TIPPS ZUR INTERVIEW-FÜHRUNG
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- Maximilian Mann
- vor 8 Jahren
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Transkript
1 I TIPPS ZUR INTERVIEW-FÜHRUNG 1. Offenheit und Wertfreiheit Sei offen und neugierig für die Perspektive deines Gegenübers. Wenn du Interesse und Verständnis für seine/ihre persönliche Sicht der Dinge zeigst, wird er/sie auch mehr von sich preisgeben. Oberstes Gebot: keine Wertung! Jede Meinung hat ihre Berechtigung. Bleib professionell: kein Nase rümpfen, kein erstauntes Augenbrauen-Hochziehen, kein entsetzter Blick usw. sondern neutral nachfragen: Warum glaubst du, ist das so?, Was gefällt dir/gefällt dir nicht daran? 2. Benützung des Leitfadens Geh den Leitfaden vor dem Interview ein paar Mal durch. Du solltest die Fragen gut kennen und möglichst nicht ablesen. Der Leitfaden ist nur eine Hilfestellung. Du musst die Fragen nicht in dieser Reihenfolge stellen! Im Gegenteil, wenn dein/e Interviewpartner/in von sich aus ein Thema anspricht, das an anderer Stelle am Leitfaden notiert ist, nütze die Gelegenheit und gehe gleich darauf ein. Du kannst später auf die vorangehenden Fragen zurückkommen. Zu jeder Frage gibt es mehrere Unterfragen. Oft beantwortet der/die Befragte im Gespräch diese Unterfragen von selbst, ohne dass du sie zu stellen brauchst. Sie helfen dir aber dabei, das Gespräch in Gang zu bringen falls dein/e Interviewpartner/in eher wortkarg ist. Im umgekehrten Fall, falls ein/e sehr gesprächige/r Interviewpartner/in von der eigentlichen Fragestellung abschweift, kannst du ihn/sie mit einer Unterfrage zurückholen, z.b.: Aber wie war das jetzt genau mit? Wirf vor Ende des Interviews einen Blick auf den Leitfaden, ob alle Fragen beantwortet wurden. 3. Keine Angst vor Pausen Stell deine Frage klar und direkt und warte erst mal ab. Es ist ganz normal, dass dein Gegenüber nicht wie aus der Pistole geschossen antwortet. Lass ihm/ihr Zeit zu überlegen. Erst wenn gar nichts kommt oder du nur verständnislose Blicke erntest, solltest du mit den Unterfragen nachhelfen. 1
2 Wenn du bei einer Antwort einmal nicht ganz nachvollziehen kannst, was der Befragte meint, immer nachfragen! Wie meinst du das genau?, Was meinst du mit?, Was bedeutet? 4. Einstieg und Abschluss des Interviews Überlegt euch vor den Interviews, wie ihr euch bzw. das Projekt vorstellen wollt. Dein/e Interviewpartner/in hat ein Recht zu erfahren, wer du bist, warum du ihm/ihr Fragen stellen willst und wofür seine/ihre Antworten verwendet werden. Es ist hilfreich, das Ende des Interviews vor der letzten Frage anzukündigen, z.b. mit Dann hätte ich noch eine letzte Frage: Damit erreichst du, dass dein/e Gesprächspartner/in seine/ihre Konzentration noch einmal zusammennimmt und das Ende des Gesprächs kommt nicht so plötzlich. Frag ganz zum Schluss auf jeden Fall, ob er/sie noch etwas hinzufügen möchte, z.b. Fällt dir noch etwas ein, dass bei diesem Thema wichtig wäre und wir jetzt nicht besprochen haben? und nimm dir die Zeit, die Antwort darauf anzuhören. Dann fehlt nur noch Bedanken und Verabschieden. 5. Technische Hilfsmittel Erklär deinem/deiner Interviewpartner/in, dass du das Gespräch gerne aufnehmen möchtest, weil mitschreiben viel zu ungenau und mühsam wäre. Versichere, dass das Interview vollkommen anonym ist! Frag auch gar nicht nach dem Namen. Falls sich die Person selbst mit Namen vorgestellt hat, versichere, dass der Name nirgendwo aufscheint. Im Normalfall ist der/die Interviewpartner/in dann einverstanden. Es ist aber sein/ihr gutes Recht, die Aufnahme zu verweigern. Schalte das Aufnahmegerät ein, wirf einen Blick darauf, ob es tatsächlich läuft und leg es zwischen dich und deine/n Gesprächspartner/in. Wenn du dann noch ein paar Worte smalltalk machst, bevor du in die Fragen einsteigst, wird euch das Gerät nicht weiter stören. 6. Ort Es ist wichtig, dass das Interview in einer ruhigen Umgebung, möglichst ungestört ablaufen kann. Schau dich vor dem Interview nach einem geeigneten Ort um, wo euch möglichst niemand stören wird. 7. Mögliche Pannen Ihr kommt nicht so recht ins Gespräch, dem/der Befragten fällt nichts ein: Ein Interview setzt voraus, dass sich der/die Befragte ein bisschen anstrengt und über die Fragen nachdenkt. Lass dich nicht entmutigen, wenn es ein bisschen dauert, bis ihr ins Gespräch kommt (keine Angst vor Pausen). Wiederhol die Frage noch einmal und ermuntere ihn/sie ein bisschen à la 2
3 überleg einmal, ich weiß, die Frage ist ein bisschen ungewöhnlich, aber wenn du eine Antwort geben müsstest?, oder hilf mit einer Unterfrage nach. Zur Not kannst du auch folgende Strategie anwenden: Ich weiß du hättest etwas Besseres zu tun, aber ich brauch dieses Interview für eine Hausübung, also bitte sei so nett und hilf mir dabei! Manche Menschen sind gesprächiger, andere weniger. Das ist normal und ein kurzes Interview muss deswegen nicht weniger aufschlussreich sein. Wenn jemand auf eine Frage gar keine Antwort geben will, geh einfach weiter zur nächsten Frage. Der/die Befragte weicht der eigentlichen Frage aus, schweift vom Thema ab: Um einen Standpunkt verständlich zu machen, ist es manchmal nötig, ein bisschen weiter auszuholen. Abgesehen davon ist small-talk zwischendurch auch ganz nützlich um die Stimmung aufzulockern. Soviel Zeit muss sein. Deine Aufgabe als Interviewer/in ist es aber, das Gespräch immer wieder auf die Fragestellung zurückzuführen. Wenn du das Gefühl hast, dass ihr mittlerweile bei einem ganz anderen Thema seid, wirf einen Blick auf den Leitfaden um dich zu erinnern, worauf ihr eigentlich hinauswolltet: Aber zurück zur eigentlichen Frage:? Du erhältst als Antwort: Was ist das für eine blöde Frage? : Versuch nicht, ihn/sie vom Gegenteil zu überzeugen, sondern steig darauf ein, sei neugierig: Warum findest du die Frage blöd? Das verspricht interessante Antworten. Dein Gegenüber wirkt genervt, nimmt die Fragen nicht ernst, macht sich lustig oder ähnliches: Keine Angst, das passiert selten! Normalerweise ist eine Person, wenn sie einmal eingewilligt hat, am Interview teilzunehmen, auch bereit, mit dir zu reden. Für den Fall, dass es trotzdem einmal vorkommt: Lass es einfach bleiben! Wenn der andere so überhaupt keine Lust hat, sich Gedanken über das Thema zu machen, dann eben nicht. 8. Transkribieren der Interviews (besprechen wir noch nach den Interview-Terminen!) Nach dem Interview werden die Tonaufnahmen transkribiert, d.h. das Aufgenommene niedergeschrieben. Das ist einerseits für die Analyse hilfreich, um verschiedene Interviews nebeneinanderlegen und die Antworten vergleichen zu können. Es ist außerdem notwendig, damit andere Wissenschaftler/innen bzw. Leser/innen des Forschungsberichtes nachvollziehen können, wie ihr zu euren Ergebnissen gekommen seid. Sehr hilfreich dabei ist die Transkriptions-Software F4, die gratis als download im Netz zur Verfügung steht. Die Aufnahme wird als mp3 ins Programm importiert und so am Computer abgespielt. Alle Funktionen sind über die F-Steuerungstasten zu bedienen, z.b. F4 für Play und Pause (daher der Name der Software), d.h. du musst nicht während dem Abtippen auch noch die Maus bedienen. Außerdem praktisch: Wenn du auf Pause (F4) drückst und dann wieder auf Play (wieder F4), springt die Aufnahme automatisch 2 Sekunden zurück, d.h. du hörst die letzten Worte noch einmal, bevor es weitergeht. Das Programm hat auch ein Editor- 3
4 Feld, wo du den Text eintippen kannst, du kannst das Transkript aber genauso gut in Word schreiben. Es ist Standard, das Gespräch in Schriftdeutsch zu bringen, die Wortstellung und Grammatik aber so zu belassen, wie gesprochen wurde. Ein Beispiel: Der/die Befragte sagt im Interview I waß nimma genau wie des woa damals. Im Transkipt schreibt man: Ich weiß nicht mehr genau wie das war damals. Beistriche und Satzzeichen müssen nicht grammatikalisch korrekt gesetzt werden, wichtiger ist, die Sprechweise möglichst abzubilden. Ein paar allgemeine Transkriptionsregeln: Um Phrasen im Sprechverlauf, kurzes Luftholen etc. abzuteilen: Beistrich, Sprechpausen, wenn der/die Befragte nachdenkt, ihm/ihr nichts mehr einfällt etc.: ( ) Bsp.: Ein Befragter sagt I waß nimma genau wie des woa damals. Er überlegt kurz, und dann: Ah jo, jetzt fallts ma wieda ein! Im Transkipt sieht das so aus: Ich weiß nicht mehr genau wie das war damals. ( ) Ah ja, jetzt fällt es mir wieder ein! Lachen, Sarkasmus etc. wird in ( ) vermerkt, um nachvollziehen zu können, wie eine Aussage gemeint war. Bsp. im Transkript: Ob ich dort war? (ironisch) ja sicher, das ist ja ganz meins! (lacht) Wenn der/die Interviewpartner/in während des Gesprächs z.b. auf Dinge zeigt o.ä. solltest du das notieren, damit man später weiß, worum es ging. Bsp. Du siehst eh (zeigt auf das Loch in der Wand), das müsste repariert werden. Die Interviews sind anonym. Namen, die genannt werden, sollten gestrichen oder zumindest abgekürzt werden. Bsp. Ich war dann mit A. einen Kaffee trinken. Nicht nur die Antworten der interviewten Person werden transkribiert, sondern auch alles, was du gesagt hast! 4
5 Tipps zur Moderation der Gruppendiskussion (-> hier müssen wir vorher noch genauer klären, welche Fragen, Dauer, Teilnehmer etc. Davon wird abhängen, welche Unterstützung die Schüler/innen bei der Moderation brauchen) Deine Aufgabe als Moderator/in ist, die Diskussion thematisch zu lenken, darauf zu achten dass alle Teilnehmer/innen zu Wort kommen und nachzufragen, falls Aussagen unverständlich oder zweideutig formuliert wurden. Thematisch lenken: Um die Diskussion in geregelten Bahnen zu halten, achte darauf, dass die Teilnehmer/innen nicht allzu sehr von einem Thema zum anderen springen. Wenn du das Gefühl hast, ein/e Teilnehmer/in greift bereits vor, obwohl die aktuelle Frage noch nicht ausreichend besprochen wurde, halte ihn/sie zurück, indem du höflich unterbrichst und z.b. sagst: Darauf möchten wir gern später noch zu sprechen kommen, aber zuerst würde ich Sie bitten, dass wir noch ein bisschen bei dieser Frage bleiben: [Frage wiederholen] Alle einbeziehen: Es gibt in jeder Diskussionsrunde einige Personen, die sich stärker behaupten und einige, die zurückhaltender sind. Das ist grundsätzlich okay, aber als Moderator/in musst du darauf achten, dass alle zu Wort kommen und die Redezeiten in etwa fair verteilt sind. Die dezenteste Möglichkeit dazu ist dein Augenkontakt: Schau Personen, die sich seltener zu Wort melden öfters aufmunternd an und schenke den Vielredner/innen bewusst weniger Aufmerksamkeit. Wenn das nichts hilft, sprich die wortkarge Person direkt an, z.b. mit Was denken Sie darüber? Achte auch darauf, dass sich die Teilnehmer/innen gegenseitig ausreden lassen. Nachfragen: Nachfragen solltest du immer dann, wenn Personen halbfertige Aussagen in den Raum stellen, oder Behauptungen aufstellen, ohne diese zu begründen. Wie meinen Sie das genau?, Könnten Sie uns ein Beispiel geben?, Könnten Sie das noch ein bisschen genauer erklären? 5
6 ANMERKUNGEN I. Fragen, Leitfaden Wichtig bei den Fragen: Ja/Nein Fragen vermeiden, sondern die Frage so stellen, dass sie zu ausführlicheren Antworten anregen (Wie? Was? Warum? Inwieweit?...), anstatt: Gibt es Konflikte in der Klasse? -> besser fragen: Welche Konflikte gibt es in der Klasse? (er/sie kann immer noch antworten eigentlich gibt es gar keine ). Keine Suggestivfragen (=Fragen, die den Befragten in eine bestimmte Richtung lenken), statt Findest du es gut, dass? -> Besser fragen: Wie findest du es, dass? Von persönlichen Erlebnissen erzählen lassen; anstatt Wenn ihr in der Klasse eine Entscheidung treffen müsst, wie macht ihr das? -> lieber fragen: Musstet ihr in letzter Zeit in der Klasse eine Entscheidung treffen, z.b. das Thema vom Maturaball? Wie habt ihr das entschieden? Antworten offen lassen, in der Frage keine Antworten vorgeben; anstatt Wenn du ein Problem hast, erzählst du einem Freund davon, oder schreibst du Tagebuch, oder? -> besser fragen: Wenn du ein Problem hast, wie gehst du damit um? III. Gruppendiskussion Hilfsmoderator vom ETC wär gut. Gibt dem Schüler mehr Autorität in der Lehrer-Runde. Kann helfen, die Fragen im Überblick zu halten, auf die Uhr zu schauen, und gegebenenfalls die TN zu mehr Rücksicht auf andere Wortmeldungen aufrufen. 6
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