Praxisalltag: Atemwegsinfekte
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- Elke Fiedler
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Hausärzte denken anders Droht ein gefährlicher Verlauf? Welche Fragen sind zu stellen, welche Befunde zu erheben, um den gefährlichen Verlauf auszuschließen? Welche Therapie ist erforderlich (und verfügbar), um einen möglichen gefährlichen Verlauf abzuwenden? handeln Ist weitere Diagnostik sinnvoll? Hätte eine genauere Diagnose unter den gegebenen Umständen wesentliche therapeutische Konsequenzen? Welche Behandlung kann helfen? Gibt es sinnvolle ärztliche Interventionen zur Heilung oder Linderung der Beschwerden? Was kann der Patient selbst zur Besserung unternehmen? Kann der Spontanverlauf abgewartet werden? abwarten 1 Praxisalltag: Atemwegsinfekte Anamnese Hauptbeschwerde Krankheitsauer Schmerzort und -stärke Fieber / -verlauf Husten und Auswurf Luftnot Allgemeinsymptome Vorerkrankungen Immunkompetenz Selbstbehandlung Umgebungsanamnese Reiseanamnese Berufliche Gefährdung Befund Allgemeinzustand Vitalzeichen Meningismus Klopf-/Druckschmerz der NAP Halslymphknoten Racheninspektion Auskultation/Perkussion der Lunge ggf. Otoskopie Weitere Diagnostik Leukozyten, CRP Schnelltests, z.b. Rachenabstrich Röntgen Serologie bzw. Kultur 2 1
2 Praxisalltag: Atemwegsinfekte Therapie unspezifischer Atemwegsbeschwerden Symptomatisch Paracetamol, Ibuprofen Nasenspülung, evtl. abschwellende Nasentropfen Codein, Noscapin, Honig Phytotherapie Arbeitsruhe Beratung zum Spontanverlauf Verlaufskontrolle ohne Evidenz: Schleimlöser, Lutschtabletten, Hustensaft, Erkältungstee 3 (Streptokokken-) Angina tonsillaris Diagnostik: Leitsymptome: anhaltende Halsschmerzen, Fieber, kein Husten Inspektion: hochrote geschwollenetonsillen, eitrige Stippchen häufig cervicale Lymphadenitis Abstrich zum Erregernachweis (auch Schnelltest) möglich Abgrenzung zum Virusinfekt durch Klinik besser als durch Kultur Therapie: Ziel: Schmerzfreiheit, Vermeidung von Komplikationen (??) Mittel der Wahl: 10 Tage Penicillin V (3 x 1,2-1,5 MIE) Analgetika Körperliche Schonung auch nach Entfieberung Lokale Antiseptika (Lutschtabletten): kein Effekt bewiesen Verlaufskontrolle! bei Abszeßbildung stationäre Therapie bei ausbleibender Besserung Kultur oder Serologie erwägen an Spätkomplikationen denken 4 2
3 Infektiöse Mononukleose Diagnostik: Leitsymptome: anhaltende Halsschmerzen, Fieber, kein Husten Inspektion: geschwollene Tonsillen, meist eher weißer Belag häufig cervicale Lymphadenitis häufig abdominale Symptomatik (Leber-, Milzschwellung) Leukozytose, monozytäres Blutbild, evtl. Schnelltest Therapie: Ziel: Schmerzfreiheit, Vermeidung von Komplikationen Analgetika Körperliche Schonung auch nach Entfieberung Lokale Antiseptika (Lutschtabletten): kein Effekt bewiesen Verlaufskontrolle! bei Abszeßbildung stationäre Therapie bei ausbleibender Besserung Kultur oder Serologie erwägen 5 Ich brauche jetzt ein Antibiotikum Infekte der oberen Luftwege: > 90% viral ausgelöst auch bei Bakteriennachweis Antibiotika kaum wirksam gilt auch bei akuter Sinusitis, Bronchitis, Otitis media mögliche Indikationen: ausgeprägte AZ-Reduktion, hohes Fieber, hohe Leukozytose anhaltender einseitiger Schmerz eindeutige lokale purulente Reaktion anhaltende schmerzhafte Lymphadenitis colli plötzliche deutliche Verschlimmerung nach einigen Tagen schwere Vorerkrankung, hohes Alter, Immunsuppression nicht bedeutsam für die Indikationsstellung sind Farbe oder Menge von Schnupfen und Auswurf Dauer des Hustens Ziel schnellstmöglicher Beschwerdefreiheit 6 3
4 Sonderfall Influenza Leitsymptome: schlagartiger Beginn mit heftigen Symptomen trockener, quälender Husten Kopf- und Gliederschmerz hohes Fieber, oft abends steigend Leukopenie regionale / zeitliche Infekthäufung ( Grippewelle ) Therapie: Prophylaxe: Impfung! Symptomatisch: Codein, Paracetamol Kausal: Neuraminidasehemmer bei früher Diagnose Bettruhe Kontrolle, bei V.a. Superinfektion frühzeitig Antibiotika immungeschwächte Pat.: ggf. stationär überwachen 7 Harnwegsinfekte Anamnese / Befunderhebung: typische Symptomatik: Pollakisurie, Dysurie verstärkte Inkontinenz ggf. Hämaturie, Trübung, Geruchsänderung nachfragen: Fieber? Flankenschmerz? Übelkeit? Auslöser / Risikofaktoren? Restharn o.ä. anatom. Störungen Antibiotika Geschlechtsverkehr, lokale Verhütung Unterkühlung, mangelnde Trinkmenge vorangegangene Infekte Rezidive? 8 4
5 Harnwegsinfekte Diagnostik: Typische Klinik: Sensitivität 70-80% nach Leitlinie 2010 bei sonst gesunden Frauen keine weitere (Urin-) Diagnostik erforderlich Urin-Teststreifen (frischer Spontanurin morgens) Nitrit und Leukozyten positiv HWI gesichert Nitrit oder Leukozyten positiv HWI wahrscheinlich (zusätzliche Hinweise: Erys, Protein) Nitrit und Leukos negativ: andere Ursachen klären Kultur: bei unklarer Diagnose nach Teststreifen primärem Therapieversagen allen komplizierten HWI Mikroskopie: fehlender Nachweis von Bakterien u. Leukos schließt HWI aus 9 Harnwegsinfekte Droht ein gefährlicher Verlauf? Red Flags (komplizierende Faktoren): Männer (anderes Keimspektrum; Tumor-Assoziation) Kinder <12J. (HWI als Hinweis für Fehlbildungen) Schwangere (erhöhte Urosepsis-Gefahr) Diabetiker (habituelle Keimbesiedlung) Immunsuppression Miktionsstörung oder Anomalie mit Restharnbildung Urolithiasis (Urosepsis durch Stauung) Dauerkatheter (gehäuft Problemkeime) Prostatitis, Adnexitis, Kolpitis (venerische Erreger) Weitere Diagnostik sinnvoll! Kultur anlegen! (Mittelstrahlurin nach Reinigung) Ggf. urolog. Klärung anatomischer Besonderheiten Kalkulierte Therapie über 7 Tage Verlaufskontrolle, bei Persistenz Therapie nach Resistenzlage 10 5
6 Harnwegsinfekte: Therapie einzelner unkomplizierter HWI: bei geringen Symptomen auch konservative Therapie möglich (Trinkmenge steigern, Phytotherapeutika) Fosfomycin 3g als Einmalgabe Trimethoprim oder Nitrofurantoin (je 2*100 mg) für 3 Tage Cotrimoxazol ohne Vorteil gegenüber TMP alleine Ampicillin /Amoxicillin nur nach Kultur oder bei KI (z.b. Schwangere) Gyrasehemmer nur bei nachgewiesener Empfindlichkeit Rezidivinfekte: >90 % Neuinfektionen (Darm-/Vaginalflora) gleiche Therapie bei > 3 Episoden / Jahr urolog. und gynäkol. Abklärung sinnvoll Rezidivprophylaxe: nur bei besonderer anatom. oder neurolog. Disposition: Trimethoprim oder Nitrofurantoin als Dauertherapie (Cave Leberschäden!) bei Koitus als Auslöser: Miktion (+ ggf. 100 mg TMP) postkoital asymptomatische Bakteriurie: nur bei Schwangeren therapiebedürftig (Ampicillin, Cephalosporine) 11 Gastroenteritis? Anamnese Hauptbeschwerde Dauer Schmerzort und -stärke Fieber Stuhlfrequenz Stuhlfarbe Schwangerschaft Ansteckungsquellen Vorerkrankungen Medikamente Befund Allgemeinzustand Vitalwerte Auskultation Palpation, ggf. rektal Weitere Diagnostik Stuhlinspektion Ultraschall Leukozyten Erregernachweis? 12 6
7 Stuhlprobe? Viren: Adenoviren Noroviren Rotaviren Bakterien Salmonellen E. coli Campylobacter jejuni Yersinia enterocolitica Clostridium difficile Shigellen Protozoen Entamoeba histolytica, Giardia lamblia. Stuhlprobe sinnvoll bei Erkrankungshäufung in der Umgebung vorausgehender oraler Antibiose (Clostridien-Toxin?) anhaltenden Durchfällen > 48 h Fernreisenden unklarer klinischer Diagnose 13 Gastroenteritis: Vorgehen Therapie Flüssigkeitsersatz, dann Kostaufbau Antibiotika fast nie sinnvoll (Loperamid bei massiv erhöhter Stuhlfrequenz) Antiemetische Substanzen (MCP, Dimenhydrinat) Hefepräparate o.ä. zur Normalisierung der Flora (umstritten) Stationäre Therapie erwägen: Kleinkinder Immungeschwächte Geriatrische Patienten Tropenreisende Starke AZ-Reduktion Diagnostische Unklarheit 14 7
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