Unland [Vorl. Gericht: Verwaltungsgericht Berlin Deutschland] VG 7 K

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1 Standort Stuttgart Anwaltskanzlei Quaas & Partner mbb Postfach Stuttgart Gerichtshof der Europäischen Union Kanzlei L-2925 Luxemburg 16. September 2014 MQ/mk In dem Vorabentscheidungsverfahren C-20/13 Unland [Vorl. Gericht: Verwaltungsgericht Berlin Deutschland] VG 7 K zeigen wir unter Vorlage der Vollmacht die Vertretung des Klägers im Ausgangsverfahren Dr. Unland an. Auf die Verfügung des Kanzlers vom geben wir die folgende Stellungnahme zu dem Vorabentscheidungsersuchen ab. Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Quaas M.C.L. Fachanwalt für Verwaltungsrecht Fachanwalt für Medizinrecht Richter im Senat für Anwaltssachen beim BGH Rechtsanwalt Dr. Jens-M. Kuhlmann Fachanwalt für Arbeitsrecht Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwalt Dr. Alexander Kukk Fachanwalt für Verwaltungsrecht Rechtsanwalt Dr. Ulrich Trefz Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwalt Dr. Otmar Dietz Rechtsanwalt Dr. Till Flachsbarth Fachanwalt für Medizinrecht Rechtsanwalt Dr. Moritz Quaas Rechtsanwältin Dr. Ulrike Bernhardt Nichtanwaltlicher Kooperationspartner: Prof. Dr. jur. Arnulf von Heyl (bis 2014) Möhringer Landstraße 5 (Schiller-Haus) Stuttgart (Vaihingen) Deutschland Telefon (0711) Telefax (0711) info@quaas-partner.de Standort Dortmund Rechtsanwältin Dr. Heike Thomae Fachanwältin für Medizinrecht Rechtsanwalt Frank Montag Märkische Straße 115 (K2 Bürocenter) Dortmund Deutschland Telefon (0231) Telefax (0231) info-do@quaas-partner.de Anwaltskanzlei Quaas & Partner mbb Baden-Württembergische Bank Sitz: Möhringer Landstraße 5, Stuttgart Konto-Nummer BLZ USt.-ID-Nr. DE IBAN DE AG Stuttgart PR 179 BIC SOLADEST

2 Inhaltsübersicht Zur Relevanz des Vorabentscheidungsverfahrens 4 Zur Frage 1 (Anwendungsbereich der Richtlinie) 6 Zur Frage 2 (Altersdiskriminierung) 7 Zur Frage 3 (Rechtfertigung durch Berufserfahrung und soziale Kompetenz) _ 12 I. Zur Berufserfahrung Kein sozialpolitischer Zweck Bei Richtern ist die Leistung von der Erfahrung unabhängig 14 a) Verbot inhaltlicher Bewertung 16 b) Keine Möglichkeit einer Arbeitszuteilung durch den Dienstherrn 19 c) Einheitliches Pensum unabhängig von der Erfahrung Die Alimentation ist keine Gegenleistung für geleistete Arbeit Keine leistungsabhängige Bezahlung von Richtern Der Erfahrungsanteil ist unangemessen hoch Keine einheitliche Anwendung des Kriteriums 35 II. Zur sozialen Kompetenz 37 III. Ergebnis 39 Zur Frage 4 / Teil 1 (Besoldung aus dem Endgrundgehalt) 40 I. Das Endgrundgehalt ist das Bezugssystem 40 II. Die Besoldung wird wegen des Alters gekürzt 45 III. Keine Vergleichsgruppenbildung zulässig 47 IV. Ergebnis 50 Zur Frage 4 / Teil 2 (Unionsrechtliche Anspruchsgrundlage) 50 Zur Frage 5 (Zeitnahe Geltendmachung) 56 I. Keine Vorschrift zur zeitnahen Geltendmachung 56 II. Kompetenzbereich des Gerichtshofs wird geschützt 57 III. Verfassungsrechtlicher Rahmen 59 IV. Treuepflicht des Staates gegenüber seinen Bediensteten Unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie Unterrichtungspflicht des Mitgliedstaates 63 V. Verhältnismäßigkeit 65 VI. Ergebnis 67 Zur Frage 6 (Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht) 67 Zur Frage 7 / Teil 1 (Rechtfertigung der Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht durch den Besitzstand) 69 I. Kein Übergang in eine diskriminierungsfreie Rechtslage 69 II. Zum Besitzstand 71 III. Eingeschränktes Ermessen des Gesetzgebers 73 IV. Neu eingestellte Richter werden besser bezahlt 83 V. Ergebnis 86 2

3 Zur Frage 7 / Teil 2 (Rechtfertigung der Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht durch den Verwaltungsaufwand) 86 I. Rechtswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung ab August Ziel und Zweck der Neuregelung Verfehlung des Zwecks, die Erfahrung der konkreten beruflichen Tätigkeit zu honorieren 89 II. Rechtswidrigkeit der Überleitungsregelung für vor dem ernannte Richter96 III. Ergebnis 106 Zur Frage 8 (Bezahlung nach dem Endgrundgehalt) 106 Zur Frage 9 (Anspruchshöhe im Überleitungsrecht) 107 Zur Frage 10 (Lebenseinkommen) 110 I. Zum Lebenseinkommen 110 II. Keine weitere Rechtfertigung 113 Zur Frage 11 (Gehaltsanstieg) 114 3

4 Zur Relevanz des Vorabentscheidungsverfahrens 1 Wir halten eine erneute Befassung des Gerichtshofs auch nach seinem Urteil vom in der Rechtssache Specht u.a. (C-501/12 u.a.) für erforderlich. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich zu jenem in sechs Kernpunkten: 2 1. Richter sind als Angehörige der Judikative wesensverschieden von Beamten, die der Exekutive angehören. Die Richterbesoldung erfordert deshalb eigenständige Gesetze (vgl. hierzu Randnummer 261 f.), deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht anhand der Besonderheiten des Richteramts gesondert zu messen ist Bei der Beantwortung der Frage nach der Beseitigung der Diskriminierung ist in jenem Verfahren nicht zur Sprache gekommen, dass die Beamten und Richter nach der deutschen Verfassung einen Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung haben. Diese ist als Unterhalt unabhängig von der konkret erbrachten Leistung (Randnummer 62 ff.) und richtet sich entsprechend der Wertung des Gesetzgebers nach dem Endgrundgehalt, also nach der höchsten Altersstufe (Randnummer 106 ff.). Die diskriminierende Besoldung nach dem Lebensalter stellt sich als ungerechtfertigte Kürzung des Alimentationsanspruchs der Richter dar (Randnummer 112 ff.). Die Beseitigung der Diskriminierung kann daher nur dadurch erfolgen, dass den Richtern eine Besoldung aus dem Endgrundgehalt gewährt wird, welches den vom Gesetzgeber festgelegten Maßstab für den Anspruch auf amtsangemessene Besoldung bildet Anders als möglicherweise bei Beamten profitiert der Dienstherr nicht von einer zunehmenden Erfahrung eines Richters (Randnummer 46 ff.). Er kann einem erfahrenen Richter nicht eine höhere Anzahl oder einen höheren Schwierigkeitsgrad der Fälle zuweisen als einem jungen Richter. Im Gegensatz zu an- 4

5 deren Rechtsordnungen muss nach deutschem Verfassungsrecht vorab in einer generellen Regelung durch unabhängige Gerichtspräsidien verbindlich festgelegt werden, welchem Richter welche Geschäfte und welche zukünftig eingehenden Fälle zugewiesen werden. Bei der Geschäftsverteilung haben weder Alter noch dienstliche Erfahrung eines Richters eine Bedeutung. Jeder Richter hat das gleiche Arbeitspensum und erhält entsprechend einem Umrechnungsschlüssel die gleiche Zahl von Fällen, unabhängig von deren Schwierigkeitsgrad. Alle erbringen die gleiche Leistung (Randnummer 54 ff.). Trotzdem wird die Besoldung von Berufseinsteigern um 35 % gekürzt (Randnummern 89, 112). Damit erhalten neu ernannte Richter nur etwa 65 % der amtsangemessenen Besoldung und gerade einmal das 0,9-fache des Durchschnittseinkommens der deutschen Bevölkerung. Aus diesem Grunde wurde die Bundesrepublik Deutschland bereits durch den Europarat gerügt und zu einer höheren Bezahlung der Richter aufgefordert (Randnummer 199 f.) Durch die Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe hat die Bundesrepublik Deutschland schon seit dem Jahr 2000 gewusst, dass die Besoldung nach dem Lebensalter gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstößt (Randnummer 136). Durch die Neuregelung der Richterbesoldung erhielten die Altersstufen lediglich ein neues Etikett und werden seitdem Erfahrungsstufen genannt. An den Besoldungsprinzipien hat sich im Übrigen nichts verändert. Es war auch die explizite politische Vorgabe, dass durch die Neuregelung die Aufwendungen für das Personal nicht erhöht werden sollen (Randnummer 256 ff.). Eine effektive Beseitigung der Altersdiskriminierung im Richterbereich durch eine Erhöhung der Bezüge aller Benachteiligten oder durch andere Ausgleichsmaßnahmen wurde ausweislich der Gesetzesbegründung niemals ernsthaft in Erwägung gezogen, mithin auch nicht gewollt. 5

6 6 5. Bei der Beantwortung der Frage nach der angeblichen Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung" der Ansprüche ist in jenem Vorabentscheidungsverfahren nicht zur Sprache gekommen, dass ein solches Erfordernis nicht gesetzlich geregelt ist, sondern in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit Blick auf eng begrenzte Fallgestaltungen entwickelt wurde, die auf den hier vorliegenden Sachverhalt nicht zutreffen (Randnummer 150 ff.). Dort ist der Gerichtshof auch nicht darüber informiert worden, dass das Bundesverfassungsgericht das Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung ausdrücklich ablehnt, wenn der Gerichtshof eine europarechtswidrige Richtlinienumsetzung festgestellt hat (Randnummer 148 ff.). Diese Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dient ausdrücklich dazu, den Kompetenzbereich des Gerichtshofs zu schützen Richter dürfen nicht nach Erfahrung bezahlt werden. Da somit die Neuregelung rechtswidrig ist, verfolgt auch das Überleitungsrecht keine legitimen Zwecke (Randnummer 231 ff.). Im Übrigen können die vom Gerichtshof im Urteil vom bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände der Beamtenbesoldung wegen abweichender Besonderheiten nicht auf die Richterbesoldung übertragen werden (vgl. hierzu Randnummer 266 ff.). Eine Rechtfertigung des altersdiskriminierenden Überleitungsrechts kommt auch deshalb bei Richtern nicht in Betracht. Im Einzelnen nehmen wir zu den Vorlagefragen wie folgt Stellung: Zur Frage 1 (Anwendungsbereich der Richtlinie) Ist europäisches Primär- und/oder Sekundärrecht, hier insbesondere die Richtlinie 2000/78/EG, im Sinne eines umfassenden Verbots ungerechtfertigter Diskriminierung wegen des Alters so auszulegen, dass es auch nationale Normen über die Besoldung der Landesrichter erfasst? 6

7 8 Der Gerichtshof hat im Urteil vom bestätigt, dass der sachliche und persönliche Anwendungsbereich von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2000/78/EG die Besoldungsbedingungen der Beamten umfasst (Rn. 35 bis 37). Diese Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass die Richtlinie u.a. für alle Personen in öffentlichen Bereichen gilt (Rn. 36). Die Besoldung von Richtern und Beamten ist zwar wegen der Trennung zwischen Exekutive und Judikative in verschiedenen Vorschriften geregelt. Für den Kläger als Richter kann allerdings in der Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie nichts Abweichendes gelten, da die Statusrechte von Richtern nach nationalem Recht insoweit denjenigen der Beamten entsprechen, vgl. 71 des Deutschen Richtergesetzes und 10 Satz 1 des Berliner Landesrichtergesetzes: 71 des Deutschen Richtergesetzes lautet: Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für das Statusrecht der Richter im Landesdienst bis zu einer besonderen Regelung die Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes entsprechend. 10 Satz 1 des Landesrichtergesetzes lautet: Soweit das Deutsche Richtergesetz und dieses Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten für die Rechtsverhältnisse der Richterinnen und Richter die beamtenrechtlichen Vorschriften des Landes entsprechend. 9 Die Frage 1 ist daher wie folgt zu beantworten: Auch die Besoldungsbedingungen der Landesrichter fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG. Zur Frage 2 (Altersdiskriminierung) Falls die Frage 1 bejaht wird: Ergibt die Auslegung dieses europäischen Primärund/oder Sekundärrechts, dass eine nationale Vorschrift, nach der die Höhe des Grundgehalts eines Richters bei Begründung des Richterverhältnisses und der spätere Anstieg dieses Grundgehaltes von seinem Lebensalter abhängt, eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters darstellt? 7

8 10 Der Gerichtshof hat im Urteil vom in der Rechtssache Specht (C- 501/12) in Fortführung seiner Rechtsprechung EuGH, Urteil vom C-297/10, C-298/10 (Hennings und Mai), Rn. 58, 74 f. festgestellt, dass die Beamtenbesoldung nach den Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung (im Folgenden: BBesG 2006) eine Diskriminierung wegen des Alters darstellte, die nicht durch eine pauschale Anerkennung beruflicher Vorerfahrung unter Sicherstellung einer einheitlichen Verwaltungspraxis gerechtfertigt war (Rn. 43, 47, 52). 11 Gleiches gilt für die Richterbesoldung. Für die Zeit von Anfang Januar 2009 bis Ende Juli 2011 richtete sich der Anspruch des Klägers im Ausgangsverfahren gemäß 86 des Bundesbesoldungsgesetzes nach den Bestimmungen des BBesG Demnach wurden die Richter und Staatsanwälte entsprechend ihrem Amt nach einer gemeinsamen Besoldungsgruppe besoldet. 38 Absatz 1 Satz 1 BBesG 2006 lautete: Das Grundgehalt wird, soweit die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Lebensaltersstufen bemessen. (Hervorhebungen wie in allen folgenden Zitaten durch den Unterzeichner) 12 Der Gesetzeswortlaut enthält eine Altersdiskriminierung in reinster Form. Die Besoldungsgruppe des Klägers sah zwölf Lebensaltersstufen vor. Seine Vergütung als Richter bestimmte sich allein nach dem Geburtsdatum ( ). 13 Die Besoldung der Richter war sogar (im Gegensatz zur Beamtenbesoldung) nicht nur bei der Eingruppierung zu Beginn der Laufbahn, sondern die gesamte Dienstzeit über und damit noch viel strenger am Lebensalter ausgerichtet. Im Gegensatz zu Tarifangestellten wie Hennings oder Beamten wie Specht wurde bei Richtern zu Be- 8

9 ginn ihrer Laufbahn kein Besoldungsdienstalter festgelegt. Ihre Besoldung ließ sich stets nach dem Lebensalter anhand der Besoldungstabelle in der Anlage IV zum BBesG 2006 ablesen (nachfolgend wird die Besoldungstabelle der von der Altersdiskriminierung betroffenen Besoldungsgruppen abgedruckt, die sechs Jahre lang vom bis gültig war): 14 Daraus folgt, dass die Richter nicht nur gegenüber denjenigen Kollegen diskriminiert werden, die mit einem höheren Lebensalter eingestellt werden. Sie werden gegenüber allen älteren Kollegen unabhängig vom Einstellungsalter benachteiligt. Alle Richter üben ohne Rücksicht auf ihr Alter ein einheitliches Amt aus und erledigen ein einheitliches Arbeitspensum mit quantitativ und qualitativ vergleichbaren Fällen (vgl. Randnummer 54 ff). 15 Die Altersdiskriminierung ist auch nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen sich legitimierende Ziele des Gesetzgebers entweder - aus dem Gesetz, - seiner Begründung oder - zumindest aus dem Kontext ergeben. Die Feststellung des hinter der Regelung stehenden Ziels muss es ermöglichen, die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. EuGH, Urteil vom C-388/07 (Age Concern), Rn Damit bildet die Begründung des historischen Gesetzgebers den Kontext, aus dem sich die altersdiskriminierende Bezahlung rechtfertigen lassen muss. Maßgebend für die Richterbesoldung ist das Zweite Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom (Bundes- 9

10 gesetzblatt Teil I Seite 1173). Durch dieses Gesetz wurde die Bezahlung der Richter nach dem Lebensalter eingeführt (Randnummer 11). In der Begründung des Entwurfs zu 38 Bundesbesoldungsgesetz heißt es: Die Regelung löst die bisherige Regelung im Beamtenrecht für die Bemessung des Grundgehalts ab. Maßgebend sind nicht mehr die Dienstaltersstufen und das Besoldungsdienstalter, sondern Lebensaltersstufen und das Lebensalter. Dem liegt der Gedanke der Einheit des Richteramtes zu Grunde, also der grundsätzlichen Gleichbewertung der richterlichen Tätigkeit, wobei nur nach Lebensalter abgestuft wird. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom , Bundestags-Drucksache 7/1906, Seite 87. Abrufbar unter 17 Der hier angesprochene Gedanke der Einheit des Richteramtes folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die bis dahin verbreitete unterschiedliche Einstufung von Richterämtern verschiedener Gerichtsbarkeiten und auch derselben Gerichtsbarkeiten zu vereinheitlichen war. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom BvR 49/60, in der Datenbank juris unter Rn. 25; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom BvR 86/66, juris Rn. 28, 30; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom BvR 412/66, juris Rn. 21. Zur Anwendung des Gedankens der Einheit des Richteramtes auf die Richter derselben Gerichtsbarkeit, vgl. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom BvR 33/66, juris Rn. 43. Zur historischen Entwicklung der Richterbesoldung: Petersen/Lobsien, Deutsche Richterzeitung 1984, Seite Der historische Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur einheitlichen Bewertung des Richteramtes bei der Novellierung der Richterbesoldung umgesetzt. Vgl. den Gesetzentwurf des Bundesrats (Kammer der Bundesländer) zur Richterbesoldung vom , Bundestags-Drucksache VI/332, Seite 4. Die Bundesregierung hat die Initiative der Länder aufgegriffen, vgl. das Protokoll der Kabinettssit- 10

11 zung vom unter dem Tagesordnungspunkt 8, 19 Für die unterschiedliche Behandlung des Alters nennen die historischen Gesetzesmaterialien allerdings gerade keinen Rechtfertigungsgrund. Der Gesetzentwurf sollte der verfassungsrechtlichen Anforderung an eine eigenständige und einheitliche Richterbesoldung Rechnung tragen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1971 ausgeführt, dass die Besonderheiten des Richterrechts in der Besoldung entsprechend zu berücksichtigen sind. Die Regelungen der Beamtenbesoldung und damit auch die Bemessungskriterien können nicht unbesehen auf die Richterbesoldung übertragen werden. Die Richter sind als Angehörige der dritten Gewalt in ihrer Funktion wesensverschieden von Beamten der Exekutive. Die besondere Besoldungsordnung für Richter muss deshalb auch anders konzipiert und in ihrem Aufbau anders angelegt sein als die der allgemeinen Beamtenbesoldung. Vgl. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvF 1/70, juris Rn. 48 (abgedruckt in diesem Schriftsatz unter Randnummer 261 f.). 20 In der allgemeinen Beamtenbesoldung gab es zu jener Zeit bereits eine Berücksichtigung von Erfahrungszeiten in Form von Dienstaltersstufen. Bei der Einführung einer eigenständigen Richterbesoldung lehnte der historische Gesetzgeber wegen der verfassungsrechtlich gebotenen Einheitlichkeit des Richteramtes eine Bezahlung nach dem Dienstalter bzw. der Diensterfahrung ausdrücklich ab (Randnummer 16). Er hat sich damals vor diesem Hintergrund bewusst dazu entschieden, die bis dahin geltende Berücksichtigung von Erfahrungszeiten in Form von Dienstaltersstufen oder einem Besoldungsdienstalter nicht weiter fortzuführen. Er äußerte sich jedoch im bereits zitierten Gesetzentwurf vom nicht dazu, aus welchem Grund gleichwohl eine Abstufung nach dem Lebensalter erfolgen soll. 11

12 21 Deshalb lässt sich auch eine scheinbare Honorierung von Berufserfahrung als Rechtfertigungsgrund für eine Altersdiskriminierung in der Besoldung von Richtern bis zum nach Artikel 6 RL 2000/78/EG nicht prüfen. Da sich auch keine anderen Rechtfertigungsgründe aus dem Kontext der Gesetzesbegründung ergeben, erweist sich die Altersdiskriminierung schon aus diesem Grund als nicht gerechtfertigt. 22 Die Frage 2 ist deswegen wie folgt zu beantworten: Artikel 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG sind dahin gehend auszulegen, dass sie einer Bezahlung von Richtern nach dem Lebensalter entgegenstehen. Zur Frage 3 (Rechtfertigung durch Berufserfahrung und soziale Kompetenz) Falls auch die Frage 2 bejaht wird: Steht die Auslegung dieses europäischen Primärund/oder Sekundärrechts der Rechtfertigung einer solchen nationalen Vorschrift mit dem gesetzgeberischen Ziel entgegen, die Berufserfahrung und/oder die soziale Kompetenz zu honorieren? I. Zur Berufserfahrung 1. Kein sozialpolitischer Zweck 23 Artikel 6 RL 2000//78/EG enthält eine eng auszulegende Vorschrift mit Gründen für eine Rechtfertigung einer unmittelbaren Altersdiskriminierung. Vgl. den Richtlinienvorschlag der Europäische Kommission, KOM(1999) 565 endgültig, Seite

13 24 Der Gerichtshof hat diesen Ausnahmecharakter auf sozialpolitische Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung begrenzt. EuGH (Große Kammer), Urteil vom C-447/09 (Prigge u.a.), Rn. 80 f.; EuGH, Urteil vom C 388/07 (Age Concern England), Rn. 46; EuGH, Urteil vom C-88/08 (Hütter), Rn. 41; vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom in der Rechtssache Prigge (C- 447/09), juris Rn. 74 und die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot in der Rechtssache Specht (C-501/12), Rn. 67, 74, Der sozialpolitische Zweck ist vom Arbeitgeber auch gerade in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz darzustellen. Derartige sozialpolitische Gründe ergeben sich allerdings weder aus dem Gesetz selbst noch aus der Gesetzesbegründung. 26 Im Bereich der Richterbesoldung werden solche sozialpolitischen Zwecke auch nicht verfolgt. Der Richter ist unabhängig und wird nach einer Probezeit von maximal fünf Jahren auf Lebenszeit ernannt. 12 Absatz 2 des Deutschen Richtergesetzes lautet: Spätestens fünf Jahre nach seiner Ernennung ist der Richter auf Probe zum Richter auf Lebenszeit ( ) zu ernennen. 27 Schon dies gibt keinen Anlass, die Richter unter sozialpolitischen Aspekten nach Alter zu bezahlen. Als einziger Zweck wäre denkbar, die Attraktivität der Justiz für potentielle Bewerber dadurch zu erhöhen, dass ihnen ein ansteigendes Gehalt geboten werden kann. 28 Indes wäre die Justiz mit einer einheitlichen Bezahlung nach dem Endgrundgehalt für diese Bewerber noch attraktiver. Abgesehen von anderen Aspekten des Berufsbildes ist für die Attraktivität des Justizdienstes die Höhe der Alimentation entscheidend und nicht die Tatsache ihres Anstiegs im Verlauf des Berufslebens. Dies gilt erst Recht deshalb, weil Berufseinsteiger von Anfang an die gleiche Leistung 13

14 erbringen müssen wie alle anderen Richter auch. Zwar gibt es auch in der freien Wirtschaft ansteigende Gehälter. Sie gehen allerdings mit ansteigender Leistung und Verantwortung einher. Demgegenüber hat ein Richter schon vom ersten Tag die vollen Anforderungen des Amtes zu erfüllen und durchgängig während der gesamten Dienstzeit die gleiche hohe Verantwortung wahrzunehmen (vgl. die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Randnummer 262). Die Steigerung der Attraktivität des Justizdienstes könnte somit kein Argument für die altersdiskriminierende Alimentation sein. 29 Darüber hinaus könnte sich die Justiz mit einer einheitlichen Bezahlung im Wettbewerb mit Anwaltskanzleien um die besten Absolventen wesentlich besser behaupten. Die Qualität der Rechtsprechung würde durch weitere Spitzenkräfte wieder spürbar angehoben. Diese fühlen sich heute aber oft nicht vom Justizdienst angesprochen, was die Justizverwaltung bei der Gesetzesnovelle auch angemerkt hat (Randnummer 256). Die Justiz bietet den Berufseinsteigern nach den Berechnungen des Europarates weniger als das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung (vgl. Randnummer 199), während sie in Großkanzleien zu Spitzenverdienern aufsteigen können (bevor sie die hohen Gehälter beziehen, müssen sie allerdings anders als Richter zunächst einmal den Partnern zuarbeiten und zuweilen auch Fälle übernehmen, die weniger attraktiv erscheinen). 30 Nachdem sozialpolitische Zwecke nicht ersichtlich sind, kann die durch 38 Absatz 1 Satz 1 BBesG 2006 bewirkte Diskriminierung in der Richterbesoldung nicht durch die Honorierung von Berufserfahrung gerechtfertigt werden. 2. Bei Richtern ist die Leistung von der Erfahrung unabhängig 31 Der Gerichtshof hat festgestellt, dass es bei Tarifangestellten des öffentlichen Dienstes ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik sein kann, die Berufserfahrung zu ho- 14

15 norieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten. EuGH, Urteil vom C-297/10, C-298/10 (Hennings und Mai), Rn. 61, 72, In der Regel ist hierbei auch der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters geeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Dem Arbeitgeber steht es deshalb grundsätzlich frei, das Dienstalter bei der Vergütung zu berücksichtigen; eine besondere Rechtfertigung für die Anwendung dieses Kriteriums braucht er im Allgemeinen nicht. EuGH, Urteil vom C-17/05 (Cadman), Rn Die vom Gerichtshof aufgestellten Rechtsgrundsätze gelten allerdings nur in der Regel : 37. Zugleich hat der Gerichtshof im Urteil Danfoss jedoch nicht ausgeschlossen, dass es Situationen geben kann, in denen der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters vom Arbeitgeber im Einzelnen gerechtfertigt werden muss. 38. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer Anhaltspunkte liefert, die geeignet sind, ernstliche Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass im vorliegenden Fall der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters zur Erreichung des genannten Zieles geeignet ist. Dann ist es Sache des Arbeitgebers, zu beweisen, dass das, was in der Regel gilt, nämlich dass das Dienstalter mit der Berufserfahrung einhergeht und dass diese den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz zutrifft. EuGH, Urteil vom C-17/05 (Cadman). 34 Im Fall der Richterbesoldung liegt aber gerade kein solcher Regelfall vor, in welchem eine Besoldung nach alterstypisiert ermittelter Berufserfahrung oder wie nach der Neuregelung des Besoldungsrechts ab geschehen nach Erfahrungsstufen zulässig wäre. 35 Die Berufserfahrung kann bereits deshalb keine Relevanz für die Alimentation der Richter besitzen, weil diese nicht für ihre Leistung bezahlt, sondern für ihre Treue 15

16 lebenslang entsprechend dem bekleideten Amt unterhalten werden (vgl. hierzu näher unter Rn. 62 ff.). 36 Ferner hat der Dienstherr noch nicht einmal den Ansatz unternommen, darzulegen, weshalb er durch zunehmende Diensterfahrung von Richtern in wirtschaftlicher Hinsicht profitiert. 37 Gerade beim Berufsstand der Richter bestehen nicht nur ernstliche Zweifel daran, dass das Kriterium des Dienstalters legitim sein könnte, die dienstliche Erfahrung zu honorieren, weil der Richter dadurch in der Lage wäre, seine Arbeit besser zu verrichten. Es kann nämlich nicht angenommen werden, dass ein Richter aufgrund größerer Erfahrung besser oder mehr arbeiten würde und alleine aus diesem Grund ein höheres Grundgehalt verdient als weniger erfahrene Kollegen. 38 Überdies hat der Gerichtshof bislang noch nicht darüber entschieden, ob die Erfahrung auch in der Weise berücksichtigt werden darf, dass geringe Erfahrung als Basis für vermutete Erfahrungs- und damit Leistungsmängel zu Abzügen von der regulären Besoldung führen kann. Anders als in der Sache Cadman (EuGH, Urteil vom C-17/05), in welcher zusätzliche Erfahrung zu einer Besserstellung führte, ist vorliegend nämlich die Konstellation gegeben, dass Erfahrungsmängel eine geringere als die reguläre Besoldung rechtfertigen sollen. Dabei steht dem Kläger noch nicht einmal eine Möglichkeit offen, diese gesetzliche Vermutung zu wiederlegen. Im Einzelnen: a) Verbot inhaltlicher Bewertung 39 Die deutsche Verfassung bestimmt in Artikel 97 Absatz 1 GG: Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Eine inhaltliche Bewertung der richter- 16

17 lichen Arbeit ist dem Dienstherrn wegen dieser richterlichen Unabhängigkeit weitgehend entzogen; vgl. auch 26 Absatz 1 des Deutschen Richtergesetzes: Der Richter untersteht einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Der Dienstherr des Klägers ist gemäß 3 des Deutschen Richtergesetzes das Land Berlin (die Vorschrift lautet: Die Richter stehen im Dienst des Bundes o- der eines Landes. ). Die Dienstaufsicht führt der Dienstvorgesetzte aus, 15 des Berliner Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (AGGVG Bln). Unmittelbarer Dienstvorgesetzter der Richter ist der Präsident des Amts- oder Landgerichts, dem sie angehören. Weiterer Dienstvorgesetzter ist der Präsident des Kammergerichts. Die oberste Dienstaufsicht übt das Ministerium (die Senatsverwaltung für Justiz) aus, 14 in Verbindung mit 15 Absatz 2 AG- GVG Bln. 40 Da insbesondere der Inhalt richterlicher Entscheidungen nicht der Dienstaufsicht unterliegt, kann kein allgemeiner Erfahrungssatz aufgestellt werden, wonach die Qualität der richterlichen Arbeit von der dienstlichen Erfahrung abhängt. Es wäre auch nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen das beklagte Land diesen Schluss ziehen will. Uns sind keine Erhebungen zur Qualität richterlicher Entscheidungen nach dem Grad der Erfahrung des damit befassten Richters bekannt. Das Land stellt hier eine allgemeine Behauptung ohne tatsächliche und rechtliche Grundlage auf. Mit allgemeinen Behauptungen lässt sich eine Altersdiskriminierung jedoch nicht rechtfertigen. EuGH, Urteil vom C-388/07, Rn Noch weniger können Qualitätsunterschiede etwa zwischen einem Richter mit sieben- und einem Richter mit neunjähriger Berufserfahrung in allgemeiner Weise festgestellt werden oder zwischen einem 46- und einem 49jährigen Richter. Wäre es anders, dann wäre es für den rechtssuchenden Bürger ein Nachteil, wenn seine Angelegenheit durch einen dienstjüngeren Richter beurteilt wird. Entscheidend für die Befähigung zum Richteramt sind nicht die absolvierten Dienstjahre, sondern al- 17

18 leine die in 5 Absatz 1 des Deutschen Richtergesetzes in Verbindung mit den in Artikel 33 Absatz 2 GG genannten Qualifikationen. 5 Absatz 1 des Deutschen Richtergesetzes lautet: Die Befähigung zum Richteramt erwirbt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt ( ). Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes lautet: Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. 42 Die Unterscheidung in erfahrenere und unerfahrenere oder anders ausgedrückt normale und damit amtsangemessen aus der Enderfahrungsstufe zu besoldende und unerfahrene oder schlechtere Richter widerspricht der nach der nationalen Verfassung zwingend gebotenen einheitlichen Bewertung des Richteramts. Daher verbieten sich Erfahrungsstufen bei der Richterbesoldung schon per se: Bei gleicher richterlicher Funktion gleiches Gehalt nach derselben Besoldungsgruppe, unabhängig von Alter und von individueller Würdigkeit, Leistung oder Beurteilung. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 33/66, 2 BvR 387/66, juris Rn Das erste Richteramt ist kein Eingangsamt in eine Laufbahn, sondern das richterliche Kernamt. Einen stufenweisen Einstieg des Richters in seine Tätigkeit gibt es nicht. An den Richter werden vom ersten Tag an die vollen Anforderungen des Amtes gestellt. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvF 1/70, juris Rn. 48 (abgedruckt in diesem Schriftsatz unter Randnummer 262). 44 Der Staat kann durch seine Besoldungsordnung gegenüber dem rechtsuchenden Bürger auch nicht zum Ausdruck bringen, dass jüngere Richter weniger Leistung erbringen können als ältere Richter bzw. sie qualitativ oder quantitativ überfordert 18

19 seien. Sonst würden die Bürger möglicherweise sogar zurecht verlangen, dass ihr Fall durch den besseren Richter bearbeitet wird. 45 Aus diesem Grund verbietet der vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Grundsatz der Einheitlichkeit des Richteramts die Einführung verschiedener Qualitätsstufen für die Richter. Jeder Bürger hat Anspruch auf den gleichen Zugang zum Recht. Keiner müsste sich deshalb mit einem vom Dienstherrn als weniger erfahren und damit weniger leistungsfähig und qualitativ minderwertig eingestuften Richter zufrieden geben. Um diesen Anschein nicht zu geben, ist eine Alimentation von Richtern nach ihrer Berufserfahrung nicht zulässig. b) Keine Möglichkeit einer Arbeitszuteilung durch den Dienstherrn 46 Der Dienstherr könnte sich eine größere Erfahrung des Richters auch nicht dadurch zunutze machen, dass er ihm eine höhere Anzahl von Fällen oder schwierigere Fälle zuweist als jüngeren Richtern. Dies ist ihm wegen des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 GG) verwehrt. Die Vorschrift lautet: Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. 47 Jeder Richter hat allein die ihm gemäß dem Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen Fälle zu bearbeiten. Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter erfordert, dass durch die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzenden Regelungen der Geschäftsverteilung möglichst eindeutig im Vornherein feststehen muss, welcher Richter in einem anhängig werdenden Verfahren zur Entscheidung berufen ist. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvL 14/70, 2 BvL 27/71, juris Rn. 33; Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 166/64, juris Rn. 26; Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 42/63, 2 BvR 83/63, 2 BvR 89/63, juris Rn

20 48 Der Dienstherr hat somit keinen Einfluss darauf, dass ein diensterfahrener Richter entsprechend seiner auf einer angeblich besseren Arbeitsfähigkeit beruhenden höheren Besoldung eine größere Anzahl an Fällen übernimmt als der weniger erfahrene Richter. Die Geschäfte werden nicht vom Dienstherrn, also der Exekutive, verteilt. Vielmehr entscheidet das Gerichtspräsidium autonom und unabhängig allein nach der Anzahl der Richterstellen und ohne Berücksichtigung von Alter oder Erfahrung. 49 Das Präsidium besteht aus dem Gerichtspräsidenten und gewählten Richtern, deren Anzahl von der Größe des Gerichts abhängt ( 21a Absatz 2 Gerichtsverfassungsgesetz). Es beschließt über die Geschäftsverteilung vor dem Beginn des Geschäftsjahres, 21e Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Diese Vorschrift lautet: Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. 50 Bei der Beratung und Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung werden die Mitglieder des Präsidiums in richterlicher Unabhängigkeit tätig. Die Geschäftsverteilung und die Besetzung der Rechtsprechungskörper sind in die Hand unabhängiger Richter selbst gelegt, um zu verhüten, daß die Regierungsgewalt sich die Rechtsprechung gefügig macht, und um zu gewährleisten, daß Richter unparteiisch urteilen, die allein dem Gesetz, dem Gewissen und der Gerechtigkeit verpflichtet sind. Bundesgerichtshof, Urteil vom StR 449/58, Neue Juristische Wochenschrift 1959, Seite 685 [687]. 51 Das Ministerium (die Senatsverwaltung des Landes Berlin) darf auch nicht als oberster Dienstherr (Randnummer 39) den Mitgliedern des Präsidiums Weisungen oder Empfehlungen geben, in einer bestimmten Weise zu verfahren. Bundesgerichtshof, Urteil vom RiZ (R) 1/66, amtliche Sammlung BGHZ 46, 147 (149), im Anschluss: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20

21 BvR 1431/07, juris Rn. 14. Auch der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs (Berufungsgericht) darf dem Präsidium des Verwaltungsgerichts (Eingangsgericht) keine Vorhaltungen im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans machen, vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom RiZ (R) 7/94, juris Rn Bei den Amtsgerichten werden die Geschäfte an Einzelrichter unmittelbar zugewiesen. Im Übrigen, insbesondere bei den Landgerichten, bestimmt das Präsidium, mit welchen Richtern die Spruchkörper besetzt sind. Es ist nicht verpflichtet, den Richtern die Aufgaben nach ihrer Eignung und Leistung zuzuweisen. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom S 1830/05, juris Rn Ferner weist es den Kammern entsprechend der Personalstärke die Geschäfte zu. Sodann entscheiden die mindestens drei Richter selbständig, wie sie die auf ihre Kammer entfallenden Geschäfte untereinander verteilen. Auch die Geschäftsverteilungspläne der Kammern müssen vor dem Geschäftsjahr aufgestellt werden und hinreichend bestimmt sein. Dabei spielen das Alter und die Berufserfahrung ebenfalls keine Rolle. Vielmehr achten die Kammern auf eine gleichmäßige Verteilung der Neuzugänge untereinander. Dabei berücksichtigen sie üblicherweise die etwas höhere Arbeitsbelastung des Vorsitzenden Richters aufgrund der Sitzungsleitung in Kammersachen, wobei wiederum viele Zivilkammern die weit überwiegende Zahl der Fälle in der Eingangsinstanz durch den Einzelrichter entscheiden. c) Einheitliches Pensum unabhängig von der Erfahrung 54 Es ist nicht ein einziges Gerichtspräsidium in Deutschland bekannt, das einem Richter oder einer Kammer die voraussichtliche Anzahl der zu bearbeitenden Eingänge unter Berücksichtigung des jeweiligen Dienstalters zuteilen würde. Vielmehr wird in der Praxis auf eine gleichmäßige Auslastung jedes einzelnen Richters Wert gelegt. 21

22 Dabei haben die Bedeutung der Fälle, deren Schwierigkeitsgrad, der Umfang des Streitstoffes oder gar der Streitwert keine Relevanz. 55 Richter haben wegen ihrer Unabhängigkeit keine festgelegten Arbeitszeiten, sondern erhalten ein prognostiziertes Arbeitspensum. Es bestimmt sich nach den folgenden Umständen: Die gesamte Zahl der Richterstellen wird durch den Gesetzgeber im Haushaltsplan festgelegt. Die Verwaltung bestimmt, wie viele Richter den einzelnen Gerichten zugewiesen werden. Dabei bedient sie sich eines Systems der Personalbedarfsberechnung namens Pebbsy. Anhand von Selbstaufschrieben wird von Zeit zu Zeit ermittelt, welchen Arbeitsaufwand die verschiedenen richterlichen Geschäfte verursachen, z.b. die Bearbeitung einer Nachbarschaftsstreitigkeit (290 Minuten) oder einer allgemeinen Zivilsache beim Amtsgericht (150 Minuten). Da alle Eingänge statistisch erfasst werden, kann der gesamte durchschnittliche Aufwand der bei dem betreffenden Gericht anfallenden Geschäfte berechnet werden. Diese Zahl dividiert durch die Jahresarbeitszeit der Richter ergibt den Personalbedarf des Gerichts. Im Idealfall erhalten die Gerichte diese Anzahl an Richtern durch die Verwaltung zugewiesen. In der Praxis lässt sich ein hundertprozentiger Deckungsgrad allerdings nicht gewährleisten, weil der Geschäftsanteil schwankt und Richterstellen nicht beliebig teilbar sind. 56 Die Gerichtspräsidien sind darin frei, bei der Verteilung der Geschäfte den unterschiedlichen durchschnittlichen Aufwand zu berücksichtigen. Beispielsweise erwartet ein Amtsgericht aufgrund der vergangenen Jahre, dass etwa Verkehrsunfallsachen eingehen werden. Sie sollen in Orientierung an der Personalbedarfsberechnung auf fünf darauf spezialisierte Richter im Turnus verteilt werden (470 Fälle pro Richter). Die Fälle werden dann in der Reihenfolge ihres Eingangs in einer bestimmten Reihenfolge den Richtern zugeteilt, was nachprüfbar dokumentiert wird. Außerdem spezialisiert das Gericht die Verfahren in Mietsachen. Fünf andere Richter sollen die prognostizierten Fälle bearbeiten (610 Fälle pro Richter). Wiede- 22

23 rum fünf andere Richter sollen sonstige Zivilsachen bearbeiten, von denen erwartet werden (690 Fälle pro Richter). Üblich wäre es auch, allen fünfzehn Richtern diese Fälle in einem gemeinsamen Turnus zuzuweisen (jeder bekommt dann etwa 590 Verfahren). 57 Das Arbeitspensum aller Richter ist entsprechend diesem Umverteilungsschlüssel gleich: Es geht von der Annahme aus, dass die Richter pro Jahr auf der Basis einer 40-Stunden-Woche eine bestimmte Arbeitszeit aufbringen sollen. Die ihnen zugewiesenen Fälle orientieren sich folglich an einem Arbeitspensum, das sich nach der Prognose der anfallenden Geschäfte mit einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand richtet. Abweichungen in dieser Prognose gehen zu Lasten des einzelnen Richters, wenn der Geschäftsanfall steigt oder der tatsächliche Arbeitsaufwand überdurchschnittlich hoch ist (umgekehrt profitiert der Richter, wenn er viele Fälle erhält, die er mit einem relativ geringen Aufwand erledigen kann). 58 Dementsprechend erhält der Kläger aufgrund des als gleichwertig angesehenen Richteramts ein ebenso großes Arbeitspensum an Fällen wie jeder andere Richter seiner Besoldungsgruppe zugewiesen. Nach dem mathematischen Gesetz der großen Zahl sind seine Fälle wahrscheinlich - ebenso kompliziert - ebenso umfangreich und - ebenso bedeutend wie die Fälle aller anderen Richter seiner Besoldungsgruppe. Jedenfalls sehen die gesetzlichen Zuständigkeitsvorschriften und die Geschäftsverteilungspläne der Gerichte keine entsprechende Differenzierung vor. Eine Zuteilung von Einzelfällen nach solchen Kriterien ist anders als möglicherweise in Gerichtsordnungen anderer Staaten in Deutschland wegen des Anspruchs des Rechtssuchenden auf den gesetzlichen Richter verfassungsrechtlich verboten. 23

24 59 Auch das Lebensalter und die Diensterfahrung werden in der Geschäftsverteilung nicht berücksichtigt. Die Landesjustizverwaltungen haben im ersten Halbjahr 2014 an repräsentativ ausgewählten Justizbehörden mit einem Aufwand von etwa 2 Mio. Euro eine Erhebung der fallweise aufgewandten Arbeitszeiten durch Eigenaufschriebe der Beschäftigten durchgeführt, um das beschriebene Personalbedarfsberechnungssystem Pebbsy fortzuschreiben. Dabei wurden die Erfahrungsstufen der Richter nicht erhoben. Dies zeigt ganz deutlich: Die individuelle Erfahrung des Richters ist für die Personalbedarfsberechnung der Justizverwaltung schlicht und ergreifend unerheblich. Jeder Richter erhält das gleiche Pensum. 60 Insbesondere hat sich zum , dem Tag der Umstellung in der Richterbesoldung von Alters- auf Erfahrungsstufen, auch keine veränderte Praxis in der Ausgestaltung der Geschäftsverteilung ergeben. Der Gesetzgeber hat die Gerichte von Berlin anlässlich der Besoldungsreform nicht mit zusätzlichen Richtern ausgestattet, obwohl nach seinen eigenen Wertungen über Nacht ein Erfahrungs- und damit Qualitäts- bzw. Effizienzverlust eingetreten sein müsste. Denn während nach der alten Regelung die Einheitlichkeit des Richteramts entscheidend war und alle Richter ohne Differenzierungen das gleiche Amt mit der gleichen Leistungsfähigkeit ausübten, wurde dieser Grundsatz über Nacht gebrochen. Zahlreichen Richtern wurde die Besoldung aus der Endgrundgehaltsstufe nunmehr aufgrund von angeblichen Leistungsdefiziten vorenthalten. Um eine chronische Unterbesetzung der Gerichte und eine damit einhergehende Gefährdung in der Qualität der Rechtsprechung zu vermeiden, hätte der Gesetzgeber wenn er sich selber treu geblieben wäre und die von ihm vorgeschobenen Leistungsdefizite ernst genommen hätte im Gegenzug einen entsprechenden Stellenaufbau vorsehen müssen. Die Gerichtspräsidien hätten die geminderte Leistungsfähigkeit wenigstens quantitativ bei der Geschäftsverteilung berücksichtigen müssen. Da sie wegen ihrer verfassungsrechtlich garantierten Unabhängigkeit hierzu nicht angehalten werden können, stand aber auch nicht zu erwarten, dass sie die Geschäftsverteilung pausenlos an den Erfahrungsgewinn der 24

25 Richter anpassen oder gar Fälle umverteilen, wenn ein junger Richter das Referat eines altershalber ausgeschiedenen Richters übernimmt. Dass dies alles nicht geschah, zeigt abermals: jeder Richter leistet das gleiche Pensum. Konsequenterweise möge die Gerechtigkeit walten: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit (vgl. auch Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Randnummer 42 und 68). 61 Wenn der Zuständigkeitsbereich des Amtes bzw. der Zuschnitt seines Arbeitsbereichs keine Differenzierungen nach den genannten Kriterien vornimmt, so muss dies auf der Kehrseite auch für die Alimentation gelten, soweit die Ämter der gleichen Besoldungsgruppe zugeordnet werden. Aufgrund der genannten Umstände ist es bei Richtern nicht gerechtfertigt, die Diensterfahrung heranzuziehen, um eine unterschiedliche Besoldung zu begründen. 3. Die Alimentation ist keine Gegenleistung für geleistete Arbeit 62 Nach der deutschen Verfassung erhalten Richter kein Gehalt, sondern eine Alimentation, also eine finanzielle Leistung für den Lebensunterhalt. Da Leistung und Gegenleistung nicht wie beim Arbeitsentgelt in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, kann sich ein Mangel an Erfahrung nicht auf die Besoldung auswirken: 63 Die vom Gerichtshof zugelassene legitimierende Wirkung der Berufserfahrung beruht allein auf dem Gedanken, dass ein Arbeitnehmer durch die zunehmende Erfahrung befähigt wird, seine Arbeit besser zu verrichten, vgl. Randnummer 31 ff. 64 Dies setzt gedanklich ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Arbeitslohn voraus. Ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis besteht im Beamten- und Richterverhältnis allerdings gerade nicht: Das Eigentümliche des Beamtenverhältnisses liegt darin, daß es die Beteiligten je in umfassender Weise rechtlich in Anspruch nimmt; es begründet für den Be- 25

26 amten vor allem eine besondere politische Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung sowie die Pflicht, seine volle Arbeitskraft lebenslang dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen, und für den Dienstherrn vor allem die Pflicht, den Beamten und seine Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren und ihnen Fürsorge und Schutz zu gewähren. Die wechselseitigen Ansprüche unterscheiden sich ihrer Art nach vom Anspruch auf Leistung und Gegenleistung innerhalb des entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrags und stehen sich vor allem in anderer Weise gegenüber, als sich Leistung und Gegenleistung im entgeltlichen Arbeits- und Angestelltenvertrag gegenüberstehen. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75, juris Rn. 40; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 10/74, juris Rn. 18; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 50/11, juris Rn Nach der deutschen Verfassung ist der Dienstherr verpflichtet, den Beamten bzw. Richter und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvL 4/10, juris Rn. 145 (Besoldung von Universitätsprofessoren); Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvR 1387/02, juris Rn. 112; Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvR 556/04, juris Rn. 64 (Ortszuschlag); Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75, juris Rn. 42 (Besoldung kinderreicher Familien); Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 10/74, juris Rn. 18 (Beamtenwitwer). 66 Entscheidend für die Bemessung des angemessenen Lebensunterhalts sind damit weder das Alter noch die Erfahrung oder die Leistung, sondern ausschließlich - der Dienstrang - die mit dem Amt verbundene Verantwortung sowie - die Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit. 67 Diese Grundsätze stehen unter einem besonderen Schutz der nationalen Verfassung. Artikel 33 Absatz 5 GG bestimmt: Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Be- 26

27 rücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Diese Norm begründet ein grundrechtsgleiches Recht der Beamten und Richter, soweit ein hergebrachter Grundsatz deren persönliche Rechtsstellung betrifft. Mit den hergebrachten Grundsätzen ist der Kernbestand von Strukturprinzipien gemeint, die allgemein oder doch ganz überwiegend während eines längeren, traditionsbildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar aus dem Jahr 1919, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvR 556/04, juris Rn Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits im Jahr 1969 noch vor der Einführung der Besoldung von Richtern nach dem Lebensalter im Jahr 1975 zu diesen hergebrachten Grundsätzen des Richterrechts fest, dass die Bezahlung seit jeher unabhängig von dem Alter zu erfolgen hat. Das angemessene Richtergehalt richtete sich ausschließlich nach der mit der Planstelle verbundenen Richterfunktion: Bei gleicher richterlicher Funktion gleiches Gehalt nach derselben Besoldungsgruppe, unabhängig von Alter und von individueller Würdigkeit, Leistung oder Beurteilung. Daß dem Richter seit je ein festes Gehalt zusteht, war und ist auch heute so zu verstehen, daß es die Exekutive nicht dadurch variabel machen kann, daß sie dem einen mehr als dem anderen gibt, obwohl beide die gleiche Arbeit verrichten. Das war einer der wenigen, immer beachteten besonderen Grundsätze für die Besoldung des Richters. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 33/66, 2 BvR 387/66, juris Rn Die Besoldung von Beamten und Richtern bestimmt sich damit nach ganz anderen Grundsätzen als die Bezahlung von Angestellten. Die Besoldung des Beamten stellt kein Entgelt für bestimmte konkrete Dienstleistungen dar, sondern ist eine Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht nach Kräften erfüllt. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und die ihm im Staatsleben zufallende Funktion erfüllen kann. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom

28 2 BvL 3/00, juris Rn. 66; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvF 3/02, juris Rn. 54; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 16/82, juris Rn Die Dienstbezüge sind anders als das Entgelt im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis kein Arbeitslohn für Arbeitsleistung innerhalb der Arbeitszeit, sie sind kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste in bestimmten Dienstzeiten. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 50/11, juris Rn Deshalb verstößt es etwa gegen das Alimentationsprinzip, wenn der Dienstherr die Besoldung bei einer Reduzierung der Arbeitszeiten kürzt. Dies ist in ständiger höchstrichterlichen Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte anerkannt: Zwar nimmt der Dienstherr durch die Ermäßigung der allgemein festgelegten Arbeitszeit einen Teil der Arbeitskraft des Beamten nicht in Anspruch. Er gewährt ihm jedoch auch nur einen Teil des vom Besoldungsgesetzgeber für amtsangemessen erachteten und von dem Beamten auch begehrten Lebensunterhalts. Ein solcher dem Beamten aufgezwungener Verzicht auf die Vollalimentation ist weder mit seinem grundrechtsähnlichen Individualrecht gegenüber dem Dienstherrn noch mit der verfassungsrechtlich gebotenen Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit des Berufsbeamtentums zu vereinbaren. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 1/99, juris Rn. 21; vgl. auch Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 52/87, juris Rn. 26; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom AZR 382/00, juris Rn. 57; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvF 3/02, juris Rn Wertungsmäßig steht es einer Kürzung wegen einer Reduzierung der Arbeitszeiten gleich, wenn der Dienstherr die Bezahlung unter dem Gesichtspunkt herabsetzt, dass ein Richter aufgrund fehlender Erfahrung weniger oder schlechter arbeitet. Auch dieser Verzicht wird dem jüngeren Richter aufgezwungen, zumal der Dienstherr wegen der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit gar nicht die Behauptung aufstellen darf, dass ein Richter aufgrund größerer Erfahrung besser oder mehr arbeiten würde als ein weniger erfahrener Kollege. 28

29 73 Während Arbeitsleistung und Gehalt bei einem Arbeitsverhältnis in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, haben die erbrachte Leistung und der angemessene Lebensunterhalt somit nichts gemeinsam, da der Lebensunterhalt eines leistungsstarken Richters und der eines weniger leistungsfähigen Richters einander entsprechen. Beide sind verpflichtet, sich mit voller Kraft ihrem Dienst zu widmen. Mit dem Eintritt in das Beamten- oder Richterverhältnis verliert der Bedienstete grundsätzlich auch die Freiheit zu anderweitiger Erwerbstätigkeit, weil der Staat die ganze Arbeitskraft und damit seine volle Hingabe fordert. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvF 3/02, Rn Der Kläger kann noch nicht einmal durch zusätzliche (in der Regel genehmigungspflichtige) Nebentätigkeiten das Einkommen erwirtschaften, welches der Gesetzgeber als amtsangemessen einstuft. Einkommen aus Nebenbeschäftigungen in öffentlich-rechtlich organisierten Institutionen von mehr als 4.908,40 Euro im Jahr sind an das beklagte Land abzuliefern. 8 Absatz 1 der Verordnung über die Nebentätigkeit der Richter (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 1966, Seite 886) in Verbindung mit 6 Absatz 2 der Verordnung über die Nebentätigkeit der Beamten (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 1988, Seite 1491). 75 Der Gesetzgeber darf dem Anreiz zur Übernahme von Nebenbeschäftigungen nicht nur durch einen Genehmigungsvorbehalt, sondern auch durch eine Ablieferungspflicht entgegenwirken. Sie ist allerdings nur unter der Annahme verfassungsgemäß, dass der Richter bereits durch das Grundgehalt amtsangemessen versorgt wird. 29

30 vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 7/76, 2 BvL 8/76, 2 BvL 9/76, juris Rn. 107; ferner: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1188/05, juris Rn Von dieser Ablieferungspflicht befreit sind Einkünfte aus Lehr-, Unterrichts-, Vortrags- oder Prüfungstätigkeiten. Sie sind allerdings im öffentlichen Dienst rar gesät und erreichen den genannten Grenzbetrag üblicherweise nicht. Durch die Mitwirkung in den juristischen Staatsprüfungen oder durch die Leitung von Ausbildungsunterricht werden deshalb bei weitem keine regelmäßigen Einkünfte ermöglicht, die die Differenz zur Endgrundgehaltsstufe ausgleichen könnten. Die entgeltliche Rechtsberatung als mögliche lukrative Nebenerwerbsquelle seines erlernten Berufes ist dem Richter verboten. 41 Absatz 1 des Deutschen Richtergesetzes lautet: Ein Richter darf weder außerdienstlich Rechtsgutachten erstatten, noch entgeltlich Rechtsauskünfte erteilen. 77 Der Grundsatz, dass die Alimentation nicht einer konkreten Gegenleistung geschuldet ist, sondern den angemessenen Lebensunterhalt sicherstellen soll, bedeutet in der Konsequenz: Sogar der Richter, der wegen einer vorübergehenden Erkrankung nicht in der Lage ist, sich seinem Dienst zu widmen, hat aufgrund seiner Amtsstellung weiterhin einen Anspruch auf die amtsangemessene Alimentation ohne Abzüge. Die Alimentation kann nicht einmal gekürzt werden, wenn der Richter oder Beamte aus gesundheitlichen Gründen nur begrenzt dienstfähig ist: Werden Beamten Dienstbezüge gewährt, die entsprechend der ermäßigten Arbeitszeit abgesenkt sind, kann die Alimentation ihren Zweck nicht erfüllen: Denn bei einer entsprechend der Arbeitszeit reduzierten Besoldung erreichen die betroffenen Beamten nicht das Einkommensniveau, das der Besoldungsgesetzgeber selbst als dem jeweiligen Amt angemessen eingestuft hat. Sie erhalten nicht das Einkommen, das als Grundlage wirtschaftlicher Unabhängigkeit für das konkrete Amt mit seiner Verantwortung und Bedeutung angesehen werden kann. Das kann bei der Teilzeitbeschäftigung deshalb hingenommen werden, weil sie im Interesse des Beamten und auf dessen Antrag hin gewährt wird. Das Merkmal der Freiwilligkeit bezüglich der Einschränkung von Arbeitszeit und Besoldung ist als funktionsadäquates Sicherungskriterium er- 30

31 forderlich. Der Beamte kann - gegebenenfalls auch in Ansehung des übrigen Familieneinkommens - selbst darüber entscheiden, ob und inwieweit er die Arbeitszeit reduzieren und dafür Einbußen bei der Besoldung in Kauf nehmen will oder ob er für die Sicherung eines angemessenen Unterhalts auf die volle Besoldung angewiesen ist (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvF 3/02). Während ein teilzeitbeschäftigter Beamter nur mit einem Teil seiner Arbeitskraft Dienst leistet, bringt der begrenzt dienstfähige Beamte seine Arbeitskraft ganz ein. Daher steht er dem in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Leitbild, wonach der Beamte dem Dienstherrn seine gesamte Persönlichkeit und volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat, zumindest erheblich näher (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 1/04). Der Dienstherr bringt durch die Entscheidung, die nur noch begrenzt dienstfähigen Beamten nicht in den Ruhestand zu versetzen, sondern sie im Dienst zu belassen, zum Ausdruck, dass er auf ihre objektiv eingeschränkte, subjektiv aber volle Dienstleistung Wert legt. Daher darf er ihnen auch die zur Sicherung der unabhängigen Amtsführung gebotene Besoldung nicht vorenthalten. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 50/11, juris Rn. 17 f. 78 Wenn aber selbst eine eingeschränkte Dienstfähigkeit den Dienstherrn nicht dazu berechtigt, seine amtsangemessene Besoldung zu kürzen, so gilt dies umso mehr für den voll dienstfähigen Kläger, dem ein Teil seiner Alimentation lediglich durch vorgeschobene Erfahrungsdefizite vorenthalten werden. Dass gerade der Kläger in seiner Amtseigenschaft als Richter auf eine amtsangemessene Versorgung und damit vor allem auch eine finanzielle Unabhängigkeit angewiesen ist, um seiner ihm von der Verfassung zugedachten Funktion gerecht zu werden, versteht sich schließlich von selbst. 79 Bei der Bemessung des amtsangemessenen Lebensunterhalts spielt somit weder die Erfahrung noch das Lebensalter, sondern nur das Amt eine Rolle. 80 Die Berufserfahrung kann daher keine Rechtfertigung dafür bieten, Richtern während ihrer überwiegenden aktiven Zeit eine amtsangemessene Besoldung vorzuenthalten. Ein nicht erfahrener Richter muss genauso amtsangemessen wohnen, essen und eine Familie versorgen können wie ein erfahrenerer. Er muss die gleiche finanzielle Unabhängigkeit genießen dürfen und darf in seiner Lebensführung oder Ver- 31

32 mögensbildung genauso wenig auf Zuwendungen seiner Eltern oder seines Ehegatten angewiesen sein. Ein mit dem Lebensalter wachsender Finanzbedarf ist auch nicht feststellbar. EuGH, Urteil vom C-297/10 und C-298/10 (Hennings und Mai), Rn Die Besoldung ist daher allein von der richterlichen Funktion abhängig. Sie honoriert weder eine individuelle Tüchtigkeit noch das Verhandlungsgeschick des Einzelnen, sondern bringt den Alimentationsgedanken zum Ausdruck. Die Besoldung entspricht der Würdigkeit des Amtes. 82 Es ist mithin unzulässig, die vom Gesetzgeber selbst als amtsangemessen angesehene Alimentation allein wegen des geringen Alters der jüngeren Richter abzusenken, schon gar nicht bei Berufsanfängern um etwa ein Drittel. Durch die früher geltenden Altersstufen bzw. die heute geltenden Erfahrungsstufen wird aber genau dies festgelegt: Zu Beginn der Tätigkeit erhält ein Richter im Land Berlin nur rund 65 Prozent des Endgrundgehalts, obwohl er das gleiche Amt begleitet und die gleiche Leistung erbringt. Die Richter der höchsten Gehaltsstufe werden so behandelt, als ob sie 50 % mehr Leistung erbrachten als ein Berufseinsteiger (wenn zu den anfänglichen 65 fiktiven Leistungspunkten etwas mehr als die Hälfte addiert wird, erreicht man den vollen Wert von 100 Leistungspunkten). 83 Wie die Gesetzesmaterialien zeigen, hat die Landesregierung die Stufen alleine nach fiskalischen Interessen festgesetzt (Randnummern 256 bis 258). Eine solche Bezahlung ist willkürlich, weil die Erfahrungsstufen losgelöst von belastbar feststellbaren wirtschaftlichen Vorteilen des Dienstherrn, die er durch die wachsende Berufserfahrung ziehen könnte, gebildet wurden. Mit Behauptungen ohne tatsächliche Grundlage lässt sich eine Altersdiskriminierung nicht rechtfertigen. 32

33 EuGH, Urteil vom C-388/07, Rn Keine leistungsabhängige Bezahlung von Richtern 84 Wenn die Altersdiskriminierung durch höhere Erfahrung gerechtfertigt wäre, weil sie den Beamten zu einer besseren Leistung befähige, so würde sich ein erheblicher Anteil der Besoldung als Leistungskriterium darstellen. Das Alimentationsprinzip verbietet zwar nicht schlechthin die Berücksichtigung der Leistung eines Beamten der Exekutive. Daher ist es in engen Grenzen auch zulässig, Verwaltungsbeamten Leistungsanreize durch finanzielle Zulagen zu setzen. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 16/02, juris Rn. 50; Schnellenbach, Das Deutsche Verwaltungsblatt 1995, Seite 1153 [1155]; Summer, Zeitschrift für Beamtenrecht 1995, Seite 125 [128]; Böhm, Zeitschrift für Beamtenrecht 1997, Seite 101 [103 f.]; Bochmann, Zeitschrift für Beamtenrecht 2004, Seite 405 [410]. 85 Der Leistungsgrundsatz spielt bei der Einstellung und bei der Beförderung eine Rolle. Artikel 33 Absatz 2 GG bestimmt: Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Mit jeder leistungsbedingten Beförderung ist regelmäßig auch der finanzielle Aufstieg in eine höhere Besoldungsgruppe verbunden. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 570/76 u.a., juris Rn Bei Richtern ist allerdings noch nicht einmal eine Leistungszulage zulässig. Es ist es aus verfassungsrechtlichen Gründen verboten, Richter nach Leistungsgesichtspunkten zu bezahlen. 33

34 87 Der Gesetzgeber kann und darf nicht die Besoldung von der Erfahrung eines Richters abhängig machen, die ihn befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten. Der Zweck, die bessere Leistung zu honorieren, kommt bei der Besoldung der Richter folglich nicht zum Tragen: Die durch Artikel 97 GG zu beachtende richterliche Unabhängigkeit verbietet eine leistungsbezogene Bemessung des Grundgehaltes in den Besoldungsordnungen R, was der historische Gesetzgeber auch zutreffend erkannt hat. Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bundestags-Drucksache 13/3994 vom , Seite 41 (Begründung zu Nummer 13 b). 88 Deshalb hat der historische Gesetzgeber auch von der Einführung von Zulagen für quantitativ oder qualitativ überdurchschnittliche Leistungen von Richtern ausdrücklich abgesehen. Er hat mit guten Gründen entschieden, dass das Richteramt einheitlich zu bewerten ist und dies eine Bezahlung entsprechend dem Dienstalter ausschließt (vgl. Randnummer 16). 5. Der Erfahrungsanteil ist unangemessen hoch 89 Das eingesetzte Mittel ist auch nicht angemessen. Die Besoldung eines neu ernannten Richters im Eingangsamt R 1 beläuft sich derzeit, im September 2014, laut Besoldungstabelle auf 3.673,48 EUR. Demgegenüber bezieht der Richter im Endgrundgehalt brutto 5.613,11 EUR. Die Diensterfahrung fließt somit zu ungefähr 35 % in die Besoldung der Richter ein. Das Land kann nicht erklären, weshalb ein derart hoher Anteil an der Besoldung von der Erfahrung abhängen soll (vgl. auch Randnummer 82). 34

35 6. Keine einheitliche Anwendung des Kriteriums 90 Der Gesetzgeber selbst gibt das Kriterium der Bezahlung nach Diensterfahrung bei einem Teil der Richter auf: Während nur in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 nach der absolvierten Dienstzeit alimentiert wird, werden die den Besoldungsgruppen R 3 bis R 8 zugeordneten Richter einheitlich nach ihrem jeweiligen Amt bezahlt. Im Kern ihrer Aufgaben sind die diesen Besoldungsgruppen zugeordneten Ämter mit denen der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 vergleichbar: Alle sind richterlich tätig freilich in unterschiedlichen Instanzen und an Gerichten unterschiedlicher Größe. Diese Unterscheidungsmerkmale begründen entsprechend der Wertigkeit der Ämter unterschiedliche Endgrundgehälter. Sie rechtfertigen aber nicht die Anwendung verschiedener Bemessungskriterien, denn die unterschiedlichen Funktionen bei einem Gericht finden sich in beiden Vergleichsgruppen wieder: - in der ersten Vergleichsgruppe: die Besoldungsgruppen R 1 und R 2, in denen entsprechend der absolvierten Dienstzeit bezahlt wird und auch - in der zweiten Vergleichsgruppe: die Besoldungsgruppen R 3 bis R 8, in denen ein einheitliches Grundgehalt gewährt wird. 91 Dies veranschaulichen folgende Beispiele von Ämtern, die den genannten Besoldungsgruppen zugeordnet sind: 35

36 Funktion Beispiele für einheitliche Bezahlung (zweite Vergleichsgruppe) Vorsitzender Richter am Finanzgericht (R 3) Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht (R 3) Vorsitzender Beispiele für Bezahlung nach Dienstzeit (erste Vergleichsgruppe) Richter am Amtsgericht (R 1) Richter am Landgericht in Verfahren als Einzelrichter (R 1) Vorsitzender Richter am Landgericht (R 2) Vorstand Direktor des Amtsgerichts (R 2) Präsident des Amtsgerichts (ab 40 Richterstellen) (R 3) 92 Welche Gründe der Gesetzgeber auch zur Rechtfertigung einer Bezahlung nach Diensterfahrung in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 auserkoren haben mag: Sie dürften, um eine Tragfähigkeit zu erlangen, ausschließlich auf diese Besoldungsgruppen, nicht aber zugleich auch auf die Ämter der Besoldungsgruppen R 3 bis R 8 zutreffen. Der Kern der Tätigkeit die unabhängige Rechtsprechung ist allerdings in beiden Vergleichsgruppen identisch. Dies ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der maßgebende Bezugspunkt für die Alimentation: Das Gehalt des Richters hat sich grundsätzlich nach seiner richterlichen Aufgabe (nicht in erster Linie nach den mit seinem Amt verbundenen Verwaltungsaufgaben) zu bemessen. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvF 1/70, juris Rn

37 93 Auch sind die unterschiedlichen Funktionen bei Gericht in allen Instanzen und damit in beiden Vergleichsgruppen zu finden. Denknotwendig kann es deshalb nicht gelingen, Rechtfertigungsgründe für eine Bezahlung nach absolvierter Dienstzeit zu benennen, die nur auf die erste Vergleichsgruppe (Besoldungsgruppen R 1 und R 2), nicht aber sogleich auch auf die zweite Vergleichsgruppe (Besoldungsgruppen R 3 bis R 8) zutreffen. II. Zur sozialen Kompetenz 94 Die soziale Kompetenz was immer genau darunter zu verstehen sein mag ist ebenfalls nicht geeignet, eine unterschiedliche Bezahlung zu rechtfertigen. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Dienstherr in wirtschaftlicher Form von einer höheren sozialen Kompetenz profitiert. Dies ist nicht der Fall. Der Dienstherr hat, wie unter Randnummer 46 ff. aufgezeigt, keinen Einfluss auf die Geschäftsverteilung. Er kann somit einem besonders geschickten Richter auch nicht mehr oder schwierigere Fälle zuweisen als einem Richter, der im Umgang mit anderen Menschen als schwierig gilt. Er kann einen Richter mit besonderen sozialen Fähigkeiten allenfalls zum Vorsitzenden Richter befördern oder zum Gerichtspräsidenten ernennen. Damit gehört der Richter aber einer anderen Besoldungsgruppe an und zählt nicht mehr zu der hier interessierenden Vergleichsgruppe mit einer Besoldung nach R Wenn soziale Kompetenz dazu führte, dass der Richter seine Arbeit besser verrichten kann, so wären solche Leistungsgesichtspunkte bei seiner Besoldung aus denselben Gründen nicht zu berücksichtigen, die auch einer Rechtfertigung unterschiedlicher Bezahlung nach Diensterfahrung entgegenstehen: Der Dienstherr darf die Arbeit von Richtern inhaltlich nicht bewerten (vgl. Randnummer 39 ff.). Die Geschäfte der Richter werden unabhängig von ihrer sozialen Kompetenz zugeteilt (Randnummer 54 ff.). Schließlich sind Leistungsgesichtspunkte keine legitimen Zwecke bei einer Bezahlung nach dem Alimentationsprinzip (vgl. Randnum- 37

38 mer 62 ff.). Sozial kompetente wie auch sozial weniger kompetente Richter haben Anspruch auf denselben aus dem Amt abgeleiteten amtsangemessenen Lebensunterhalt. Wenn der Dienstherr noch nicht einmal Arbeitsergebnisse und fachliche Kompetenzen eines Richters honorieren darf, kann er erst recht nicht weiche Kompetenzen ( soft skills ) zum Anlass für eine unterschiedliche Bezahlung innerhalb derselben Besoldungsgruppe machen. 96 Der Gesetzgeber müsste, wenn er die soziale Kompetenz zum Besoldungsmerkmal machen möchte, auch Feststellungen dazu treffen, dass alle neu eingestellten Richter zu Beginn ihrer Tätigkeit das gleiche niedrige Niveau an sozialer Kompetenz haben. Das ist aber nicht der Fall: Soziale Kompetenz wird nicht erst durch berufliche Tätigkeit erworben. Sie ist in weitem Maße auch vom individuellen Charakter und der eigenen Sozialisation abhängig. Es gibt überhaupt keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass die soziale Kompetenz im selben Maße ansteigt wie dies die Erfahrungsstufen zum Ausdruck bringen möchten. 97 Es wird durch den Gesetzgeber auch ausgeblendet, dass die einzelnen Fähigkeiten je nach persönlichen Eigenschaften oder (vordienstlicher) Tätigkeit völlig unterschiedlich ausgeprägt sind und die Richter schon im Einstellungsalter ein unterschiedliches Niveau an soft skills haben. Sie können solche Fähigkeiten auch im privaten Bereich erworben haben, zum Beispiel durch das Trainieren von Jugendsportmannschaften, die Leitung eines Vereins oder die Versorgung und Erziehung eigener Kinder (ohne hierfür einen bei den Erfahrungszeiten berücksichtigten Urlaub zu nehmen). 98 Tatsächlich soll dieses Kriterium nur der bisherigen Besoldung einen legitimen Anstrich geben. Wir werden im Zusammenhang mit der Frage 7 darlegen, dass der Gesetzgeber an den bisherigen Prinzipien der Stufenbesoldung gar nichts ändern wollte und an einer Beseitigung der altersdiskriminierenden Folgen auch nicht interessiert war (vgl. Randnummer 240 ff.). Eine soziale Kompetenz egal welchen Ausma- 38

39 ßes vermag jedenfalls keine Leistungsunterschiede im Bereich von 35 % zwischen Einstiegs- und Endbesoldung rechtfertigen (Randnummern 82 und 89). 99 Die Anrechnung praktisch jedweder Berufstätigkeit als Erfahrungszeit, gar die Zeiten der Kindererziehung und der Pflege naher Angehöriger, soll mit der sozialen Kompetenz legitimiert werden, zumal der Begriff der sozialen Kompetenz dabei wegen der kaum greifbaren Kriterien auch weit ausgelegt wird (Randnummer 245). Der Gesetzgeber setzt folglich den Begriff der sozialen Kompetenz mit der Lebenserfahrung gleich, was wiederum dem Lebensalter entspricht. Es erweist sich somit nur als allgemeine Behauptung, die soziale Kompetenz sei geeignet, eine unterschiedliche Bezahlung von Richtern zu rechtfertigen. Allgemeine Behauptungen lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung eines sozialpolitischen Zwecks im Sinne von Artikel 6 RL 2000/78/EG geeignet seien. EuGH, Urteil vom C-388/07, Rn. 51. III. Ergebnis 100 Obwohl sich die Frage wegen der bis dahin einheitlichen Auslegung des Verfassungsrechts durch das Bundesverfassungsgericht und den Bundesgesetzgeber aufgedrängt hat, hat der Gesetzgeber entgegen den Anforderungen des Gerichtshofs nicht dargelegt, weshalb Richter aufgrund höherer Erfahrung oder höherer sozialer Kompetenz befähigt sein sollen, ihre Arbeit um über 50 % besser zu erbringen und der Dienstherr davon wirtschaftlich in diesem Umfang profitieren würde. Die Gesetzesbegründung erschöpft sich in formelhaften Behauptungen, ohne dass tatsächliche Grundlagen ersichtlich sind. Die Regelung ist eine unzulässige Fiktion, wie das Vorlagegericht treffend formuliert. 39

40 101 Nach alledem erweist sich die Erwägung, mit der dienstlichen Erfahrung steige die Befähigung des Richters, seine Arbeit besser zu verrichten, als nicht geeignet, um eine Bezahlung nach absolvierter Dienstzeit zu rechtfertigen. Andere mögliche Ziele der Ungleichbehandlung lassen sich weder unmittelbar aus dem Gesetz noch aus dem Kontext ableiten. Sie können daher nicht zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden. EuGH, Urteil vom C-388/07 (Age Concern), Rn Die Frage 3 ist daher wie folgt zu beantworten: Die Berufserfahrung und die soziale Kompetenz sind keine geeigneten Kriterien, um eine unterschiedliche Besoldung von Richtern zu legitimieren, wenn und soweit diese Kriterien keinen Einfluss auf die Anzahl und die Schwierigkeit der den Richtern zugeteilten Geschäfte hat, mithin also deren Arbeitspensum unabhängig von ihrer jeweiligen Berufserfahrung und der sozialen Kompetenz ist. Zur Frage 4 / Teil 1 (Besoldung aus dem Endgrundgehalt) Falls auch die Frage 3 bejaht wird: Lässt die Auslegung des europäischen Primärund/oder Sekundärrechts, solange keine Implementierung eines diskriminierungsfreien Besoldungsrechts erfolgt ist, eine andere Rechtsfolge zu, als die Diskriminierten rückwirkend gemäß der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe zu besolden? I. Das Endgrundgehalt ist das Bezugssystem 103 Der Gerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden ist und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewährleistet werden kann, dass 40

41 den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, die den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen, wobei diese Regelung, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem bleibt. EuGH, Urteil vom C-399/09 (Landtová), Rn. 51; EuGH, Urteil vom C-18/95, Rn. 57; EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn Dieses Bezugssystem ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass der Gesetzgeber das Endgrundgehalt als die amtsangemessene Besoldung ansieht. Die Bezahlung nach Alters- oder Erfahrungsstufen stellt sich als Kürzung dar: 105 Der Gesetzgeber hat einen Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung der amtsangemessenen Besoldung. Die Besoldung von Richtern und Beamten zur Bestreitung des Lebensunterhaltes muss sich an dem ausgeübten Amt orientieren (vgl. auch Randnummer 65 ff.). 106 Sowohl der Bundes- als auch der Landesgesetzgeber haben ihren Entscheidungsspielraum dahin gehend ausgeübt, die Amtsangemessenheit der Besoldung nach dem Endgrundgehalt der jeweiligen Besoldungsgruppe auszurichten. Das Endgrundgehalt stellt somit nach den Wertungen des Gesetzgebers die amtsangemessene Besoldung dar. So führt der Bundesgesetzgeber in der Begründung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes zu 27 Absatz 1 BBesG neuer Fassung aus: Das System der aufsteigenden Gehälter trägt dem Grundsatz Rechnung, dass sich die Amtsangemessenheit der Besoldung nach dem Endgrundgehalt bestimmt, das Erreichen des Endgrundgehalts entsprechend der zunehmenden Erfahrung des Beamten jedoch zeitlich gestaffelt werden kann. Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz), Bundestags- Drucksache 16/7076 vom , Seite 136. Für die Richterbesoldung gilt dieselbe Wertung: 38 orientiert sich an der Systematik des 27, berücksich- 41

42 tigt dabei zugleich jedoch die richterliche Unabhängigkeit sowie die besondere verfassungsmäßige Stellung der Justiz. (Seite 141). 107 Der Landesgesetzgeber hat sich dieser Wertung mit exakt denselben Worten angeschlossen. Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage für ein zu Gesetz zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, Drucksache 16/4078 vom , Begründung zu 27 Absatz 1 Satz 2, Seite 32. Diese Wertungen gelten auch für die Richterbesoldung, wie die Begründung zu 38 Absatz 1 bis 3 BBesG Bln zeigt: Die Regelungen orientieren sich bezüglich der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 an der Systematik des 27. (Seite 38). Abrufbar im Internet unter Da sich die Angemessenheit der Besoldung ausschließlich auf das Amt bezieht (Randnummer 66), kann es auch begrifflich nur einen einzigen Betrag geben, den der Gesetzgeber diesbezüglich als maßgebend ansieht schließlich übt jeder das gleiche Amt aus. 109 Dass sich die Amtsangemessenheit nach dem Endgrundgehalt richtet, kommt auch in der Besoldungstabelle zum Ausdruck. Der Gesetzgeber hat in der Besoldungsordnung R die Ämter der Justiz verschiedenen Gruppen zugeordnet und mit der Höhe der Besoldung ihre Wertigkeit bemessen. Der Vergleich der Endgrundgehälter der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 mit den festen Gehältern der höheren Besoldungsgruppen R 3 bis R 8 zeigt im Berliner Besoldungsrecht Folgendes: Der Abstand der Bezüge lag regelmäßig zwischen 395,00 Euro und 596,00 Euro. Besol- Beispiele Endgrundgehalt Differenz zur dungs- gruppe (Stand ) (Anlage IV zum Landesbesoldungsgesetz) nächsthöheren Besoldungsgruppe 42

43 R 1 Richter am Amtsgericht, Richter am Landgericht, Staatsanwalt, Direktor des Amtsgerichts 5.613,11 EUR 511,16 EUR R 2 Vorsitzender Richter am Landgericht, Richter am Oberlandesgericht, Oberstaatsanwalt, Direktor des Amtsgerichts (mit mindestens vier Richterstellen, ab acht Stellen mit einer Zulage) R 3 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht, Präsident des Amtsgerichts (ab 40 Richterstellen) R 4 Vizepräsident des Kammergerichts 6.124,27 EUR 595,81 EUR 6.720,08 EUR 395,43 EUR 7.115,51 EUR 452,21 EUR R 5 R 6 Präsident des Landgerichts (mehr als 80 Richterstellen) Generalstaatsanwalt (mehr als 100 Planstellen), Präsident des 7.567,72 EUR 427,57 EUR 7.995,29 EUR 416,86 EUR 43

44 Landgerichts (mehr als 150 Richterstellen) R ,15 EUR 432,93 EUR R 8 Präsident des Kammergerichts 8.845,08 EUR 539,02 EUR Ämter der Besoldungsgruppen R 7, R 9 und R 10 sind im Land Berlin nicht vergeben. Vgl. den Stellenplan im Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2014/2015, Band 5 Einzelplan 06, Seiten 438 bis 441, In dieses Muster passt einzig die jeweilige Endgrundgehaltsstufe der Besoldungsgruppen R 1 und R 2, da sie einen Abstand von 511,16 EUR bzw. 595,81 EUR zum nächsthöheren Amt haben und sich somit harmonisch in die üblichen Abstände der Besoldungsgruppen R 3 bis R 8 von wenigen Hundert Euro einfügen. Anders ist dies, wenn die diskriminierenden Altersstufen mit in die Betrachtung einbezogen werden: Während die Endgrundgehälter der Besoldungsgruppen R 1 und R 3 eine Differenz von 1.106,97 EUR aufweisen, beträgt der Abstand der dritten Erfahrungsstufe in R 1 (also der derzeitigen Erfahrungsstufe des Klägers) zu der Besoldungsgruppe R 3 mit 2.405,77 EUR mehr als das Fünffache des durchschnittlichen Unterschiedsbetrags einer Stufe (471,37 EUR). 111 Diese Analyse der Besoldungstabelle unterstreicht die Aussage in den Gesetzesbegründungen: Der Gesetzgeber hat die Angemessenheit der Besoldung einzig nach dem Endgrundgehalt bestimmt. Beim Vergleich der Wertigkeit der Ämter fielen ansonsten die Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in den übrigen Altersstufen aus dem Rahmen. 44

45 Anteil der Besoldung an der amtsangemessenen Alimenation II. Die Besoldung wird wegen des Alters gekürzt 112 Diese gesetzgeberische Entscheidung bedeutet im Ergebnis: Wer nicht nach der Endgrundgehaltsstufe bezahlt wird, erhält weniger als die vom Gesetzgeber als amtsangemessen angesehene Besoldung. Wenn der Gesetzgeber jedoch den Betrag des Endgrundgehalts als amtsangemessen betrachtet, enthält er demjenigen, der dieses Endgrundgehalt noch nicht erreicht hat, die amtsangemessene Vergütung vor. 113 Die folgende Grafik verdeutlicht die Abschläge: Die schraffierte Fläche zeigt die ungerechtfertigten Kürzungen der amtsangemessenen Besoldung aufgrund des Lebensalters. Die Grafik basiert auf der Besoldung des Klägers. 100% 95% 90% 85% 80% 75% 70% 65% 60% 55% Kürzung der amtsangemessenen Besoldung 50% Lebensalter Erhaltene Besoldung 114 Der Kläger wurde im Mai 2005 im Alter von 29 Jahren in den Richterdienst berufen und erhält somit entsprechend der Überleitungsregelung erst im Februar 2026 und somit im Alter von 50 Jahren erst nach etwa 21 Jahren Dienstzeit die ihm zustehende und vom Gesetzgeber festgesetzte amtsangemessene Besoldung aus der 45

46 Endaltersstufe. Dies bedeutet, dass er nicht einmal in der Hälfte seiner voraussichtlich 38jährigen aktiven beruflichen Zeit die verfassungsrechtlich vorgesehene Alimentation erhält. In dem überwiegenden Zeitraum wird ihm ein amtsangemessener Lebensunterhalt allein wegen seines zu geringen Alters vorenthalten. 115 Daraus folgt: Wenn der Gesetzgeber die Amtsangemessenheit der Besoldung nach dem Endgrundgehalt bemisst, muss er grundsätzlich allen Richtern diese Besoldung aus der Endstufe ausbezahlen. Kürzt er sie in altersdiskriminierender Weise, kann diese Diskriminierung nur dadurch ausgeglichen werden, dass alle Richter rückwirkend aus dem Endgrundgehalt und damit aus der höchsten Stufe bezahlt werden. 116 Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/78/EG. Da 38 Absatz 1 Satz 1 BBesG 2006 altersdiskriminierend wirkt, bleibt wegen des Vorrangs der Richtlinie unbeachtet, dass das Grundgehalt nach Lebensaltersstufen bemessen werden soll. Ebenso sind die altersdiskriminierenden Bestandteile der Besoldungstabelle (Anlage IV des Gesetzes) außer Acht zu lassen. Hier sind alle Bezüge zum Lebensalter zu streichen. Der blue-pencil-test ergibt folgendes Bild: 117 So wie beim Grundgehalt der Besoldungsgruppen R 3 bis R 10 entsteht ein altersunabhängiges Gehalt. Auch das Grundgehalt der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 ist dann fest im Sinne von 38 BBesG 2006 (vgl. den abgedruckten Wortlaut in Randnummer 11). Das Bezugssystem bleibt bei Außerachtlassung der diskriminierenden Vorschriften vorhanden. 46

47 118 Mit der Klage im Ausgangsverfahren verfolgt der Kläger seine Ansprüche seit dem Jahr Alleine in den ersten vier Jahren des streitgegenständlichen Zeitraums (bis einschließlich dem Jahr 2012) betrug die Kürzung monatlich um die 1.500,00 Euro, insgesamt ,53 Euro (pro Jahr also im Schnitt knapp ,00 Euro). Vgl. den Antrag Nr. 1 sowie die Berechnungen im Schriftsatz des Klägers vom an das Verwaltungsgericht Berlin im Ausgangsverfahren. III. Keine Vergleichsgruppenbildung zulässig 119 Der Generalanwalt Yves Bot hat in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Specht vorgeschlagen, Vergleichsgruppen zu bilden, um die Höhe des Anspruchs festzustellen. Der Vorschlag beinhaltet, auf das Einstellungshöchstalter abzustellen und den diskriminierten Stelleninhaber mit demjenigen zu vergleichen, der im zulässigen Höchstalter ernannt worden ist. Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot in der Rechtssache Specht (Aktenzeichen C-501/12), Rn. 106, Dem lag zugrunde, dass bei den Beamten in der dort entschiedenen Fallgestaltung eine Altersdiskriminierung lediglich insoweit vorlag, als sich deren erste Eingruppierung nach dem Lebensalter richtete und die weitere Fortentwicklung ihrer Besoldung an ihrer Dienstzeit und somit an ihrer Erfahrung ausgerichtet war. Dementsprechend galt es dort, lediglich die Unterschiede auszugleichen, die sich aus dem unterschiedlichen Einstellungsalter ergaben, da die Zulässigkeit der Erfahrungsstufen dort außer Frage stand. 121 Im vorliegenden Fall stellt sich die Situation aber anders dar: Bei dem Kläger richtete sich die Bezahlung nicht nur bei der ersten besoldungsrechtlichen Eingruppierung sondern die ganze Dienstzeit über allein nach seinem Lebensalter. 47

48 122 Die vom Generalanwalt vorgeschlagene Vergleichsgruppenbildung soll eine gerechtfertigte Differenzierung nach Berufserfahrung (und damit nach der Qualifikation für die Aufgabe) ermöglichen. Eine solche Differenzierung wäre aber nur möglich, wenn die Bezahlung nach Erfahrung legitim wäre. Wir haben bei Beantwortung der Frage 3 ausgeführt, dass gerade bei Richtern anders als bei Beamten eine Besoldung nach Diensterfahrung von vornherein nicht in Betracht kommt (vgl. unter Randnummer 31 ff.). Sie erbringen alle das gleiche Arbeitspensum, unabhängig von ihrer Erfahrung. Der jüngere Richter wird im Übrigen nicht nur gegenüber diesem Kollegen benachteiligt, der bei der Einstellung älter war. Er wird gegenüber allen älteren Kollegen benachteiligt, völlig unabhängig davon, wann sie ernannt wurden und welche Berufserfahrung sie vorweisen können. Auch hier unterscheidet sich der vorliegende Fall gravierend von der Rechtssache Specht. 123 In der Rechtssache Specht war durch die Verfahrensbeteiligten außerdem nicht vorgetragen worden, dass der Gesetzgeber das Endgrundgehalt als amtsangemessene Besoldung bewertet. Das Bezugssystem war für den Generalanwalt deshalb nicht erkennbar, weshalb er alternative Überlegungen anstellte. 124 In der Rechtssache Specht wurde von den Beteiligten auch nicht zu den Besonderheiten des Alimentationsprinzips vorgetragen. Der Generalanwalt hat deshalb nicht berücksichtigen können, dass der Dienstherr den Beamten und Richter allein nach dem übertragenen Amt zu besolden hat, nicht aber nach dem Lebensalter oder der Berufserfahrung (Randnummer 62 ff.). Außerhalb enger Grenzen darf die Leistung nach dem deutschen Beamtenrecht keinen Bestandteil der Besoldung bilden, keinesfalls kann mangelnde Erfahrung zu Abzügen von der Alimentation und damit zu Abstrichen beim amtsangemessenen Lebenszuschnitt führen (Randnummer 84 ff.). Deshalb ist es mit dem Alimentationsprinzip nicht vereinbar, wenn Vergleichsgruppen nach Diensterfahrung und damit gleichbedeutend mit der höheren Leistung gebildet werden. Den Vergleichsgruppen würde allesamt die Besoldung aus dem allein 48

49 amtsangemessenen Endgrundgehalt vorenthalten bleiben. Lediglich das Maß der ihnen vorenthaltenen Anteile würde neu und unter anderen Gesichtspunkten bestimmt werden. Kürzungen der amtsangemessenen Besoldung sind aber generell nicht zulässig. 125 Hinzu kommt, dass sich die Berufserfahrung als vermeintlich legitimierendes Ziel des historischen Bundesgesetzgebers bei der Besoldung von Richtern weder aus dem Gesetz noch seiner Begründung und auch nicht aus dem Kontext ergibt. Mit der Bildung von Vergleichsgruppen entsprechend der Berufserfahrung würde nachträglich eine Erwägung angestellt, von der der historische Gesetzgeber jedenfalls für die Richterbesoldung bewusst abgekehrt ist. In der Begründung des Regierungsentwurfs vom zu 38 BBesG hat der Gesetzgeber beschlossen, die Richter gerade nicht mehr nach dem Besoldungsdienstalter, sondern streng nach dem Lebensalter zu bezahlen (vgl. Randnummer 16). Mit der Bildung von Vergleichsgruppen nach der Diensterfahrung würde man nun zum Vorteil des Landes ein Kriterium verwenden, das der Gesetzgeber ausdrücklich abgelehnt hat und das deswegen für ihn zur Legitimation der Altersdiskriminierung gar keine Bedeutung hatte. 126 Zudem haftet das beklagte Land nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs, zu dem wir sogleich beim zweiten Teil der Frage 4 Näheres ausführen werden. Dieser Anspruch richtet sich auf die Bezahlung nach dem Endgrundgehalt, weil die Aufhebung der diskriminierenden Vorschriften (ohne gleichzeitige Ersetzung durch ein diskriminierungsfreies Besoldungssystem) zu einer Bezahlung aus der höchsten Lebensaltersstufe geführt hätte. Vergleichsgruppen wären nicht gebildet worden; für eine solche Lösung hätte der Gesetzgeber innerhalb der Umsetzungsfrist tätig werden müssen. 127 Es ist auch nicht die Aufgabe der Gerichte, anstelle des Gesetzgebers rückwirkend eine Ersatzregelung zu finden, die gerade noch den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts entsprochen hätte. Damit würde der Gesetzgeber aus seiner Verant- 49

50 wortung entlassen, fristgerecht die Richtlinien des Gemeinschaftsrechts umzusetzen. Er könnte ohne Risiken für den Haushalt abwarten, bis die Gerichte eine im wahrsten Sinne des Wortes günstige Lösung entwickelt haben. Das Land könnte sich bis dahin seiner Verantwortung für die Beamtenbesoldung rechtswidrig und vor allem gewinnbringend entziehen. Die Mitgliedstaaten sind aber aus eigenem Antrieb zu Maßnahmen zur Gewährleistung der Rechte aus der Richtlinie 2000/78/EG verpflichtet, gegebenenfalls auch zur Verhängung von Sanktionen. Die Härte der Sanktionen muss der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. EuGH, Urteil vom C-81/12 (Asociaţ ia ACCEPT), juris Rn An diesen Maßstäben muss sich das beklagte Land messen lassen. IV. Ergebnis 129 Teil 1 der Frage 4 ist daher wie folgt zu beantworten: Stellt das Endgrundgehalt einer altersdiskriminierenden Besoldungsordnung für Richter aufgrund der geäußerten Wertungen des nationalen Gesetzgebers ein gültiges Bezugssystem dar, sind die von der Diskriminierung betroffenen Richter rückwirkend gemäß der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe zu besolden. Zur Frage 4 / Teil 2 (Unionsrechtliche Anspruchsgrundlage) Ergibt sich die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot dabei aus dem europäischen Primär- und/oder Sekundärrecht, hier insbesondere aus der Richtlinie 2000/78/EG, selbst oder folgt der Anspruch nur aus dem Gesichtspunkt mangelhafter Umsetzung europarechtlicher Vorgaben nach dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch? 50

51 130 In seinem Vorlagebeschluss führt das Verwaltungsgericht Berlin aus, es sehe sich außerstande, die maßgebenden Bestimmungen des Besoldungsrechts unionrechtskonform anzuwenden. Der Gerichtshof wird bei der Beantwortung der Frage 4 diese Rechtsauffassung des Vorlagegerichts zugrunde legen. Es sei deshalb lediglich am Rande erwähnt, dass andere Verwaltungsgerichte wegen des Anwendungsvorrangs der Richtlinie 2000/78/EG eine unionrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorgenommen haben, indem sie die altersdiskriminierenden Bestimmungen der Besoldungsgesetze nicht angewendet haben (vgl. hierzu auch Randnummer 116). Die Ansprüche der diskriminierten Beamten auf eine höhere Besoldung ergeben sich nach der Auffassung jener Gerichte aus der unionrechtskonformen Auslegung des Besoldungsgesetzes, wenngleich sie bei der Höhe der Ansprüche zu unterschiedlichen Auffassungen gelangen. Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteile vom K 8/12.F (juris Rn. 26), 9 K 1175/11.F, 9 K 5034/11.F, 9 K 5036/11.F (Zahlung aus der Endgrundgehaltsstufe bei der Richterbesoldung); Oberverwaltungsgericht Sachsen- Anhalt, Urteil vom L 9/12, juris Rn. 165 ff. (Bildung von Vergleichsgruppen bei der Beamtenbesoldung). In diesen Entscheidungen wurde die gesetzliche Wertung zur Bemessung der Amtsangemessenheit aus dem Endgrundgehalt (Randnummer 106 ff.) nicht geprüft. 131 Nach der Rechtsauffassung des Vorlagegerichts wird die Frage einer unionsrechtlichen Anspruchsgrundlage aufgeworfen. In seinem Urteil vom in der Rechtssache Specht (C-501/12, Rn. 98) weist der Gerichtshof auf seine Rechtsprechung zum unionsrechtlichen Haftungsanspruch hin, deren Voraussetzungen von dem nationalen Gericht festgestellt werden müssen (Rn. 100). Wir stimmen dem Gerichtshof darin zu: Der unionsrechtliche Haftungsanspruch bietet eine ausreichende Grundlage, um Ansprüche aus einer fehlerhaften Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG auszugleichen. Er gewährt einen Schadensersatzanspruch bei einem kausalen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine unmittelbar anwendbare Norm des Unionsrechts, die dem Geschädigten Rechte verleiht. 51

52 Vgl. EuGH, Urteil vom C-6/90 (Francovich), Rn. 39, 40; EuGH, Urteil vom C-429/09, Rn. 47 f.; EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn. 98 ff. 132 Gegenüber einem unmittelbaren unionsrechtlichen Anspruch ermöglicht die Fortführung der bisherigen Rechtsprechung eine klare Trennung der Fragen von Anspruchsgrund und Anspruchshöhe: Die Frage, ob der Tatbestand erfüllt ist, wird rein europarechtlich betrachtet, während die Fragen der Schadenshöhe sowie alle weiteren Verfahrensfragen unter Beachtung des Äquivalenzprinzips flexibel nach dem Recht des betroffenen Mitgliedstaates beantwortet werden können. 133 Was die erste Voraussetzung angeht, hat der Gerichtshof festgestellt, dass Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2000/78/EG in Verbindung mit deren Artikel 1 allgemein und eindeutig jede sachlich nicht gerechtfertigte unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf, u.a. wegen des Alters des Arbeitnehmers, verbietet. Diese Vorschriften sollen den Einzelnen Rechte verleihen, die sie gegenüber den Mitgliedstaaten geltend machen können. EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn Auch die nationalen Gerichte gehen von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie aus: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 10/09, juris Rn. 24; Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom L 9/12, juris Rn. 165; Verwaltungsgericht Frankfurt/Main, Urteil vom K 8/12.F, juris Rn Im Hinblick auf die zweite Voraussetzung hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom (Rn. 105) den nationalen Gerichten den Hinweis gegeben zu prüfen, ob nicht Art und Umfang der Verpflichtungen, die den Mitgliedstaaten aus der Richtlinie 2000/78/EG obliegen, gleichwohl erst seit dem Urteil Hennigs und Mai, das heißt seit dem , als klar und präzise angesehen werden konnten. Gege- 52

53 benenfalls sei das Fehlen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes vor diesem Zeitpunkt festzustellen. 135 Jedenfalls im Hinblick auf die Besoldung von Richtern liegt ein hinreichender Verstoß durchgehend seit dem vor: Da der Wortlaut des 38 BBesG 2006 (Randnummer 11) die Besoldung der Richter einzig vom Lebensalter abhängig gemacht hat, verstieß diese Art der Besoldung klar gegen die Richtlinie 2000/78/EG und war gemäß deren Artikel 16 Buchstabe a und Artikel 18 bis spätestens aufzuheben. Der Landesgesetzgeber hatte keinen Gestaltungsspielraum in der Frage, ob 38 BBesG 2006 überhaupt zu ändern ist. Bereits dies begründet einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht. Vgl. EuGH, Urteil vom C-5/94, Rn. 28; EuGH, Urteil vom , C-524/04, Rn Hinzu kommt: Der Bundesrepublik Deutschland war bereits vor Annahme der Richtlinie 2000/78/EG im Jahr 2000 durch den Rat bekannt, dass ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf entstehen wird. Dies lässt sich anhand der Entstehungsgeschichte der Richtlinie nachvollziehen: Weil sich schon damals die Besoldung der Beamten und Richter nach dem Lebensalter richtete, schlug die deutsche Delegation in den Beratungen der Ratsarbeitsgruppe Sozialfragen vor, eine Diskriminierung wegen des Alters mit folgender Ausnahmevorschrift zu rechtfertigen: d) Ansprüche auf eine günstigere Behandlung im Bereich des Entgelts, des Kündigungsschutzes und des Urlaubs, die an das Erreichen eines bestimmten Lebensalters geknüpft sind. Ratsdokument Nr /00 vom , Seite 19 unter Fußnote 42, abrufbar im Internet unter Dieser Vorschlag sollte offenkundig ermöglichen, die Besoldung von Richtern und Beamten nach dem Lebensalter aufrechtzuerhalten. Der Vorsitz notierte hierzu: 53

54 Kommission: kann diesen Zusatz nicht akzeptieren. (ebenda) 138 Damit besteht für die Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahr 2000 Klarheit, dass die Richtlinie eine Differenzierung der Besoldung nach dem Lebensalter nicht zulässt und deshalb das deutsche Besoldungsrecht angepasst werden muss. Bis zum Jahr 2011 gab es aber keinerlei Gesetzesänderung in Bezug auf das für den Kläger geltende Besoldungssystem (und noch nicht einmal zum , weil das Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz das diskriminierende Recht im Ergebnis fortschreibt, hierzu sogleich sowie unter Randnummer 175 ff.). 139 Das gesetzgeberische Unterlassen stellt damit einen offenkundigen und erheblichen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht im Sinne der zitierten Entscheidung des Gerichtshofs vom in der Rechtssache Brasserie du Pêcheur dar. Die verletzten Vorschriften der Artikel 1, Artikel 2 Absatz 2, Artikel 16 Buchstabe a und Artikel 18 RL 2000/78/EG haben ein hohes Maß an Klarheit und Genauigkeit: Artikel 16 Buchstabe a RL 2000/78/EG verlangt eine Aufhebung diskriminierender Vorschriften die dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen. Ein Rechtsirrtum ist angesichts dieser eindeutigen Formulierung nicht möglich. Zudem war dem Gesetzgeber, wie eben dargelegt, der Umsetzungsbedarf wegen der vorangegangenen Beratungen in der Ratsarbeitsgruppe wohlbekannt. 140 Obwohl die Richtlinie bereits seit vielen Jahren in Kraft war, hat der Landesgesetzgeber erst im Jahr 2011 eine Tätigkeit entfaltet. Zum wurde durch das Berliner Besoldungsneuregelungsgesetz die Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz mit Modifikationen auf das Landesrecht übergeleitet und dadurch mit dem Ziel geändert, seine Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2000/78/EG herzustellen. 141 Diese Neuregelung hat allerdings den Zweck verfehlt, die konkrete Berufserfahrung zu honorieren. Hierauf werden wir bei Beantwortung der Frage 7 noch näher eingehen (Randnummer 240 ff.). Zudem durfte der Gesetzgeber ein solches Besoldungs- 54

55 kriterium aus Gründen des nationalen Verfassungsrechts in Abkehr der bisherigen Besoldungsgesetze gar nicht einführen (vgl. hierzu unsere Ausführungen zur Frage 3, Randnummer 37 ff.). Er hat auch entgegen den Anforderungen des Gerichtshofs in der Rechtssache Cadman (C-17/05, Rn. 38) nicht einmal den Versuch unternommen, darzulegen, weshalb Richter aufgrund höherer Erfahrung befähigt sein sollen, ihre Arbeit um bis zu 50 % besser zu erbringen und der Dienstherr davon wirtschaftlich in diesem Umfang profitieren würde (Randnummer 89). Schon diese Umstände begründen jeweils für sich genommen einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht. 142 Das Ziel der Bezahlung von Richtern nach ihrer Berufserfahrung war weder legitim noch konnte es mit der gewählten gesetzgeberischen Maßnahme erreicht werden. Dem Gesetzgeber war somit auch kein Ermessensspielraum bei der Festlegung der gewählten Maßnahmen eröffnet. Vgl. zum Ermessensspielraum des Mitgliedstaates: EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn Eine offenkundige und erhebliche Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums beziehungsweise ein Verstoß gegen die genannte Richtlinie liegt auch in dem Überleitungsrecht, weil die Altersdiskriminierung für die bis dahin ernannten Richter offenkundig nicht beseitigt worden ist. Das bis dahin geltende Recht wird de facto unverändert fortgeführt. Wir werden hierzu im Zusammenhang mit der Frage 6 Näheres ausführen. 144 Der Schaden des Klägers liegt darin, seit dem nicht gemäß der (nach Auffassung des Gesetzgebers amtsangemessenen) Stufe des Endgrundgehalts bezahlt zu werden. Hätte der Gesetzgeber die altersdiskriminierenden Vorschriften des Besoldungsrechts entsprechend der Verpflichtung aus Artikel 16 Buchstabe a RL 55

56 2000/78/EG aufgehoben, hätte er schon damals eine diskriminierungsfreie amtsangemessene Besoldung aus dem Endgrundgehalt erhalten. 145 Teil 2 der Frage 4 ist daher wie folgt zu beantworten: Die Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot ergibt sich nicht aus der Richtlinie selbst, sondern nach den Grundsätzen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs. Zur Frage 5 (Zeitnahe Geltendmachung) Steht die Auslegung des europäischen Primär- und/oder Sekundärrechts einer nationalen Maßnahme entgegen, den (Nach-)Zahlungs- oder Schadensersatzanspruch davon abhängig zu machen, dass die Richter ihn zeitnah geltend gemacht haben? 146 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom entschieden, das Unionsrecht stünde einer nationalen Vorschrift, nach der ein Beamter Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des laufenden Haushaltsjahrs, geltend machen muss, nicht entgegen, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Es sei Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzungen in den Ausgangsverfahren erfüllt sind. EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn I. Keine Vorschrift zur zeitnahen Geltendmachung 147 Eine solche Vorschrift, die eine zeitnahe Geltendmachung erfordert, gibt es im deutschen Recht gar nicht: Sie ist in keinem Gesetzblatt veröffentlicht. Nirgends steht geschrieben, dass ein Beamter oder Richter übergesetzliche Ansprüche im laufenden Haushaltsjahr geltend machen soll. Die Verwaltung missinterpretiert eine 56

57 Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, um berechtigte Ansprüche des Klägers abzuwehren (Randnummer 150 ff.). II. Kompetenzbereich des Gerichtshofs wird geschützt 148 Dem Gerichtshof war in der Rechtssache Specht offenbar auch nicht unterbreitet worden, dass das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung allein der Gewährung von Vertrauensschutz bei einer rückwirkenden gesetzlichen Neuregelung dient, diese aber im Bereich des Europarechts allein in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt. Weiter wurde dem Gerichtshof nicht mitgeteilt, dass das Bundesverfassungsgericht den Kompetenzbereich des Gerichtshofs ausdrücklich schützt, indem es anordnet, dass die zurückwirkenden Folgen einer Vorabentscheidung durch die deutschen Gerichte nicht eingeschränkt werden können: Die Möglichkeiten mitgliedstaatlicher Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt. Entscheidungen des Gerichtshofs im Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV wirken grundsätzlich ex tunc. Die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof ist deshalb von den mitgliedstaatlichen Gerichten auch auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, die vor Erlass der Vorabentscheidung begründet wurden. Der Gerichtshof schränkt nur ausnahmsweise in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten, die seine Entscheidung bei in gutem Glauben begründeten Rechtsverhältnissen für die Vergangenheit hervorrufen kann, die Rückwirkungen seiner Entscheidung ein (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, Rs. C-61/79, Denkavit, Slg. 1980, S Rn. 16 f.; strspr). Vertrauensschutz kann von den mitgliedstaatlichen Gerichten demnach nicht dadurch gewährt werden, dass sie die Wirkung einer Vorabentscheidung zeitlich beschränken, indem sie die nationale Regelung, deren Unvereinbarkeit mit Unionsrecht festgestellt wurde, für die Zeit vor Erlass der Vorabentscheidung anwenden. Eine solche primärwirksame Wirkung des Vertrauensschutzes lässt der Gerichtshof regelmäßig nicht zu, da er im Hinblick auf die einheitliche Geltung des Unionsrechts davon ausgeht, dass nur er selbst die Wirkung der in seinen Entscheidungen vorgenommenen Auslegung zeitlich beschränken könne (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 1980, a.a.o., Rn. 18; strspr). Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 2661/06, juris Rn. 83f. 57

58 149 Ebenso schützt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Kompetenzbereich des Gerichtshofs: Unabhängig davon hat der EuGH im Urteil vom (a.a.o.) [EuGH, Urteil vom C-267/06 (Maruko), juris Rn. 77] entschieden, er könne sich mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Störungen, zu denen sein Urteil im Hinblick auf in der Vergangenheit liegende Vorgänge führen könnte, ausnahmsweise dazu veranlasst sehen, die Möglichkeit für die Betroffenen zu beschränken, sich auf die Auslegung zu berufen, die der Gerichtshof einer Bestimmung im Wege der Vorabentscheidung gegeben habe. Eine solche Beschränkung könne nur der Gerichtshof selbst, und zwar in eben dem Urteil aussprechen, das über die erbetene Auslegung entscheide. Eine solche Beschränkung hat der EuGH in seinem Urteil vom (a.a.o.) [EuGH, Urteil vom C-147/08 (Römer)] nicht vorgenommen und im Übrigen im Urteil vom (- C 208/90 Emmott -, Slg S. I-04269) ausgeführt, solange eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden sei, seien die Einzelnen nicht in die Lage versetzt worden, in vollem Umfang von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen. Dieser Zustand der Unsicherheit für die Einzelnen dauere auch nach dem Erlass eines Urteils an, in dem der Gerichtshof die Ansicht vertreten habe, dass der betroffene Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht nachgekommen sei, selbst wenn der Gerichtshof festgestellt habe, dass die eine oder andere Bestimmung der Richtlinie hinreichend genau und unbedingt sei, um vor den nationalen Gerichten in Anspruch genommen werden zu können. Nur die ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie beende diesen Zustand der Unsicherheit, und erst mit dieser Umsetzung werde die Rechtssicherheit geschaffen, die erforderlich sei, um von den Einzelnen verlangen zu können, dass sie ihre Rechte geltend machten. Hieraus folge, dass sich der säumige Mitgliedstaat bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen könne, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen dieser Richtlinie verliehenen Rechte gegen ihn erhoben habe, und dass eine Klagefrist des nationalen Rechts erst zu diesem Zeitpunkt beginnen könne. Danach kann für den unionsrechtlichen Anspruch des Klägers eine zeitnahe Geltendmachung nicht verlangt werden. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom S 797/12, juris Rn. 49. Zitate in den eckigen Klammern durch den Unterzeichner ergänzt. Ebenso: Verwaltungsgericht Wiesbaden, Urteil vom K 1392/11.WI, juris Rn

59 III. Verfassungsrechtlicher Rahmen 150 Die gesetzlich nicht geregelte Frage der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen wird grundsätzlich nur relevant, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Norm wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz für nichtig erklärt. Aus der Verwerfung einer Norm folgt im Regelfall die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Rechtslage auch rückwirkend (bezogen auf den gerichtlich als relevant festgestellten Zeitraum) umzugestalten. Unter die rückwirkende Umgestaltung würden alle Personen fallen, die vom Tatbestand erfasst werden. Wenn haushaltswirtschaftlich relevante Normen rückwirkend umgestaltet werden, könnte folglich ein großer Personenkreis auf der neuen gesetzlichen Grundlage Leistungen fordern (soweit nichts anderes durch die Behörden bestandskräftig festgestellt wurde oder die Ansprüche bereits verjährt sind). 151 Deshalb erwägt das Bundesverfassungsgericht in solchen Fällen, ob wegen des Bedürfnisses des Gesetzgebers für eine verlässliche Finanz- und Haushaltsplanung die Norm nur eingeschränkt verworfen wird. Der Gesetzgeber darf dann mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Bundesverfassungsgerichts eine Neuregelung auf diejenigen begrenzen, die den ihnen von Verfassungs wegen zustehenden Anspruch zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres, gerichtlich geltend gemacht haben, ohne dass über ihren Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. Eine später eintretende Rechtshängigkeit ist unschädlich, wenn die Klage wegen der für ein regelmäßig erforderliches Vorverfahren benötigten Zeit nicht rechtzeitig erhoben werden konnte. 152 Im Bereich der Beamtenbesoldung hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der einschränkenden Verwerfung einer Norm entwickelt und dies mit einem wechselseitigen Treueverhältnis begründet. Daraus ergebe sich die Pflicht des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Die Alimentation des Beamten erfolge aus gegenwärtig zur 59

60 Verfügung stehenden Haushaltsmitteln; der Haushaltsplan unterliegt regelmäßig der jährlichen parlamentarischen Bewilligung. Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 1/86, juris Rn ; ferner: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1397/09, juris Rn. 82; Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvL 4/10, juris Rn. 187f. 153 Ähnliche Überlegungen stellt das Bundesverfassungsgericht nicht nur bei der Beamtenbesoldung, sondern auch im Steuerrecht an. Eine eingeschränkte Verwerfung ist immer eine Frage des Einzelfalls, bei der den fiskalischen Interessen nicht automatisch der Vorrang eingeräumt wird. So hat das Bundesverfassungsgericht eine eingeschränkte Verwerfung einer verfassungswidrigen Norm - auch in der Beamtenbesoldung - abgelehnt, wenn der Anwendungszeitraum der Regelung kurz, die Verfassungsmäßigkeit stets umstritten oder die Auswirkungen auf den Haushalt gering waren. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08 (pauschale steuerliche Anerkennung von Fahrtkosten zur Arbeitsstätte), juris Rn. 89; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1397/09, juris Rn. 84 (Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern bei der Gewährung von Familienzuschlägen in der Beamtenbesoldung). 154 Nur bei einer sogenannten Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts kommt eine Prüfung der zeitnahen Geltendmachung durch die Fachgerichte in Betracht. Stellt das Bundesverfassungsgericht ein verfassungswidriges Gesetz fest, kann es die Fachgerichte für den Fall der Untätigkeit des Gesetzgebers ermächtigen, ab einem bestimmten Tag Ansprüche nach den verfassungsgerichtlichen Maßstäben zuzusprechen. Da in einem solchen Fall ein verfassungsrechtlicher Anspruch ohne spezialgesetzliche Grundlage geltend gemacht wird, dürfen die Gerichte ein Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung prüfen. Voraussetzung ist aber 60

61 auch hier, dass der Gesetzgeber aus der zu vollstreckenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur zur nachträglichen Korrektur in den Grenzen einer zeitnahen Geltendmachung durch die Beamten verpflichtet worden ist. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 16/07; juris Rn. 17 (Alimentationsanspruch von Beamten mit kinderreichen Familien). 155 Wenn der Gesetzgeber den Verfassungsverstoß rückwirkend behebt, steht ihm der übliche Gestaltungsspielraum zu. Daher ist das Parlament nicht an die eingeschränkte Verwerfung der Norm gebunden und kann aus Gerechtigkeit rückwirkend auch diejenigen Betroffenen begünstigen, die ihre Ansprüche zuvor nicht geltend gemacht haben. Ob die Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden müssen, steht folglich unter dem Gesetzesvorbehalt. 156 Daraus folgt: Die zeitnahe Geltendmachung ist weder durch Gesetz oder andere normative Vorschriften geregelt noch ist sie ein allgemeiner Grundsatz des Beamtenrechts. Die Frage ist außer bei einer Vollstreckungsanordnung nur vom Bundesverfassungsgericht zu erörtern. Sie wird nur bei der Verwerfung eines verfassungswidrigen Gesetzes und der notwendigen gesetzlichen Neuregelung relevant. Der Gesichtspunkt richtet sich an den Gesetzgeber und muss von diesem in Erfüllung des besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts erst in positives Recht umgesetzt werden, um Wirksamkeit zu erlangen. Zuvor kann dieser Gesichtspunkt von der Verwaltung nicht als Einrede ins Feld geführt werden. Zum Ganzen: Verwaltungsgericht Frankfurt/Main, Urteile vom K 8/12.F (juris Rn. 53ff), 9 K 1175/11.F, 9 K 5034/11.F, 9 K 5036/11.F. 157 Im Gegensatz zu einer Verwerfung eines verfassungswidrigen Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht wird im vorliegenden Fall über die Auslegung der bereits seit dem unmittelbar geltenden Richtlinie RL/2000/78 EG entschieden. 61

62 Die zurückwirkenden Folgen seiner Entscheidung kann deshalb nur der Gerichtshof selbst einschränken. IV. Treuepflicht des Staates gegenüber seinen Bediensteten 158 Während der Mitgliedstaat Treuepflichten der Beamten und Richter konstruieren möchte, um dessen berechtigte Ansprüche auf unberechtigte Weise abzuwehren, übersieht er, dass er im vorliegenden Fall selbst massiv die ihm obliegenden Treuepflichten missachtet hat: 1. Unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie 159 Eine zeitnahe Geltendmachung kann schon deshalb nicht gefordert werden, weil die Richtlinie 2000/78/EG seit dem unmittelbar anwendbar ist. Seither sind alle Träger öffentlicher Gewalt der Mitgliedstaaten verpflichtet, diese Bestimmungen anzuwenden. EuGH, Urteil vom Rechtssache 103/88, Rn. 29 bis Aus diesem objektiv-rechtlichen Charakter des Vorrangs und der unmittelbaren Wirkung des europäischen Rechts folgt, dass der Beschäftigte nicht zuvor einen Antrag stellen muss, schon gar nicht zeitnah. Ein solches Erfordernis würde auch gegen den Grundsatz des effet utile verstoßen. EuGH, Urteil vom C-429/09 (Fuß), Rn Mit der Verpflichtung der Verwaltung, eine nicht vollständig umgesetzte Richtlinie unmittelbar anzuwenden und damit das entgegenstehende nationale Recht unangewendet zu lassen, ist der Grundsatz von Treu und Glauben verbunden. Er 62

63 schließt es aus, dass sich ein Mitgliedstaat auf seine Umsetzungssäumnis beruft. Aus der Wechselseitigkeit der beamtenrechtlichen Treuepflicht folgt, dass es der Seite, die sich treuwidrig verhalten hat, verwehrt ist, treues Verhalten der anderen Seite einzufordern. Das beklagte Land durfte angesichts seines eigenen treuwidrigen Verhaltens deshalb nicht darauf vertrauen, es werde ohnehin nur solche Besoldungsansprüche erfüllen müssen, die zeitnah geltend gemacht worden sind. Ebenso: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im zitierten Urteil (Randnummer 149) vom S 797/12, juris Rn. 49; Verwaltungsgericht Frankfurt/Main, Urteile vom K 8/12.F (juris Rn. 60), 9 K 1175/11.F, 9 K 5034/11.F, 9 K 5036/11.F. 2. Unterrichtungspflicht des Mitgliedstaates 162 Solange eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt wurde, sind die Bürger nicht in die Lage versetzt worden, in vollem Umfang von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen. EuGH, Urteil vom C-208/90, Rn Die Beamten und Richter haben wegen der fehlenden Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG und der beharrlichen Weigerung des beklagten Landes, eine Altersdiskriminierung einzugestehen, weder Kenntnis von höheren Besoldungsansprüchen noch Kenntnis davon, dass sie solche Ansprüche innerhalb des Haushaltsjahres geltend machen sollen. Sie gehen vielmehr davon aus, dass sich ihr Dienstherr rechtmäßig verhält und höherrangiges Recht beachtet. 164 Der Dienstherr hat seine Bediensteten auch nicht darüber aufgeklärt, dass er beabsichtigt, eine fehlende zeitnahe Geltendmachung einzuwenden. Die Beamten und Richter vertrauen darauf, dass die allgemeinen Verjährungsregeln Anwendung fin- 63

64 den, die eine Frist von drei Jahren ab Kenntnis des Anspruchs und Zumutbarkeit der Klageerhebung vorsehen. Das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung ist eine absolute Besonderheit, deren Voraussetzungen und Reichweite nicht geläufig ist. Selbst in der juristischen Ausbildung gehört die zeitnahe Geltendmachung weder zum Pflichtstoff noch sonst zum üblichen Lern- oder Prüfungsstoff, so dass selbst der überwiegenden Mehrheit der Richter die verfassungsrechtlichen Hintergründe nicht bekannt sind. 165 So Beamte oder Richter davon Kenntnis erlangt haben, sorgen sich viele außerdem um Nachteile im Beruf (z.b. bei Bewerbungen um andere Stellen) und nehmen von einer Einforderung gegenüber ihrem Dienstherrn Abstand. Sie wollen nicht das Risiko auf sich nehmen, gegen ihn eine sehr kostspielige Klage mit ungewisser Erfolgsaussicht anzustrengen. Eine auf die Altersdiskriminierung gestützte Klage war bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Hennings und Mai auch nicht zumutbar, weil bis dahin die Rechtmäßigkeit der Bezahlung nach dem Alter nie erfolgreich in Frage gestellt worden ist. Vielmehr hat die höchstrichterliche Rechtsprechung noch vor der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie 2000/78/EG den weiten Spielraum des Gesetzgebers in der Ausgestaltung des Besoldungsrechts hervorgehoben und das Aufsteigen in den Grundgehaltsstufen der Beamtenbesoldung für verfassungsgemäß erklärt. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvL 16/02, juris Rn. 48 (mit Gesetzeskraft). 166 Bis zu der genannten Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Hennings vom gab es gegen die altersdiskriminierende Besoldung von Beamten und Richtern soweit aus juristischen Datenbanken ersichtlich keine erfolgreichen Klagen. Die Ansprüche der Beamten sind damals noch rechtskräftig abgewiesen worden. Sie haben sie rechtskräftig verloren und können heute an der zwischenzeitlichen positiven Entwicklung in der Rechtsprechung nicht mehr teilhaben. 64

65 Angesichts solcher Folgen verbietet das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot (effet utile) ein Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung. Auch dadurch wird im Übrigen in beeindruckender Weise deutlich, dass den Richtern ihre damaligen aus der Richtlinie RL/2000/78 EG resultierenden Rechte wegen der mangelhaften Umsetzung der Richtlinie durch das beklagte Land nicht bekannt waren. Deshalb kann von ihnen auch nicht verlangt werden, dass sie ihre Ansprüche zeitnah hätten geltend machen müssen. 167 Demgemäß hat der Kläger seinen Antrag vom und seine Klage vom primär auf die fehlende Amtsangemessenheit der Besoldung gestützt, weil sie sechs Jahre lang überhaupt nicht erhöht wurde, geschweige denn an die Inflation angepasst worden wäre. Der Schwerpunkt des Ausgangsverfahrens liegt erst seit der Entscheidung in der Rechtssache Hennings auf der Frage der Altersdiskriminierung. Eine allein auf der Altersdiskriminierung basierende Klage hätte der Kläger zuvor angesichts des enormen Kostenrisikos und der aus damaliger Sicht völlig fehlenden Erfolgsaussichten nicht erhoben. V. Verhältnismäßigkeit 168 Unter dem Gesichtspunkt der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ist auch die Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Die Maßnahme, eine zeitnahe Geltendmachung zu fordern, darf nicht über das Notwendige hinausgehen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. 169 Die zeitnahe Anmeldung soll dem Bedürfnis des Gesetzgebers nach einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung dienen (vgl. Randnummer 151 f.). 170 Dies setzt mindestens voraus, dass dem Gesetzgeber die einzelnen Anträge und Gerichtsverfahren überhaupt bekannt gegeben werden, damit das Parlament Berechnungen über das finanzielle Risiko durchführen kann. Der Landesregierung (Berliner 65

66 Senat) war es jedoch zu aufwändig, dem Abgeordnetenhaus diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Anlässlich einer Verurteilung des Landes durch das Landesarbeitsgericht zur Bezahlung von jüngeren Angestellten des öffentlichen Dienstes aus der höchsten Lebensaltersstufe Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom Sa 2244/07 (nachfolgend beim Gerichtshof als Rechtssache C-298/10 Mai) wollte eine Abgeordnete wissen, ob und wie viele Klagen bzw. Beschwerden aufgrund dieses Urteils erhoben worden seien. Die Regierung antwortete: Nein, es ist nicht bekannt, wie viele Klagen und Beschwerden auf Grund des Urteils vom erhoben wurden. Klagen und Beschwerden wurden in der Regel bei den zuständigen Personalstellen geltend gemacht. Eine zentrale Erfassung gibt es nicht. Die Anzahl der Klagen und Beschwerden wäre nur durch eine Umfrage bei allen zuständigen Personalstellen der einzelnen Dienststellen des Landes Berlin zu ermitteln. Wegen des unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwandes hat der Senat hierauf verzichtet. Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 17/10701, Seite 1. Antwort der Senatsverwaltung für Finanzen vom auf Frage Dies zeigt: Weder im Vorfeld der genannten Gerichtsentscheidung noch danach hat es das Land Berlin für erforderlich gehalten, Zahlen über Widersprüche oder gar Klagen überhaupt erst zu erheben. Das Land hat der Bildung von Rückstellungen somit weder im Vorfeld der Entscheidung noch im Nachgang hierzu irgendeine Bedeutung beigemessen. 172 Es stellt eine unverhältnismäßige Maßnahme dar, für die Zwecke des Gesetzgebers von Richtern oder Beamten einen zeitnahen Antrag zu fordern, wenn der Regierung die Anzahl der Widersprüche gleichgültig ist und sie sich selbst auf Nachfrage nicht veranlasst sieht, diese Informationen dem Parlament zur Verfügung zu stellen. Offensichtlich sind solche Informationen nicht von Belang und das Erfordernis eines Antrags daher überflüssig. 66

67 173 Im Übrigen sollte schon das erste Gerichtsverfahren dem Gesetzgeber Anlass geben, sich mit dem finanziellen Risiko auseinanderzusetzen. Für ihn entsteht bereits Handlungsbedarf, wenn in einem einzelnen Verfahren höchstrichterlich die Unvereinbarkeit der Besoldung mit höherrangigem Recht festgestellt wird. Ob in anderen Instanzen noch weitere Verfahren anhängig sind, ist mit der Klärung der Rechtslage durch das Gericht der höchsten Instanz zur Ermittlung der finanziellen Auswirkungen einer rückwirkenden Anwendung nicht weiter relevant. VI. Ergebnis 174 Die Frage 5 ist wie folgt zu beantworten: Das europäische Recht steht dem Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung entgegen, wenn die Ansprüche mit der Verletzung des Gemeinschaftsrechts begründet werden. Es steht alleine im Kompetenzbereich des Gerichtshofs, die rückwirkenden Folgen einer Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu beschränken. Zur Frage 6 (Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht) Falls die Fragen 1 bis 3 bejaht werden: Ergibt die Auslegung des europäischen Primär- und/oder Sekundärrechts, dass ein Überleitungsgesetz, mit dem die Bestandsrichter allein nach dem Betrag ihres gemäß dem alten (diskriminierenden) Besoldungsrecht zum Überleitungsstichtag erworbenen Grundgehalts einer Stufe des neuen Systems zugeordnet werden, und nach welchem sich der weitere Aufstieg in höhere Stufen sodann unabhängig von der absoluten Erfahrungszeit des Richters im Wesentlichen nach den seit Inkrafttreten des Überleitungsgesetzes hinzugewonnenen Erfahrungszeiten bemisst, eine bis zum jeweiligen Erreichen der höchsten Besoldungsstufe fortdauernde Perpetuierung der bestehenden Altersdiskriminierung darstellt? 67

68 175 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass durch das Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz (BerlBesÜG) eine diskriminierende Situation fortgesetzt wurde, in der Beamte allein wegen ihres Einstellungsalters ein geringeres Gehalt beziehen als andere Beamte, obwohl sie sich in einer vergleichbaren Situation befinden. EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn. 58; vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot in jener Rechtssache, Rn Dies trifft in demselben Maß auf die Besoldung der Richter zu. Auch sie wurden entsprechend ihrem bisherigen Gehalt und damit alleine auf der Grundlage ihres Alters in das neue Recht übergeleitet. Mit der gesetzlichen Neuregelung setzt sich die Altersdiskriminierung deshalb unvermindert fort. Dies zeigt schon der Umstand, dass eine Erhöhung der Besoldung des Klägers nach wie vor alle zwei bzw. drei Jahre im Monat des Geburtstages erfolgt. Bei einer Bezahlung nach Diensterfahrung würde die Erhöhung zum jeweiligen Jahrestag seiner ersten Ernennung erfolgen. 177 Die Neuregelung hat mithin zur Behebung des rechtswidrigen Zustandes nichts beigetragen. Im Gegenteil: Beim Kläger hat sich die Altersdiskriminierung sogar vertieft. Durch die Neugestaltung der Erfahrungsstufen wird er die Endstufe nicht schon mit 49 Jahren, sondern erst mit 50 Jahren erreichen. Zwar mag der Kläger bis zur Erreichung der Endstufe insgesamt eine etwas höhere Besoldung erhalten, wenn man sie mit der vorherigen Regelung vergleicht. Maßgebend ist allerdings, dass dem Kläger tatsächlich die Bezahlung aus dem Endgrundgehalt zusteht, die er beanspruchen kann, weil er das gleiche Pensum erbringt wie alle anderen Richter auch (Randnummer 112 ff.). Diese amtsangemessene Besoldung wird er nun erst etwa ein Jahr später erhalten. 178 Die Frage 6 ist daher wie folgt zu beantworten: Eine Übergangsregelung, die zu einer unbegrenzt fortdauernden Ungleichbehandlung führt, steht nicht im Einklang mit den Artikeln 2 und 6 RL 2000/78/EG. 68

69 Zur Frage 7 / Teil 1 (Rechtfertigung der Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht durch den Besitzstand) Falls auch die Frage 6 bejaht wird: Steht die Auslegung des europäischen Primärund/oder Sekundärrechts einer Rechtfertigung dieser unbegrenzt fortdauernden Ungleichbehandlung mit dem gesetzgeberischen Ziel entgegen, nach welchem mit dem Überleitungsgesetz nicht (nur) der zum Überleitungsstichtag bestehende Besitzstand der Bestandsrichter, sondern (auch) die Erwartung des ihnen nach dem alten Besoldungsrecht prognostisch zugewendeten Lebenseinkommens in der jeweiligen Besoldungsgruppe geschützt und Neurichter besser als Bestandsrichter besoldet werden sollen? I. Kein Übergang in eine diskriminierungsfreie Rechtslage 179 Die Bezahlung der Richter hat, wie bei Beantwortung der Frage 3 dargelegt, ausschließlich nach dem übertragenen Amt, nicht aber nach Erfahrung, Leistung oder Alter zu erfolgen. Dies bedeutet, dass die Zielregelung, zu der die Übergangsregelung hinführen soll, nämlich die Alimentation der Richter nach Erfahrung, rechtswidrig ist. Die Neuregelung diskriminiert jüngere Richter weiterhin wegen ihres Alters (Randnummer 235 ff.). Die Rechtswidrigkeit der Zielregelung schlägt auch auf die Überleitungsregelung durch. Das Überleitungsgesetz sorgt nicht für den notwendigen Übergang von einem europarechtswidrigen Rechtszustand in eine diskriminierungsfreie Rechtslage. Es verfolgt damit keinen legitimen Zweck. In der Konsequenz sind alle Richter aus der Endgrundgehaltsstufe zu bezahlen (Randnummer 103 ff.). Die Frage nach der Rechtfertigung einer Übergangsregelung stellt sich nicht, wenn alle Richter gleichgestellt werden müssen. Niemand erleidet hierdurch Nachteile. 180 Aber selbst wenn eine gestufte Bezahlung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wäre: Der Gerichtshof hat die Rechtfertigung einer fortdauernden Diskriminierung 69

70 davon abhängig gemacht, dass diese schrittweise abgebaut wird bzw. davon, dass die diskriminierenden Auswirkungen schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung verschwinden. EuGH, Urteil vom Rn. 79 und 96 f. C-297/10 und C-298/10 (Hennings und Mai), 181 Die Diskriminierung endet jedoch erst, wenn der Kläger durch Erreichen des entsprechenden Lebensalters selbst der privilegierten Gruppe angehört. Der diskriminierende Vorsprung älterer Richter gegenüber dem Kläger bleibt systemisch für einen Zeitraum von fünfzehn Jahren gewahrt. Jüngere Richter bleiben noch länger diskriminiert, weil sie das entsprechende Alter erst später erreichen werden. Ein wenigstens schrittweiser Abbau der Diskriminierung findet nicht statt. Dies liegt daran, dass die Richter unabhängig von ihrer tatsächlichen Berufserfahrung übergeleitet wurden. 182 In diesem Zusammenhang ist auch bei den Richtern die Besonderheit zu berücksichtigen: Sie erbringen das gleiche Arbeitspensum, ohne dass der Dienstherr einem Leistungsfähigeren mehr oder anspruchsvollere Aufgaben zuweisen könnte, und sie entscheiden Fälle gleicher Art unabhängig von ihrer Erfahrung. Der Zuschnitt eines Richterreferats hängt in keinerlei Weise von der Erfahrung des mit dem Referat befassten Richters ab (Randnummer 54 ff.). Die Diskriminierung entsteht deshalb zum Nachteil aller jüngeren Richter, denen trotz gleicher Arbeit nicht die gleiche Besoldung gewährt wird wie den älteren. Das Alter bei der Ernennung ist somit nicht mehr prägend für die Frage der Diskriminierung, da selbst die Diensterfahrung keine unterschiedliche Bezahlung von Richtern rechtfertigt. 70

71 II. Zum Besitzstand 183 Das Land Berlin ist der Auffassung, dass es entgegen der in Randnummer 180 genannten Vorgaben des Gerichtshofs nicht für eine schrittweise Absenkung der Diskriminierung zu sorgen gehabt hätte, weil der Besitzstand der älteren Richter und das prognostizierte Lebenseinkommen gewahrt bleiben sollten. 184 Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist. Er hat für die Beamten festgestellt, dass durch die Überleitungsregelung Einkommensverluste vermieden wurden und das Gesetz geeignet war, den Besitzstand zu gewährleisten. EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn. 64 bis Auch zur Gewährleistung des Besitzstands einer Personengruppe darf die einschränkende Maßnahme jedoch nicht über das zur Wahrung des Besitzstandes Erforderliche hinausgehen. EuGH, Urteil vom C-297/10 und C-298/10 (Hennings und Mai), Rn. 90, 96f. 186 Der Besitzstand der Bestandsrichter hätte aber auch auf die vom Vorlagegericht dargestellte Weise erreicht werden können: Man hätte alle Richter so eine einheitliche Bezahlung nicht als zwingend anzusehen wäre unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Berufserfahrung in eine neue Erfahrungsstufe überleiten können. Derjenige, der noch nicht die seiner Stufe entsprechende Erfahrung hatte, hätte seine bisherige Besoldung weiterbezogen. Die nächste Stufe hätte er allerdings erst mit der entsprechenden Erfahrung erreicht. 187 Der Bestandsrichter hätte keine geringere Besoldung erhalten als zuvor. Allerdings wäre seine Erwartung enttäuscht worden, die nächste Altersstufe früher zu errei- 71

72 chen. Sein voraussichtliches Lebenseinkommen wäre somit niedriger ausgefallen als prognostiziert. Beamte und Richter haben einen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation, genießen allerdings nach dem deutschen Verfassungsrecht kein Vertrauen darauf, dass die Besoldung entsprechend den bisherigen Stufen steigt. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1/52, 1 BvR 46/52, juris Rn. 40 ff. 188 Demgegenüber hat der Kläger einen europarechtlich verankerten Anspruch darauf, nicht wegen seines Alters benachteiligt zu werden. Der Gesetzgeber versucht folglich, einen Verstoß gegen höherrangiges Recht mit einem nicht geschützten Interesse auf tatsächlichen Erhalt des prognostizierten Lebenseinkommens zu rechtfertigen. 189 Der Deutsche Richterbund Landesverband Berlin hat übrigens einen weiteren Vorschlag eingebracht, der jedem Richter die Wahl der individuell günstigsten Lösung eröffnet hätte. Anlässlich der Auseinandersetzungen um die Besoldungsüberleitung hat er im März 2012 folgende Gesetzesänderung vorgeschlagen: Der bisherige Text des 5 BerlBesÜG wird Absatz 1. Es wird folgender Absatz 2 angefügt: (2) Auf Antrag erfolgen die Überleitung rückwirkend zum 1. August 2011 sowie der weitere Aufstieg abweichend von Abs. 1 und 6 in entsprechender Anwendung der 38, 38a BerBesNG vom 9. Juli Durch eine solche Lösung hätte keiner Nachteile erlitten. Hierauf ist die Landesregierung nicht eingegangen. Auch dies belegt deutlich, dass das beklagte Land Berlin kein Interesse an der Beseitigung offensichtlich diskriminierender Regelungen hat, sondern allein die Vermeidung von finanziellen Mehraufwendungen zum Ziel hatte. 72

73 III. Eingeschränktes Ermessen des Gesetzgebers 191 Zwar haben die Mitgliedstaaten bei der Beseitigung der Altersdiskriminierung ein weites Ermessen. EuGH, Urteil vom C-501/12 (Specht), Rn Im Vergleich zu der Entscheidung des Gerichtshofs betreffend die Angestelltengehälter wird die Besoldung der Beamten und Richtern allerdings nicht zwischen Sozialpartnern verhandelt, die einen Ausgleich ihrer Interessen finden und denen gegebenenfalls das Recht zur Kündigung der Vereinbarung zusteht. Vgl. EuGH, Urteil vom C-297/10 und C-298/10 (Hennings und Mai), Rn. 92, Der Einsatz wirtschaftlicher Kampf- und Druckmittel zur Durchsetzung eigener Interessen, insbesondere auch kollektive Kampfmaßnahmen wie das Streikrecht, sind den Beamten und Richtern verwehrt. Der Beamte ist dem Allgemeinwohl und damit zur uneigennützigen Amtsführung verpflichtet und hat bei der Erfüllung der ihm anvertrauten Aufgaben seine eigenen Interessen zurückzustellen. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19. September BvF 3/02, juris Rn. 55; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 1/13, juris Rn. 31 bis Das Bundesverfassungsgericht hat zu der Rechtsstellung der Beamten und den insoweit gleichgestellten Richtern festgestellt: Der Beamte steht dem Staat als seinem Dienstherrn gegenüber, aber dieser Dienstherr ist in seiner Stellung als Gesetzgeber zugleich für die Regelung des Rechtsverhältnisses, die Verteilung der gegenseitigen Rechte und Pflichten allein zuständig und verantwortlich. Der einzelne Beamte hat keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsver- 73

74 hältnisses, insbesondere auf die Höhe seines Gehalts, einzuwirken; ebensowenig ist er nach hergebrachten Grundsätzen befugt, zur Förderung gemeinsamer Berufsinteressen kollektive wirtschaftliche Kampfmaßnahmen zu ergreifen. Er ist auf die Regelung angewiesen, die sein Dienstherr als Gesetzgeber getroffen hat. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1/52, 1 BvR 46/52, juris Rn Es macht einen Unterschied, ob die dargestellte Übergangsregelung durch einen Tarifvertrag getroffen wird, der den Mitgliedern der beteiligten Gewerkschaften zur Abstimmung gestellt wird, oder ob die Übergangsregelung durch ein Gesetz getroffen wird, an dem die betroffenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes keine gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte haben und sich wegen eines menschenrechtswidrigen Verbots von Arbeitskampfmaßnahmen auch nicht auf andere geeignete Weise in die Willensbildung einbringen können. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (III. Sektion) hat im Urteil vom (68959/01 Enerji Yapi-Yol Sen/Türkei) festgestellt, dass ein allgemeines Streikverbot für Angehörige des öffentlichen Dienstes gegen Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt: Das Streikrecht ist nicht absolut. Es kann von Voraussetzungen abhängig gemacht und beschränkt werden. So kann es mit der Gewerkschaftsfreiheit vereinbar sein, Streiks von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verbieten, die im Namen des Staates Hoheitsgewalt ausüben. Ein Streikverbot kann also bestimmte Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes betreffen (s. mutatis mutandis EGMR, Slg VIII Nrn Pellegrin/Frankreich), aber nicht insgesamt für den öffentlichen Dienst ausgesprochen werden, wie das hier der Fall war, und auch nicht für Angestellte von Wirtschafts- oder Industrieunternehmen des Staates. Vorschriften über das Streikrecht müssen so eindeutig und begrenzt wie möglich die Gruppen der betroffenen Angestellten des öffentlichen Dienstes bestimmen. Im vorliegenden Fall war der umstrittene Runderlass allgemein gefasst und verbot allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes uneingeschränkt den Streik, ohne eine Abwägung der in Art. Artikel 11 Absatz 2 EMRK aufgezählten Ziele. Das Streikverbot für die deutschen Beamten und Richter ist nicht speziell im Gesetz geregelt, sondern als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Artikel 33 Absatz 5 GG (Randnummer 67) anerkannt. Da der nationale Gesetzgeber allerdings keine gesetz- 74

75 lichen Bestimmungen im Sinne von Artikel 11 Absatz 2 EMRK erlassen hat und damit das nationale Recht immer noch nicht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention steht, kann der Dienstherr gegen Streikende weiterhin Disziplinarmaßnahmen verhängen, vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 1/13, juris Rn. 59, Die Bediensteten können sich zur Beseitigung der Altersdiskriminierung folglich auch nicht durch (solidarische) Streikmaßnahmen Gehör verschaffen, da ihnen selbige in menschenrechtswidriger Weise verwehrt werden. Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der genannten Entscheidung unmissverständlich entschieden hat, dass ein allgemeines Streikverbot für Angehörige des öffentlichen Dienstes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt, hat der Gesetzgeber auch hier bislang ebenso wenig einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Gewährleistung dieses Rechts gesehen, wie er auch sich auch standhaft einer Beseitigung der im öffentlichen Dienst gegebenen Altersdiskriminierung verschließt. Beides wäre schließlich mit Mehrkosten verbunden. 197 Die Anhörung von Berufsverbänden in Besoldungsfragen ist nicht mit einer Verhandlung zwischen Sozialpartnern auf Augenhöhe gleichzusetzen, da der Gesetzgeber über die Einwände der Berufsverbände hinweggehen kann, ohne Nachteile durch Streikmaßnahmen befürchten zu müssen. Dies wird eindrücklich dadurch bestätigt, dass der Landesgesetzgeber von Berlin seinen Beamten und Richtern von 2004 bis zur Besoldungsänderung im Jahr 2011 gerade einmal eine Gehaltssteigerung von insgesamt 1,5 % zugebilligt hat. Dies war nur möglich, weil den Beamten und Richtern Arbeitskampfmaßnahmen unter Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention untersagt sind. Richter der Besoldungsgruppe R 1 erhielten von August 2004 bis Juli 2010 in der höchsten Altersstufe 5.043,02 Euro (vgl. Randnummer 13); im Juli 2011 erhielten sie 5.118,67 Euro. 75

76 198 Durch seine einzigartige Befugnis, als Arbeitgeber über die Bezahlung einseitig bestimmen zu können, kommt dem Mitgliedstaat eine besondere Verantwortung zu, wenn er unionsrechtlich zur Beseitigung von Diskriminierungen aufgerufen ist. Diese ihm anvertraute Verantwortung schränkt seinen Ermessensspielraum dahingehend ein, dass er für eine effektive Besserstellung der bislang Benachteiligten sorgen muss. Den Benachteiligten fehlt andernfalls jede Möglichkeit, sich gegen die Diskriminierung zur Wehr zu setzen. 199 Eine Erhöhung der Richterbesoldung hätte auch den Aufforderungen des Europarates entsprochen. So untersucht die Europäische Kommission für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) eine Einrichtung des Europarates regelmäßig länderübergreifend die Justizsysteme der Mitgliedstaaten des Europarates. Aus der aktuellen Studie ergibt sich, dass deutsche Richter in der exemplarischen Gruppe der Berufsanfänger das 0,9-fache des landesüblichen Durchschnittslohns erhalten. Evaluation report on European judicial systems, 4th Report, Edition 2012 (2010 data), Tabelle 11.15, Seite 261, Damit liegt Deutschland auf dem letzten Platz im gesamten geografischen Europa. Bereits zuvor hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates im Jahr 2009 mit der Resolution Nummer 1685 (2009) festgestellt, dass der soziale Status der Richter in Deutschland beträchtlich abgenommen hat (Ziffer 4.2.2). Deshalb wurde Deutschland unter Ziffer der Resolution aufgefordert, die Gehälter der Richter anzuheben auf ein Niveau, das der Würde und der Bedeutung ihres Amtes angemessen ist. Damit meint der Europarat das durchschnittliche Richtergehalt aller europäischen Länder im Vergleich zu dem 76

77 Durchschnittseinkommen der allgemeinen Bevölkerung (Ziffer 5.3.2). Im Mittelwert der untersuchten Staaten liegt die Bezahlung von Richtern beim 2,4-fachen des jeweiligen Durchschnittslohns. 201 Im Land Berlin beträgt die Besoldung eines jungen verheirateten Richters mit zwei Kindern hingegen nicht einmal das 1,8-fache des Sozialhilfeniveaus. Der in der Grundtabelle ausgewiesenen Alimentation der Beamten und Richter liegt die Annahme zugrunde, dass sie netto zusammen mit einem Familienzuschlag eine Familie mit bis zu zwei Kindern unterhält (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1039/75, 2 BvR 1045/75, juris Rn. 44, 59). Als Richter erhält der Berufsanfänger zum ein Grundgehalt von 3.566,49 Euro und als verheirateter Vater von zwei Kindern einen Familienzuschlag von 307,39 Euro. Wenn seine Ehefrau kein Einkommen bezieht, verbleiben nach Abzug der Steuern noch 3.352,19 Euro. Zusätzlich erhält er als staatliche Leistung ein Kindergeld von 368,00 Euro. Allerdings muss er für sich und seine Familie auch Prämien für die Krankenversicherung in Höhe von etwa 400,00 Euro zu bezahlen. Es verbleiben unter dem Strich ca ,00 Euro. Mit Sozialhilfe hat die Familie einen Anspruch auf 353,00 Euro je Ehegatten und 229,00 Euro je Kind unter sechs Jahren (1.164,00 Euro), ferner auf Übernahme der Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge sowie der Mietkosten von bis zu 703,00 Euro. Insgesamt erhält die Familie 1.867,00 Euro ausbezahlt. Um nach Abzug von Steuern und Krankenversicherung unter Berücksichtigung von Familienzuschlag und Kindergeld wenigstens das 2,4-fache dieses Sozialhilfesatzes zu erhalten (4.480,80 Euro) müsste das Grundgehalt des neu ernannten Richters um ca ,00 Euro auf etwa 5.100,00 Euro angehoben werden. Zum nationalrechtlich gebotenen Abstand der Beamten- und Richterbesoldung zur Sozialhilfe vgl. auch Stuttmann, Das Deutsche Verwaltungsblatt 2014, Seite 746 ff. 202 Die genannte Resolution des Europarates wird von Deutschland geflissentlich ignoriert, obwohl an den Untersuchungen die später bis zum Jahr 2013 amtierende 77

78 Bundesjustizministerin, Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, mitgewirkt hat. Vgl. die Pressemitteilung des Europarates 712(2009) vom , Das Bundesministerium der Justiz hat unter ihrer Leitung sogar eine darauf bezogene parlamentarische Anfrage unbeantwortet gelassen. Vgl. die Antwort vom zu Frage 2 in der Bundestags-Drucksache 17/1097, die nur das ebenfalls angesprochene Thema der Prozesskostenhilfe behandelt, nicht aber die Frage nach der Besoldung. 204 Eine gerechtere Besoldung nicht nur der Richter, sondern auch der etwa Beamten wäre entgegen den Beteuerungen des beklagten Landes auch mit einem verhältnismäßigen Aufwand zu leisten gewesen. Die Mehrkosten für eine Besoldung von allen Beamten aus dem Endgrundgehalt belaufen sich bezogen auf das Land Berlin auf rund ,00 Euro pro Jahr. Vgl. das Vorblatt zum Gesetzesentwurf vom unter C., Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 16/4078. Der Anteil der Richterbesoldung wird nicht gesondert ausgewiesen. 205 Diesem Aufwand standen im Jahr 2011 Dienstbezüge der Beamten und Richter des Landes Berlin in Höhe von ,00 Euro gegenüber. Vgl. den Haushaltsplan von Berlin für die Haushaltsjahre 2010/2011, Band 1, Anlage 1 Gruppierungsübersicht unter Kennzahl 422 auf Seite Dies bedeutet: Für eine Erhöhung des Besoldungsvolumens von 3,9 Prozent hätte der Landesgesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG denkbar einfach 78

79 und gerecht für alle Beamten und Richter umsetzen können. Die vorliegend relevanten Ausgaben für Richter hätten schon angesichts ihrer überschaubaren Zahl nur einen Bruchteil dieser Mehrkosten ausgemacht. 207 Soweit sich diese Maßnahme nicht schon als zwingende Folge höherrangigen Rechts ergibt, hatte der Haushaltsgesetzgeber einen Gestaltungsspielraum bei der Frage, wie er die Altersdiskriminierung beseitigt (zur Einschränkung dieses Spielraums vgl. Randnummer 191 ff.). Hier liegt allerdings ein Ermessensausfall vor, da er sich mit einer Beseitigung der diskriminierenden Wirkungen nicht befasst hat, sondern lediglich daran interessiert war, die Aufwendungen für die Besoldung der Richter nicht ansteigen zu lassen (vgl. Randnummer 256 ff.). 208 Dabei wäre eine einheitliche Bezahlung aller Richter auch verfassungsrechtlich mit Blick auf das Alimentationsprinzip begründet gewesen. Politisch wäre die Erhöhung mit Blick auf ihre vorangegangenen Beiträge der Richter zur Haushaltskonsolidierung vermittelbar gewesen. Insbesondere hatte der Gesetzgeber den Beamten und Richtern seit dem Jahr 2004 zahlreiche Nullrunden verordnet und ihnen bis zur Besoldungsneuordnung 2011 gerade einmal insgesamt eine Erhöhung der Besoldung von 1,5 % zuteilwerden lassen (Randnummer 195). Noch im Juli 2011 lag die Besoldung der Gruppe R 1 in der Endstufe im Land Berlin mit 5.238,00 Euro etwa 7 % unter derjenigen des Bundes (5.634,01 Euro). Zudem hat das Land Berlin seit Dezember 2006 erhebliche finanzielle Vorteile aus der altersdiskriminierenden Besoldung gezogen, nämlich satte 109 Mio. Euro pro Jahr (Randnummer 204). 209 Eine Erhöhung des Besoldungsvolumens einschließlich der Beamtenbesoldung von 3,9 % wäre auch vertretbar gewesen. Der Dienstherr pflegt mit den Staatsdienern ein Treueverhältnis und fordert uneingeschränkte Loyalität ein. Dabei übersieht er gerne seine eigene Verantwortung, für eine Besoldung zu sorgen, die mit höherrangigem Recht im Einklang steht und amtsangemessen ist. Seine besondere Verpflichtung erwächst aus der nationalen Verfassung, insbesondere aus den Um- 79

80 ständen, dass der Gesetzgeber einseitig die Arbeitsbedingungen bestimmen kann und der Beamte und Richter der Haushaltspolitik hilflos ausgeliefert ist. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 1/52, 1 BvR 46/52, juris Rn. 48, abgedruckt unter Randnummer Die Anpassung der Richter- und Beamtenbesoldung in einer finanziellen Größenordnung von jährlich 109 Mio. Euro (Randnummer 204) ist in den Feldern der Wirtschafts-, Steuer- und Sozialpolitik bei weitem nicht ungewöhnlich. In diesen Bereichen werden noch viel höhere Beträge im Milliardenbereich bereitgestellt, um bevorzugte Projekte zu erfüllen. Auch für Großprojekte, deren Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit keineswegs unumstritten sind, stellt das Parlament viel Geld bereit. So laufen die Kosten für den Flughafen Berlin-Brandenburg völlig aus dem Ruder. An der Flughafengesellschaft ist das Land zu 37 % beteiligt. Beim Beschluss, den Flughafen zu bauen, sollte er 755 Mio. Euro kosten. Heute belaufen sich die Schätzungen auf 5,4 Milliarden Euro, ohne dass ein Eröffnungstermin des Flughafens absehbar ist. Mitteilung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin vom : BER - Flughafen Willy Brandt: Schritt für Schritt zum neuen Flughafen, abrufbar im Internet unter Wegen verschuldeter Planungsfehler und Missmanagement konnte der Flughafen zum geplanten Termin nicht eröffnet werden, was etwa Mehrkosten von knapp 300 Mio. Euro verursacht. Nutzlos muss das Land Berlin monatlich an den Betriebskosten von 35 Millionen Euro seinen Anteil tragen. Der Tagesspiegel, Am BER heben nur die Kosten ab, , abrufbar im Internet unter 80

81 212 Obwohl berechtigte Ansprüche der Beamten und Richter auf Gehaltserhöhungen mit Verweis auf angeblich leere Kassen abgewiesen werden, spielt das Land mit dem Gedanken, Milliarden Euro in die Austragung der Olympischen Sommerspiele im Jahr 2024 zu investieren. Schon für die Bewerbung sind 50 Mio. Euro veranschlagt. Schriftliche Anfrage vom , Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 17/14294; ferner Abgeordnetenhaus Berlin, Ausschussprotokoll 17/39 der Sitzung des Ausschusses für Sport vom , Seite 8. Alleine in Sportstätten wären 2,0 Milliarden Euro zu investieren, vgl. die Broschüre Interessebekundung Berlins für die Olympischen und Paralympischen Spiele, Seite 25, im Internet unter (Mitteilung vom ). 213 Selbst für den Bau eines Stadtschlosses leistet das Land Berlin einen Anteil von 32 Millionen Euro. Vgl. zum finanziellen Beitrag des Landes an dem Wiederaufbau des Schlosses die Angaben des Regierenden Bürgermeisters Wowereit im Abgeordnetenhaus Berlin, Plenarprotokoll 16/11 vom , Seite Solche Kosten müssen an anderen Stellen wiederum eingespart werden. Dies trifft häufig die Beamten und Richter, weil sie ohnehin loyal ihren Dienst leisten müssen und sich nicht durch Streikmaßnahmen wehren dürfen. Wir haben nur einige wenige Beispiele der Haushaltspolitik des Landes benannt, um dem Einwand der mangelnden Finanzierbarkeit zu entgegnen. Zu weiteren finanziellen Risiken aus Großprojekten des Landes vgl. die eindrucksvolle Aufzählung in der schriftliche Anfrage einer Parlamentsabgeordneten vom , Drucksache des Abgeordnetenhauses Berlin 17/ Ein Land, das so fahrlässig mit seinen Steuereinnahmen umgeht, sogar Geld für einen Schlossbau übrig hat und sich obendrein in der finanziellen Lage sieht, 81

82 olympische Sommerspiele auszurichten, kann sich bei der Beseitigung von Diskriminierungen nicht auf eine finanzielle Überforderung berufen. Es wäre ohnehin unerheblich, ob die Mehrforderungen den Arbeitgeber in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringen. Etwaige Probleme, die sich aus der Unzulänglichkeit der vorhandenen finanziellen Mittel für die Angleichung der Leistungen ergeben, sind auf der Grundlage des nationalen Rechts und im Lichte des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu lösen. EuGH, Urteil vom C-200/91, juris Rn Von ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten kann bei Mehrausgaben von 3,9 Prozent für Richter und Beamte nach mehreren Jahren ohne Besoldungserhöhung allerdings wahrlich keine Rede sein. Dass dem Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die maßvolle Erhöhung des Besoldungsvolumens zur Beseitigung der Diskriminierung nicht wert war, verdeutlicht seinen mangelnden Respekt vor dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht. 217 Ob Geld vorhanden ist, hängt in jedem Haushalt von den jeweiligen Prioritäten ab. Nach Zeitungsberichten hatten mehrere Länder im Hinblick auf die gehaltenen Schlussanträge in der Rechtssache Specht umfangreiche Rücklagen gebildet. Der Tagesspiegel vom , Deutsche Beamte dürfen nach Erfahrung bezahlt werden, abrufbar im Internet unter Beispielsweise hat Baden-Württemberg eine Milliarde Euro für Nachzahlungen an die Beamten und für eine Erhöhung ihrer Gehälter reserviert. Diese Vorsorge konnte nicht zuletzt wegen einer positiven Entwicklung des Haushalts bei den Steuereinnahmen und den Zinsbelastungen gebildet werden. Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom wird mit einem Teil dieser Risikovorsorge neu geplant. 82

83 Interview mit dem Finanzminister Nils Schmid in der Stuttgarter Zeitung vom : Irgendwann muss man entscheiden, abrufbar im Internet unter Obwohl eine Gehaltsanpassung überfällig und umsetzbar war, wurde sie vor der Besoldungsreform im politischen Raum gar nicht in Erwägung gezogen. Die Ausübung eines Ermessens zur Behebung der Altersdiskriminierung fand somit nicht statt. Dies mag auch daran liegen, dass es an der politischen Gestaltungskraft mangelt. Ansonsten hätten die Abgeordneten in dem Gesetzgebungsverfahren die erforderliche Beseitigung der Diskriminierung beantragt. Dies ist in anderen Bundesländern nicht anders. Diesen Eindruck muss man auch aus einer Veranstaltung des Vereins der Richter und Staatsanwälte am in Stuttgart mitnehmen. Die anwesenden Richter und Staatsanwälte wurden von den Sprechern aller Fraktionen sogar dazu aufgefordert, mit einer Verfassungsbeschwerde feststellen zu lassen, dass ihre derzeitige Besoldung nicht mehr amtsangemessen ist. Daraus lässt sich folgern, dass die Politik offensichtlich einer gerichtlichen Entscheidung bedarf, um endlich für eine gerechte Besoldung zu sorgen. IV. Neu eingestellte Richter werden besser bezahlt 220 Das vorlegende Gericht weist in der Frage darauf hin, dass neu eingestellte Richter im Vergleich zu den Bestandsrichtern besser bezahlt werden. Dies ist auch im Verhältnis zum Kläger des Ausgangsverfahrens der Fall. 221 Er würde eine bessere Bezahlung erhalten, wenn das neue Besoldungsrecht vollständig ohne Beachtung des Übergangsrechts angewendet würde: Der Kläger hat zwei Jahre Vorerfahrung als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität, die gemäß 38a Absatz 1 Nummer 1 BBesG Bln anzuerkennen wären. Im Mai 2005 wurde er ernannt. Mit seiner Vorerfahrungszeit hätte er bei fiktiver Anwendung von 83

84 38 Absatz 2 und 3 BBesG Bln im Mai 2006 die Stufe 2 erhalten; im Mai 2008 die Stufe 3 und im Mai 2010 die Stufe Tatsächlich sieht 5 in Verbindung mit 2 Absatz 2 des Berliner Überleitungsgesetzes (wiedergegeben im Vorlagebeschluss) eine Überleitung vor, die die tatsächlichen Erfahrungszeiten des Klägers unberücksichtigt lässt. Maßgebend ist alleine der aufgrund des Alters ermittelte vorherige Besoldungsanspruch des Klägers: 3.750,81 Euro entsprachen der bisherigen Altersstufe 5. Nach 2 Absatz 3 des Besoldungsund Versorgungsanpassungsgesetzes 2010/2011 trat zum , dem für die Überleitung maßgeblichen Betrag eine Besoldungserhöhung um zwei Prozent ein: Ab dem 1. August 2011 werden die in Absatz 1 aufgeführten Dienst- und sonstigen Bezüge mit den sich ab dem 1. August 2010 ergebenden Beträgen um 2 vom Hundert erhöht. Die erhöhten Beträge ergeben sich aus den Anlagen 15 bis 19 zu diesem Gesetz. 223 Die Bezüge des Klägers haben sich deshalb von 3.750,81 Euro (Stufe 5 / Lebensalter 35) zum um zwei Prozent auf 3.825,83 Euro erhöht. Entsprechend der Überleitungstabelle (Anlage IV zu dem Gesetz) wurde er deshalb aufgrund seines nach dem Lebensalter bemessenen Gehalts in die Überleitungsstufe zu Stufe 3 übergeleitet, die den Betrag von 3.826,00 Euro und damit ein Grundgehalt in gleicher Höhe vorsah: 224 Seit Februar 2013 erhält der Kläger das Gehalt aus der Stufe 3 statt aus der Stufe 5, in der er gemessen an seiner tatsächlichen Erfahrung sein müsste. 84

85 225 Wegen der fehlenden Anerkennung seiner Erfahrungszeiten erleidet der Kläger bis zum Januar 2026 einen Nachteil von über ,00 Euro. Dies zeigt die folgende Berechnung mit den Grundgehaltssätzen von August Es wird die tatsächliche Besoldung derjenigen gegenübergestellt, die der Kläger unter Anerkennung seiner tatsächlichen Erfahrungszeiten erhalten würde: Beginn Ende Anzahl Monate Ausbezahlte Stufe Ausbezahlter Betrag Erfahrungsstufe Betrag monatlicher Nachteil Summe Aug 11 Apr , ,00 598, ,00 Mai 12 Jan , ,00 818, ,00 Feb 13 Jan , ,00 618, ,00 Feb 15 Apr , ,00 220,00 660,00 Mai 15 Jan , ,00 416, ,00 Feb 17 Apr , ,00 196, ,00 Mai 18 Jan , ,00 378, ,00 Feb 20 Apr , ,00 182, ,00 Mai 21 Jan , ,00 398, ,00 Feb 23 Jan , ,00 216, ,00 Nachteil insgesamt , Dabei wird der Kläger gegenüber zwei Personengruppen benachteiligt: Zum einen gegenüber Richtern, die nach dem ernannt wurden und deren Vorerfahrungszeiten seit Mai 2005 voll anerkannt werden. Es wäre für den Kläger also günstiger gewesen, zwischen Mai 2005 und Juli 2008 einer anderen Tätigkeit nachzugehen und erst dann in die Justiz einzutreten. Dies widerstrebt dem angeblichen Zweck des Gesetzgebers, die konkrete berufliche Tätigkeit zu honorieren (Randnummer 239). 227 Eine Benachteiligung liegt zum anderen gegenüber Richtern und Staatsanwälten vor, die ab dem im Alter von 29 Jahren ernannt wurden. Denn sie wer- 85

86 den in Relation zu ihrer absolvierten Dienstzeit aus einer höheren Stufe bezahlt als der Kläger, der in diesem Alter vor dem Stichtag ernannt wurde. 228 Dabei fällt der durch die Übergangsregelung verursachte finanzielle Nachteil paradoxerweise umso größer aus, je jünger der betreffende Bestandsrichter in den Beruf eingestiegen ist und damit je diensterfahrener er ist. 229 Diese Ungleichbehandlung ist auch nicht gerechtfertigt. Sie entspricht nicht dem verfehlten Ziel des Gesetzgebers, die langjährige Berufserfahrung zu honorieren. V. Ergebnis 230 Der erste Teil der Frage 7 ist wie folgt zu beantworten: Die Maßnahme des Gesetzgebers geht über dasjenige hinaus, was erforderlich ist, um das berechtigte Interesse der Bestandsrichter an ihrem Besitzstand zu schützen. Zur Frage 7 / Teil 2 (Rechtfertigung der Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht durch den Verwaltungsaufwand) Lässt sich die fortdauernde Diskriminierung der Bestandsrichter dadurch rechtfertigen, dass die Regelungsalternative (individuelle Einstufung auch der Bestandsrichter nach Erfahrungszeiten) mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden wäre? 231 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom entschieden, dass die Altersdiskriminierung im Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz gerechtfertigt sei, weil eine Anwendung des neuen Rechts auf alle bereits ernannten Beamten wegen eines hohen Aufwandes zur Ermittlung von Erfahrungszeiten nicht verlangt werden könne (Rn. 75). 86

87 232 Auf den Bereich der Richterbesoldung lässt sich diese Rechtsprechung aus zwei Gründen nicht übertragen Die Zielregelung ist weiterhin altersdiskriminierend: In dem Urteil vom durfte der Gerichtshof davon ausgehen, dass die neue Besoldungsordnung für die ab dem Stichtag ernannten Beamten den unionsrechtlichen Anforderungen entspricht. Es ist nicht bestritten worden, dass Beamte entsprechend der allgemeinen Vermutung (Urteil in der Rechtssache Cadman C-17/05, Rn. 37) nach ihrer Diensterfahrung bezahlt werden können. Bei den Richtern ist eine solche Besoldung nicht zulässig. Ihre Bezahlung ist auch nach dem noch unmittelbar altersdiskriminierend. Sie kann auch nicht mit der Berufserfahrung gerechtfertigt werden, weil alle Richter das gleiche Pensum leisten und der Dienstherr nicht von einem Zuwachs an Berufserfahrung profitiert, er schon gar nicht behaupten kann und darf, dass ein 49jähriger Richter um 50 % mehr leistet als ein 31jähriger Richter (vgl. unter Randnummer 82 und 89). Das Übergangsrecht verfolgt keine legitimen Zwecke (Randnummer 179) Kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand: Da somit bereits die Zielregelung gegen die Vorgaben des europäischen Rechts verstößt, kommt es auf die Vorlagefrage 7 nicht mehr an. Die Zulässigkeit einer Bezahlung nach Erfahrungsstufen unterstellt, wäre eine Umstellung aller Richter und Staatsanwälte wegen der bei ihnen geltenden Besonderheiten aber auch nicht unverhältnismäßig aufwändig gewesen. 87

88 I. Rechtswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung ab August Ziel und Zweck der Neuregelung 235 In Berlin wurden die Besoldungsregelungen ab dem durch das Dienstrechtsänderungsgesetz auf die Weise geändert, dass in 1b des Landesbesoldungsgesetzes die Bestimmungen des Bundesbesoldungsgesetzes auf das Landesrecht übergeleitet wurden. Die Vorschrift lautet: Für die in 1 genannten Personen [unter anderem Beamten und Richter des Landes] gelten 1. das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 ( ) [und weitere bezeichnete Vorschriften] ( ) als Landesrecht fort. Einfügungen in den eckigen Klammern durch den Unterzeichner. 236 In 38, 38a des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln) wurde dabei bestimmt, dass sich das Gehalt als Richter der Besoldungsgruppe R 1 nach Stufen bemisst. Der Wortlaut der Vorschriften ist im Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin wiedergegeben. 237 Die Richtlinie 2000/78/EG war ein maßgebender Grund für die Änderung. Es war ausweislich der Gesetzesbegründung erkannt worden, dass die bisherige Art der Besoldung nach dem Lebensalter europarechtswidrig war. Nach dem bisherigen Besoldungssystem bestimmt sich der Einstieg in die Besoldungstabellen der aufsteigenden Besoldungsordnungen A und R nach dem Besoldungsdienstalter. Der Aufstieg in den Tabellenstufen wird - neben der Leistung des Beamten - durch das Einstiegsalter und die sich anschließenden Aufstiegsintervalle der Besoldungstabelle der jeweiligen Besoldungsordnung bestimmt. Im Hinblick auf die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf wird dieses System auf Grund des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters infolge der jüngsten Rechtsprechung im Tarifbereich kontrovers diskutiert. Vor diesem Hintergrund sieht sich 88

89 die für das Besoldungsrecht zuständige Senatsverwaltung für Inneres und Sport veranlasst, Strukturänderungen zur Klarstellung der Rechtslage vorzunehmen. Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage eines Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, Drucksache 16/4078 vom , Vorblatt, Seite Nach dem Vorbild des Bundesrechts soll sich nun auch im Landesbesoldungsrecht Berlin durch die direkt übergeleiteten Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes das Grundgehalt nicht mehr nach dem Lebensalter, sondern nach sogenannten Erfahrungsstufen bemessen; vgl. 38 BBesG Bln. 239 Um den Anschein der Vereinbarkeit mit der Richtlinie 2000/78/EG zu erzeugen, hat der Gesetzgeber in der Begründung der Neuregelung ausgeführt: Da Erfahrung nicht allein aus einem höheren Lebensalter resultiert, sondern vor allem aus einer konkreten beruflichen Tätigkeit erwächst, soll Anknüpfungspunkt für den Gehaltseinstieg und die weitere Gehaltsentwicklung nicht mehr wie bisher das lebensaltersabhängige Besoldungsdienstalter, sondern die anforderungsgerecht absolvierte Dienstzeit sein. Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage eines Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, Drucksache 16/4078 vom , Seite Verfehlung des Zwecks, die Erfahrung der konkreten beruflichen Tätigkeit zu honorieren 240 Die gesetzliche Regelung verfehlt allerdings den Zweck, die Erfahrung der konkreten beruflichen Tätigkeit zu honorieren. Die Tätigkeiten in der Justiz sind äußerst vielfältig. Es ist üblich, dass Richter gerade während ihrer Zeit in den Erfahrungsstufen die Stelle von Zeit zu Zeit (zum Beispiel nach zwei oder fünf Jahren) wechseln. Wenn nun aber ein Richter zum Beispiel nach zehn Jahren in der Strafabteilung ein zivilrechtliches Referat für Mietsachen übernimmt, verlieren seine strafrechtlichen Kenntnisse völlig an Bedeutung. In der konkreten beruflichen Tätig- 89

90 keit hat dann der junge Kollege Vorteile, der ein solches Referat schon zwei Jahre lang bearbeitet hat und wegen der Vielzahl an Fällen die gängigen Konstellationen bereits kennt. Es hat dann selbst der Berufseinsteiger für diese konkrete Tätigkeit mehr Erfahrung, der in seiner theoretischen und praktischen Ausbildung beim Richter oder Rechtsanwalt einen Schwerpunkt auf das Mietrecht gelegt hat. Die konkrete berufliche Tätigkeit wird aber ebenso wenig berücksichtigt wie der unterschiedliche Wissensstand zur Ausübung der konkreten beruflichen Tätigkeit. Es kommt vielmehr darauf an, vor wie vielen Jahren der Richter ernannt wurde, unabhängig davon, was er zwischenzeitlich konkret gemacht hat oder gar unabhängig davon, ob er vollzeitbeschäftigt war (Randnummer 250). 241 Obendrein werden die Erfahrungszeiten durch 38a BBesG Bln äußerst großzügig ausgedehnt. Bei Betrachtung typischer Erwerbsbiographien richtet sich die Bezahlung deshalb ausschließlich nach dem Lebensalter. Der ältere Richter hat regelmäßig die größere Diensterfahrung als der Jüngere. Je größer der Abstand im Lebensalter, desto unwahrscheinlich ist es, dass der Jüngere dieselbe Erfahrungszeit aufweisen kann. Deshalb liegt auch in der Neuregelung eine unmittelbare Altersdiskriminierung. 242 De facto ist es gleichgültig, was ein Richter in seinem bisherigen Leben geleistet hat. Praktisch alle Elemente einer typischen Erwerbsbiographie führen zum Zuwachs von Erfahrung. Damit ist es gleichgültig, ob ein Richter unmittelbar nach seiner Ausbildung im Alter von 26 bis 30 Jahren in den Staatsdienst eintritt (was in Deutschland häufig ist) oder ob er zuvor einer anderen Tätigkeit nachgeht: 243 a) Es wird angerechnet, wenn der Richter nach dem Abschluss seiner Ausbildung in anderer Weise juristisch bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn tätig war ( 38a Absatz 1 Nummer 1 BBesG Bln). 90

91 244 b) Bis zu zehn Jahre werden juristische Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes angerechnet, z.b. als Rechtsanwalt oder Unternehmensjurist ( 38a Absatz 1 Nummer 2 BBesG Bln). 245 c) Bis zu fünf Jahre werden alle anderen beruflichen Tätigkeiten angerechnet, sogar einschließlich der Ausbildungszeiten ( 38a Absatz 1 Nummer 3 BBesG Bln). Das Gesetz setzt lediglich voraus, dass während dieser Zeiten für die Ausübung des Richteramts förderliche Kenntnisse oder Erfahrungen erworben werden konnten. Es genügt, dass die Tätigkeit für die soziale Kompetenz förderlich ist. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass eine großzügige Anerkennung nichtjuristischer beruflicher Vorerfahrungszeiten im Interesse der Konkurrenzfähigkeit des Landes sei. Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage eines Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, Drucksache 16/4078 vom , Seite Der Richter muss die Kausalität zwischen seiner vormals ausgeübten nichtjuristischen Tätigkeit und einer tatsächlichen Mehrung der Sozialkompetenz nicht führen. Er muss lediglich die konkrete Möglichkeit darlegen, dass die Tätigkeit geeignet war, einen Teil der folgenden Eigenschaften zu bestärken: Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit, Identifikation mit dem Auftrag der Justiz, Fähigkeit zum Verhandeln und Ausgleich, Konflikt- und Entschlussfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, soziales Verständnis, gesellschaftliches Engagement, Gerechtigkeit sowie verantwortungsbewusste Ausübung der anvertrauten Macht. Verwaltungsgericht Berlin im Urteil vom K , juris Rn. 25 bis Es ist kaum ein Berufsbild denkbar, in dem nicht wenigstens ein Teil dieser Sozialkompetenzen eingesetzt und damit abstrakt gefördert wird. Die weite gesetzliche Regelung führt zum Beispiel dazu, dass auch Zeiten als Flugbegleiter und Flug- 91

92 gastabfertiger als Berufserfahrung eines Richters anerkannt werden, wie das vorlegende Gericht in dem zitierten Urteil vom entschieden hat. Solche Ausbildungs- und Berufstätigkeitzeiten stehen einer richterlichen Tätigkeit selbst dann gleich, wenn sie lediglich halbtags ausgeübt wurden. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom K , juris Rn Wenn also jemand fünf Jahre lang halbtags am Flughafen den Fluggästen die Boardingpässe ausgestellt hat, ist er bei seiner Ernennung nach der Wertung des Gesetzgebers schon genauso diensterfahren wie ein Richter, der fünf Jahre lang in Mordprozessen Berichterstatter war. 249 Es ist schon darauf hingewiesen worden (Randnummer 226), dass es für den Kläger demnach günstiger gewesen wäre, er wäre bis zur Besoldungsreform einer anderen Tätigkeit nachgegangen und hätte zum Beispiel halbtags Boardingpässe ausgestellt. In diesem Fall würde er heute jeden Monat eine um mehrere hundert Euro höhere Besoldung erhalten, obwohl er dasselbe Amt inne hätte und dieselbe Arbeit verrichten würde (Randnummer 225). 250 d) Das Aufsteigen in den Stufen hängt allein davon ab, ob der Richter Anspruch auf Dienstbezüge hat (vgl. 38 Absatz 3 Satz 2 BBesG Bln). Nicht relevant ist somit, ob der Richter teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt ist. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass ein Vollzeitbeschäftigter im selben Zeitraum wesentlich mehr Berufserfahrung sammelt als ein Teilzeitbeschäftigter. Er bearbeitet doppelt so viele Fälle wie ein Halbtagsbeschäftigter und müsste deshalb logischerweise die nächste Erfahrungsstufe auch doppelt so schnell erreichen. 251 e) Hinzu kommt: Entsprechend einem gleichstellungsrechtlichen und sozialpolitischen Anliegen (vgl. den zitierten Gesetzentwurf, Seiten 35 und 40) behandelt der Gesetzgeber auch Zeiten der Kinderbetreuung ( 38a Absatz 1 Nummer 6, 38a Ab- 92

93 satz 2 Nummer 1 BBesG Bln) und der Pflege von Angehörigen ( 38a Absatz 1 Nummer 7; 38a Absatz 2 Nummer 2 BBesG Bln) als berufliche Erfahrung. Zwar ist der Wertung des Gesetzgebers zuzustimmen: Richterinnen und Richter sollen dadurch keine Nachteile erleiden, dass sie Kinder betreuen oder ihre Eltern pflegen. Allerdings wäre dieses Ziel auch erreichbar, wenn sie unabhängig von ihrem Dienstalter bezahlt würden oder diese Umstände auf andere Weise berücksichtigt würden (z.b. durch eine Erhöhung des Familienzuschlags, der zusätzlich zu dem Grundgehalt bezahlt wird, oder durch eine bessere Anerkennung dieser Zeiten bei der Berechnung der Altersrente). Eine Diensterfahrung wird in dieser Zeit jedenfalls nicht gesammelt; eher werden die praktischen Kenntnisse in dieser Zeit verblassen. 252 Die ausufernde Anerkennung von Erfahrungszeiten hat mit dem Zweck, die Erfahrung einer konkreten beruflichen Tätigkeit zu honorieren, nichts zu tun. Vielmehr verfolgt der Gesetzgeber nach wie vor dem Zweck, die allgemeine Lebenserfahrung, also das Lebensalter, zu honorieren. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter und erst recht nicht von einem höheren Lebensalter auf einen höheren Leistungsstand geschlossen werden kann. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom C 74/10, juris Rn Allgemeine Behauptungen lassen jedoch nicht den Schluss zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung eines sozialpolitischen Zwecks im Sinne von Artikel 6 RL 2000/78/EG geeignet seien. EuGH, Urteil vom C-388/07, Rn Die allgemeine Lebenserfahrung ist nicht dazu geeignet, dass der Richter seine Arbeit in einer Weise besser oder effizienter verrichtet, die für den Arbeitgeber spürbare wirtschaftliche Vorteile bringt. 93

94 255 Faktisch erfolgt die Bezahlung weiterhin nach dem Lebensalter. Die nächste Erfahrungsstufe kann nämlich ausschließlich durch das Älterwerden erreicht werden. Ein Richter kann die nächste Stufe nicht einmal durch Zusatztätigkeiten wie beispielsweise einen Ausbildungsunterricht, eine Vortragstätigkeit oder eine Prüfungstätigkeit im Examen schneller erreichen. Im negativen Sinne beeinflusst eine Teilzeittätigkeit ebenso wenig den gesetzlich vermuteten Erfahrungszuwachs wie eine nach langer Zeit überstandene Krankheit. Die Endstufe wird der Richter egal, was er macht oder unterlässt erst nach 18 Jahren erreichen. 256 Es war auch gar nicht das Ziel des Landesgesetzgebers, durch die Besoldungsreform die Altersdiskriminierung zu beheben. Dies ergibt sich aus den Vermerken der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, die im Ausgangsverfahren als Anlage zum Schriftsatz vom vorgelegt wurden. Die Landesregierung war sich der Möglichkeit eines Verstoßes der alten Regelung bewusst und diskutierte hauptsächlich darüber, wie eine Neuregelung möglichst kostenschonend aussehen könnte. Insbesondere ging es um die Intervalle der Erfahrungsstufen. Abgewogen wurde einerseits eine konkurrenzfähige Besoldung, um zu verhindern, dass die Attraktivität eines Eintritts in den Berliner Justizdienst für besonders befähigte Juristinnen und Juristen weiter gemindert wird. Vermerk vom SenJust I A /4/16/1, Seite Andererseits ging es darum, die Kosten zu beschränken. In dem Vermerk der Senatsverwaltung für Justiz (SenJust) vom (Seite 3 f.) heißt es über die Abstimmungsgespräche mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (SennInnSport): Mit den Vertretern von SennInnSport wurde ein Grundgehaltsmodell mit acht Stufen und einer Laufzeit von 18 Jahren ( Jahren) als eine Möglichkeit diskutiert. Die Vertreter von SennInnSport führten aus, dass es aller- 94

95 dings noch genauerer Berechnungen bedürfe. Anzustreben sei grundsätzlich die Kostenneutralität eines neuen Modells; hochgerechnet auf das Lebenseinkommen seien die Verluste auf möglichst +/- 1 v.h. zu begrenzen. Um den Beginn des neuen Modells auf dem gegenwärtig für das 31. Lebensjahr geltenden Gehaltsniveau zu rechtfertigen, sei es notwendig, dass SenJust das Einstellungsalter für Richter und Staatsanwälte der letzten fünf Jahre dokumentiere. ( ) SennInnSport hat mit vom 12.August 2010 mitgeteilt, dass sich das gemeinsam diskutierte Modell mit den Intervallen (im Folgenden: Modell 3 ) als zu teuer herausgestellt habe. Der dort angestrebte Kostenrahmen von +/- 1 % könne dabei nicht annähernd eingehalten werden. In Frage kämen jedoch zwei andere kostengünstigere Modelle mit den Intervallen (im Folgenden: Modell 1 ) bzw (im Folgenden: Modell 2 ), bei denen das Endgrundgehalt nach 19 bzw. 18 Erfahrungsjahren erreicht werde. 258 Die Abstimmung der beteiligten Ressorts belegt: Die Festlegung der zeitlichen Abstände zwischen den Stufen wurde nicht unter dem Gesichtspunkt erörtert, wie die Erfahrung am sachgerechtesten zu honorieren ist. Es ging bei der Neuregelung auch nicht darum, die zumindest als möglich erkannte Altersdiskriminierung zu beseitigen. Vielmehr sollten die bisherigen Begebenheiten wirkungsgleich unter dem Deckmantel vorgeblich legitimer Erfahrungsstufen in das neue Recht überführt werden. Deshalb setzte sich nach umfassenden Berechnungen das kostengünstige Modell 2 durch, bei dem der durchschnittlich mit 31 Jahren ernannte Richter so wie bislang mit 49 Jahren die Endgrundgehaltsstufe erreicht. Die früheren Altersstufen werden einfach neu etikettiert und nun Erfahrungsstufen genannt. 259 Der mangelnde Wille des Gesetzgebers zur Gestaltung einer altersdiskriminierungsfreien Besoldung zeigt sich ferner darin, dass das Ziel in der Beibehaltung des auf der altersdiskriminierenden Grundlage ermittelte Lebenseinkommen liegen sollte. Auf diese Weise kann aber keine altersdiskriminierungsfreie Besoldungsregelung geschaffen werden. Den Angehörigen der benachteiligten Gruppe müssen entsprechend der Vorgaben des Gerichtshofs dieselben Vorteile gewährt werden, die auch den Angehörigen der privilegierten Gruppe zugutekommen (Randnummer 103). Dies ist nur möglich, wenn das Lebenseinkommen auch erhöht wird. Zusatzkosten lassen 95

96 sich damit nicht vermeiden. Erwägungen zur Beseitigung der Diskriminierung gibt es in den Gesetzesmaterialien allerdings nicht. Stattdessen hat sich der Gesetzgeber ohne die Analyse der eigentlichen Problematik auf die Suche nach einem vermeintlich günstigen Lösungsweg gemacht, mit dem alles beim alten bleiben kann. II. Rechtswidrigkeit der Überleitungsregelung für vor dem ernannte Richter 260 Da die Zielregelung nicht dem Gemeinschaftsrecht entspricht, kann die Übergangsregelung ebenfalls nicht gerechtfertigt sein. In der Rechtssache Specht (C-501/12) stand die Vereinbarkeit der Neuregelung mit dem Gemeinschaftsrecht nicht im Streit. Im Bereich der Beamtenbesoldung wurde das Lebensalter einst allein bei der Ersteinstufung berücksichtigt (vgl. 28 BBesG 2006). Der weitere Anstieg der Besoldung innerhalb einer sehr vielgefächerten Beamtenlaufbahn richtete sich sodann nach dem im Bereich der Beamtenbesoldung seit vielen Jahren nicht beanstandeten Kriterium des Dienstalters ( 27 Absatz 1 BBesG). Dementsprechend wurde im Bereich der Beamtenbesoldung von einem an sich zulässigen (aber zu Beginn der Laufbahn fehlerhaft ermittelten) Dienstalter in (möglicherweise) zulässige Erfahrungsstufen übergeleitet. 261 Diese Erwägungen lassen sich auf die Richterbesoldung nicht übertragen. Die Besoldung der Richter ist nach den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gesondert von der Besoldung der Beamten zu regeln. Das Grundgesetz stellt die rechtsprechende Gewalt mit Betonung neben die Exekutive; es hebt die Richter hervor, indem es die rechtsprechende Gewalt den Richtern vorbehält, ihnen allein anvertraut" (Art. 92 GG). Es unterscheidet dementsprechend zwischen den Beamten und den Richtern und hält deshalb eine je eigene Ordnung ihrer Rechtsverhältnisse für gerechtfertigt; dem allgemeinen Beamten- und Beamtenbesoldungsrecht steht also das besondere Amts- und Besoldungsrecht für Richter in den "besonderen Gesetzen" gemäß Art. 98 GG gegenüber. Die besonderen Besoldungsgesetze für Richter nach Art. 98 GG unterscheiden sich demnach inhaltlich von den Besoldungsgeset- 96

97 zen für Beamte in derselben Weise wie das allgemeine Beamtengesetz von dem besonderen Richtergesetz. So wenig dieses nur eine Wiederholung der für Beamte geltenden Regelungen ist, sondern der besonderen Stellung der Richter entsprechend eigene Wege gehen kann und geht, ist auch der Sinn der besonderen Richterbesoldungsgesetze, die Richterbesoldung vom allgemeinen Beamtenbesoldungsrecht zu lösen und sie der besonderen Stellung der Richter entsprechend selbständig zu ordnen Dabei spielt - abgesehen von dem vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehobenen Grundsatz, daß in Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit das Gesetz jede vermeidbare Einflußnahme der Exekutive auf die rechtsprechende Gewalt, insbesondere im Wege der Einweisung in ein richterliches Amt gleicher Funktion mit höheren Bezügen ausschließen muß (vgl. BVerfGE 26, 79 (92 ff.)) - die entscheidende Rolle, daß dem Beamtenrecht eine reiche Beförderungsskala eigentümlich ist, die entsprechend einer gestuften Verantwortung je nach der übertragenen Aufgabe im höheren Dienst von der Besoldungsgruppe A 13 bis zur Besoldungsgruppe B 11 reicht, während es im richterlichen Dienst an einer entsprechenden Beförderungslaufbahn fehlt; das Gehalt des Richters hat sich grundsätzlich nach seiner richterlichen Aufgabe (nicht in erster Linie nach den mit seinem Amt verbundenen Verwaltungsaufgaben) zu bemessen. Die "besondere" Besoldungsordnung für Richter muß deshalb anders konzipiert und in ihrem Aufbau anders angelegt sein als die der allgemeinen Beamtenbesoldung. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvF 1/70, juris Rn. 48. Da die Richterbesoldung eigenständige Gesetze erfordert, ist die Frage der Altersdiskriminierung einschließlich in Betracht kommender Rechtfertigungsgründe gesondert zu prüfen. Im Bereich der Richterbesoldung hat sich die Besoldung (anders als bei den Beamten) die gesamte Zeit über ausschließlich nach dem Lebensalter gerichtet, vgl. den Wortlaut des 38 Absatz 1 BBesG 2006 (Randnummer 11). Hier wurde deshalb allein aufgrund des Lebensalters in Erfahrungsstufen übergeleitet. Bereits deshalb stellt sich die in der Entscheidung des Gerichtshofs für Beamte entschiedene Rechtfertigungsproblematik in zentralen Punkten anders dar. Die unterschiedliche Art der Besoldung hat ferner Auswirkungen auf den dargelegten blue-pencil-test (Randnummer 116 f.). Er kann aufgrund der strengen Orientierung der Besoldung am Lebensalter bei der Richterbesoldung angewandt werden, während dies bei der an Dienstaltersstufen orientierten Besoldung der Beamten nicht ohne weiteres der Fall sein dürfte. 97

98 264 Der Gerichtshof hat zu dem Überleitungsrecht festgestellt, dass sich hierdurch die Ungleichbehandlung fortsetzt (Rn. 58, 59). Sodann hatte er zu prüfen, ob die Altersdiskriminierung unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt werden kann, dass die individuelle Einstufung auch der Bestandsbeamten nach Erfahrungszeiten für einen schrittweisen Abbau der Diskriminierung unter Wahrung berechtigter Bestandsschutzinteressen einen hohen Verwaltungsaufwand verursache. 265 Der Gerichtshof hebt hervor, dass Rechtfertigungen, die sich aus der Erhöhung der finanziellen Lasten und eventuellen administrativen Schwierigkeiten herleiten, die Nichtbeachtung der Verpflichtungen, die sich aus dem in Artikel 2 der Richtlinie 2000/78/EG aufgestellten Verbot der Diskriminierung wegen Alters ergeben, grundsätzlich nicht rechtfertigen können (Rn. 77). Er schränkt dies allerdings ausnahmsweise dahin ein, dass nicht verlangt werden kann, dass jeder Fall individuell geprüft wird, um frühere Erfahrungszeiten für eine Umstellung des Besoldungssystems im Nachhinein und individuell festzustellen, da die fragliche Regelung in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht handhabbar bleiben muss (Rn. 78). 266 Gleiche Feststellungen des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung lassen sich bei der Richterbesoldung allerdings nicht treffen. Nahezu alle Prämissen liegen deshalb im vorliegenden Fall anders, wie die nachfolgende Aufstellung zeigt. Deshalb bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Verwaltungsaufwand keine diskriminierende Maßnahme zu rechtfertigen vermag: 1. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Bei typischen Berufsbiographien war die alte Gesetzeslage vorteilhafter, eine unmittelbare Neueinstufung hätte für viele zu einem Gehaltsverlust geführt (Rn. 65). 267 In der Richterbesoldung hätte selbst eine bloße Berücksichtigung der dienstlichen Erfahrungszeiten zu einer besseren Einstufung des Klägers geführt. Bei Anerken- 98

99 nung seiner Erfahrungszeiten würde er aus einer höheren Stufe bezahlt. Hierdurch erleidet er massive finanzielle Einbußen (vgl. Randnummer 225). Eine ähnliche Konstellation ist bei Richtern häufig gegeben. 2. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: In Berlin hätten Einzelfälle überprüft werden müssen, was eine Prüfdauer von Stunden bedeutet hätte (Rn. 75). Die Ermittlung von Erfahrungszeiten hätte pro Fall rund 5,5 Stunden in Anspruch genommen. 268 Im Unterschied zu Beamten wäre bei Richtern derselben Besoldungsgruppe die Bestimmung der Erfahrungsstufe wegen des einheitlichen Richteramts und der fehlenden Laufbahn mit geringem Aufwand möglich gewesen. Beamte absolvieren eine Laufbahn mit verschiedenen Ämtern und Beförderungen und innerhalb dieser Ämter wiederum mit verschiedenen Erfahrungs- bzw. Dienstaltersstufen. Demgegenüber gibt es bei Richtern keine Laufbahn (Randnummer 262). Zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit darf der Übergang in ein Amt der nächsthöheren Besoldungsgruppe nicht von einer Ermessenentscheidung der Verwaltung abhängen. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 74/60, juris Rn. 54 f.; Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvR 33/66, 2 BvR 387/66, juris Rn. 52, amtliche Sammlung BVerfGE 26, Da Richter derselben Besoldungsgruppe das gleiche Amt ausüben, hätte es ausgereicht, die tatsächliche Dienstzeit ausgehend von dem bereits erfassten Einstellungszeitpunkt durch den Computer zu berechnen. Dies ist aufgrund des einheitlichen Aufstiegs nach Lebensalter und der innerhalb der Besoldungsgruppe einheitlichen Laufbahn automatisch möglich. Es wäre nicht einmal eine individuelle Prüfung notwendig geworden. 270 Was die vordienstlichen Erfahrungszeiten betrifft: Sie hätten nur bei einem Teil der Richter geprüft werden müssen. Etwa die Hälfte der Richter dürfte sich bereits in der Enderfahrungsstufe befunden haben und genoss deshalb ohnehin Bestands- 99

100 schutz (Randnummer 281). Von der anderen Hälfte hat längst nicht jeder Richter aufwändig zu prüfende vordienstliche Erfahrungszeiten, weil viele früh nach ihrer Ausbildung in die Justiz eintreten. 271 Im Übrigen liegen die notwendigen Daten den zuständigen Behörden bereits vor. Sie werden nämlich bei der Ernennung eines jeden Richters routinemäßig erfasst. Jeder hatte (schon vor der Reform des Besoldungsrechts) bei seiner Ernennung eine Erklärung über Ausbildungs- und Beschäftigungszeiten ab dem allgemeinen Schulabschluss abzugeben. 272 Der Prüfaufwand fällt bei Richtern zudem relativ gering aus. Die juristischen Tätigkeiten fallen ohne Auslegungsspielraum unter 38a Absatz 1 Nummer 1 oder 2 BBesG Bln. Lediglich bei den vereinzelten Bewerbern, die vor ihrer Ausbildung einen anderen Beruf erlernt oder ausgeübt haben, kann ein gewisser Prüfaufwand entstehen. Dieser Anteil ist jedoch gering, wie eine Analyse der in Berlin eingestellten Richter durch die Landesjustizverwaltung zeigt: Von den seit dem 1. Januar 2009 eingestellten Bewerbern hatten 57 Bewerber das 31. Lebensjahr noch nicht vollendet 14 Bewerber hatten bereits das 35. Lebensjahr vollendet. Eine Durchsicht der Personalakten dieser 14 Assessoren ergab folgendes Bild: Die meisten dieser Bewerber hatten nach Erwerb ihrer Prädikatsexamina bereits mehrere Jahre in einem juristischen Beruf, nämlich als Rechtsanwalt oder wissenschaftlicher Mitarbeiter zurückgelegt; eine Bewerberin war zuvor mehrere Jahre als Rechtspflegerin [im öffentlichen Dienst, der Unterzeichner] tätig gewesen. Einige Bewerber hatten jedoch auch vor ihrer juristischen Ausbildung einen nichtjuristischen Beruf erlernt und ausgeübt (Facharbeiterausbildung, Diplom-Finanzwirtin, Gesellenabschluss als Fotograf). Vermerk vom SenJust I A /4/16/1, Seite 4 (vorgelegt im Ausgangsverfahren als Anlage zum Schriftsatz des Landes vom ). 273 Der Prüfaufwand fällt zudem nicht allzu groß aus, weil das Gesetz eine äußerst großzügige Anerkennung verlangt (Randnummer 245 bis 247). Sie steht auch nicht im Ermessen der Verwaltung. 100

101 Abgeordnetenhaus Berlin, Vorlage eines Gesetzes zur Besoldungsneuregelung für das Land Berlin und zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgesetzes, Drucksache 16/4078 vom , Seite Im Zweifel sind berufliche Zeiten somit anzuerkennen. Vereinzelte Auslegungsschwierigkeiten des 38a Absatz 1 Nr. 3 BBesG Bln rechtfertigen jedenfalls nicht die in der Übergangsregelung fortdauernde Altersdiskriminierung. Sie verursachen auch keinen durchschnittlichen Prüfaufwand von 5,5 Stunden pro Richter. 275 Zur Vermeidung von Arbeitsaufwand wäre es auch möglich gewesen, die Erfahrungszeiten durch den Computer aufgrund der Dienstzeiten zu berechnen und den Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, vordienstliche Erfahrungszeiten gesondert anzumelden. Die Veröffentlichung der Verwaltungspraxis zur Anerkennung von Vorerfahrungszeiten hätte den zusätzlichen Prüfungsaufwand noch weiter minimiert. 276 Es kann daher für den Richterbereich nicht angenommen werden, dass die Ermittlung der Erfahrungs- bzw. Vorerfahrungszeit einen unzumutbar zusätzlichen Arbeits- und Kostenaufwand verursacht hätte. 277 Außerdem hätte der Aufwand auch durch den Personalüberhang im Unterstützungsbereich der Justizbehörden erledigt werden können. Nach dem Jahresbericht 2013 des Rechnungshofs von Berlin ist für die geprüften nichtrichterlichen Tätigkeiten der Servicebereiche der Staats- und Amtsanwaltschaft sowie des Amtsgerichts Tiergarten immer noch ein deutlicher Personalüberhang vorhanden. Insgesamt werden dort weiterhin rund 151 Vollzeitstellen und damit 30 Prozent zu viel Personal für die Erledigung der Aufgaben eingesetzt (das damit verbundene Einsparpotenzial beträgt übrigens 6,17 Mio. Euro jährlich). Jahresbericht 2013 des Rechnungshofs von Berlin, Seite 82 ff

102 278 Nach unserer Auffassung wäre der tatsächliche Prüfaufwand für die Ermittlung der Erfahrungszeiten nicht sehr hoch gewesen. Mit den vorhandenen erheblichen freien Personalressourcen hätten selbst ein paar hundert Einzelfälle oder sogar alle Richter und Staatsanwälte überprüft werden können, ohne dass effektiv zusätzliche Personalkosten angefallen wären. 279 Die maximale Personalbedarfsberechnung weist die zumutbare Umsetzbarkeit nach: Selbst wenn wirklich wie bei der Prüfung der Einzelfälle von Beamten ein Arbeitsaufwand von 5,5 Stunden (330 Minuten) pro Einzelfall erforderlich gewesen wäre und alle Richter und Staatsanwälte Berlins überprüft hätten werden müssen (was wie dargelegt tatsächlich bei weitem nicht erforderlich war), wäre ein gesamter Arbeitsaufwand von Minuten angefallen. Bei einer im Personalbedarfsberechnungssystem Pebbsy für Servicekräfte aktuell zugrunde gelegten Jahresarbeitszeit von Minuten pro Vollzeitstelle wäre der Einsatz von gerade einmal sechs Servicekräften über ein Jahr erforderlich gewesen. Dieser Personalaufwand hätte somit höchstens vier Prozent der ohnehin frei verfügbaren Personalressourcen beansprucht. 280 Diese Berechnung belegt eindrucksvoll: Die Ermittlung der Erfahrungszeiten wäre selbst unter Annahme von Maximalbedingungen keine Herkulesaufgabe gewesen und hätte in keinem Fall außer Verhältnis zu der Anforderung gestanden, die Altersdiskriminierung effektiv zu beseitigen. 3. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Es hätten die Vorerfahrungszeiten einer hohen Zahl von Beamten geprüft werden müssen (Rn. 79). 281 Die Zahl der Richter, für die eine gesonderte gesetzliche Regelung erforderlich ist, beträgt nur 2,5 % in Bezug auf die im Land beschäftigten Beamten. In Berlin standen 2011 den Beamten nur Richter und 366 Staatsanwälte gegenüber. 102

103 Statistikstelle Personal bei der Senatsverwaltung für Finanzen, Beschäftigte im unmittelbaren Landesdienst Berlin im März 2011, Seite 9, abrufbar unter: Übersicht der Zahl der Beschäftigten in der Berliner Justiz: Davon dürfte entsprechend der allgemeinen Altersstruktur etwa die Hälfte der Richter und Staatsanwälte bereits 50 Jahre alt gewesen sein. Zur Altersstruktur aller Beschäftigten in Berlin, vgl. die erwähnte Statistik der Senatsverwaltung für Finanzen, Seite 8. Das Durchschnittsalter der Justizbediensteten war mit 46,3 Jahren vergleichbar dem Durchschnittsalter aller Beschäftigten (48,9 Jahre), Seite Da somit rund die Hälfte bereits in der Endaltersstufe (49 Jahre) war, hätten nur noch von rund 850 Richtern und Staatsanwälten die Erfahrungszeiten festgestellt werden müssen. Diese hätte anhand der absolvierten Dienstzeit berechnet werden können. Der Aufwand zur Feststellung von vordienstlichen Erfahrungszeiten wäre bei Richtern ebenfalls nicht so aufwändig gewesen wie bei Beamten (vgl. Randnummer 270 ff.). 4. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Die Laufbahnen sind sehr verschieden (Rn. 79). 284 Beamte absolvieren eine Laufbahn, der mehrere Ämter aus aufsteigenden Besoldungsgruppen angehören. Sie haben daher die konkrete Aussicht auf eine Beförderung in besser bezahlte Stellen, die ihrer steigenden Verantwortung und Erfahrung auch gerecht werden. Im richterlichen Dienst gibt es keine Beförderungslaufbahn, da die Richter vom ersten Tag an die volle Verantwortung des Amtes haben. Die ganz überwiegende Mehrzahl der Richter verbleibt während ihres Berufslebens in 103

104 den Besoldungsgruppen R 1 und R 2. Es gibt deshalb keine unterschiedlichen Laufbahnen. Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom BvF 1/70, juris Rn. 48 (abgedruckt in diesem Schriftsatz unter Randnummer 262); Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom BvR 570/76 u.a., juris Rn Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Wegen der dem deutschen Beamtenrecht eigenen Altersgrenzen ist eine Besoldungsdifferenz gering (Rn. 82). 285 Der Kläger würde eine wesentlich höhere Besoldung erhalten, wenn seine Erfahrungszeiten vollständig anerkannt würden (vgl. Randnummer 221 ff.). Im Übrigen wird der Richter nicht nur gegenüber den gleichzeitig ernannten älteren Kollegen benachteiligt. Er wird auch gegenüber allen älteren Kollegen benachteiligt, die im gleichen Amt das gleiche Arbeitspensum haben und allein wegen ihres höheren Lebensalters besser besoldet werden (vgl. die Beantwortung der Frage 3 sowie die Randnummern 14, 122 und 182). 6. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Die Bestimmung der Vordienstzeiten bereitet Schwierigkeiten sie ist kompliziert und fehlerträchtig (Rn. 79). 286 Dienstliche Vorerfahrungszeiten können im Richterbereich aufgrund des einheitlichen Amtes problemlos bestimmt werden. Außerdienstliche Vorerfahrungszeiten können ohne unzumutbaren Aufwand durch vorhandenes Personal ermittelt werden (vgl. oben unter Randnummer 279). Probleme stellen sich insoweit nicht, da sämtliche Vorerfahrungszeiten sehr großzügig anzurechnen sind. Dies zeigt sich eindrucksvoll daran, dass selbst eine Tätigkeit als Fluggastabfertiger als Vorerfahrungszeit gilt (Randnummer 247). 104

105 7. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Die Nachteile sind angesichts der nicht mehr gegebenen Möglichkeit der Ermittlung von Vorerfahrungszeiten nicht mehr zu ermitteln (Rn. 81 mit Verweis auf Rn. 76). 287 Die Ermittlung der Nachteile ist aufgrund der bislang streng am Lebensalter ausgerichteten Besoldung und der klaren Positionierung des Gesetzgebers, der die amtsangemessene Besoldung im Endgrundgehalt sieht, unproblematisch zu ermitteln. 8. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Es fehlt an einem gültigen Bezugssystem (Rn. 81). 288 Der Gesetzgeber hat die Endstufe zur amtsangemessenen Besoldung erklärt, womit diese für alle Richter das gültige Bezugssystem bildet. Die (Dienst-) Altersstufen (mit Ausnahme der letzten) stellen eine Kürzung dar, die bei der Betrachtung außer Acht bleiben. Dann liegt auch bei Richtern der Besoldungsgruppen R 1 und R 2 ein Festgehalt vor (wie bei Richtern der Besoldungsgruppen R 3 und höher). Bei Richtern ist somit ein gültiges Bezugssystem vorhanden (Randnummer 103 ff.). 9. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Ein Vergleich zwischen den bevorzugten und den benachteiligten Beamten ist besonders kompliziert (Rn. 81). 289 In der Richterbesoldung ist aufgrund der Einheitlichkeit des Richteramts ein Vergleich zwischen bevorzugten (älteren) und benachteiligten (jüngeren) Richtern äußerst einfach, da beide das gleiche Amt innehaben und das gleiche Arbeitspensum verrichten. 10. Feststellung des Gerichtshofs zur Beamtenbesoldung: Durch die Verringerung der Stufenanzahl und die betragsmäßige Überleitung verringert sich die Besoldungsdifferenz und entfällt in bestimmten Fällen nach einigen Jahren (Rn. 83). 290 Der Kläger wird bis zum Erreichen der Enderfahrungsstufe genauso viele und genau so schwere Fälle zugeteilt erhalten und entscheiden müssen wie jeder andere in der Enderfahrungsstufe befindliche Richter auch. Das amtsangemessene Endgrundgehalt 105

106 wird er bis dahin allerdings allein deshalb nicht bekommen, weil er im Überleitungszeitpunkt noch zu jung war. Die Besoldungsdifferenz wird sich für den Kläger nicht verringern. Er wird bis zur Vollendung des 50. Lebensjahrs weniger verdienen, der Abstand zu älteren Richtern und zu jüngeren Richtern wird über viele Jahre gewahrt bleiben, da im Besoldungssystem ein Abschmelzen der Besoldungsunterschiede nicht vorgesehen ist. Die Altersdiskriminierung wird für den Kläger erst dann ein Ende haben, wenn er selbst alt genug ist, um der privilegierten Gruppe anzugehören. III. Ergebnis 291 Der zweite Teil der Frage 7 ist wie folgt zu beantworten: Der Verwaltungsaufwand zur Einstufung aller Bestandsrichter nach ihren Erfahrungszeiten rechtfertigt keine fortdauernde Altersdiskriminierung im Überleitungsrecht. Zur Frage 8 (Bezahlung nach dem Endgrundgehalt) Falls in Frage 7 eine Rechtfertigung verneint wird: Lässt die Auslegung des europäischen Primär- und/oder Sekundärrechts, solange keine Implementierung eines diskriminierungsfreien Besoldungsrechts auch für die Bestandsrichter erfolgt ist, eine andere Rechtsfolge zu, als die Bestandsrichter rückwirkend und fortlaufend gemäß der höchsten Besoldungsstufe ihrer Besoldungsgruppe zu besolden? 292 Die Frage ist zu beantworten wie die Frage 4/Teil 1. Wir verweisen auf unsere Ausführungen in den Randnummern 103 bis Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nach dem Überleitungsrecht aus dem Endgrundgehalt, wenn die diskriminierenden Gesetzesbestandteile unangewendet bleiben. Der maßgebende 38 Absatz 1 BBesG Bln lautet: 106

107 Das Grundgehalt der Richter und Staatsanwälte wird, sofern die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Stufen bemessen. 294 Bei der Besoldungstabelle sind sodann die gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoßenden Erfahrungsstufen außer Betracht zu lassen: 295 Auf der Basis des blue-pencil-tests ist das Grundgehalt entsprechend der höchsten Stufe festzusetzen (vgl. auch Randnummer 116 f.). Da es dann keine Stufen gibt, liegt im Ergebnis ein festes Gehalt im Sinne des 38 Absatz 1 BBesG Bln vor, das sich zudem, wie bereits dargelegt, harmonisch in das Gesamtgefüge der Ämterbesoldung einfügt (Randnummer 108). Zur Frage 9 (Anspruchshöhe im Überleitungsrecht) Falls die Fragen 1 bis 3 bejaht werden und die Frage 6 verneint wird: Ergibt die Auslegung des europäischen Primär- und/oder Sekundärrechts, dass eine Regelung in einem Überleitungsgesetz, die Bestandsrichtern, welche zum Zeitpunkt der Überleitung ein bestimmtes Lebensalter erreicht hatten, ab einer bestimmten Gehaltsstufe einen schnelleren Gehaltsanstieg verschafft als den zum Überleitungsstichtag jüngeren Bestandsrichtern eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters darstellt? 296 Die Frage erübrigt sich, da alle Richter wegen der gleichen Leistung, die sie erbringen, nach dem Endgrundgehalt zu bezahlen sind (vgl. Randnummer 69 ff.). Unabhängig vom Alter im Zeitpunkt ihrer Ernennung werden die Richter gegenüber allen älteren Kollegen benachteiligt, weil die Diensterfahrung kein taugliches Kriterium 107

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