluckakt beteiligte Strukturen in ihrer Funktion oder bzw. deren Zusammenwirken gestört
4 Ätiologie von Schluckstörungen Neurogene Dysphagien Schlaganfall, Schädelhirntrauma, Hirntumore, MS, ALS, Guillain-Barré-Syndrom, Myasthenia gravis, Muskeldystrophien etc. Mechanisch bedingte Schluckstörungen Tumore, Divertikel, Schilddrüsenerkrankungen, HWS-Erkrankungen, Traumen etc. Altersbedingte Schluckstörungen
5 Inzidenz der Dysphagie bei MS 30 bis 40% (Bartolome) aller MS Patienten haben im Verlauf der Krankheit Schluckbeschwerden, in unterschiedlichen Schweregraden Es gibt keine MS-spezifischen dysphagischen Störungsmuster
6 PHYSIOLOGIE
7 SensomotorischeSteuerung des Schluckaktes ca. 50 Muskelpaare, 5 Hirnnerven, verschiedene Hirnregionen 1x pro Minute, ±1000 x pro Tag ca Liter Speichel präziser zeitlich-räumlicher Ablauf im Tiefschlaf hört Speichelproduktion fast vollständig auf
8 Hirnnerven Fünf relevante Hirnnerven für das Schlucken: V N. Trigeminus VII N. Facialis IX N. Glossopharyngeus X N. Vagus XII N. Hypoglossus
9 Sprech- und Schluckorgane in Ruhestellung
10 Anatomie Kehlkopf (Sicht mit Endoskop) Respirationsstellung des Kehlkopfes 1/2 Sinus piriformis 3 Eingang Oesophagus 4/5 Valleculae 6/7 Taschenfalten 8 Epiglottis 9 Hintere Kommissur 10 Trachea
11 Der physiologische Schluckvorgang 1. Orale Vorbereitungsphase 2. Orale Phase 3. Pharyngeale Phase 4. Oesophageale Phase
12 Orale Vorbereitungsphase Geschmack, riechen Speichel anregen Speise zum Mund führen Formen der Lippen Schlucken wird angeregt
13 Orale Phase
14 Pharyngeale Phase
15 Oesophageale Phase
16 PATHOPHYSIOLOGIE Was wenn der Vorgang nicht mehr funktioniert?
17 Sprech- und Schluckorgane in Ruhestellung
18 Pathophysiologie Transport ist unvollständig - Bolusreste Geschluckte Substanz fliesst zurück -Regurgitation (von Speiseröhre) - Reflux (von Magen) Penetration (nasal, laryngeal) Aspiration
19 Warnsymptome Dysphagie/Aspiration Welche Anzeichen einer Schluckstörung kennen Sie??
20 Zeichen für eine Dysphagie: vermehrt Speichel, Speichelfluss Husten, Räuspern subjektive Schluckbeschwerden wie z.b. Steckenbleiben von Nahrung erhöhter Zeitbedarf fürs Essen und Trinken Malnutrition oder Dehydration
21 Zeichen für eine Aspiration: gurgelndes Atemgeräusch belegte Stimme (v.a. während dem Essen) Husten, Räuspern wässrige, tränende Augen verstärkte Verschleimung Fieber (Pneumonie) Achtung: stille Aspiration!!!
22 Stille Aspiration 50% aller Aspirationen verlaufen still, das heisst ohne Auslösung von Schutzreflexen 50% der Patienten die aspirieren, husten nicht.
23 Risikofaktoren Dysphagie I: Vigilanzminderung erhöhte Atemfrequenz, Atemnot Pneumonien, pulmonale Infekte Dysarthrophonie: vorallem eingeschränkte Zungenkraft und -beweglichkeit Fazialisparese (Gefahr von Residuen, Sensibilitätseinschränkungen)
24 Risikofaktoren Dysphagie II: Stimmlippenparese fehlender Hustenstoss, Aphonie reduzierter, schwacher Hustenstoss Hirnstamm-Verletzung kognitive Einschränkungen: unzureichende Umsetzung von Schlucktechniken
25 Schluckprobleme Folgen I Mangelernährung Dehydration Gewichtsverlust Fieber/Bronchitis/Pneumonie Speichelfluss/ zu viel Speichel Verweigerung bestimmter Speisen Angst vor dem Essen/Trinken Längere Dauer der Mahlzeiten
26 Schluckprobleme Folgen II Erhöhte Infektionsanfälligkeit Verdauungsprobleme / Verstopfung Verminderte körperliche/geistige Leistungsfähigkeit Verlängerte Genesungszeiten/Wundheilung Erhöhte Mortalität Einschränkung der Lebensqualität Sozialer Rückzug / soziale Ausgrenzung
27 SCHLUCKABKLÄRUNG
28 Diagnostik Allgemeine Beobachtungen Überprüfung der am Schluckvorgang beteiligter Organe (Motorik) Sensibilität Beobachtungen während dem Schluckversuch
29 Schluckversuch positiv Kost: welche Konsistenz? Optimierungen Essregeln
30 Schluckversuch negativ Keine Ernährung per Os > nasogastrale Sonde, evtl. PEG Evtl. weitere diagnostische Verfahren > apparativ Therapie, erneute Schluck- abklärungen
31 Apparative Diagnostik Wozu? Stille Aspiration nie auszuschliessen Unsicherheit, da Schluckakt selber nicht einsehbar Möglichkeiten: FEES (Fiberendoscopic Examination of Swallowing); Videoendoskopie Videofluoroskopie; Oesophaguspassage
32 Durchführung FEES
33 FEES Vorteile: Nicht invasiv, geringe Belastung, wiederholbar Struktur und Einzelfunktionen erkennbar Aspiration von Speichel erkennbar Verwendung normaler Testnahrung Nachteile: Schluckvorgang nicht vollständig einsehbar Menge aspiriertes Material nicht erkennbar
34 Videofluoroskopie Vorteile: Ganzer Schluckakt, Koordination und zeitlicher Ablauf ersichtlich Menge des aspirierten Materials ersichtlich Schlucktechniken anwendbar Nachteile: Röntgenstrahlung Strukturen nicht ersichtlich Verschiedene Konsistenzen als Testnahrung schwierig
35 THERAPIE
36 Therapieansätze Funktionelle Dysphagietherapie nach Bartolomé (FDT) Therapie des Facio-oralen Traktes nach Kay Coombes (FOTT) «Schlucken lernt man nur durch Schlucken»
37 Einteilung Adaptive Massnahmen Externe Hilfen (Kostanpassung, Ess-und Trinkhilfen) Restituierende Massnahmen Schluckübung zur Kräftigung der Schluckmuskulatur Kompensatorische Massnahmen Strategien, während des Schluckens angewandt (Änderung der Kopfhaltung, Spezielle Schlucktechniken)
38 Therapie Individuell auf Patient abgestimmt Unterschiedliche Frequenz, stationär meist täglich, ambulant weniger häufig.
39 Beispiele Schluckübungen Zungenmotorische Übungen Modifiziertes Valsalva Manöver «k» Kehlkopfhebung auf /la/ Shaker Übung Masako Manöver Artikulation von NG/K/G/CH
40 DYSPHAGIEKOST
41 Koststufen am KSA pürierte Kost gewürfelte Kost (weich, ohne Mischkonsistenzen) Normalkost flüssige Kost (Fingerfood) Die Koststufe wird individuell angepasst
42 pürierte Kost homogene Konsistenz püriert nicht übermässig gewürzt dickflüssige Cremesuppe angereichert
43 gewürfelte Kost Kost weich und klein geschnitten Neu sollte Konsistenz homogen sein keine Mischkonsistenzen mehr.
44 Probleme bei Mischkonsistenzen FEST und FLÜSSIG ist schwierig zu kontrollieren Suppe mit Einlage (z.b. Flädli UND Bouillon) Salat (Salat UND Sauce) Gemüse mit hohem Wasseranteil (z.b. Tomate) (Gemüse UND Wassergehalt des Gemüses) Fruchtsalat (Früchte UND Fruchtsaft)
45 Schwierige Nahrungsmittel TROCKEN, KLEIN, KÖRNIG, ZÄH, REIZEND, SCHARF. z.b. harte Krusten (Brot, Gratins,..) Reis, Ebly, Couscous zähes, fasriges Fleisch Gemüse mit Haut (z.b. Bohnen, Lauch, Tomaten) dekorative Kräuter auf den Speisen
46 Normalkost Normal
47 flüssige Kost In Fällen, wenn kein Transport des Nahrungsbrei möglich ist HNO-Patienten ALS-Patienten hochkalorische Drinks (als Ergänzungsnahrung)
48 Fingerfood = Normale Kost in gewürfelter gut greifbarer Form Nahrungsaufnahme von der Hand zum Mund Geeignet bei Schwierigkeit Gabel, Messer, Löffel halten zu können oder Tremor der Hände
49 Medikamente Solange ein Patient beim Trinken von Flüssigkeiten oder bei Mischkonsistenzen Schwierigkeiten hat Medikamente mörsern oder mit Creme/Joghurt verabreichen
50 Hilfsmittel Besteck, das leicht greifbar ist Tellerrand
51 Essregeln Gute Sitz- und Kopfposition Essen und Sprechen strikte trennen Zeit lassen, Pausen einlegen Kleine Bisse/Schlucke Auf Speisereste achten (Fazialiswange) Mundpflege nach dem Essen Nach dem Essen noch mind. 20 Minuten sitzen
52 Haltung Voraussetzung schaffen, damit der Patient überhaupt richtig schlucken kann. Rumpfaufrichtung Kopfhaltung Optimale Position, damit die Muskulatur zum Schlucken auch funktionieren kann
53 FLÜSSIGKEITEN
54 Welche Kopfhaltung? Flexion Extension Flexion (Kopf zur Brust) ist optimale Haltung
55 Flüssigkeiten Es gibt unterschiedlichste Trinkhilfen VORSICHT IST GEBOTEN BEI: Schnabelbecher Röhrli
56 Schnabelbecher Vorsicht Kopfhaltung Extension!!!
57 Röhrli Positiv: Kopfhaltung (Flexion) Negativ: Mengendosierung schwierig Wasser schiesst durch Sog nach hinten (schnelles Schlucken nötig)
58 Flüssigkeiten eindicken leicht eingedickt (nektarartig) mittel eingedickt (honigartig) stark eingedickt (joghurtartig) Bei Aspirationsgefahr!!! keine Flüssigkeiten per Os
59 Massnahmen Mangelernährung Gewichtskontrolle Ess- und Trinkprotokolle führen Bei geringer Nahrungszufuhr diätetische Massnahmen einleiten (Anreicherung des Essens, hochkalorische Ergänzungsdrinks) Enterale Ernährung (PEG) Parenterale Ernährung (Infusion)
60 Hilfsmittel Becher mit Nasenausschnitt
61 Mundhygiene Wichtig zur Erhaltung eines sauberen Mundmilieus als Prävention vor Lungeninfekten
62 FRAGEN??
63 Literaturhinweise Bartholome G. (Hrsg); Schröter-Morasch, H. (Hrsg). (2006). Schluckstörungen. Diagnostik und Rehabilitation. München: Urban&Fischer Verlag. Berthold G. (Hrsg) 2009; Schlucken und Schluckstörungen. Eine Einführung. München: Urban& Fischer Verlag Herbst-Rietschel W. (2002). RATGEBER Dysphagie. Schluckstörungen nach Schlaganfall und Schädel-Hirn- Trauma (SHT). Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige. Idstein: Schulz-Kirchner-Verlag. Nusser-Müller-Busch R.(2004). Die Therapie des Facio- Oralen Trakts. Berlin: Springer-Verlag Schalch F. (1999). Schluckstörungen und Gesichtslähmung. Therapeutische Hilfen. München: Urban& Fischer Verlag
64 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT
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