Sprache (1): Sprachverständnis auf der Wortebene (Forts.)
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- Linda Ziegler
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1 Fachrichtung Psychologie Professur Allgemeine Psychologie Fachrichtung Psychologie Professur Allgemeine Psychologie Vorlesung im Sommersemester 2015 Kognitive Prozesse Sprache (1): Sprachverständnis auf der Wortebene (Forts.) Dr. K.-Martin Krönke 1
2 Oh ist ein Partikelmorphem 2
3 Oh ist ein Partikelmorphem 3
4 Oh ist ein Partikelmorphem 4
5 Sprachverständnis auf der Wortebene Was ist Sprache? Die akustischen Sprachsignale Das Segmentierungs- und das Variabilitätsproblem Multimodalität und Top-down-Einflüsse beim Sprachverständnis Modelle zum Wortverständnis Modularität vs. Interaktivität Das Mentale Lexikon und semantisches Priming Das Kohortenmodell Kontexteffekte auf die Lexikalische Selektion Konnektionistische Modelle (TRACE, Interaktives Aktivierungsmodell) 5
6 TRACE-Modell (McClelland & Elman,1986) 6 bit tip... Worte /b/ /t/... Phoneme stimmhaft stimmlos nasal plosiv labial alveolar... Merkmale Drei Ebenen von Verarbeitungseinheiten Hemmende Verbindungen zwischen Einheiten derselben Ebene ( laterale Hemmung) Bahnende Verbindungen zwischen Einheiten verschiedener Ebenen 6 6
7 TRACE-Modell (McClelland & Elman,1986) 7 bit tip... Worte /b/ /t/... Phoneme stimmhaft stimmlos nasal plosiv labial alveolar... Merkmale Je besser ein Merkmal zum Sprachsignal passt, umso stärker wird es aktiviert Merkmalseinheiten aktivieren Phonemeinheiten Phonemeinheiten aktivieren alle Wörter in denen sie enthalten sind 7
8 TRACE-Modell (McClelland & Elman,1986) 8 bit tip... Worte /b/ /t/... Phoneme stimmhaft stimmlos nasal plosiv labial alveolar... Merkmale Je besser ein Merkmal zum Sprachsignal passt, umso stärker wird es aktiviert Merkmalseinheiten aktivieren Phonemeinheiten Phonemeinheiten aktivieren alle Wörter in denen sie enthalten sind Worteinheiten aktivieren top-down Phonemeinheiten. 8
9 Empirische Evidenz für das TRACE-Modell verrauschter Sprachinput top-down-einflüsse / Mustererkennung! kategoriale Lautwahrnehmung laterale Hemmung zwischen Phonemen / winner-takes-it-all -Prinzip / bottom-up Worthäufigkeit schneller verarbeitet wegen höherer Baseline- Aktivierung Wortüberlegenheitseffekt (Cutler et al., 1987), Phonemerkennung schneller in Wörtern als in Pseudowörtern top-down-aktivierung Lexical identification shift (Ganong, 1980), ambige Phoneme topdown-aktivierung 9 9
10 TRACE-Modell Einschränkungen Top-Down-Einflüsse werden im Modell evtl. überschätzt ( Modell produziert häufig halluzinierte Wahrnehmungen) Modell ist so flexibel, dass es fast alles erklären könnte Simulation bislang nur mit relativ begrenztem Lexikon ( Frage der Skalierung der Prozesse auf realistisch großes Lexikon) Vernachlässigt Einfluss orthographischer Faktoren (Perre & Ziegler, 2008) 11 11
11 Produktion Rezeption Auditiv Sprechen Hören Visuell Schreiben Lesen 12
12 Schriftsysteme Weltweit: Sprachen, ca. 200 Schriftsprachen Input = visuelle Zeichenfolgen Logographisches System: Symbole repräsentieren Worte o. Morpheme (z.t. im Chinesischen) Syllabisches System: Symbole repräsentieren Silben (Japan: Kana) Alphabetisches System: Symbole repräsentieren Phoneme Arbiträre Symbole: keine Ähnlichkeit von Symbol und Symbolisiertem 13
13 Verarbeitungsgeschwindigkeit Gesprochene Sprache 10 Phoneme pro Sekunde (möglich bis zu Phoneme pro Sek) Geschriebene Sprache 300 Wörter pro Minute, 200 ms pro Wort (Eysenck & Keane, 2010, p.336) 14
14 Worterkennung ist ein hochautomatisierter Prozess Stroop Farb-Wort-Interferenzaufgabe 15
15 16
16 17
17 Visuelle Worterkennung Kontexteffekte und Musterergänzung Wort-Überlegenheitseffekt (Reicher, 1969) Das interaktive Aktivationsmodell (McClelland & Rumelhart, 1981) 18
18 Das interaktive Aktivationsmodell Ein Beispiel für ein konnektionistisches Netzwerk McClelland & Rumelhart (1981) Inhibitorische Konnektionen zwischen Wörtern Inhibitorische Konnektionen zwischen Buchstaben für die gleiche Wortposition Aktivierende und inhibitorische Bottom-up- Konnektionen Aktivierende u. inhibitorische Top-Down- Konnektionen von der Wort- zu Buchstaben-ebene Erklärung des Wort- Überlegenheitseffekts durch Top-down-Aktivierungen Aber: Effekt wird nicht beeinflusst durch Häufigkeit! 19
19 Das interaktive Aktivationsmodell Ein Beispiel für ein konnektionistisches Netzwerk McClelland & Rumelhart (1981) Drei Verarbeitungsebenen: Merkmale Buchstaben - Wörter Merkmale, Buchstaben und Wörter werden durch Knoten repräsentiert Jeder Knoten kann mehr oder weniger aktiviert sein Knoten sind über aktivierende und hemmende Konnektionen verbunden Aktivierungsausbreitung erfolgt von unten nach oben (bottomup) und von oben nach unten (top-down) Massive Parallelverarbeitung McClelland, J.L., and Rumelhart, D.E. (1981). Psychological Review, 88,
20 Vorteile des interaktiven Aktivationsmodells Erklärt Wortüberlegenheitseffekt und andere Kontext- und Top-down- Effekte Übereinstimmung mit experimentellen Daten zur Phonem- und Worterkennung Musterergänzung bei unvollständigem Input Fehlertoleranz bei verrauschtem Input Kontinuierliche Weiterentwicklung und Erweiterung 21
21 Konnektionistische Modelle Parallele Verarbeitung in weit verteilten Regionen Einheiten / Knoten sind in Netzwerken organisiert Neurone im Gehirn neuronale Netzwerkmodelle Interaktion von top-down und bottom-up Prozessen Stärke: Impliziert Lernmechanismus, erlaubt Modifikationen und Reduktion von Fehlern Hebbian learning: fire together, wire together Schädigung des Gehirns graceful degradation 22
22 Fachrichtung Psychologie Professur Allgemeine Psychologie Fachrichtung Psychologie Professur Allgemeine Psychologie Vorlesung im Sommersemester 2015 Kognitive Prozesse Sprache (2): Neurobiologische Grundlagen von Sprache Dr. K.-Martin Krönke 23
23 Purves et al. (2013). Principles of cognitive neuroscience. (2 nd ed.). Sinauer. Gazzaniga, M., Ivry, R. & Mangun, R. (2014). Cognitive neuroscience. The biology of the mind (4 th ed.). Norton. [Kapitel 11] Eysenck, M.W. & Keane, M. (2010). Cognitive psychology: A student s handbook (6th Ed.). Hove: Psychology Press. [Kapitel 9-10] Ergänzung / Neuro Klausurvorbereitung* *Sowie Goldstein, 2007 Wahrnehmungspsychologie, im Kapitel 13 zur Sprachwahrnehmung 24
24 Sprache untersuchen Läsionen Broca Agrammatismus Aphasie Telegrammstil noninvasiv EKP s N400 P600 Wernicke Apraxie Neuropsychologie Anomie Sprache gestört normal fmrt Neurophysiologie Leitungsaphasie Lichtheim-Geschwind invasiv Kortikale Stimulation Fasciculus arcuatus Wadaprozedur Epilepsie Split-brain patients Corpus callosum Lateralisierung 26
25 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Carl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Lateralisierung Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 27
26 Aphasie Bitte auf Sprachvermögen achten und beurteilen! Aphasie_Beispiel_1 Aphasie_Beispiel_2 Sprachstörung durch Hirnschädigung (Schlaganfall, Schädel-Hirn- Trauma, Tumor etc.) bei relativer Unversehrtheit anderer kognitiver Funktionen(z.B. Sprachapparat, Gehör usw.) Sprachverständnis und / oder Sprachproduktion Teilweise oder vollständig Vorübergehend oder chronisch Sehr häufig (40 % Schlaganfall, oft links-hemisphärisch) Teilweise begleitet von: Dysarthrie (mangelnde Kontrolle über artikulatorische Muskeln) 28
27 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Lateralisierung Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 29
28 Paul Broca lokalisiert Sprache Paul Broca ( ) Gehirn von Monsieur Leborgne 8. April 1861: Paul Broca untersucht Monsieur Leborgne 51 Jahre alt, Epilepsie, stationär behandelt seit 31. Lebensjahr, Hemiparese rechts mit Sensitivitätsverlust, spricht nicht (Arzt) Wie heißen Sie? (Leborgne) Tan Stirbt innerhalb einer Woche Autopsie: Schädigung im linken Elsevier posterioren Frontalhirn Broca Areal Klinisch-pathologische Korrelation 1864 (Broca): Sprachdominanz in linker Hemisphäre: man spricht mit der linken Hemisphäre Wada-Prozedur / Lateralisierung / split-brain-patienten 30 Früher Hinweis auf Lokalisierbarkeit höherer kognitiver (sprachlicher) Funktionen 30
29 Dronkers, Plaisant, Iba-Zizen & Cabanis, 2007, Brain 31
30 Brain damage beyond Broca s area in famous patient Leborgne Insular cortex Basal ganglia Dronkers, Plaisant, Iba-Zizen & Cabanis, 2007, Brain 32
31 150 Jahre nach Broca: Sprache kann nicht auf das Broca-Areal reduziert werden Das Broca-Areal ist ein wichtiger Teil eines komplexen weit verbreiteten Sprachnetzwerks Abb. angepasst nach Bear et al
32 Broca Aphasie / motorisch / unflüssig Beispiel: Therapeut: Konnten Sie gestern die Sonne genießen? Frau N.: Ja... Garten... Sohn... Schi... toch... äh... Sohn und... Schiebetochte... Faul... nein... Faumen fülken... nein... Korb Faumen... Garten... ich Sonne sitzen, dann... hause... Kuchen backen... Sohn gerne Faulmenchuchen... Aus: Lutz, L. (1992). Das Schweigen verstehen. Berlin: Springer. Cookie Theft Picture cookie jar fall over chair water empty Probleme in Spontansprache 35
33 Sprachprobleme bei der Broca Aphasie A. Spontansprache - Langsam, erfordert große Anstrengung - Fehlen von Funktionswörtern ( Telegrammstil ) B. Wiederholung - Artikulationsprobleme (z.b. Zungenmuskulatur) - Dysarthrie C. Verständnis - Reversible Sätze, die korrekte syntaktische Zuweisung von thematischen Rollen erfordert (z.b. wer schlug wen?) 36
34 Symptome einer unflüssigen (Broca-)Aphasie Besonders auffällig: beeinträchtigte Sprachproduktion Langsam, nicht flüssig, erfordert große Anstrengung, erfolgt oft stoßweise Telegrammstil Viele Inhaltswörter (Substantive, Verben, Adjektive) Kaum Funktionswörter (Artikel, Pronomen, Konjunktionen) Agrammatismus Grammatik-Probleme bei Satzkonstruktion Konjugation von Verben Phonematische Paraphasien (s.o. Faulmenchuchen ) Wortfindungsstörungen ( Anomie) Beeinträchtigte Artikulation ( Dysarthrie) relativ intakt: Sprachverständnis Problematisch: Funktionswörter, komplexe Sätze 37
35 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Lateralisierung Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 39
36 Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Carl Wernicke Wernicke untersuchte um 1870 Schlaganfallpatienten Pt. sprachen flüssig, aber produzierten sinnlose Wörter und Sätze Pt. zeigten stark beeinträchtigtes Sprachverständnis Autopsie: Läsionen im linken posterioren superioren Temporalkortex (benachbart zu auditorischen Kortexregionen) Wernicke s Vermutung: Sitz eines auditorischen Wortspeichers 40 40
37 Wernicke-Aphasie / flüssig / rezeptiv / sensorisch Beispiel: Th.: Da wo Sie wohnen, haben Sie da auch einen Garten? Pat.: Ha ah, das seh ich sofort hier Th.: Ja, haben Sie da auch einen Garten? Da, wo Sie wohnen? Pat.: Ja, gäh äh ka ur ein geomer, ein teomer vin annern te eh Th.: Ja... Pat.: Nech, also, mein schön kerger küksil im Sommer, jetzt um diese Zeit... Th.: Ja... Pat.: Gehabt un so auch heute den bron denn ein ein für äh na et den oder oder für mich denn für - Gott, wie schwer ist das denn! Th.: Ich kann Sie immer noch nicht gut verstehen, leider! Ich möchte so gern, aber da kommen immer andere Wörter... Pat.: Ich weiß, aber aber ein mies da hab ich denn manches manches manches so gelies gehakkert ja, ach ja, sach ich da stehn für halle sarge was ich wusste... Aus: Lutz, L. (1992). Das Schweigen verstehen. Berlin: Springer. 41
38 Sprachprobleme bei der Wernicke-Aphasie / flüssig Flüssige Sprache und grammatisch korrekte Sprache Aber: Sprache ist oft ohne Bedeutung Probleme beim Verstehen von Sprache Semantische Fehler (z.b. Television statt Telefon ) Paraphasien Mitunter Worte, die nicht in der jeweiligen Sprache existierten ( Jargon ) 42
39 Broca und Wernicke Aphasie 43
40 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Lateralisierung Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 45
41 Klassische Theorie der Sprachverarbeitung: Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Modulare Annahmen Lokalisierbarkeit von Sprachfunktionen Wernicke-Areal Auditorischer Wortspeicher Broca-Areal Planung / Programmierung der Sprachproduktion Speicher für konzeptuelles Wissen gyrus supramarginalis / gyrus angularis? Wiederholung gesprochener Wörter Auditorischer Kortex Wernicke Areal Fasciulus Arcuatus Broca Areal Motorischer Kortex Lautes Lesen von Text Visueller Kortex Gyrus angularis Wernicke Areal Fasciculus Arcuatus Broca Areal Motorischer Kortex Läsionen einer der Regionen oder deren Verbindungen unterschiedliche Aphasien 46
42 Transkortikale motorische Aphasie Broca-Aphasie Transkortikale sensorische Aphasie Wernicke-Aphasie Leitungs-Aphasie Wiederholung gesprochener Sprache möglich? Zugriff auf Semantik? Echolalie? Globale Aphasie Dysarthrie Reine Worttaubheit Gazzaniga, Ivry, Mangun,
43 Wie kann man sich das Faserbündel Fasciculus Arcuatus vorstellen? Rekonstruktion auf Basis von diffusionsgewichteten Bildgebungsdaten ( diffusion weighted imaging) Traktographie Catani et al.,
44 Catani et al.,
45 Neuropsychologisches Modell / Wörter wiederholen (nach Ellis & Young, 1988) Wort hören Auditorische Analyse (Extraktion von Phonemen / anderen Lauten) Auditorisches Eingangslexikon (erkennt bekannte gesprochene Wörter) Route 1 Phoneme Response Buffer (stellt distinktive Sprachlaute bereit) Sprachausgangslexikon (speichert gesprochene Wortformen) Semantisches System (enthält Wortbedeutungen) Route 1 Sprechen 50
46 Neuropsychologisches Modell / Wörter wiederholen (nach Ellis & Young, 1988) Wort hören Auditorische Analyse (Extraktion von Phonemen / anderen Lauten) Auditorisches Eingangslexikon (erkennt bekannte gesprochene Wörter) Route 2 Sprachausgangslexikon (speichert gesprochene Wortformen) Phoneme Response Buffer (stellt distinktive Sprachlaute bereit) Sprechen 51
47 Neuropsychologisches Modell / Wörter wiederholen (nach Ellis & Young, 1988) Wort hören Auditorische Analyse (Extraktion von Phonemen / anderen Lauten) Route 3 (Konversion: Akustisch zu phonologisch) Phoneme Response Buffer (stellt distinktive Sprachlaute bereit) Sprechen 52
48 Neuropsychologisches Modell / Wörter wiederholen (nach Ellis & Young, 1988) Wort hören Auditorische Analyse (Extraktion von Phonemen / anderen Lauten) Route 3 (Konversion: Akustisch zu phonologisch) Auditorisches Eingangslexikon (erkennt bekannte gesprochene Wörter) Route 2 Sprachausgangslexikon (speichert gesprochene Wortformen) Route 1 Semantisches System (enthält Wortbedeutungen) Route 1 Phoneme Response Buffer (stellt distinktive Sprachlaute bereit) Sprechen 3 Wege ein gehörtes Wort zu wiederholen Auditor. Analyse / Reine Worttaubheit Pseudowörter / Nichtwörter Route 3 Wortbedeutungstaubheit / Route 2 Transkortikale sensorische Aphasie / Route 3 53
49 Wichtige Einschränkungen des Wernicke-Lichtheim- Geschwind Modells Oft keine eindeutige Klassifikation möglich sowohl Sprachproduktion also auch Sprachverständnis betroffen Oft beides: Wortfindungsstörungen und grammatik. Einschränkungen Große Variabilität in den Läsionsorten aphasischer Patienten (De Bleser, 1988) Schweregrad der Aphasie ist abhängig von Kortexschädigung, die über die klassischen Sprachareale (Broca-Areal, Wernicke- Areal) hinaus geht Z.B. Insula, Basalganglien Vernachlässigung subkortikaler Strukturen (Thalamus, Basalganglien) Isolierte Broca-Läsion keine Broca-Aphasie (Mohr et al. 1978; Dronkers et al., 1994) 22 Patienten mit Broca-Läsionen, 10 davon mit Broca-Aphasie (Dronkers, 1996) Broca-Aphasiker ohne Broca-Läsion (Dronkers et al., 1992) Läsion in Wernicke-Areal führt nicht (unbedingt) zu (anhaltender) Wernicke-Aphasie (Bogen & Bogen, 1976) Sprachverständnisprobleme ohne Wernicke-Läsion Keine Leitungsaphasie nach Läsion des fasciculus arcuatus (Anderson et al., 1999) Keine Erklärung für Spontanremission (44% innerhalb von 6 Monaten) 54
50 Wie wird unser Gehirn mit Blut versorgt? Warum jeder Schlaganfall einzigartig ausfällt 57
51 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Funktionale Spezialisierung der beiden Hemisphären Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 59
52 Sprachlateralisierung in der linken Hemisphäre (LH): Die Wada-Prozedur (Wada & Rasmussen, 1960) Betäubung einer Hemisphäre (Amobarbital) um (sprach-)dominante Hemisphäre zu lokalisieren Sprachdominanz in LH: Rechtshänder (96 %) Linkshänder (70 %) 90% aller Menschen sind Rechtshänder Dominanz der LH in 93% Geringer Anteil mit dominanter rechter Hemisphäre (RH) Nur bei einigen Linkshändern ist Sprache bilateral repräsentiert Aber: auch Sprachfunktionen (z.b. Prosodie) in RH! 60
53 Split-brain Patienten Corpus callosum ~ 250 Mio Axone Verbindung zwischen Hemisphären 61
54 Hemisphärische Spezialisierungen Tachistoskopische Stimulus-Präsentation RH hat rudimentäres Sprachverständnis (einzelne Wörter, einfache Sätze) Erkennbar, wenn VP nicht verbal antworten muss (unmöglich) sondern manuell Purves et al
55 Purves et al.2013 Spezialisierungen für unterschiedliche Funktionen in linker (LH) und rechter Hemisphäre (RH) Aprosodias (Mangel an Prosodie, z.b. nach Läsion in RH) - Antwort, Frage, Forderung, emotionaler Zustand des Sprechers - Homologe Broca und Wenicke Regionen in RH - Roboter-Sprache, monoton Plastizität: - RH kann Sprachfunktionen beherrschen / erlernen wie LH (3-7 % Sprache in RH) - Kinder ohne LH (Hemisphärektomie, Schlaganfall) erlernen Sprache (RH) Defizite von Split-Brain-Patienten: - Zweihändige Aufgaben: Faden ins Nadelöhr; Gitarre spielen - Kreative Ideen generieren und verbal ausdrücken 63
56 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Funktionale Spezialisierung der beiden Hemisphären Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 65
57 Kortikales Mapping von Sprachfunktionen im linken zerebralen Kortex Elektrische Reizung verschiedener Kortexareale bei epileptischen Patienten Lokalisation von Sprachregionen während neurochirurgischer Operationen 68 Penfield, W., & Jasper, H. (1954). Epilepsy and the functional anatomy of the human brain. Boston: Little Brown. Penfield, W., & Perrot, P. (1963). The brain s record of auditory and visual experience. Brain, 86,
58 Kortikales Mapping von Sprachfunktionen im linken zerebralen Kortex Penfield & Roberts, 1959 Stimulationen, die zu Sprachstörungen führen Vgl. Broca- / Wernicke Areale Ojeman et al., 1989 Prozentsatz von Patienten (N=117), in denen eine Stimulation zu Benennungsfehlern führte Hohe Variabilität zwischen Probanden 70
59 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Funktionale Spezialisierung der beiden Hemisphären Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 72
60 Frühe PET-Ergebnisse Passives Lesen von Wörtern Wörter hören Wörter sprechen Wortassoziationen generieren Posner & Raichle,
61 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Funktionale Spezialisierung der beiden Hemisphären Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 77
62 Ereigniskorrelierte Hirnpotentiale in der Sprachpsychologie Aus Gazzaniga et al. (2002). W.W. Norton. 79
63 Semantische Verarbeitung: N400 ERPs für kongruente, semantisch anomale und visuell anomale Wörter am Ende von Sätzen Semantisch anomale Wörter N400 Semantisch kongruente aber visuell abweichende Wörter (große Schrift) P560 / keine N400 N400 wird nicht allein durch Überraschung ausgelöst, sondern spezifisch durch semantische Inkongruenz Aus Gazzaniga et al. (2009). W.W. Norton. 80
64 Semantische Verarbeitung: N400 Modulation der N400 durch a) den Kontext b) die Stärke semantischen Relationen zwischen Worten c) Wortwiederholung d) Worthäufigkeit e) Position des Wortes im Satz f) Die Effekte sind modalitätsunabhängig Kutas, M., and Federmeier, K.D. (2000). Trends Cogn. Sci. 4:
65 N400 bei aphasischen Patienten (Swaab, Brown & Hagoort, 1997) N400 verzögert und reduziert Beeinträchtigung der semantischen Integration Gazzaniga et al. (2010). W. W. Norton 82
66 Syntactic positive shift / P600 Positivierung nach ca. 600 ms in Reaktion auf syntaktische Verletzungen Insbesondere, wenn Erwartung / Interpretation eines Satzes revidiert werden muss Garden path sentences: Hans hat die Frau dazu aufgefordert, die Probleme mit ihrem Mann sehr schnell lösen konnte Hagoort, P., Brown, C., & Groothusen, J. (1993). Language and Cognitive Processes 8,
67 Neuropsychologie Aphasie: Sprachprobleme nach Hirnschädigung Paul Broca lokalisiert Sprache Karl Wernicke entdeckt ein weiteres Sprachareal Ein Klassiker: Das Wernicke-Lichtheim-Geschwind Modell Funktionale Spezialisierung der beiden Hemisphären Neurophysiologie Kortikale Stimulation Funktionelle Bildgebung fmrt / PET Ereigniskorrelierte Potentiale N400 / P600 Aktuelle neurobiologische Modelle der Sprachverarbeitung 85
68 The dual stream model of the functional anatomy of language (Hickok & Poeppel, 2007) 86
69 The cortical language circuit: from auditory perception to sentence comprehension (Friederici, 2012) 87 Informationsfluss: PAC anteriorer STG über ventrale Verbindungen zum Frontalcortex Ventrale Rückprojektionen von BA 45 zum anterioren STG und MTG semantische top-down Prozesse Dorsale Rückprojektionen von BA 44 zum posterioren STG/STS top-down Prozesse bei der Zuweisung grammatischer Relationen Dorsaler Pfad vom PAC über pstg/sts zum PMC auditorisch-motorisches Mapping 87
70 Ein neurokognitives Modell der Sprachverarbeitung (Friederici, 2011, 2012) 88
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