Dr. med. Insa Koné. Abdominelle Beschwerden in der Hausarztpraxis mit Leitlinie "Brennen beim Wasserlassen"
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- Kirsten Graf
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Transkript
1 Abdominelle Beschwerden in der Hausarztpraxis mit Leitlinie "Brennen beim Wasserlassen"
2 Lerninhalte Anamnese und Untersuchung bei Bauchschmerzen Beratungsanlässe Hausarztpraxis Leitlinie Brennen beim Wasserlassen Abwendbar gefährliche Verläufe Red flags Funktionelle Darmbeschwerden wait and see
3 Anamnese 1 Schmerzanamnese: - Dauer - Lokalisation - Charakter Stuhlgewohnheiten/Miktion Appetit/Gewichtsverlust Fieber Vorerkrankungen Schwangerschaft, gynäkologische Anamnese
4 Anamnese 2 Medikamente Alkohol/Nikotin/Drogenkonsum Allergien Auslandsaufenthalte Familienanamnese Psychosoziale Aspekte Erklärung des Patienten für die Beschwerden
5 Untersuchung 1 Inspektion Narben Bruchpforten Hämatome Gefäßzeichnung Striae
6 Untersuchung 2 Auskultation Darmgeräusche: Verstärkte Peristaltik Metallisch/hochgestellt Fehlende Darmgeräusche
7 Untersuchung 3 Perkussion Tympanitisch Gedämpft
8 Untersuchung 4 Beispiel: Aszites
9 Untersuchung 5 Palpation Druckschmerz Abwehrspannung Resistenzen Appendizitiszeichen Bruchpforten Leber, Milz, Gallenblase, Nierenlager
10 Normalbefund Abdomen Heller tympanitischer Klopfschall, gedämpfter Klopfschall über Organen; intermittierende gurgelnde Geräusche über allen vier Quadranten; weiche Bauchdecke
11 Apparative Diagnostik Hausarztpraxis Labor Urinuntersuchung Sonographie EKG
12 Fall 1 Patient in der Sprechstunde: Herr Meyer, 45 J., keine Vorerkrankungen, seit gestern Durchfall und Erbrechen Befund: guter AZ, normale Darmgeräusche, Abdomen weich, kein Druckschmerz, keine Resistenz, kein Fieber, keine Schmerzen V.a. Gastroenteritis Flüssigkeitszufuhr, Hygienemaßnahmen, bei selbstlimitierendem Verlauf keine weitere Diagnostik
13 Fall 2 Ruf ins Altenheim: 86-jährige Frau Schmitt, seit Vortag Diarrhö und Erbrechen, kein Fieber, kompensierte Nieren- und globale Herzinsuffizienz, Hypertonie, sofortiger Besuch wegen zunehmender Somnolenz und Verwirrung. Befund: schlechter AZ, RR 100/60, Puls 100/min., stehende Hautfalten, trockene Zunge, Temperatur 38,9 C, verwaschene und wirre Sprache V.a. Gastroenteritis Rehydrieren, Dauermedikation anpassen (z. B. Diuretika), Hygienemaßnahmen im Altersheim
14 Fall 3 Patientin in der Sprechstunde: Juliane S., 37 Jahre, Schmerzen im Unterbauch, Pollakisurie V. a. Harnwegsinfekt Antibiotische Therapie mit Trimethoprim 150 mg (2 x 1 Tbl. für drei Tage), Nitrofurantoin oder Fosfomycin alternativ: symptomatische Behandlung / pflanzliche Wirkstoffe
15 S3-Leitlinie Harnwegsinfekte - Unterscheidung Zystitis vs. Pyelonephritis Eine untere HWI (Zystitis) wird angenommen, wenn sich die Symptome nur auf den unteren Harntrakt begrenzen, z. B. Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), imperativer Harndrang, Pollakisurie, Schmerzen oberhalb der Symphyse. Eine obere HWI (Pyelonephritis) wird dann angenommen, wenn sich bei den Symptomen z. B. auch ein Flankenschmerz, ein klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Fieber (>38 C) finden.
16 DEGAM-Leitlinie Brennen beim Wasserlassen - abwendbar gefährliche Verläufe Entstehung einer Pyelonephritis/Sepsis insbesondere bei geriatrischen Patienten, gleichzeitig bestehender Obstruktion Schwangere: bereits bei asymptomatischer Bakteriurie erhöhte Gefahr einer Pyelonephritis Kinder: Bei fieberhaften Harnwegsinfekten Gefahr von bleibenden Nierenparenchymschäden Fertilitätstörung bei: - Frauen durch Urethritis (Chlamydieninfektion), Kolpitis mit stummer Adnexitis - Männern durch chronische Prostatitis
17 DEGAM-Leitlinie Brennen beim Wasserlassen - komplizierende Faktoren Kinder, Schwangere, Männer Harnabflussstörungen Z. n. OP an den Harnwegen Dauerkatheter Chronische renale Erkrankung Immunsuppression
18 DEGAM-Leitlinie Brennen beim Wasserlassen - rezidivierende unkomplizierter HWI Innerhalb von 14 Tagen (Option abhängig von der Klinik): - Wechsel auf ein anderes Erstwahlantibiotikum - Anlegen einer Urinkultur und danach gezielter Wechsel des Antibiotikums - Wechsel auf ein Reserveantibiotikum Neuinfektion >14 Tagen wie Erstinfektion behandeln, ggf. Wechsel auf ein anderes Erstwahlantibiotikum
19 Leitlinie Brennen beim Wasserlassen - Diagnostik/Überweisung Urinstix: - Bei nicht eindeutiger Klinik - Als Vorsorgeuntersuchung bei Schwangeren (und antibiotische Behandlung einer asymptomatischen Bakteriurie) Sonographie: - Im Einzelfall sinnvoll zum Ausschluss einer Obstruktion, Urolithiasis, Restharnnachweis Überweisung: - Männer mit rezidivierenden Infekten / V. a. Pyelonephritis - Unklare Diagnose - Kleinkinder/Säuglinge mit fieberhaften HWI
20 Fall 4 Patient in der Sprechstunde: Herr Damast, 48 J., Rechtsanwalt, 178 cm, 110 Kg, art. Hypertonie, Bewegungsmangel, chronisch überarbeitet, Medikation: Ramipril plus HCT 5/ , klagt über Bauchschmerzen Befund: Linksseitiger, leistennaher, tiefer Unterbauchschmerz, Lasègue positiv, Abwehrspannung, Darmgeräusche spärlich V.a. Divertikulitis KH-Einweisung
21 Red flags bei Divertikulitis Akutes Abdomen SIRS Sepsis Stationäre Einweisung des Patienten
22 Kriterien einer systemischen inflammatorischen Reaktion Körpertemperatur > 38 C oder < 36 C Herzfrequenz > 90/min Tachypnoe > 20/min oder Hypokapnie mit pco2 < 33 mmhg Leukozyten > /μl oder < 4.000/μl oder Stabkernige/unreife Neutrophile > 10 %
23 SIRS Systemic Inflammatory Response Syndrome Mind. zwei der Kriterien liegen vor Sepsis Mind. zwei der Kriterien liegen vor und es besteht eine Infektion oder dringender Infektionsverdacht
24 Fall 5 Patientin in der Sprechstunde: Frau Kiefer, 42 J., leichte Bauchschmerzen Befund: guter AZ, lokaler Druckschmerz rechter Oberbauch Cholezystolithiasis in der Sonographie
25 Red Flags bei Cholezystolithiasis Cholezystitis, Cholangitis Pankreatitis Ileus SIRS Sepsis
26 Fall 6 Patientin in der Sprechstunde: Frau Atta, 22 J., Kauffrau, seit Monaten immer wieder Unterbauchschmerzen, kürzlich Endometriose laparoskopisch diagnostiziert und behandelt. Aktueller Anlass: Erneute Unterbauchschmerzen Befund: 38,3 C, spärliche Darmgeräusche, lokaler Druckschmerz über Lanz und McBurney, kontralateraler Loslassschmerz negativ, Rovsig Zeichen negativ, Lasègue positiv, rektale Untersuchung wünscht sie nicht V.a. Appendizitis Einweisung ins Krankenhaus
27 Abwendbar gefährliche Verläufe Appendizitis Magen-/Darmulcus Pankreatitis Cholezystitis Ileus Divertikulitis Pyelonephritis Nephrolithiasis Gynäkologische Ursachen (z.b. Extrauteringravidität, Adnexitis)
28 Fall 7 Patientin in der Sprechstunde: Frau Ott, 67 J., Hausfrau, 154 cm, 78 Kg, Gonarthrose, Hüft-TEP links, hat seit Jahren immer wieder Bauchschmerzen Befund: Adipositas, diffuser Druckschmerz im linken Ober- und Unterbauch. Darmgeräusche spärlich. Keine Abwehrspannung. - V.a. Obstipation
29 Allgemeine Maßnahmen bei Obstipation Ballaststoffreiche Nahrung Viel trinken Viel bewegen Defäkationsreiz nicht unterdrücken Osmotische Laxantien (Macrogol/Laktulose), Trockenobst Prophylaxe bei Opiattherapie
30 Fall 8 Patient in der Sprechstunde: Herr Friedrich, 48 Jahre alt, seit Jahren Beschwerden mit dem Stuhlgang, manchmal Schmerzen, keine Vorerkrankung. Beruf: Banker in Frankfurt Befund: Abdomen weich, Peristaltik regelrecht, keine Resistenzen. Ängstlich vorsichtiger Typ, Furcht vor Krebs, überfordert auf der Arbeit. Im Urlaub keine Probleme. - V.a. funktionelle Darmbeschwerden
31 Funktionelle Darmbeschwerden - Krankheitsbild Diagnosekriterien - Beschwerden im mittleren und unteren Gastrointestinaltrakt (Bauchschmerzen, Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfall, Verstopfung) - Erstmaliges Auftreten vor mind. sechs Monaten, Beschwerden an mind. drei Tagen während der letzten drei Monate Häufigkeit - Chron. Bauchschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten sind bei der Hälfte der betroffenen Erwachsenen durch funktionelle Darmstörungen bedingt Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
32 Funktionelle Darmbeschwerden - Basisdiagnostik (1) Ausführliche Anamnese : - Spontane Beschwerdeschilderung - Gezielte Fragen nach somatischen und psychosozialen Krankheitsfaktoren Körperliche Untersuchung (inkl. rektale Untersuchung) Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
33 Funktionelle Darmbeschwerden - Basisdiagnostik (2) Basislabor: - Blutbild - Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP - Urinstatus Ultraschall des Abdomens Gynäkologische Untersuchung bei Frauen Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
34 Funktionelle Darmbeschwerden - Red flags (1) Leitsymptom Durchfall Fieber Blut im Stuhl Gewichtsverlust Nächtliche Symptome Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
35 Funktionelle Darmbeschwerden - Red flags (2) Kolonkarzinom in der Familie Erstmanifestation nach dem 50. Lebensjahr Kurze (<6 bis 12 Monate) Anamnese und/oder progrediente Symptomatik Im Basislabor: Anämie, Entzündungszeichen Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
36 Funktionelle Darmbeschwerden - Therapie Diagnoseübermittlung: - Legitimität der Beschwerden - Positive Beschreibung (funktionelle Darmbeschwerden, Reizdarm) Vermittlung eines biopsychosozialen Modells der Beschwerden Maßvolle körperliche Aktivierung beziehungsweise Stärkung der Ressourcen Erarbeiten realistischer Therapieziele: - Verbesserung der Lebensqualität - Symptomreduktion statt Beschwerdefreiheit Häuser W, Layer P, Henningsen P, Kruis W: Functional bowel disorders in adults. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): DOI: /arztebl
37 Fall 9 Hausbesuch: Frau Meyer, 80 J., allein stehend, seit dem morgen Druck und leichter Schmerz im Oberbauch, fühlt sich müder und erschöpfter als sonst. Eine Nachbarin hat Sie zum Hausbesuch gerufen. Befund: Leicht reduzierter AZ, Hf 90/min, RR 140/90, normale Darmgeräusche, Abdomen weich, kein Druckschmerz, keine Resistenz, kein Fieber. Hinterwandinfarkt im EKG Notfallmaßnahmen und mit Notarzt ins KH
38 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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