Nationalsozialismus - Antisemitismus - Rassismus - Rechtsradikalismus - Rechtsextremismus - Neonazis - Faschismus

Transkript

1 Nationalsozialismus - Antisemitismus - Rassismus - Rechtsradikalismus - Rechtsextremismus - Neonazis - Faschismus Sehr geehrte Damen und Herren, der Abend soll sich folgendermaßen gliedern: Ich beginne mit ein paar Begriffen, die wir bei Gesprächen über rechte Gruppierungen oft miteinander vermischen. Aus diesem Grund werde ich sie definieren und dadurch versuchen, wichtige Unterschiede zu ermitteln. Für diesen Vortrag habe ich ein Handout vorbereitet, dass ich jetzt rumgeben werde. Dann wird Herr Flenker vom Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern mit einem Einblick in die Entwicklung und gegenwärtige Situation der rechtsextremen Szene in Mecklenburg-Vorpommern fortfahren. Den dritten Schwerpunkt bildet ein Vortrag von Herrn Tim Bleis vom Verein LOBBI e.v., der rechte Gewalttaten in Mecklenburg-Vorpommern thematisieren wird. Abschließend werde ich mich der Beantwortung der Leitfrage des heutigen Abends widmen: Was wollen wir unternehmen, wenn Rechtsextreme vor allem während der Wahlkämpfe in Kröpelin aufmarschieren? Die Begriffe Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus, Neonazis, Antisemitismus, Rassismus oder Faschismus werden in der politischen Alltagssprache häufig durcheinandergewirbelt. Aber: Wann heißt es rechtsextremistisch und wann rechtsradikal? Wer und was ist damit überhaupt gemeint? Und: Unterscheiden sich Rechtsextremisten und Neonazis - oder sind das alles Rechtsradikale? Es gibt Kriterien, die diese Begriffe voneinander unterscheiden - und dies zum Teil deutlich. Im Folgenden will ich versuchen, hier etwas Klarheit zu schaffen und beginne mit dem Nationalsozialismus. Kennzeichnend waren vor allem biologisch motivierte, abwertende Konstrukte, mit denen andere Völker als minderwertig erachtet wurden. Als typische Merkmale der nationalsozialistischen Ideologie können folgende sieben Punkte zusammengefasst werden: (1) Der Nationalsozialismus basiert auf zwei Grundannahmen: Alles was natürlich ist, ist gut. Die Natur ist sozusagen Gesetzgeber für den Menschen. Außerdem ist die Reinheit der eigenen Rasse eine grundsätzliche Forderung (2) Die Berufung auf die Natur ist eine unmittelbare Vorraussetzung für den Sozialdarwinismus. In der Natur streiten Lebewesen um Lebensraum und Nahrung. Dieser natürliche Kampf gilt auch für die Menschen. Hier siegt der Stärkere, der dadurch gleichzeitig der bessere Mensch ist.

2 (3) Die Menschheit besteht aus Rassen, die sich durch biologische Merkmale qualitativ voneinander unterscheiden. Die arische Rasse ist dabei die edelste, sie wird von minderwertigen Rassen in ihrer Reinheit bedroht. Deswegen müssen diese minderwertigen Rassen bekämpft und ausgelöscht werden. Der Rassismus stellt die politische Weiterentwicklung des Sozialdarwinismus unter Berufung auf das Reinheitsgebot dar. Durch diesen Rassismus begründet sich der Nationalismus: Die Volksgemeinschaft wird durch ihre rassische Identität begründet. Daher ist es zwingend notwendig alle Nicht-Deutschen aus dem eigenen Territorium zu vertreiben. (4) Der Gipfel des nationalsozialistischen Rassismus ist der Antisemitismus. Dieser Begriff wird im Volksmund synonym für die Feindschaft gegen Juden benutzt. Er bezieht sich aber im ursprünglichen Sinne gegen die semitische Sprachfamilie (Bewohner Nordostafrikas und Vorderasiens). Die Antisemiten richten sich allerdings nicht gegen diese Sprachfamilie, allein die Anhänger der jüdischen Religion und deren Nachkommen sollen vernichtet werden. Insofern war und ist der Begriff für das konkret Gemeinte inhaltlich falsch oder zumindest ungenau. Als dessen Schöpfer gilt der deutsche judenfeindliche Schriftsteller Wilhelm Marr. Genauere Belege für das Aufkommen der Bezeichnung liegen aber nicht vor. Der rassistische Antisemitismus fasst Juden fälschlich als einheitliche jüdische Rasse zusammen, die durch ihre Reinheit äußerst gefährlich ist. Die Wurzeln dieser Einstellung liegen aber nicht im Nationalsozialismus. Schon Martin Luther hasste das jüdische Volk. Auch vor ihm, am Beginn des Mittelalters oder in der Antike wurden Juden diskriminiert und getötet, allein aufgrund ihres Glaubens und ihrer Lebensweise. (5) Nun aber wieder zurück zum Nationalsozialismus: Der Autoritarismus ist in dieser Ideologie als Ordnungsprinzip des Inneren einer Nation zwingend notwendig. Die gesamte Gesellschaft soll nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam durchgestaltet werden. Durch den Sozialdarwinismus setzt sich der Stärkste einer Rasse als Führer der Nation durch. (6) Dieses Prinzip kann nur durch den Militarismus verwirklicht werden. Der Führer benötigt eine durchsetzungsfähige Armee, um sich von außen, aber auch nach innen zu schützen. (7) Und schließlich ist der völkische Imperialismus ein wichtiges Kennzeichen: Die edelste Rasse hat das Recht, Gebiete minderwertiger Rassen zu erobern und diese zu unterdrücken.

3 Nach dieser kurzen Zusammenfassung möchte ich fortfahren mit dem Rechtsradikalismus. Bis in die 1970er Jahre wurde er mit dem Begriff des Rechtsextremismus gleichgesetzt und als verfassungsfeindlich bezeichnet. Das ist heute nicht mehr der Fall. Bereits der Ursprung des Wortes Radikalismus (lat.: radi = Wurzel) lässt erkennen, dass Anhänger die gesellschaftlichen Probleme an der Wurzel lösen wollen, anstatt Symptome zu behandeln. Von den Behörden und der Sozialwissenschaft wird der Begriff Rechtsradikalismus heute in der Regel auf Personen und Organisationen gerichtet, die klar rechts der Mitte des politischen Spektrums stehen, dabei allerdings im Rahmen der Verfassung bleiben. Der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen Rechtsradikale in der Regel nicht feindlich gegenüber. Die Grenzen vom Rechtsradikalismus zum Rechtsextremismus sind dabei allerdings fließend. So tarnen sich häufig Rechtsextremisten als Radikale. Generell gilt: Rechtsextremisten lehnen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab. Es gibt zwei wesentliche Ausrichtungen: Die so genannten Altrechten, also Befürworter des Nationalsozialismus und die Neuen Rechten, zu denen ich nun kurz ein paar Erklärungen geben werde: (1) eine erste wichtige Basisidee der Neuen Rechten ist der Ethnopluralismus. Damit wird ausgesagt, dass jedes Volk in seinem Heimatland und ohne Vermischung mit anderen Völkern am besten aufgehoben ist. Die Durchmischung der Völker nämlich begünstigt erst die Entstehung von Rassismus, deswegen sprechen sich die Neuen Rechten offiziell für ein respektvolles Nebeneinander als gleichwertig anerkannte Völker und Kulturen aus. Aufbauend darauf lassen sich mehrere Unterschiede zum Nationalsozialismus erkennen. (2) Vom biologischen Rassismus wird ausdrücklich Abstand genommen. Stattdessen wird ein kulturell orientiertes Ausschluss- und Abgrenzungsverfahren gefordert. Das bedeutet, dass die Träger der gleichen Kultur das Volk sind, alle anderen gehören nicht dazu und werden ausgeschlossen. (3) Weiterhin wird, jedenfalls offiziell, eine Überlegenheit der Deutschen gegenüber anderen Völkern bestritten. In der Fachsprache wird dieser Umstand mit dem Begriff des Kultur-Relativismus beschrieben: Alle Kulturen sind verschieden, aber gleichwertig. Moral und Werte verschiedener Kulturen und Epochen sind demnach relativ, zwar verschieden voneinander aber nicht schlechter oder besser. Der traditionelle Imperialismus der Nationalsozialisten hat so seine Bedeutung verloren, denn wer die Kulturen als gleichwertig erachtet, hat keine Rechtfertigung für den Imperialismus mehr. (4) Doch es geht noch weiter: Selbst der Nationalismus wird abgelehnt. Dadurch wird aber keine weltoffene Gesellschaft, sondern eine Welt homogener Regionen

4 befürwortet. Nicht nur wenn man aus demselben Land kommt oder die gleiche Nationalität hat, steht man sich nahe, sondern wenn die Weltanschauung und Wertvorstellungen gleich sind. Der Nationalismus wird so zum Regionalismus. Trotzdem ist diese Form vielleicht noch etwas schärfer als der Nationalismus: Nicht nur internationale Wanderungen, sondern auch interregionale Wanderungen werden abgelehnt. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass sich die Neue Rechte in wesentlichen Punkten vom Nationalsozialismus unterscheidet. Genau deshalb kann man bei einer Diskussion mit den Neuen Rechten schnell verlieren, da man sie traditionell als Nationalsozialisten sieht. Die NPD ist keine neurechte Partei. Seit Udo Voigt als Vorsitzender agiert, wendet sie sich jedoch extrem neurechten Ideen zu. Um auch hier Klarheit zu schaffen, werde ich zusammenfassend ein paar Charakteristika der Partei vorstellen: (1) Zuerst einmal gilt das Reinheitsgebot. Eine Vermischung verschiedener Völker wird ausdrücklich abgelehnt. Die Begründung dafür liefern aber nicht mehr die Naturgesetze. (2) Vielmehr ist der Ansatzpunkt die Kultur: Träger einer einheitlichen Kultur, werden als Volk definiert. Diese kulturelle Identität wird in Verbindung mit dem Reinheitsgebot zum rassistischen Ausschlusskriterium. Das offizielle Recht auf Verschiedenheit dient dabei dem Ausschluss bestimmter Menschen aus der Gesellschaft. (3) Durch die Ablehnung der Naturgesetze, kann der Sozialdarwinismus nicht für die Programmatik der NPD genutzt werden. Dieser wird - wie bei den Neuen Rechten - durch den Relativismus ersetzt. (4) Das wahrscheinlich wichtigste Element der Ideologie der NPD stellt der so genannte Wohlstandschauvinismus dar. Dieser Begriff beschreibt eine Haltung, bei der nur den Angehörigen der eigenen Nation ein Anrecht auf soziale Teilhabe zugesprochen wird. Hierdurch bestätigt sich, dass es der NPD nicht um Gerechtigkeit, sondern ausschließlich um eigene Interessen geht. (5) Des Weiteren befürwortet die NPD eine organische Demokratie. Das Führerprinzip der Nationalsozialisten wird abgelehnt, jedenfalls offiziell. Die organische Demokratie ist der Neuen Rechten entlehnt und hat zwei wesentliche Merkmale: Rechte hat nur, wer einem Volk angehört. Das bedeutet in Bezug auf Deutschland, dass nur Angehörige des deutschen Volkes Rechte haben. Zweitens soll der Volkswille vollstreckt werden: mit dieser Idee können quasi alle Entscheidungen gerechtfertigt werden. (6) Der Militarismus und auch der Nationalismus bleiben wichtige Bestandteile der NPD (7) Außerdem wurde der Ethnopluralismus übernommen

5 Die NPD in unserem Bundesland ist ein Sonderfall. Sie setzt verstärkt auf nationalsozialistische Elemente. Bevor ich nun fortfahre, muss ich kurz anmerken, dass bei allen Diskussionen über Extremismus nicht der Linksextremismus vergessen werden darf. Auch diese Form ist weit verbreitet und ihre Anhänger haben das Ziel, gegen unser demokratisches System vorzugehen. Auch wenn wir hauptsächlich mit Rechtsextremen in Berührung kommen, darf also auch diese Gefahr von links nicht unterschätzt werden. Nun aber weiter mit unserem heutigen Thema: Ich werde Ihnen jetzt kurz den Begriff Neonazis erläutern. Die allgemeine Definition lässt sich bereits aus der Bezeichnung dieser Gruppe ableiten: Der historische Nationalsozialismus wird verteidigt und vor allem zurück gewünscht. Der größte Teil der Neonaziszene ist amtlichen Erkenntnissen zufolge nach wie vor auf das "Dritte Reich" fixiert, das als "Ideal einer staatlichen Ordnung" angesehen wird. Im Verfassungsschutzbericht des Bundes von 2007 heißt es: "Die Überzeugungen von Neonazis orientieren sich in der Regel an nationalsozialistischen Vorstellungen eines totalitären 'Führerstaats' auf rassistischer Grundlage Aus ihrer Sicht ist das deutsche Volk höherwertig und deshalb vor 'rassisch minderwertigen' Ausländern oder Juden zu schützen." Das bedeutet für den Bezug zum Rechtsextremismus, dass zwar alle Neonazis dieser Gruppe angehören, aber nicht alle Rechtsextremen auch zwingend Neonazis sein müssen. Gegenüber dem Antisemitismus der im 20. Jahrhundert vor allem in Deutschland ein gewaltiges Ausmaß annahm, stammt der Begriff Faschismus insbesondere vom Staatssystem Italiens nach dem ersten Weltkrieg. Im Jahr 1919 wurde diese Bewegung von dem späteren italienischen Diktator Benito Mussolini begründet. Die Ideologie ist vor allem als nationalistisch und antikommunistisch zu beschreiben. Des Weiteren sind bzw. waren die Anhänger gegen den Parlamentarismus, Liberalismus und die Demokratie. Auch hier sollte ein autoritärer Führer die Spitze des Staates bilden, der totalitäre Staat ist das Hauptkennzeichen des Faschismus. Weitere Merkmale sind die elitäre, militärische Organisation der Massen, Großstaatambitionen und der Gewaltkult. Gegenwärtig vergleichen viele den Islamismus mit der Ideologie des Faschismus. Diesem Vergleich kann ich nicht zustimmen. Trotzdem birgt der islamistische Fundamentalismus erhebliche Gefahren, die ich hier noch kurz anführen möchte. Am bekanntesten ist wohl die islamistische Terrororganisation HAMAS, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Land und die Einwohner Israels zu vernichten. Sie richtet sich weiterhin vor allem gegen Juden. Um Parallelen aufzuzeigen, führe ich an dieser Stelle ein Zitat von Martin Luther an:

6 Wenn ich einen Juden taufe, will ich ihn an die Elbbrücke führen, einen Stein an den Hals hängen und ihn hinab stoßen und sagen: Ich taufe dich im Namen Abrahams. Und nun ein kurzer Auszug aus der Charta der HAMAS: "Das jüngste Gericht wird nicht kommen, solange Moslems nicht die Juden bekämpfen und sie töten. Dann aber werden sich die Juden hinter Steinen und Bäumen verstecken, und die Steine und Bäume werden rufen: 'Oh Moslem, ein Jude versteckt sich hinter mir, komm' und töte ihn.'" (Artikel 7) Und auch Udo Pastörs kann sich nicht immer zusammenreißen: Wir wollen, dass Deutschland im Kanon der Völker Europas hörbar bleibt, weil wir kein Multikulti-Europa wollen. Wir wollen ein Europa der Vaterländer und nicht der jüdischen Krämer. Und so schließt sich der Kreis. Ich hoffe, Sie denken über diese Gruppierungen genauso wie ich. Auch wenn ich eine objektive Schilderung vorgenommen habe, muss ich an dieser Stelle kurz meine eigene Meinung darstellen. Man darf diese menschenverachtende Ideologie in keiner Weise unterstützen, auch wenn sie noch so gut getarnt ist. Deswegen sollten wir uns alle Maßnahmen und Wege überlegen, damit Rechtsextremisten nicht die Chance bekommen, unsere Stadt und vor allem die Bürger dieser Stadt, insbesondere die Kinder und Jugendlichen, auf ihre Seite zu ziehen.