Von gravierenden Q-Defiziten zum Turnaround Gelingensbedingungen erfolgreicher Turnaroundprozesse
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- Edith Franke
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1 Von gravierenden Q-Defiziten zum Turnaround Gelingensbedingungen erfolgreicher Turnaroundprozesse Tagung für Schulleitungen des Kantons Aargau Sara Mahler, Kirsten Schweinberger & Carsten Quesel
2 Ablauf 1. Wirkungen externer Evaluationen 2. Kantonale Rahmenbedingungen 3. Forschungsprojekt 4. Ergebnisse 5. Diskussion 2
3 1. Wirkungen externer Evaluationen 3
4 Wirkbereiche externer Evaluationen 4
5 Wirkmodell zu Entwicklungsprozessen in Folge Externer Evaluationen C I P O Circumstances: Eigenschaften der Schule Input: Evaluationsergebnisse Process: Schulischer Entwicklungsprozess Output: Effekte der Entwicklung Abb. 2: Analysemodell aus der Synthese der Modelle von Ehren & Visscher (2006) sowie Reezigt & Cremers (2005) 5
6 Phasen des Turnarounds 1. Erfassung des Entwicklungsbedarfs 2. Problemnachvollzug 1) Nicht-Wahrhaben-Wollen 2) Aufbrechende Emotionen 3) Anerkennung der Realität 4) Neuer Selbst- und Weltbezug 3. Planung der Aktivitäten (Massnahmenplanung) 4. Umsetzung des Entwicklungsplans 5. Evaluation der Massnahmen (In Anlehnung an Ehren & Visscher 2006; Reezigt & Creemers 2005; Kuhlmei & Niebling 2010) 6
7 2. Kantonale Rahmenbedingungen 7
8 Evaluationssystem des Kantons Aargau Rechenschaftslegung Evaluation der Grundfunktionen der Schule ("Ampelkriterien-Evaluation") Genügt die Schule den grundlegenden Anforderungen der "Funktionsfähigkeit"? Entwicklungsfunktion Profilevaluation der schulinternen Entwicklungsprozesse die Entwicklungsprozesse der Schule werden erfasst und dargestellt Fokusevaluation differenzierte Standortbestimmung zu einem gewählten kantonalen Thema Quelle: 8
9 Ampelevaluation Rot = nicht tolerierbare Defizite, die nicht alleine gelöst werden können Gelb = Defizite, die aber von der Schule erkannt wurden und/oder selbst gelöst werden können Grün = normaler, störungsfreier Zustand 9
10 Kantonale Begleitung des Turnaroundprozesses Information der Schulaufsicht Ergebnisnachvollzug und Erstgespräch Massnahmenplanung Massnahmenumsetzung Nachevaluation -> Turnaround (Erneute Nachevaluation) -> Turnaround 10
11 3. Forschungsprojekt 11
12 Stichprobe Untersuchung von sechs Turnaroundschulen 12
13 Daten Untersuchung von sechs Turnaroundschulen Studium von Dokumenten (ca. 950 Seiten) Evaluationsberichte zum Zeitpunkt «Rot» und «Grün» Massnahmenpläne Protokolle der Inspektoratssitzungen Interviews (ca. 700 Seiten) Schulintern: SPF, SL, STG, LP Schulextern: Inspektorat, Beratung 13
14 4. Ergebnisse 14
15 Forschungsfragen Wie gestalten sich Turnaround-Prozesse an Schulen mit «Rote-Ampel-Diagnosen»? Welches sind förderliche Bedingungen für den Turnaround- Prozess? Welche Rolle spielen dabei die unterschiedlichen Akteure? 15
16 Problemnachvollzug Unterschiedlichen Reaktionen: von Kränkung und Erstarrung, bis hin zu Erleichterung und Motivation «Ich habe das wirklich so ein bisschen wie also eine Erleichterung wahrgenommen "jetzt geht was, egal was, es geht was" und das ist so ein bisschen eigentlich die Reaktion gewesen» (Schule Dahlie, STG). «Also wir waren geschockt, frustriert, - wütend, entsetzt, wir haben die Welt nicht mehr verstanden» (Schule Clematis, SL). 16
17 Wann gelingt der Problemnachvollzug? wenn eine gemeinsame Problemsicht entwickelt wird, wenn die Akteure ihr Gesicht wahren können, wenn die kritische Diagnose als (Lern-)Chance wahrgenommen wird, wenn sich SPF und SL als Turnaround-Leader erweisen. 17
18 Massnahmenplanung «Dialog unter Ungleichen» Spannungsverhältnis von «Fördern & Fordern»: das Inspektorat macht Vorgaben, will aber zugleich die Eigeninitiative bei der Schulentwicklung unterstützen teilweise klagen die Schulen über unklare Vorgaben; teilweise fühlen sie sich bevormundet Prozess der schrittweisen Annäherung an praktikable Lösungen 18
19 Wann gelingt die Massnahmenplanung? wenn einige zentrale Aspekte fokussiert werden, wenn SPF und SL den Prozess als «Hilfe zur Selbsthilfe» erleben. 19
20 Massnahmenumsetzung Sehr zeitintensiver und belastender Prozess Teilweise von Personalwechsel gekennzeichnet 20
21 Wann gelingt die Massnahmenumsetzung? wenn zuerst klimatische, dann strukturelle Massnahmen angegangen werden, wenn zu Beginn genügend Sicherheit, Orientierung und Unterstützung vorhanden sind, wenn die Akteure rollenbewusst handeln, ihnen Selbstständigkeit und Verantwortungsübernahme gewährleistet werden, wenn zwischen Leitungs- und Lehrpersonen ein hohes Mass an Übereinstimmung besteht, wenn sorgfältig kommuniziert und auf die Ängste der Akteure eingegangen wird, wenn Kompetenzen und Ressourcen gezielt aufgebaut und eingesetzt werden. 21
22 Ausserschulische und Innerschulische Akteure ausserschulisch Unterschiedlicher Stellenwert: von nützlich bis zu überflüssig Inspektorat innerschulisch Externe Beratung Turnaround Schulpflege Fällen strategischer Entscheide, Erteilung von Aufträgen Unterschiedlicher Einbezug, Sicherstellung des Unterrichtsalltags Kollegium Unterstützung der Konzept- und Umsetzungsarbeit Steuergruppe Schulleitung Erarbeitung und Umsetzung von Strukturen, Gewährleistung des Tagesgeschäfts 22
23 Wann unterstützen innerschulische Akteure den Turnaround? Wenn Turnaroundleader vorhanden sind die eine positive Grundhaltung, Selbstbewusstsein und hohe Kompetenzen aufweisen, Sicherheit, Orientierung und Unterstützung bieten, für Beruhigung und Verbindlichkeit sorgen, andere Akteure einbeziehen und ihnen Autonomiespielräume gewähren, wenn es zu allenfalls notwendigen personellen Veränderungen kommt. 23
24 Wann unterstützen ausserschulische Akteure den Turnaround? Wenn sie das Verfahren und das Tempo an die Gegebenheiten der Schule anpassen, wenn ein Mindestmass an gegenseitiger Akzeptanz und Vertrauen vorhanden sind, wenn sie zu Beginn viel Unterstützung bieten, wenn sie möglichst konkrete Hinweise geben, wenn sie sich nicht auf Machtspiele und Konflikte einlassen. 24
25 Fazit Für den erfolgreiche Turnaroundprozesse erweist sich die Deutung der Ausgangssituation als zentral. Schulleitung und Schulpflege spielen eine Schlüsselrolle als Turnaround-Leader. Balance zwischen Aufsicht und Hilfe ist bedeutsam, damit sich die Akteure unterstützt, jedoch nicht entmündigt fühlen. Bei den sechs untersuchten Schulen ist es nach teilweise schwierigen Anläufen gelungen, diese Balance zu finden. 25
26 Haben Sie noch - Ergänzungen? - Fragen? 26
27 Diskussion Welches sind Ihrer Meinung nach Elemente der Ampelevaluation, die die schulische Entwicklung fördern bzw. hindern? Inwiefern sind die vorangegangenen Befunde allgemein auf schulische Entwicklungen zu übertragen und welche Implikationen ergeben sich daraus? 27
28 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Mitarbeit! 28
29 Quellen Ehren, M.C.M. & Visscher, A.J. (2006). Towards a theory on the impact of school inspections. British Journal of Educational Studies, 54(1), Kuhlmei, B. & Niebling, P. (2010). «Klassenziel nicht erreicht». Pädagogische Führung, 2, Landwehr, N. (2011). Thesen zur Wirkung und Wirksamkeit der externen Schulevaluation. In: C. Quesel, V. Husfeldt, N. Landwehr & P. Steiner (Hrsg.), Wirkungen und Wirksamkeit der externen Schulevaluation (S: 35-70). Bern: hep. Mahler, S. (2016). Turnaround und Organisationales Lernen im Bildungssystem. Zur Entwicklung von Schulen mit gravierenden Defiziten im Bereich der Prozessqualitäten. Dissertation. Basel: Universität Basel. Reezigt, G.J. & Creemers, B.P. (2005). A comprehensive framework for effective school improvement. School Effectiveness and School Improvement, 16(4),
30 Zusammenfassung der Ergebnisse der Diskussionen des Workshops "Von gravierenden Q-Defiziten zum Turnaround" Die Teilnehmenden haben intensiv darüber diskutiert, inwiefern die Ampelevaluation die schulische Entwicklung fördert bzw. hindert. Sie waren sich einig, dass von gelben und roten Ampeln ein konkreter Entwicklungsdruck ausgeht, während grüne Ampeln eher ein diffuser Indikator sind, bei dem kein unmittelbarer Handlungsbedarf ersichtlich ist. Dass von grünen Ampeln nur wenige Entwicklungsimpulse ausgehen, könne auch damit zusammenhängen, dass sie als Zeugnisse einer guten Schule missverstanden würden - obwohl eine grüne Ampel lediglich besagt, dass die Schule die Grundfunktionen im Bereich der Schulqualität erfüllt: Das Spektrum der Bewertung schliesst insofern die Kategorien befriedigend, gut und sehr gut ein. Die Gleichsetzung der grünen Ampeln mit hoher Schulqualität führe dazu, dass diese kaum als Anlass für innovatives Handeln dienen. Insofern ist es für die Schulentwicklung notwendig, sich bei den Angeboten der Fachstelle für Schulqualität stärker auf Profil- oder Fokusevaluationen zu konzentrieren. In der Diskussion zeigte sich, dass in Schulen, die sich als lernende Organisationen verstehen, die Schulleitungen weniger Aufwand betreiben müssen, um das Kollegium für Entwicklungen zu motivieren. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass Entwicklungsdruck sich teilweise aus anderen Faktoren wie kantonalen Vorgaben ergibt. In dieser Hinsicht wurde die Besorgnis geäussert, dass die geplante Einführung einer Ampel zum Umgang mit Leistungsergebnissen dazu führen könne, dass die Schulen sehr einseitig an Testresultaten gemessen werden. Hier wurde zum einen auf das Problem der medialen Vereinfachung von Evaluationsergebnissen und zum anderen auf das Problem der politischen Instrumentalisierung verwiesen, aus der im ungünstigsten Fall so etwas wie ein Schulranking entstehen könnte. Im Hinblick auf den Turnaround nach kritischen Evaluationen wurde in dem Workshop deutlich, dass die Handlungsfähigkeit auf der Ebene der Schulführung für den Erfolg ausschlaggebend ist: Insofern ist der Konsens von Schulpflege und Schulleitung die wichtigste Vorbedingung dafür, dass Qualitätsdefizite überwunden werden können.
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