Krankheitsgeschehen im Überblick
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- Barbara Mann
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 Krankheitsgeschehen im Überblick In der vorliegenden 39. Ausgabe des BKK Gesundheitsreports sind Daten aus der Gesundheitsversorgung für 9,1 Mio. Versicherte in umfangreichen Analysen zum Arbeitsunfähigkeitsgeschehen, zur ambulanten und stationären Versorgung sowie zur Arzneimittelversorgung ausgewertet. Wesentliche Ergebnisse sind: Im Vergleich zum Vorjahr ist der Krankenstand der Pflichtmitglieder im Jahr 2014 von 4,88 auf 4,75 Prozent leicht gesunken - das entspricht einer Reduktion von 17,8 auf 17,4 Fehltagen je Pflichtmitglied im gesamten Jahr (>>>Diagramm 1.8). Ein Großteil dieses Rückgangs lässt sich dadurch erklären, dass es 2014 keine so starke Grippewelle gab wie im Jahr davor. Mehr als die Hälfte aller AU- Tage werden allein durch Muskel-Skeletterkrankungen, psychische Störungen und Atemwegserkrankungen verursacht. Insbesondere bei den Fehltagen aufgrund psychischer Störungen ist in den letzten 10 Jahren ein enormer Zuwachs zu verzeichnen u.a. haben sich hierbei die AU-Tage mehr als verdoppelt (+129%). Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum sind die Fehltage aufgrund von Muskel- Skeletterkrankungen um rund ein Drittel angestiegen (+34%). 91,2% der Versicherten waren im Jahr 2014 mindestens einmal ambulant in Behandlung in den letzten zwei Jahren ist dieser Anteil gestiegen (2012: 89,9%). Frauen sind dabei häufiger als Männer in ärztlicher/ therapeutischer Behandlung, ältere Versicherte häufiger als jüngere (>>>Diagramm 3.15). Bei vielen Diagnosehauptgruppen ist die Steigerung der Anteile der betroffenen Versicherten mit zunehmendem Alter teils erheblich: So sind Kreislauferkrankungen bei unter 20-Jährigen selten, von den über 65-Jährigen sind aber 84% davon betroffen. 1
2 Krankheitsgeschehen im Überblick Arbeitslose (ALG-I und ALG-II) erhalten deutlich seltener eine ambulante Diagnose als andere Versichertengruppen (>>>Tabelle 3.3). Andererseits ist aber bei einem relativ hohen Anteil der ALG-II-Empfänger ein psychisches Leiden diagnostiziert worden. Dagegen weisen die Rentner den höchsten Anteil an Personen auf (96,7%), die im Jahr 2014 in der ambulanten Versorgung eine Diagnose erhalten haben. Hier dominieren deutlich die altersbedingten Erkrankungen, wie zum Beispiel Hypertonie, Lipidstoffwechselstörungen und Augenerkrankungen. Von allen BKK Versicherten hat mit 13,2% nur ein relativ kleiner Teil eine stationäre Behandlung in Anspruch genommen. Ein Krankenhausaufenthalt dauert dabei durchschnittlich 8,9 Tage. Dabei werden Männer häufiger als Frauen wegen Herz-Kreislauferkrankungen stationär behandelt. Insbesondere bei der chronisch ischämischen Herzkrankheit (ICD-10: I25) ist die Behandlungsrate dreimal so hoch wie bei Frauen. Frauen sind hingegen häufiger als Männer aufgrund einer Muskel-Skelett-Erkrankung im Krankenhaus. Rentner sind öfter als andere Alters- und Versichertengruppen in stationärer Behandlung, häufig wegen Herz-Kreislauferkrankungen. Die meisten Behandlungsfälle bei den jüngeren und mittleren Altersgruppen (15 bis 45 Jährige) erfolgen aufgrund von psychischen Erkrankungen (>>>Diagramm 3.21). 2
3 Krankheitsgeschehen im Überblick Knapp drei Viertel (74%) aller BKK Versicherten haben im Jahr 2014 mindestens eine Arzneimittelverordnung erhalten. Frauen erhalten dabei insgesamt wesentlich häufiger ein Arzneimittel verordnet als Männer (78,6% vs. 69,3%). Die mit Abstand meisten Arzneimittel werden für Herz-Kreislauferkrankungen verordnet (>>>Diagramm 1.27). Besonders Patienten im Rentenalter bekommen solche Medikamente: Mehr als drei Viertel aller über 65-Jährigen haben 2014 eine Verordnung erhalten. Wie weiterhin auf Grundlage der hohen ambulanten Diagnosezahlen zu erwarten ist, sind auch Mittel mit Wirkung auf den Stoffwechsel und das Nervensystem häufig verordnet worden. Insgesamt werden bei solchen Arzneimitteln, die bei langwierigen bzw. chronischen Erkrankungen (Hypertonie, Diabetes mellitus, Depressionen etc.) zum Einsatz kommen, überdurchschnittlich große Arzneimengen (sog. definierte Tagesdosen) je Einzelverordnung verschrieben. ALG-II-Empfänger weisen im Vergleich zu ALG-I- Empfängern allgemein wesentlich höhere Verordnungsanteile auf. Insbesondere die Verordnungen bei Mittel mit Wirkung auf das Nervensystem liegen bei Arbeitslosen deutlich über denen der beschäftigten Mitglieder - was auch deren durchschnittlich höheren Krankheitslast durch psychische Störungen entspricht (>>> Diagramm 3.31). 3
4 Schwerpunktthema Langzeiterkrankungen Nur ein Bruchteil aller Fälle von Arbeitsunfähigkeit sind Langzeiterkrankungen (AU-Dauer von mehr als 6 Wochen) im Jahr 2014 sind es 4,2% (>>>Diagramm 1.11). Die Langzeit-AU-Fälle verursachen aber einen sehr großen Teil der Gesamtmenge aller angefallenen AU- Tage bei den Pflichtmitgliedern fast die Hälfte (47,5%). Von Langzeiterkrankungen sind Ältere häufiger betroffen als Jüngere, Männer und Frauen sind hingegen insgesamt etwa gleich häufig betroffen. In den letzten 10 Jahren ist der demographischen Wandel auch im BKK-System sichtbar (Anteil der Pflichtmitglieder über 45 Jahre: 27,6% in 2004; 43,7% in 2014), die Langzeitarbeitsunfähigkeit hat aber in diesem Zeitrahmen nicht im gleichen Maße zugenommen. Dies hängt wahrscheinlich auch mit der im letzten Jahrzehnt deutlich intensivierten betrieblichen Gesundheitsförderung zusammen hierbei sind insbesondere die Betriebskrankenkassen sehr aktiv. Muskel-Skeletterkrankungen sowie psychischen Störungen sind insgesamt für die Mehrzahl der Langzeit-AU-Fälle (51,6%) und Langzeit-AU-Tage (54,8%) verantwortlich (>>>Diagramm 2.14). Wenig verwunderlich ist es dann auch, dass jeweils eine Diagnose aus diesen beiden Krankheitsgruppen (Rückenschmerzen, ICD-10: M54 und Depressive Episode, ICD-10: F32) die mit Abstand meisten Langzeit-AU-Fälle und -Tage auf sich vereinen. 4
5 Schwerpunktthema Langzeiterkrankungen Bei den beschäftigten Mitgliedern liegt der Anteil der Langzeitfälle an allen AU-Fällen unabhängig von der Mitarbeiterzahl eines Unternehmens nahezu konstant bei 4 Prozent. Der Anteil der AU-Tage, die mit einer Langzeiterkrankung von mehr als 6 Wochen Dauer in Verbindung stehen, nimmt aber mit zunehmender Beschäftigtenzahl (vom der kleinsten zur größten Kategorie um fast 10 Prozentpunkte) ab (>>>Diagramm 4.8). Vermutlich gibt es in Unternehmen mit vielen Beschäftigten eine besser ausgebaute gesundheitsförderliche Infrastruktur (Gesundheitsförderung/- management, Wiedereingliederungsmanagement etc.). Einen sehr großen Verbreitungsgrad bei den über 65-Jährigen haben Stoffwechselkrankheiten (insbesondere auffällige Cholesterin- und Blutfettwerte), Muskel-Skelett- sowie Herz-Kreislauferkrankungen (insbesondere Bluthochdruck). Laut Robert-Koch- Institut machen diese Krankheiten die Mehrzahl der chronischen Erkrankungen neben Neubildungen und psychischen Störungen aus. (>>>Diagramm 3.16). Zusätzlich gewinnen im höheren Alter die demenziellen Erkrankungen als chronische Erkrankung an Bedeutung. 5
6 Schwerpunktthema Langzeiterkrankungen Aus den meisten ambulanten Konsultationen (79%) erfolgt keine Arbeitsunfähigkeit. Auch beeinträchtigt ein Großteil der Langzeiterkrankungen, wie z.b. Bluthochdruck oder Diabetes, die Arbeitsfähigkeit im Sinne einer Krankschreibung nicht oder nur in geringem Maße. Eine besonders deutliche altersbedingte Zunahme bei ambulanten Diagnosen ist bei Herz- Kreislauf-Erkrankungen (z.b. Bluthochduck) sowie auch bei Stoffwechselerkrankungen (z.b. Diabetes) zu erkennen (>>>Diagramm 3.17). Auch die Diagnoshäufigkeit psychischer Störungen steigt mit dem Alter an, wobei insbesondere in höheren Altersklassen auch demenzielle Erkrankungen eine wichtige Rolle spielen. Von dem im Jahr 2014 in den Krankenhäusern erfolgten Behandlungstagen ist im Schnitt etwa jeder 5. Tag (20,7%) auf einen Langzeitfall mit mehr als 6 Wochen Dauer zurückzuführen (>>>Diagramm 1.22). Bei den Frauen fallen ca. 10% mehr Langzeit-Krankenhausfälle pro Versicherte an als bei den Männern. 6
7 Schwerpunktthema Langzeiterkrankungen Die stationäre Behandlung von psychischen Störungen ist in der Regel zeitaufwendig, entsprechend gehen von den Langzeitkrankenhausbehandlungen auch die weitaus meisten auf solche Diagnosen zurück (>>>Diagramm 1.25). Insgesamt erfolgen besonders viele Krankenhaustage aufgrund von Depressionen. Auch gehen knapp 30% der Fälle von Langzeitbehandlungen auf Depressionsdiagnosen (ICD-10: F32, F33) zurück. Allerdings ist bei einem Vergleich zwischen den Langzeitfällen aus dem somatischen und dem psychischen Bereich zu berücksichtigen: Im somatischen Bereich sind die Falldauern niedrig, was wesentlich durch das DRG- System beeinflusst ist - dieses System gilt für den psychischen Bereich hingegen (bisher) nicht. 7
8 Fazit und BKK Standpunkte Lang andauernde bzw. chronische Krankheiten haben schon jetzt in unterschiedlicher Form in allen Versorgungsbereichen erheblichen Anteil und ziehen sich wie ein roter Faden durch. Dabei führen Langzeiterkrankungen aber nicht unbedingt und unmittelbar zu Arbeitsunfähigkeit. Dennoch können eine langsame, aber stetige Verschlechterung des Krankheitsbildes sowie Folgeerkrankungen langfristig Gesundheit und Lebensqualität in erheblichem Maße beeinträchtigen. Die Zahl der von chronischen und Langzeiterkrankungen Betroffenen wird im Zuge des weiteren Fortschreitens des demographischen Wandels noch weiter zunehmen. Mit ihr werden auch Mehrfacherkrankungen häufiger, was die Behandlung schwieriger macht und die Wahrscheinlichkeit auf vollständige Heilung geringer werden lässt. Umso mehr bedarf es zukünftig auch eines umfassenderen Ansatzes für Behandlung und Bekämpfung solcher Erkrankungen. Eine kontinuierliche integrierte Versorgung wird benötigt, Prävention, Akutversorgung, Rehabilitation und Pflege müssen (noch stärker) ineinandergreifen und sich ergänzen. Die Versicherten müssen dabei in ihren jeweiligen Lebenswelten im Mittelpunkt stehen. Die Betriebskrankenkassen bieten dazu verschiedene Konzepte an. Insbesondere die traditionelle Nähe der BKK zu Unternehmen und ihren Belegschaften wird zukünftig noch mehr Bedeutung gewinnen um Prävention effektiv zu betreiben und von Erkrankung Gefährdete sowie Betroffene zu beraten und zu begleiten. Ausführliche Informationen sowie Diagramme und Tabellen gibt es unter: Fachliche Ansprechpartner zum BKK Gesundheitsreport: Dirk Rennert BKK Dachverband e.v. Dr. Matthias Richter BKK Dachverband e.v. 8
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