UMGANG MIT SPRACHBARRIEREN UND KULTURELLEN BESONDERHEITEN. Dipl.-Psych. Eva van Keuk, Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge, Düsseldorf
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- Kai Maier
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1 UMGANG MIT SPRACHBARRIEREN UND KULTURELLEN BESONDERHEITEN Dipl.-Psych. Eva van Keuk, Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge, Düsseldorf
2 1. Wann werden in kulturelle und sprachliche Unterschiede in der ärztlichen Praxis bedeutsam? 2. Missverständnisse in der ärztlichen Praxis umgehen 3. Grundlagen von Dolmetschen 2
3 1. Wann werden kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren bedeutsam? 3
4 1. Wann werden kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren bedeutsam? - Psychiatrische Diagnosestellung (Biographie, Erhebung der konkreten Symptomatik) - Patientenaufklärung (schwerwiegende Diagnosen) - Mangelnde Compliance (Diabetis, Medikamenteneinnahme, Ersterkrankung Psychosen..) - Begutachtung, beispielsweise zu Fragen der Abschiebung, der Arbeitsfähigkeit 4
5 1. Wann werden kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren bedeutsam? Soziokulturelle Wirkfaktoren bei psychischen Störungen (nach J. de Jong) Soziokulturelle Wirkfaktoren Neurotische Störungen Sucht Psychotische Störungen Organische psychische Störungen Ubiquitäre Wirkfaktoren Organische Störungen
6 2. Missverständnisse in der Arzt-Patienten Kommunikation umgehen soziokulturelle Faktoren erfassen 6
7 2. Fehldiagnosen können entstehen - durch sprachliche Missverständnisse, - durch kulturgebundene Erwartungen der Patienten, die abweichen von der Realität des deutschen Gesundheitswesen, - durch kulturgebundene ärztliche Interpretation ( Welches Trauerverhalten/Schmerzäußerung wird als pathologisch eingestuft?) 7
8 KULTURELLE UNTERSCHIEDE Katharsis Psychologischer Ansatz: Selbstverantwortung Entlastung durch Reden über seine Gefühle, Konflikte Andere Ansätze: Schicksal Entlastung durch vorgeschrieben Rituale Schutz Selbstfürsorge: Eigene Bedürfnisse beachten, Grenzen setzen Amulette, Verschreibung von Ritualen und Gebeten Stärkung Orientierung Selbstsicherheitstraining, Durcharbeiten von Erfahrungen, Exposition Psychoedukation, Skilltraining, Durchführen von Hausaufgaben Ermutigung, Trost, Begleitung Einhaltung von Regeln, Wiedergutmachung, Schuldausgleich Abdullah-Steinkopff (2007)
9 Im PSZ haben viele KlientenInnen Erwartungen wie Behandler ist die Autorität Nur reden, wenn ich gefragt bin, Niemals nein sagen Behandler kennt meine Krankheit und kennt meine Heimat Behandler hat eine Medizin quasi-familiäre Beziehungen, z.b. Erwartung an Dolmetscherin: Als Landsfrau wird sie mich unterstützen 9 Eva van Keuk
10 Im PSZ haben viele KlientenInnen folgende Erfahrungen mit dem heimatlichen Gesundheitswesen aus der Heimat: Schlimme Diagnosen werden verschwiegen und höchstens den Verwandten mitgeteilt, Gute Behandlung kostet, in staatlichen Krankenhäusern sterben die Menschen, Keine Fachärzte, sondern regionale Polikliniken Je nach Herkunftsland kleine Eingriffe erfordern bereits invasive Methoden und sind mit Risiken verbunden. Weitere medizinisch relevante soziokulturelle Unterschiede: - Strikte Geschlechterrollen und Geschlechtertrennung (Männer sind bei Frauenthemen nicht anwesend) - Kollektivistische Prägung die Großfamilie setzt sich für einen Patienten ein Beispiele aus Afghanistan, Mazedonien, Kongo, Sri Lanka etc. 10 Eva van Keuk
11 Hilfreiches ärztliches Vorgehen: - Sich vorstellen, Setting und Aufgabe erklären, - Herkunft (Land Stadt/Dorf), Sprachen, Bildungsgrad des Pat. erfassen - Falls Großfamilie sich bei Ihnen vorstellt - Kontaktaufnahme mit ältester Person, dann mit dem Indexpatienten - Offene statt geschlossene Fragen stellen oder Wahlmöglichkeiten anbieten ( Sind die Beschwerden besser oder schlechter geworden? ) - Bei psychiatrischen Diagnosestellungen, Patientenaufklärung bei schwerwiegenden Eingriffen/ Diagnosen, bei Begutachtung professionelle Dolmetscher einsetzen. (Kinder sollten dann keinesfalls übersetzen!) - Vorgehen erklären ( in Deutschland sind wir verpflichtet, Sie auch über Nebenwirkungen aufzuklären. Das heißt nicht, dass dies eintritt. Es ist ein sehr gutes Medikament, das ich Ihnen empfehle ) 11
12 3. Einsatz von Dolmetschern 12
13 Begriffsdschungel Versuch eines Überblickes - Was sind die Einsatzgebiete (Gesundheitswesen, Behörden, Gericht, Schulen, soziale Dienste, Psychotherapie und Gutachten)? - Wer bezahlt (und wenn, was)? - Wer vermittelt Dolmetscher? Sprach und Kulturmittler Sprach und Integrationsmittler (Sprintpool Wuppertal) Integrationslotsen (Hessen, Niedersachsen) Gemeindedolmetscher (Hannover, Mimi Projekt) Übersetzer Da es bisher keine einheitliche, bundes-oder landesweite Regelung für den Einsatz und die Bezahlung von Dolmetschern gibt, muss jede Institution im Gesundheitswesen, jede Kommune eigene Lösungen finden. 13 Eva van Keuk
14 Grundlagen des Dolmetschersettings Neutralität Unbefangenheit Schweigepflicht Sprachfähigkeit Kontextinformationen Kultursensibilität Vor und Nachgespräch 14
15 Konsekutiv Dolmetschen im Arzt- Patient Kontakt 1. Arzt/Ärztin PatientIn DolmetscherIn 15
16 3. Die Rolle der Dolmetscher Wer erwartet was von dem Dolmetscher? Hilfesuchender: Er/sie soll auf meiner Seite sein! Gesprächsleitung: Er/sie soll für eine reibungslose inhaltliche Verständigung sorgen Wie sieht der Dolmetscher die eigene Rolle?..Helfer..Retter..Sprachbrücke..Richter Wie geht der Dolmetscher mit eigenen Gefühlen um? während des Gesprächs danach 16
17 Rekrutieren von DolmetscherInnen Medizinstudenten und studentinnen mit erforderlichen Sprachkenntnissen (Arabisch, Kurdisch, Farsi/ Dari, Albanisch, Serbokroatisch, Bangla, Dari, Tamile etc.) Deutsch-russische Einwanderer aus den 90ger Jahren sind für russischsprachige Flüchtlinge oft sehr geeignet Vorsicht, arabische Sprachenvielfalt und Bürgerkriegserfahrungen können Untersuchungssituation erschweren. Vorher mit potentiellen Dolmetschern klären. 17
18 4. Die Rolle der Gesprächsleitung hilfreiches ärztliches Vorgehen: - Passenden Dolmetscher anfordern (Kenntnis über Sprache, Alter, Geschlecht, Einsatzort) deligieren. - Begrüßen und Vorstellen, Aufklären über Schweigepflicht, Regel 1: Alles wird übersetzt, Regel 2: Keine Handynummern austauschen - In Kontakt bleiben (Augenkontakt, direkte Ansprache) - Vor und Nachgespräch mit Dolmetscher - Sprache anpassen (Wortwahl entsprechend einem 14 jährigen Deutschen, keine Fachwörter) - Vertrauen zu Dolmetscher aufbauen - Gespräch führen 18
19 Beliebte Fehler Schweigepflicht und Kosten sind nicht transparent für alle Keine Vorstellung zu Beginn, große Vorsicht auf Seiten der Klientin Keine Klarheit für DolmetscherIn (bezüglich Handy Nr., Übersetzungsform, Eigenständigkeit) Ungeeignetes Matching (KlientIn und DolmetscherIn stammen von verfeindeten sozialen Gruppen) Nachgespräch (Arzt/ Dolm.) fehlt 19
20 Praktische Hilfen im ärztlichen Alltag: Best Practise Video zur Arzt- Patient Interaktion mit Dolmetscher : Projekt ( der HHU Düsseldorf), Best Practise Video zur Arzt- Patient Interaktion mit Dolmetscher auf der Startseite anklicken, oder direkt: Übersetzungshilfen für Ärzte: -Tipdoc Verständigungshilfe in Bildern, Was ist tipdoc : tipdoc Bilder bestellen: - Taschendolmetscher für Ärzte 16 Sprachen mit Lautschrift - Übersetzungshilfen für Ärzte - Refugee Phrasebook, mit einem medizinischen Teil -Langenscheidt Bildwörterbuch 20
21 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 21
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