SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

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1 Az.: 1 A 667/10 3 K 243/09 Ausfertigung SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache des Herrn - Kläger - - Antragsteller - prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte gegen die vertreten durch den - Beklagte - - Antragsgegnerin - prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte wegen Löschung einer Baulast und Verzicht auf eine Baulast hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

2 2 hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Meng, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und den Richter am Oberverwaltungsgericht Heinlein am 20. Februar 2012 beschlossen: Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 1. Juli K 243/09 - wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert für das Verfahren auf Zulassung der Berufung wird auf 5.000,- festgesetzt. Gründe 1 Der zulässige Antrag, der unter Berücksichtigung des Antrags im Schriftsatz vom 1. September 2010 und der Begründung mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2010 ( 88 VwGO) allein als Antrag auf Zulassung der Berufung zu verstehen ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Denn der Kläger hat nicht gemäß 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, dass ein Zulassungsgrund vorliegt. Das Darlegungserfordernis verlangt, dass ein Antragsteller im Zulassungsverfahren zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß 124 Abs. 2 VwGO bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sind. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm innerhalb der Frist des 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen. 2 Die vom Kläger genannten Zulassungsgründe liegen nicht vor. 3 Zunächst bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel im Sinne von 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Ein-

3 3 zelfalls, d. h. der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrages ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel sind deshalb anzunehmen, wenn tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt werden, dass der Ausgang eines Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 20. Dezember BvR 2011/10 -, juris Rn. 17). 4 Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe weder ein Anspruch auf Löschung der im Baulastenverzeichnis unter den lfd. Nrn. 1 und 2 eingetragenen Baulast zu noch könne er vom Beklagten einen Verzicht auf die Baulast verlangen. Bei der Baulastübernahmeerklärung vom 7. September 1992 handele es sich um die Erklärung der Übernahme einer Baulast i. S. von 80 Abs. 4 Satz 2 SächsBO (1992). Die Baulastenübernahmeerklärung sei schriftlich vor der Bauaufsichtsbehörde abgegeben worden und inhaltlich hinreichend bestimmt. Sie sei mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis am 4. Februar 1993 wirksam geworden. Dem stehe nicht entgegen, dass nicht der vollständige Wortlaut der Baulastübernahmeerklärung eingetragen worden sei. Dies sei für das Wirksamwerden der Baulast nicht erforderlich gewesen. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür, dass nur der erste Satz der Baulasterklärung habe eingetragen werden sollen. Für eine Auslegung, dass Eintragungsinhalt nur die Erklärung in Bezug auf die Zufahrt für Feuerwehr und Rettungsdienst gewesen sei, sei nichts ersichtlich. Vielmehr habe der Eintragende auch die Zufahrt für den Baulastbegünstigten im Blick gehabt. Die Baulast sei mit dem Inhalt der Baulastübernahmeerklärung vom 7. September 1992 mit ihrer Eintragung am 4. Dezember 1993 wirksam geworden. Die Eintragung gehe weder über die Erklärung hinaus noch bleibe sie hinter ihr zurück. Der Beklagte habe an 8. Oktober 2007 nicht auf die mit der Eintragung in das Baulastenverzeichnis am 4. Dezember 1993 wirksam gewordene Baulast verzichtet und diese gelöscht. Auch habe er am 8. Oktober 2007 weder eine zuvor gelöschte Baulast erneut noch eine neue Baulast ins Baulastenverzeichnis eingetragen. Es liege kein Verzicht vor. Bei der Änderung der Eintragungen handele es sich um eine Korrektur, mit der der Inhalt der ursprünglichen Übernahmeerklärung vervollständigt worden sei. Die Streichung des

4 4 Inhalts der Eintragung der lfd. Nr. 1 könne nicht für sich betrachtet werden, sondern müsse im Zusammenhang mit der Eintragung unter Bemerkungen der lfd. Nr. 1 und der Eintragung unter der lfd. Nr. 2 betrachtet werden. Daraus resultiere, dass die Beklagte den am 4. Dezember 1993 unter lfd. Nr. 1 verkürzt und verändert wiedergegebenen Wortlaut der Baulasterklärung vom 7. September 1992 habe im (konkreten) Wortlaut wiedergeben wollen. Auch sei das öffentliche Interesse am Fortbestand der Baulast nicht entfallen, denn das öffentliche Interesse an einer rechtlich gesicherten Zufahrt zu den notwendigen Stellplätzen bestehe fort. 5 Der Kläger wendet ein, die Eintragung der Baulast unter der lfd. Nr. 2 sei zu Unrecht erfolgt. Es fehle hier an einer Baulastübernahmeerklärung. Die Anzahl der Baulasten bestimme sich nach der Anzahl der laufenden Nummern im Baulastenverzeichnis. Die Baulast unter der lfd. Nr. 1 sei durch ihre Streichung, die durch die Unterschrift des Eintragenden gedeckt sei, gelöscht worden. Die Eintragung unter der lfd. Nr. 2 stelle eine neue Eintragung dar, für die aber keine Baulastübernahmeerklärung vorliege. Die Baulastübernahmeerklärung vom 7. September 1992 sei verbraucht. Die Gründe, die zur Streichung der Baulast unter der lfd. Nr. 1 geführt hätten, seien nicht von Bedeutung. Sie könnten auch nicht zur Rechtfertigung der Eintragung einer neuen Baulast unter der lfd. Nr. 2 herangezogen werden. Es fehlte zudem an einer Bestimmtheit. 6 Diese Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Maßgebend für einen Löschungsanspruch ist, ob das Baulastverzeichnis unrichtig ist oder ein Verzicht der Bauaufsichtsbehörde ( 83 Abs. 3 Satz 1 SächsBO 2004) vorliegt. Das Verwaltungsgericht ist unter Anlegung zutreffender Maßstäbe davon ausgegangen, dass eine Baulast - wie hier - durch schriftliche Erklärung eines Grundstückseigentümers gegenüber der Bauaufsichtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, zu einem sein Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen zu übernehmen, entsteht ( 80 Abs. 1 und 2 SächsBO 1992/1994/1999, 83 Abs. 1 und 2 SächsBO 2004) und mit ihrer Eintragung im Baulastverzeichnis wirksam wird ( 80 Abs. 1 Satz 2 SächsBO 1992). Aus den Einwänden des Klägers lässt sich nichts Entscheidendes dafür entnehmen, dass das Baulastenverzeichnis unrichtig ist, d. h. die Baulast nicht wirksam begründet wurde

5 5 oder ihre Eintragung fehlerhaft ist. Die Eintragung vom 4. Dezember 1993 ist Folge der Baulastübernahmeerklärung vom 7. September 1992 und ist nicht - wie vom Kläger vorgetragen - durch die spätere Streichung unter der lfd. Nr. 1 im Baulastverzeichnis gelöscht, sondern nur orientiert am Wortlaut der Baulastübernahmeerklärung vom 7. September 1992 im Baulastverzeichnis unter der lfd. Nr. 2 in korrigierter Fassung fortgeführt worden. Dabei kann eine - wie hier - wirksam gewordene Baulast nicht durch ihre Streichung unter der lfd. Nr. 1 und Fortführung unter einer anderen laufenden Nummer im Baulastenverzeichnis gelöscht werden oder an anderer Stelle (lfd. Nr. 2) neu entstehen, sondern sie kann nur durch schriftlich erklärten Verzicht der Bauaufsichtsbehörde untergehen ( 80 Abs. 3 Satz 1 SächsBO 2004) und im Anschluss daran gelöscht werden. Eine solche schriftliche Verzichtserklärung (vgl. 126 BGB) liegt hier aber nicht vor. Sie lässt sich weder dem Behördenvorgang noch dem Vorbringen des Klägers entnehmen. Soweit das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Eintragung im Baulastenverzeichnis am 4. Dezember 1993 und die vorgenommenen Änderungen am 8. Oktober 2007 jeweils eine Auslegung des Inhalts der eingetragenen Baulast vorgenommen hat, ist dies nicht zu beanstanden (vgl. VGH BW, Urt. v. 15. April 2008, VGHBW 2009, 184; OVG NRW, Beschl. v. 7. Dezember A 3150/08 -, juris Rn. 5), denn Willenserklärungen sind grundsätzlich einer Auslegung zugänglich (vgl. 133 BGB). Des Weiteren kann weder aufgrund der zunächst unter der lfd. Nr. 1 erfolgten Eintragung noch aufgrund ihrer Streichung von einer Unbestimmtheit ( 37 VwVfG) der Baulast ausgegangen werden, denn ihr Inhalt ließ sich ohne weiteres bereits aus der Erklärung vom 7. September 1992 entnehmen. Hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit ist es auch nicht erforderlich, dass sie in Gänze in das Baulastenverzeichnis aufgenommen wird. 7 Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nicht dargelegt. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt vor, wenn eine grundsätzliche, höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Frage aufgeworfen wird, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. Beschl. des Senats v. 31. März B 255/04 - und 2. Februar B 968/04 -). Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert wenigstens die Bezeichnung einer konkreten Frage, die

6 6 sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde, und muss im Einzelnen aufzeigen, inwiefern das Verwaltungsgericht die Frage nach Auffassung des Antragstellers nicht zutreffend beantwortet hat. Die pauschale Behauptung der Kläger, die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, genügt diesen Anforderungen nicht. Vielmehr ist das Berufungsgericht gehindert, anstelle des Antragstellers des Zulassungsverfahrens die wohl von ihm gemeinte Frage zu formulieren. Im Übrigen ist die Frage der Bestimmtheit der eingetragenen Baulast nicht verallgemeinerungsfähig, sie lässt sich vielmehr nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantworten. Auf die Frage, ob eine nicht wirksam eingetragene Baulast Grundlage einer Vollstreckungshandlung sein kann, stellt sich hier nicht, da die Baulasterklärung vom 7. September 1992 wirksam eingetragen und danach keine weitere hier maßgebliche Baulast eingetragen wurde. Die Frage, wie eine Baulast entsteht oder wie eine Baulast untergeht, lässt sich - wie zuvor ausgeführt - bereits anhand des Gesetzes beantworten. 8 Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO. 9 Die Streitwertfestsetzung folgt aus 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die die Beteiligten nichts vorgetragen haben. 10 Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). gez.: Meng Schmidt-Rottmann Heinlein Ausgefertigt: Bautzen, den Sächsisches Oberverwaltungsgericht