Umweltrecht (FEU) Universität Bremen Bremen
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- Edmund Reuter
- vor 8 Jahren
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1 Prof. Dr. Sabine Schlacke Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht (FEU) Universität Bremen Bremen Sehr geehrter Herr Senator, sehr geehrter Herr Prorektor, sehr geehrter Herr Wurthmann, sehr geehrter Herr Lieberum, sehr geehrte Damen und Herren, für die Einladung zum heutigen Jahresempfang der partnerschaft umwelt unternehmen und der Unternehmen der bremischen Umweltwirtschaft möchte ich mich herzlich bedanken! Als Professorin für deutsches, europäisches und internationales Umweltrecht lehre und forsche ich nunmehr seit knapp zwei Jahren an der Universität Bremen. Insbesondere widme ich mich als Direktorin der Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht dem Umwelt- und Klimaschutzrecht auf allen Rechtsebenen. Als Mitverantwortliche zweier internationaler meereswissenschaftlicher Graduiertenschulen GLOMAR und INTERCOAST - widme ich mich auch dem Meeresumweltrecht. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen habe ich mich im letzten Jahr vor allem mit dem Klimaschutz und mit den rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt. Bei all diesen Tätigkeiten habe ich Unterstützung seitens der Universitätsleitung und auch der öffentlichen Verwaltung, insbesondere durch Herrn Umweltsenator Loske, erfahren. Umso mehr freue ich mich, dass ich nunmehr in diesem Rahmen auch die Bremer und Bremerhavener Unternehmen, die sich umwelt- und klimabewusst verhalten, kennen lernen darf. Und ich hoffe, dass es nicht nur bei einem einmaligen Kennenlernen bleibt, sondern dass sich hierdurch auch fruchtbare Kooperationen mit der Universität und ggf. mit dem Fachbereich Rechtswissenschaft ergeben. Ich bin heute hier in meiner Funktion als Umweltrechtlerin. Ich möchte Ihnen erläutern, welche rechtlichen Ergebnisse und Konsequenzen aus der Weltklimakonferenz von Kopenhagen für die Europäische Union und Deutschland ableitbar sind. Die Weltklimakonferenz hat uns bis kurz vor Weihnachten in Atem gehalten. Alle teilnehmenden Staaten waren sich einig, dass etwas gegen die anthropogen erzeugte globale Erwärmung des Klimas zu tun ist. 1
2 Nicht nur die ökologischen Konsequenzen wie etwa die Zunahme von Wirbelstürmen, Starkniederschlägen, Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren sondern auch die wirtschaftlichen Auswirkungen führen zu dieser Erkenntnis. Bereits 2006 hat der ehemalige Weltbank-Chefökonomen und derzeitige Leiter des volkswirtschaftlichen Dienstes der britischen Regierung Nicholas Stern im Auftrag der britischen Regierung festgestellt, dass die jährlichen Kosten für die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration schätzungsweise bei etwa 1 % des globalen Bruttoinlandsprodukts liegen, wenn jetzt das hieß damals 2006 begonnen wird, entschieden zu handeln. Wenn nicht gehandelt wird, liegen die Kosten des Klimawandels bei einem Verlust von wenigstens 5 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. Wenn man eine breitere Palette von Risiken und Einflüssen berücksichtigt, könnten die Schäden auf 20 % oder mehr des erwarteten globalen Bruttoinlandsprodukts ansteigen. Hierbei ist zu bemerken, dass Entwicklungs- und Schwellenländer die ökonomischen Folgen des Klimawandels überdurchschnittlich stark zu spüren bekommen. Trotz dieser drohenden ökologischen und ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels und trotz der Einsicht der in Kopenhagen versammelten 192 Staaten, dass etwas gegen die Klimaerwärmung unternommen werden muss, ist die Konferenz wir haben es bereits gehört politisch wie auch rechtlich weitgehend gescheitert. Warum ist die Konferenz gescheitert? Hierzu möchte ich kurz erläutern, weshalb es überhaupt einer Weltklimakonferenz bedurfte: Die 1992 verabschiedete Klimarahmenkonvention ist ein von 192 Staaten ratifizierter Vertrag, der bezweckt, einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern. Wie ein derartiger gefährlicher Klimawandel verhindert werden kann, regelt das Kyoto-Protokoll aus dem Jahr Es enthält und das ist das entscheidende verbindliche Verpflichtungen für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen für die Vertragsstaaten: Innerhalb eines Zeitraums von 2008 bis 2012 werden die Annex-I Staaten verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen um fünf Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union haben das Kyoto-Protokoll ratifiziert, nicht aber die USA. Für die EU gilt eines Reduktionsverpflichtung von 8 %, für Deutschland von 21 %. Die Reduktionsverpflichtungen des Kyoto-Protokolls sind begrenzt bis 2012: Danach bestehen völkerrechtlich keine weiteren Reduktionsverpflichtungen. Ziel der Weltklimakonferenz von Kopenhagen war es, für den Zeitraum von neue Reduktionsverpflichtungen zu vereinbaren und dieses nicht nur zwischen den alten Industrieländern, sondern vor allem auch neuen Schwellen- bzw. Industrieländern: Also China, Indien, Brasilien selbstverständlich war auch Ziel, die USA, mit in das Boot zu holen. 2
3 Dieses Ziel wurde nicht erreicht: Es wurden keine völkerrechtlich verbindlichen Emissionsreduktionziele für Treibhausgase festgelegt weder für Industrieländer noch für Schwellen- und Entwicklungsländer. Auch eine Fortentwicklung des Instrumentariums zur Erreichung von Reduktionszielen stand auf der Tagesordnung: etwa einen weltweiten Emissionshandel völkerrechtlich verbindlich zu etablieren. Auch hieraus ist nichts geworden. Es ist insgesamt nichts rechtlich Verbindliches verabschiedet worden: Die Staatengemeinschaft/versammelten Staaten nahm/en lediglich Kenntnis von einem politischen Dokument dem sog. Kopenhagen Akkord das am Rande der Konferenz von einer Reihe von Staaten mit den USA und China an der Spitze ausgehandelt worden war. Es handelt sich um ein Erklärung, die rechtlich als sog. soft law einzuordnen ist. Obwohl unverbindlich wird es dennoch Konsequenzen haben: Die wichtigsten Inhalte des Kopenhagen Akkord sind, dass - die 192 Staaten erstmals in der Geschichte des internationalen Klimaschutzrechts ausdrücklich die von der Klimaforschung empfohlene Obergrenze für die globale Erderwärmung von 2 Grad Celsius anerkennen - es wendet sich ab vom top-down-ansatz des Kyoto-Protokolls und enthält einen bottom up-ansatz: Die Annex I Staaten der KRK verpflichten sich, sich eigene oder zusammen mit anderen Staaten Emissionsminderungsziele zu setzen. Wie geht es nun weiter? Entweder die Staaten treten diesem Akkord bei und erklären ihn für sich für verbindlich oder aber er wird zu einem verbindlichen Protokoll der KRK erklärt etwa auf der nächsten Vertragsstaatenkonferenz in Mexico-Stadt Ende Insgesamt ist zwar ein völkerrechtlicher Wille zum Handeln erkennbar, von konkret verpflichtenden Maßnahmen des Klimaschutzes und der Emissionsreduzierung über den Zeitrahmen von 2012 hinaus ist die Völkergemeinschaft aber noch sehr weit entfernt. Die Weltklimakonferenz war nicht in der Lage, konkrete Schritte und Maßnahmen also einen konkreten Fahrplan festzulegen um die 2 Grad Celsius Leitplanke nicht zu überschreiten. Was folgt hieraus für die Europäische Union und die Bundesrepublik Deutschland? Angesichts der rechtlichen Unverbindlichkeit der Kopenhagen Akkords ersteinmal gar nichts. Allerdings ist das für die Europäische Union auch nicht weiter bedauerlich, denn sie hat ihren Fahrplan in Sachen Klimaschutz bis 2020 bereits verbindlich festgelegt. Die Europäische Union ist seit Mitte der 1990er Jahre der Auffassung, dass eine Begrenzung der globalen Klimaerwärmung auf 2 0 C in Relation zum vorindustriellen Niveau erforderlich ist, um den anthropogenen Klimawandel zu verhindern. Sie ist ferner der Auffassung, dass 3
4 die Industrienationen im Zusammenhang mit der geplanten Reduzierung der Treibhausgasemissionen ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 um % reduzieren müssen. Um hierzu einen effektiven Beitrag zu leisten, hat sich die EU Anfang 2009 eigene, rechtsverbindliche Ziele gesetzt: Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien und die Energieeffizienz um 20 % gesteigert sowie die Treibhausgasemissionen um 20 % bzw. im Fall des Abschlusses eines internationalen Post-Kioto-Abkommens sogar um 30 % gegenüber 1990 gesenkt werden. Dieser Vorbehalt greift nach dem Scheitern des Post-Kioto- Abkommens nunmehr nicht ein. Die 20% bis 2020 sollen durch ein bereits Mitte 2009 in Kraft getretenen Klima- und Energiepaket erreicht werden, das mehrere Rechtsakte enthält etwa Rechtsakte zur - Ausweitung und stärkeren Förderung von Erneuerbaren-Energien, - Fortsetzung des europaweiten Emissionshandels für die Handelsperiode , und die rechtlichen Anforderungen an die Carbon Capture and Storage-Technologie also an die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 festlegt. Damit steht auch der Klima-Rechtsrahmen für die Mitgliedstaaten fest und somit auch jener für die Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Vorgaben im Rahmen des Rechts Erneuerbarer Energien und des Emissionshandels bis Mitte 2011 in nationales Recht umzusetzen. Für die Wirtschaft und für sie als Unternehmen bedeutet dieser unionsweite Rechtsrahmen hinsichtlich klimaschützender Maßnahmen Rechts- und damit auch Investitionssicherheit unabhängig von allen globalen Ungewissheiten. Die Europäische Union hat gehandelt, die Bundesrepublik Deutschland wird handeln. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme nun zum Fazit: Wissenschaft, Verwaltung und Wirtschaft sind sich im Klaren darüber, dass es sich beim Klimawandel um ein herausragendes, bislang in dieser Dimension nicht dagewesenes Umweltproblem handelt: Es ist erstens ein globales Problem, dass vor nationalstaatlichen Grenzen keinen Halt macht. Und zweitens ist es ein Umweltproblem, das nicht reversibel ist. Die einmal in die Atmosphäre emittierten Treibhausgase können nicht zurückgeholt werden und wirken sich erwärmend aus, ohne dass der Mensch noch eine Möglichkeit hat, dieses zu verhindern oder einzudämmen. Umso bedauerlicher ist es, dass die Staatengemeinschaft nicht in der Lage ist, sich dieses Problems gemeinsam und verantwortlich anzunehmen. Umso dringlicher bedarf es Vorreiter, die die anderen davon überzeugen, klimaschützend zu agieren und eine Umsteuerung einer auf fossilen Brennstoffen beruhenden Wirtschaft hin zu 4
5 einer nachhaltigen Volkswirtschaft, die überwiegend auf erneuerbaren Energien und einer erheblich effizienteren Nutzung von Rohstoffen und Material beruht. Die Europäische Union nimmt global betrachtet eine solche Vorreiterfunktion ein. Sie hat erkannt, dass ein Beharren auf Souveränitätsanspruche und der Verweis auf historische Verantwortlichkeiten beim Klimaproblem leer laufen und einzig und allein Kooperation und Koordination von Nöten wären. Dies zeigt sich etwa an dem Startschuss, der diese Woche für den Ausbau des Nordsee-Stromnetzes abgegeben wurde. Dieses Stromnetz wird die Erneuerbaren Energien Nordeuropas europaweit zur Verfügung stellen. Es ist aber auch wichtig, dass sich Vorreiter auf regionaler und lokaler Ebene finden und identifizieren lassen. Gerade auf lokaler Ebene müssen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zusammenwirken und sich als Vorreiter positionieren mit ihren Klimaschutzprojekten auch hierfür bedarf es wiederum eines investitionssichernden rechtlichen Rahmens, der zugleich konfligierende Interessen wahrnimmt und zu einem Ausgleich führt. Der europäische und auch weitgehend der deutsche Rechtsrahmen sind vorhanden. Es kommt nun maßgeblich auch auf eine Initiierung des regionalen und lokalen klimarechtlichen Rahmens an. Das ist Aufgabe der Politik, die diese jedenfalls in Bremen ernst nimmt. Ich bin mir aber auch sicher, dass auch die Bremer Wirtschaft an einem Umbau der Gesellschaft hin zu einer kohlenstoffarmen oder gar freien Gesellschaft sich maßgeblich beteiligt und beteiligen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Einleitend habe ich den Wunsch geäußert, mit Ihnen, mit der Bremer Wirtschaft näher in Kontakt zu treten. Die nächste Gelegenheit, wo dieses möglich ist, ist schon nächste Woche: Ich möchte Sie auf die Bremer Umweltrechtsgespräche aufmerksam machen: Die Bremer Umweltrechtsgespräche haben das Ziel, Diskussionen zu aktuellen umwelt- und planungsrechtlichen Themen sowie Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis zu initiieren. In diesem Rahmen findet am kommenden Freitag, den 15. Januar also nächste Woche eine eintätige Tagung im Bremer Rathaus Klimaschutzrecht im Wandel statt, auf die ich sie aufmerksam machen möchte. Auch dort sollen vertieft die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Konsequenzen, die sich derzeit aus klimaschützenden Regelungen ergeben, diskutiert und bewertet werden. Diese Veranstaltung ist nur möglich, weil sie u.a. von Herrn Loske als Schirmherr der Tagung und von der Universitätsleitung unterstützt wird. Ich würde mich freuen, Sie in einer Woche erneut begrüßen zu dürfen! 5
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