Handel, Belagerung und Bebauung-die bewegte Geschichte des ehemaligen Bollwerks im Spiegel der archäologischen Begleitung der Baumaßnahme

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Irma Adenauer
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1 Handel, Belagerung und Bebauung-die bewegte Geschichte des ehemaligen Bollwerks im Spiegel der archäologischen Begleitung der Baumaßnahme Seit dem Beginn der Sanierung- und Umgestaltungsarbeiten im Bereich der Kronwiekstraße und des Runge-Platzes werden die bautechnisch notwendigen Erdeingriffe durch das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern archäologisch begleitet. Die Baumaßnahme findet in einem Umfeld, unmittelbar am ehemaligen Bollwerk statt. Historische Abbildungen zeigen diesen Bereich als befestigte Fläche an der sich der Hafen der Stadt Wolgast befand. Während der laufenden archäologischen Untersuchung konnte viele Einzelfunde geborgen werden, die auf einen intensiven Handel, Waren- und Geldverkehr an dieser Stelle hinweisen. Bis jetzt wurde über 200 Münzen, meist Silbergeld aufgefunden (Abb. 1). Unter den Münzen befinden sich viele einheimische Geldstücke, wie Prägungen aus Stralsund oder Schwedisch-Pommern, aber auch Exoten aus Frankreich, Schlesien, Sachsen, Thorun (Polen) oder Asien (China). Bei der chinesischen Münze handelt es sich um den erst dritten Nachweis aus Mecklenburg-Vorpommern. Auffällig ist der hohe Anteil an brandenburgischen zwei, drei und sechs Pfennig Stücken, die fast alle im Jahr 1676 geprägt wurden. Deren Vorkommen steht mit der brandenburgischen Belagerung und Besetzung Wolgasts im Jahr 1675 im Zusammenhang. Wahrscheinlich brachten die Brandenburger während der Besatzungszeit ihr eigenes Geld in größeren Mengen in Umlauf, um vor allem schwedisch-pommersches Geld zu verdrängen. Abb.1 Neben den Münzen, bei denen es sich um Kleingeld Nominale handelt weisen vor allem fünf Münzgewichte (Abb. 2) darauf hin, dass hier auch größere Geldstück, wie Goldmünzen

2 im Zahlungsverkehr Verwendung fanden. Bei den aufgefundenen Münzgewichten handelt es sich um Messingplättchen, die auf der Vorderseite auf die jeweilige Goldmünze hinweisen und deren Gewicht dem der Münze entspricht um deren Echtheit auf einer kleinen Münzwaage überprüfen zu können. Abb.2 Außer den Münzgewichten und den Münzen belegen eine ganze Anzahl von Bleiplomben (Abb. 3), einen intensiven Warenumschlag und Handel am ehemaligen Bollwerk. Dabei handelt es sich um Plomben, mit denen z.b. Tuch- und Stoffballen oder auch Fässer mit Waren gekennzeichnet waren. Die Bleiplomben weisen oft auf den Ort hin, aus dem die entsprechenden Waren stammen und zeigen bei Tuchen oder Stoffen auch Längen- oder Qualitätsangaben. Viele Plomben zeigen auch Hausmarken der jeweiligen Hersteller. Während der aktuellen Untersuchung konnten bereits über 80 solcher Bleiplomben geborgen werden, die einen Warenverkehr mit Städten wie Stralsund, Landsberg an der Warthe oder Forst in der Lausitz belegen. Es kamen aber auch Bleiplomben aus St. Petersburg/Russland, Frankreich, den Niederlanden oder England zu Tage.

3 Abb.3 Neben den Münzen, Münzgewichten und Bleiplomben kamen eine Vielzahl weiterer Funde zu Tage, wie Schuh- oder Gewandschnallen, Haarnadeln, Besteckbestandteilen oder Zapfhähne und zeittypisches keramisches Fundmaterial, vor allem des 17. und 18, Jahrhunderts. Bis in die 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Fläche hinter dem Bollwerk weitgehend frei von archäologisch nachweisbaren Bebauungsstrukturen. In der schwedischen Landesaufnahme von Vorpommern, die zwischen 1692 und 1709 erfolgte werden vor dem Wassertor außerhalb der Ringmauer nur zwei Parzellen erwähnt. Dabei handelt es sich um eine Herberge außerhalb, doch dicht an der Stadtmauer und eine Zollbude auf dem Bollwerk. Beide Bebauungen lagen nicht auf der durch die aktuellen Baumaßnahmen betroffenen Fläche. Die Herberge direkt an der Stadtmauer dürfte im Bereich der heutigen Kronwiekstraße Nr. 46 oder 47 gelegen haben und die Zollbude war näher zur ehemaligen Schlossbrücke gelegen. Die während der archäologischen Untersuchung nachgewiesenen Bebauungsstrukturen (Abb. 4 und 5) entstanden erst nach der schwedischen Landesaufnahme, jedoch noch vor Aus diesem Jahr stammt eine Karte der Stadt Wolgast, die am Bollwerk im Verlauf der heutigen Kronwiekstraße einzelne bebaute Parzellen zeigt (Abb. 6).

4 Abb.4 Abb.5

5 Abb.6 Peter Kaute Literatur: Abbildungsnachweis: Abb. 1-3: Fotos Dr. H. Schäfer/ Stralsund, Montage P. Kaute/Lodmannshagen Abb. 4 und 5: P. Kaute Abb. 6: KRA Stockholm Reg. Nr. 0404G:25:302:004 Abbildungsunterschriften: Abb. 1: Einige der über 200 während der archäologischen Untersuchung aufgefundenen Münzen. Abb. 2: Münzgewichte weisen auf den Umlauf von Goldmünzen hin. Abb. 3: Bleiplomben, Zeugnisse von Waren, deren Herkunft und Hersteller. Abb. 4:

6 Die Fundamente der Bebauung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts entlang der Kronwiekstraße. Abb. 5: Reste eines im 18. Jahrhundert errichteten Gewölbekeller unter der ehemaligen Schifferhalle. Abb. 6: Ausschnitt aus einem schwedischen Plan der Stadt Wolgast von 1761 mit der Kennzeichnung des Untersuchungsgebietes (Pfeil).

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