Preiswert bauen mit Leichtbauställen

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1 Preiswert bauen mit Leichtbauställen Die Stahlkonstruktionen sind nur in den Betonliegemulden verschraubt (Variostall von Hartmann). Mit Leichtbausystemen können vorhandene Anbinde- und Laufställe günstig erweitert werden. Die Bausysteme bieten sich auch bei Neubauten als preiswerte Alternative an. R6 top agrar 4/2001 Rinderställe werden in Süddeutschland oft noch massiv und wärmegedämmt errichtet. Diese teure traditionelle Bauweise wird jedoch zunehmend zum Problem. Bei Stallplatzkosten von DM pro Kuhplatz und mehr ist an einen Stallneubau kaum noch zu denken. Auch notwendige Stallerweiterungen rechnen sich in den meisten Betrieben bei diesen hohen Baukosten nicht mehr. Mit Leichtbauställen können die Baukosten um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Diese Bauweise bietet vielen wachstumswilligen Betrieben eine Lösung des Problems. In Süddeutschland investieren jetzt bereits etliche kleinere Milchviehbetriebe in diese Stallbaukonzepte. Aber auch Milchviehhalter, die ihre vorhandenen Laufställe kostengünstig erweitern wollen, setzen verstärkt auf diese Stallsysteme. Das Konzept der Leichtbauweise ist nicht neu. Bei dem System handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Cuccetten-Ställe, die in den neunziger Jahren in Norditalien entwickelt wurden. Dabei handelt es sich ein einfaches offenes Stallsystem bzw. um überdachte Liegeboxen. Die Dachkonstruktion wird vor Ort in vorgefertigte Betonfertigteile (Liegemulden) eingesetzt. Verschiedene Varianten Dass die Cucetten zunächst nicht den Sprung über die Alpen nach Süddeutschland schafften, lag vor allem an den hohen Transportkosten der Betonfertigteile. Zudem wurde die Kaltstallbauweise im Süden von vielen Milchviehhaltern noch mit großer Skepsis beurteilt. Mehrere süddeutsche Stallbaufirmen haben aber mittlerweile die Cuccetten- Bauweise aus Italien übernommen und

2 R I N D Kuhställe nach dem Baukastenprinzip Die einfachste und günstigste Variante: Überdachte Liegeboxen und Pultdachhalle am Futtertisch. Unten: Zu einer Halle zusammengefügte Pultdächer. Zeichnung: Thiemeyer von Tiefboxen mit Stroh oder Sand. Die Betonfertigteile müssen auf einem 30 bis 50 cm tiefen Schotterbett aufgelegt werden, Fundamente und aufwändige Unterbauarbeiten (Bodenplatte) entfallen. Leichtbauställe dieser Bauart können so bei Bedarf sogar wieder demontiert und an einen anderen Standort versetzt werden. Andere Hersteller wiederum verzichten auf die vorgefertigten Betonmulden und verankern die Hallenkonstruktion auf einer Betonplatte. Jedoch werden auch bei dieser Konstruktionsweise keine teuren Fundamente benötigt. Die Stützen werden mit einer Ankerplatte verschraubt, die beim Betonieren der Bodenplatte eingebaut wird. Rainer Scharrer aus Hersbruck hat einen neuen Stall für 68 Kühe und die eigene Nachzucht errichtet. Der Stall wurde komplett vom Unternehmer errichtet. Kosten pro Kuhplatz inklusive Laufhof: DM (ohne Gülle- und Melktechnik). Fotos: Heil (2), Veauthier (6), Werkbild weiterentwickelt. Leichtbauställe sind einfach aufgebaut. Es gibt verschiedene Hallenvarianten, die nach dem Baukastenprinzip zu einem Stallsystem zusammengestellt werden können (Übersicht 1): Liegeboxen bzw. Doppelliegeboxen mit aufgesetztem Pultdach. Zwei gegenüberliegenden Liegeboxen. Die beiden Pultdächer können hierbei auch zu einem Satteldach mit offenem First verbunden werden. Einfuß-Pultdachhallen oder Satteldachhallen zur Überdachung des Futtertisches. In der Regel werden nur die Liegeboxen und der Futtertisch überdacht, Laufgänge und Warteräume dagegen nicht. Auch auf feste Außenwände wird oft verzichtet. Stattdessen werden Windschutznetze und Rollolüftungen (Curtains) eingebaut. Das ermöglicht eine optimale Durchlüftung der Ställe bei einem ausreichenden Wetterschutz. Die Systeme der verschiedenen Hersteller unterscheiden sich besonders in der Ausführung des Unterbaus: Einige Firmen bieten Liegeboxen- Betonfertigteile an, in die bereits die Verankerungen zur Befestigung der Stützen bzw. der Dachkonstruktion eingelassen sind. Diese müssen dann nur noch eingesetzt werden. Diese muldenförmigen Fertigteile eignen sich besonders zum Einbau Bautechnische Vorteile Die Leichtbauweise bietet gegenüber den herkömmlichen Stallbau- bzw. Hallenbausystemen mehrere bautechnische Vorteile: Das modulare Baukastensystem erlaubt die Kombination unterschiedlicher Gebäudeformen. Mit den verschiedenen Pult- und Satteldachhallen können die unterschiedlichsten Grundrisse realisiert werden. Erweiterungen sind später problemlos möglich, ohne dass die vorhandene Bausubstanz verändert werden muss. Die Leichtbausysteme sind sehr eigenleistungsfreundlich. Bis auf das Aufstellen der Rahmenkonstruktion können alle anfallenden Arbeiten unter Mithilfe einiger bauerfahrener Helfer in Eigenregie durchgeführt werden. Es werden keine teuren und aufwändigen Fundamente benötigt. Die reinen Baukosten betragen, selbst bei kleinen Stallanlagen, nur bis DM pro Kuhplatz, ohne Melktechnik und Lagerräume. Ein weiterer Vorteil ist die geringere Gebäudehöhe der Hallen. Die Firsthöhe liegt oft bei drei bis maximal vier Metern. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Kuhstall ist mindestens doppelt so hoch. Das kann vor allem in Landschaftsschutzgebieten beim Genehmigungsverfahren eine entscheidende Rolle spielen, da hier der Integration des Gebäudes in das Landschaftsbild eine entscheidende Rolle zukommt. Lüftung über Curtains Schwieriger als in einhäusigen Ställen kann sich die Lüftung bzw. Klimaführung in den Leichtbauställen gestalten. Durch das geringe Luftvolumen in den Liegehallen können sich die Ställe stark top agrar 4/2001 R7

3 aufheizen. Besonders im Sommer, bei direkter Sonneneinstrahlung, ist dies der Fall. Dem kann durch den Einbau einer isolierten Dachhaut, z. B. mit Sandwichelementen, entgegen gewirkt werden. Sandwichelemente sind isolierte Aluoder Stahlblechprofile. Sie sind im Vergleich zu ungedämmten Trapezblechprofilen etwa 20 DM pro m 2 teurer, halten jedoch ein Großteil der Hitze ab. Bei Neubauten ist die richtige Wahl des Standorts wichtig. Die Ställe sollten möglichst in den Wind gestellt und nicht in Senken versteckt werden. Sinnvoll ist es auch, die Gebäude quer zur Haupt- Windrichtung zu platzieren, damit eine optimale Querlüftung erreicht wird. Seitenwände sollten immer mit einer Rollolüftung (Curtain) ausgestattet werden. In Schlechtwetterperioden können die Rollos geschlossen werden, so dass die Liegeflächen vor Zugluft, Regen und Schnee geschützt sind. Bei normalen Wetterbedingungen bzw. bei hohen Temperaturen sorgen dagegen die offenen Seitenwände für einen ausreichenden Luftaustausch im Stall. Vor allem bei einem großen Abstand zwischen den einzelnen Dächern kann Schlagregen zur Vernässung der Liegeflächen führen. Untersuchungen aus der Schweiz haben jedoch gezeigt, dass mit Pultdächern überdachte Liegeflächen immer dann trocken bleiben, wenn der Dachüberstand ein Verhältnis Tiefe (Länge) zu Höhe von 1:2 aufweist und die offene Seite nach Süd-Ost ausgerichtet ist. Beispiel: Ist die Traufhöhe drei Meter hoch, dann sollte der Dachvorsprung (ab Ende Liegebox gemessen) mindestens 1,5 Meter betragen. G. Veauthier BK-Dachboxenstall: Die Dachkonstruktion liegt auf den Liegeboxen auf. Dadurch können die Baukosten erheblich reduziert werden. Wolf GbR, Beuron Cuccetten-Stall für Mark Der vierreihige Laufstall besteht aus drei Liegehallen und einem überdachten Futtertisch. Entwickelt und gebaut wurde der Stall von der Firma Hörmann, Buchloe. Wir wollten nur so viel Geld für die Stallhülle ausgeben, wie unbedingt nötig, erklärt Hans-Peter Wolf. Den Kühen reicht ja eine trockene und windstille Unterkunft vollkommen aus. Lieber investierten wir das Geld in einen Melkroboter, der uns angenehmere Arbeitszeiten ermöglicht. Der vierreihige Laufstall der Brüder Hans-Peter und Helmut Wolf aus Beuron im Donautal ist in Anlehnung an die italienischen Cuccetten gebaut. Unser Betrieb liegt mitten im Landschaftsschutzgebiet, begründet Hartmut Wolf die Entscheidung zugunsten der Bauweise. Das Stallgebäude muss sich in das Landschaftsbild integrieren. Eine Halle mit einer Firsthöhe von neun Metern hätte man uns nicht genehmigt. Der Stall bietet 94 Kühen Platz. Er besteht aus drei überdachten Liegeboxen- Hallen. Das Besondere daran: Der Kuhplatz kostete nur DM, ohne Melktechnik. Möglich wurden diese geringen Investitionskosten durch die einfache Art der Hallenkonstruktion. Es handelt sich hierbei nur um verlängerte Aufsprungrohre an den Liegebuchtenabtrennungen, auf die wiederum ein Trapezblech aufgelegt wurde. Lediglich der Futtertisch wurde in zimmermannsmäßiger Holzbauweise überdacht. Die Außenwände der Liegehallen sind komplett mit Holz verkleidet. Doch das wollen die beiden Brüder wieder ändern, da besonders im Sommer die Querlüftung des Stalles noch nicht optimal funktioniert. Die Süd-Ost Seite soll jetzt geöffnet werden. Der Abstand zwischen den Dachtraufen der einzelnen Hallen beträgt 1,6 m, die Traufhöhe 2,8 m. Damit ist der größte Teil der Läufgänge nicht überdacht. Die Dachfläche überragt die mit Stroh eingetreuten Liegeboxen um einen halben Meter. Quer angeordnet vor dem Liege- und Fressbereich ist das Melkzentrum. Das massiv erbaute Gebäude ist mit Sandwichelementen eingedeckt und mit einem Lichtfirst ausgestattet. Gemolken werden die Kühe von einem Zweiboxen- Melkroboter. Eine weitere Besonderheit des Betriebes stellt die Güllelagerung dar. Um Kosten zu sparen haben die Milchviehhalter eine Güllelagune angelegt, ein Erdbecken, das mit Folien ausgekleidet ist. Durch den Verzicht auf die betonierte Güllegrube konnten 30 Prozent der Baukosten eingespart werden. -ve- Helmut Wolf: Lieber in einen Melkroboter investieren als in eine teure Stallhülle. R8 top agrar 4/2001

4 R I N D R I N D Erich Härle, Ostrach Boxenlaufstall günstig erweitert Anfang der neunziger Jahre hat Milchviehhalter Erich Härle aus Ostrach in Baden-Württemberg einen isolierten Laufstall für 60 Kühe in traditioneller Holzbauweise errichtet. Bereits nach wenigen Jahren war der Stall überbelegt, so dass Härle über eine Stallerweiterung nachdenken musste. Nachdem er sich in der Schweiz und in Italien Cuccetten- Ställe angesehen hatte, war er davon überzeugt, dass dies das richtige Stallsystem sei. Im vergangenen Jahr hat der Milchviehhalter neben dem vorhandenen Laufstall für DM eine zweite Stallanlage mit insgesamt 108 Kuhplätzen errichtet. Im Preis inbegriffen sind zwei befahrbare Güllegruben mit je 450 m 3. Umgerechnet pro Kuhplatz sind das nur DM (ohne Güllelager). Einen Teil des Stalles nutzt der Milchviehhalter für die Nachzucht. Der dreihäu- Erich Härle: Die offene Bauweise hat sich bewährt. sige, 40 m lange und 32 m breite Stallkomplex, besteht aus zwei Liegehallen, die parallel zu einem überdachten Futtertisch angeordnet sind. Die Stallanlage hat Erich Härle teilweise in Eigenleistung errichtet: Die Bodenplatte wurde vom Bauunternehmer betoniert, die Hallen in Eigenleistung aufgestellt. Die Stahlhallen sind nur auf Die einfache Stahlstützen- Konstruktion wird mit Schwerlastankern auf dem Betonboden verschraubt. Fundamente werden nicht benötigt. (Hersteller: Zimmermann, Eberhardszell) der Bodenplatte verschraubt, Fundamente wurden nicht benötigt. Eingedeckt sind die Hallen mit einem nicht isolierten Trapezblech, der First ist offen. Die Dachhöhe von 3 m über den Laufgängen, gemessen am Ende der Liegeboxenreihen, erlaubt das Befahren mit einem Schlepper. Die planbefestigten Laufflächen werden mit Flachschiebern abgeschoben. Sechs Mal am Tag, bei starkem Regen etwas öfter, räumen die vier Schieber die Gülle direkt in zwei separate Güllekeller vor dem Stall. Die offene Bauweise hat top agrar 4/2001 R9

5 R I N D sich bewährt. Die Dungschieber verrichten ihre Arbeit bis zu Temperaturen von - 6 Celsius. Sinkt das Thermometer weiter ab, dann streut Härle die Laufbahnen mit Salz ab und verhindert dadurch das Anfrieren der Entmistungsanlage. Besonders im Winter ziehen die Kühe den offenen Stall dem isolierten Warmstall vor, sie halten sich dort lieber zum Fressen und Liegen auf. Selbst bei starkem Frost von -18 C im Stall nehmen die Kühe die mit Stroh eingestreuten Tiefboxen noch sehr gerne an. Im Sommer dagegen meiden die Kühe die Liegeboxen, die direkt der Sonne ausgesetzt sind. Bei großer Hitze halten sich die Tiere lieber im isolierten Stall auf, berichtet Härle. Sonne von oben mögen die Kühe überhaupt nicht, regennasse Liegeflächen machen ihnen dagegegen nicht viel aus. Deshalb denkt der Milchviehhalter jetzt darüber nach, in die 86 cm breiten Firstöffnungen Netze zu hängen, um so die Sonneneinstrahlung auf die Liegeboxen zu reduzieren. -ve- Hottenlocher Hof, Mühlingen Neuer Milchviehstall für 60 Kühe Als Biobetrieb legen wir sehr viel Wert auf Kuhkomfort und einen ständigen Auslauf, erläutert Alexander Zulic vom Hottenlocher Hof im badischen Mühlingen. Die offene Bauweise des Dachboxenstalles vereint diese beiden Anforderungen in idealer Weise. Der neue Milchviehstall für 60 Kühe besteht aus zwei zweireihigen Liegehallen und einem mittig angeordneten überdachten Futtertisch. Die drei Hallen sind so angeordnet, dass zwischen den Dachflächen der Gebäude je eine 50 cm breite Öffnung verbleibt. In einer Liegehalle sind zusätzlich noch vier Abkalbe- bzw. Krankenboxen und ein 70 m 2 großer Warteraum integriert. Dahinter schließt sich das in einem separaten Gebäude untergebrachte Melkzentrum an. Gemolken wird in einem 2 x 4 Side by Side-Melkstand. Die Liegehallen sind einfach konstruiert. Die Dachkonstruktion wurde auf die Liegeboxen-Ständer aufgesetzt, weitere Stützen wurden nicht benötigt. Die Seitenwände der beiden Liegehallen sind vom Boden ab etwa 0,5 Meter hoch mit Holz verschalt, darüber sind Windschutzrollos angebracht. Die Rollos werden nur bei extremer Witterung geschlossen, erklärt Alexander Zulic. Bei normalem Wetter sind die Wände offen, der Stall wird so optimal durchlüftet. Dank der isolierten Dachhaut (Sandwich-Trapezblech) heizt sich der Stall trotz der niedrigen Traufhöhe von nur 1,8 m auch im Sommer nicht auf. Die nach Nord- Ost gewandte Giebelseite Dreihäusiger Dachboxenstall mit separatem Melkzentrum (Hersteller: Kristen). Alexander Zulic wird im Winter mit einem Windschutznetz verschlossen. Das ist nötig um den kalten Ostwind aus dem Stall herauszuhalten, argumentiert Zulic. Die gesamten Investitionskosten der Stallanlage belaufen sich auf rund DM (ohne Melktechnik), das sind DM pro Kuhplatz DM davon entfallen auf den Unterbau und DM auf die beiden Liegehallen, den überdachten Futtertisch und das Melkgebäude. Auf den ersten Blick erscheinen die Investitionskosten sehr hoch. Dabei berücksichtigt werden muss jedoch, dass ein Großteil der Summe in das Melkhaus investiert wurde. Hier wurde schon für eine Stallerweiterung vorgehalten. Der Bau eines herkömmlichen Kuhstalles, der alles unter einem Dach vereint hätte, sei auch nicht günstiger geworden, erklärt Zulic. Mit dem Dachboxen- Stallsystem sind wir künftig jedoch wesentlich flexibler. Eine Erweiterung ist auf jeden Fall kostengünstiger durchzuführen. -ve- top agrar 4/2001 R11