Psychische Auswirkungen von Flucht und Trauma
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- Harald Berg
- vor 7 Jahren
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1 Trauma und Traumafolgen bei Flüchtlingen Psychische Auswirkungen von Flucht und Trauma Dipl. Psychologin Esther Kleefeldt Systemische Therapeutin XENION e.v. XENION Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.v. Esther Kleefeldt, XENION e.v.
2 Übersicht I. XENION e.v. psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte II. Rahmenbedingungen und Belastungsfaktoren für Flüchtlinge III. Traumatisierungen bei Flüchtlingen: Erfahrungen und Symptome IV. Die Arbeit mit psychisch belasteten Flüchtlingen: entlastende Maßnahmen und Haltung 2
3 XENION psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte Psychosoziales Behandlungszentrum für Flüchtlinge Soziale Beratung und Asylberatung Psychotherapie (KiJu & Erwachsene) Einzelpsychotherapie Gruppenpsychotherapie (z.b. russischsprachige Frauengruppe) Kreative Angebote Erstellen von Stellungnahmen/ Gutachten AKINDA Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) Mentoren-Programm, Parcours Plus Aufsuchende Arbeit AG Wohnen 3
4 Psychische Auswirkungen von Flucht und Trauma RAHMENBEDINGUNGEN UND BELASTUNGSFAKTOREN 4
5 Phasenmodell Belastungsfaktoren Vorfluchtphase Fluchtphase Exilphase Armut Krieg Vertreibung Falsche Versprechungen Warten Überleben von Hunger & Gefahr Ausgeliefert sein Enttäuschung Desorientiertheit Verlust an Ressourcen, Identität, sozialen Bindungen nach A. Liedl, Refugio München 5
6 Diathese-Stress-Modell Graphik 6
7 Belastungen: unsicherer Aufenthalt»Darfst du das nicht, darfst nicht zur Schule, darfst nicht arbeiten. (...) Bleib nur zu Hause, essen, schlafen, und mit deinem Stress, gar nichts. Und dann hast du kein Leben mehr. Dein Leben ist gesperrt.«(che rif, 20, Guinea) Dima Zito Zwischen Angst und Hoffnung. Kindersoldaten als Flüchtlinge in Europa Interviewstudie mit ehemaligen Kindersoldaten in Deutschland. 7
8 Psychische Auswirkungen von Flucht und Trauma TRAUMATISIERUNG BEI FLÜCHTLINGEN 8
9 Der Traumabegriff Trauma: Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet Wunde. Von einem Trauma sprechen wir, wenn Menschen Erfahrungen machen mussten, die ihr eigenes Leben ernsthaft bedrohten oder sie zum Zeugen für den Tod anderer werden ließen. Solche Erlebnisse haben viele tiefgreifende Auswirkungen auf die Betroffenen und überforderten die Kapazität der Psyche, adäquat auf sie zu reagieren. In der Alltagssprache inflationärer Gebrauch! 9
10 Typologie traumatischer Ereignisse Typ I Trauma einmalig akzidentell Typ II Trauma wiederholt man made 10
11 Trauma im Kontext Trauma muss in seinen sozialen Dimensionen gesehen werden und den transkulturellen Kontext einschließen (Keilson, 1992). psycho-soziale Traumata beziehen sich auf das Individuum und die gesamte Gesellschaft. Sie sind nicht auf ein Ereignis beschränkt und verlaufen in Prozessen. Den spezifischen Realitäten der Entstehung wird Rechnung getragen. Rechtliche, soziale, usw. Rahmenbedingungen werden berücksichtigt. 11
12 Auswirkung von Traumatisierung Nicht traumatisierte Menschen haben folgende Grundüberzeugungen: - Die Welt ist ein sicherer Platz, die meisten Leute sind wohlmeinend. - Die Dinge, die auf der Welt passieren, passieren aus bestimmten Gründen. - Das menschliche Leben hat eine Bedeutung. - Guten Leuten werden gute Dinge passieren. Nach einem Trauma haben diese Grundüberzeugungen oft keine Gültigkeit mehr. - Die Welt erscheint feindselig, unberechenbar, chaotisch. - Das Leben erscheint sinnlos. - Es überwiegen Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. 12
13 Traumafolgen»Es geht mir einfach nicht gut und ich bin immer mu de, ich schlafe nicht und manchmal denk ich an Sachen, an die ich gar nicht denken will. Dann kommen die ganzen Erinnerungen wieder. Zum Beispiel in der Schule, wo ich jetzt hingehe, manchmal lerne ich was und wenn ich rausgehe, ich vergesse alles auf einmal.«(hassan, 16, Sierra Leone) Dima Zito Zwischen Angst und Hoffnung. Kindersoldaten als Flüchtlinge in Europa Interviewstudie mit ehemaligen Kindersoldaten in Deutschland. 13
14 Traumafolgesymptome/ Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung Wiedererleben Übererregung Vermeidung Intrusionen Belastende Erinnerungen Flashbacks Alpträume Schlafstörungen Reizbarkeit, Aggressivität Konzentrationsschwierigkeiten Übermäßige Wachsamkeit Übermäßige Schreckhaftigkeit von Gedanken, Gefühlen, Gesprächen von Aktivitäten, Orten, Menschen Sprachlosigkeit, Gedächtnislücken Emotionale Taubheit, Vermindertes Interesse Eingeschränkte Zukunftsperspektive 14
15 Weitere häufige Traumafolgestörungen Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist die Störung, die direkt mit traumatischen Erlebnissen in Verbindung gebracht wird. Weitere häufig nach Traumata auftretende Störungen: Depressive Störungen Angststörungen Somatoforme Störungen Dissoziative Störungen Zwangsstörungen Substanzabhängigkeit körperlicher Erkrankungen, insbesondere Herz- Kreislauferkrankungen und immunologische Erkrankungen. 15
16 Erkennen von Traumatisierung? Einerseits nicht immer 1. möglich - Bewusstes Vermeiden von traumabezogenen Gedanken Gefühlen u. Gesprächen - Bewusstes Vermeiden von traumabezogenen Aktivitäten, Orten o. Menschen - Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern 2. nötig - Andere Bedürfnisse haben Vorrang, z.b. körperliche Erkrankung, Sicherheitsbedürfnis, sozioökonomische Bedürfnisse 16
17 Erkennen von Traumatisierung? Andererseits - ist es wichtig, Symptome als korrekt als mögliche Traumafolgen zu identifizieren, sonst kann es im Kontakt mit Flüchtlingen leicht zu Fehleinschätzungen, Missverständnissen und Kontaktabbruch kommen Wichtig für unsere Arbeit ist die Balance zwischen Erkennen von Hinweisen auf Traumatisierung vs. Überbewertung von Trauma 17
18 Psychische Auswirkungen von Flucht und Trauma DIE ARBEIT MIT PSYCHISCH BELASTETEN GEFLÜCHTETEN/ UMGANG MIT TRAUMATISIERUNG 18
19 Kann ich etwas tun? Was kann ich tun? Wie kann unter diesen Rahmenbedingungen dennoch geholfen werden? Gerade wegen der multiplen Belastungen kann jede Art von Unterstützung das Gefühl vermitteln gesehen und gehört zu werden, bei der Bewältigung der Symptome im Alltag helfen, Ängste und Unsicherheiten abbauen, die Belastung für weitere Familienangehörige verringern Esther Kleefeldt, XENION e.v. 19
20 Psychoedukation Normalisierung: Meine Symptome sind eine normale Reaktion auf eine abnorme Situation. Die Symptome werden aufrechterhalten durch: Fragmentierte Speicherung des traumatischen Erlebnisses im Gedächtnis (in Rohform), so wird es besonders leicht durch passende Reize abgerufen und erscheint in Hier und Jetzt Form Das Erlebnis und oder seine Konsequenzen führen dazu, dass ich anders über mich und die Welt denke. Einige Dinge, die ich tue, um meine Symptome in den Griff zu bekommen, verhindern eine Besserung (Vermeidung) andere Wege probieren, um die Symptome los zu werden! 20
21 Stabilisierung: Das Stresslevel senken Traumafolgesymptome = dauerhaft erhöhter Stress! Emotionale Anbindung, Sicherheit, Hilfe/ Unterstützung, Struktur des Alltags Information und Orientierung/ Aufklärung (Alltagsleben Schule/Arbeit, Leben in Wohnheimen, Asylverfahren, etc.) Soziale Kontakte (Unterstützung beim Knüpfen sozialer Netzwerke) Ressourcenorientierung: Ressourcen finden, Anknüpfen an frühere Fähigkeiten 21
22 Umgang mit traumatischen Inhalten Beziehung anbieten Offenheit zum Gespräch signalisieren (auf eigene Grenzen achten!) Nicht nachbohren Warten können auf den richtigen Zeitpunkt Nicht auf Trauma fokussieren: Den Menschen mit seinen Fähigkeiten sehen und nicht nur die traumatischen Erlebnisse Keine Angst vor Traumatisierten! 22
23 Nichtwissen Offenheit und Unwissenheit als Mittel zur Entlastung Professionelles Nichtwissen (müssen) Alles erfragen müssen und dürfen Probleme müssen (und können) nicht für jemanden gelöst werden Berater/ Therapeut als externer Profi und Impulsgeber (durch Nachfragen, Eindrücke/ Emotionen/ Sichtweisen schildern, etc.) 23
24 Trauma ist subjektiv und konstruiert! 24
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