Musterlösung der Assessement-Prüfung im Strafrecht I (9. Juni 2010 bei Prof. A. Donatsch und Prof. B. Tag)

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Musterlösung der Assessement-Prüfung im Strafrecht I (9. Juni 2010 bei Prof. A. Donatsch und Prof. B. Tag)"

Transkript

1 Musterlösung der Assessement-Prüfung im Strafrecht I (9. Juni 2010 bei Prof. A. Donatsch und Prof. B. Tag) Musterlösung der Assessement-Prüfung im Strafrecht I... 1 Aufgabe 1: Der lange Schatten des Fussballs (ca. 75 %) Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt Strafbarkeit des F durch die Schläge und den Tritt Versuchte Tötung, Art. 111, 22 Abs. 1 StGB Einfache Körperverletzung, Art. 123 Ziff. 1 StGB Schwere Körperverletzung, Art. 122 Abs. 1 StGB Fahrlässige schwere Körperverletzung, Art. 125 Abs. 2, 12 Abs. 3 StGB Gefährdung des Lebens, Art. 129 StGB Angriff, Art. 134 StGB Strafbarkeit des F nach den Schlägen und dem Tritt Aussetzung, Art. 127 StGB Unterlassung der Nothilfe durch den Verletzenden, Art. 128 Abs. 1 StGB Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt Strafbarkeit des C durch die Schläge und den Tritt Versuchte Tötung in Mittäterschaft, Art. 111, 22 Abs. 1 StGB Einfache Körperverletzung in Mittäterschaft (Nasenbeinbruch), Art. 123 Ziff. 1 StGB Einfache/Schwere Körperverletzung in Mittäterschaft (Milzriss und Blutung), Art. 123 Ziff. 1 StGB/Art. 122 StGB Gefährdung des Lebens in Mittäterschaft, Art. 129 StGB Angriff, Art. 134 StGB Strafbarkeit des C nach den Schlägen und dem Tritt Schwere Körperverletzung durch Unterlassen, Art. 122 Abs. 1, 11 StGB Gefährdung des Lebens durch Unterlassen, Art. 129, 11 StGB Aussetzung, Art. 127 StGB Unterlassung der Nothilfe, allgemeine Nothilfe, Art. 128 StGB Strafbarkeit des F im 2. Sachverhaltsabschnitt Versuchte Tötung durch Unterlassen, Art. 111, 22 Abs. 1, 11 StGB Versuchter Mord durch Unterlassen, Art. 112, 22 Abs. 1, 11 StGB Strafbarkeit des C im 2. Sachverhaltsabschnitt Konkurrenzen Strafbarkeit des F F im Rahmen des 1. Sachverhaltsabschnitts F im Rahmen des 2. Sachverhaltsabschnitts Zusammenfassend für F Strafbarkeit des C Aufgabe 2.) Multiple-Choice (ca. 25 %) Lösung Aufgabe 2.)

2 Aufgabe 1: Der lange Schatten des Fussballs (ca. 75 %) Aufgabe 1: Der lange Schatten des Fussballs (ca. 75 %) 1 F und C sind fanatische Fussballfans. Nachdem ihre Lieblingsmannschaft beim abendlichen Fussballmatch 4:0 verloren hat, spülen die beiden ihren Frust auf dem Perron (Bahnsteig) eines viel befahrenen Bahnhofs mit je einer Dose Bier hinunter. Plötzlich läuft I, ein Fan der siegreichen Mannschaft, an ihnen vorbei. Dieser lässt sein Team hochleben, indem er lautstark So ein Tag, so wunderschön wie heute! singt. F ruft dem C zu: Der bekommt eine aufs Maul! Sie springen auf, C hält I an den Armen fest, während F ihm mehrfach und mit grosser Wucht mit den Fäusten ins Gesicht schlägt. Das genügt! ruft C und lässt I los. I geht von den Schlägen benommen zu Boden. C wendet sich von I ab und wieder seinem Bier zu, während F dem am Boden liegenden I noch einmal mit dem Fuss in den Bauch tritt, bevor auch er sich wieder seinem Bier zuwendet. I bleibt, sich vor Schmerzen krümmend, am Boden liegen. Als C seinen Blick kurz darauf wieder auf I wendet, sieht er zufällig, dass I am Bauch eine grossflächige blaue Verfärbung aufweist. Kurze Zeit später ist I wieder auf die Beine gekommen. Als er F und C sieht, ergreift er die Flucht. Dabei stolpert er, fällt über die Perronkante und schlägt mit dem Kopf unglücklich auf dem Gleis auf. Ohnmächtig bleibt er dort liegen. F bricht in grosses Gelächter aus, als er die Szene mitverfolgt und merkt lachend an: Naja, der nächste Zug kommt gleich, das wird ein wunderschöner Tag, denn um den da ist es nicht schade! C hingegen eilt sofort zu I und zieht ihn vom Gleis weg auf den Perron und alarmiert die Ambulanz. Wie sich später im Spital herausstellt, hat I durch die Schläge neben zahlreichen Hämatomen einen Nasenbeinbruch und durch den Tritt einen mit hohem inneren Blutverlust verbundenen Milzriss erlitten. In einer Notoperation kann die Milz entfernt und die Blutung gestoppt werden. I kann das Spital ohne weitere bleibende körperliche Beeinträchtigungen verlassen. Prüfen Sie die Strafbarkeit von F und C. (Eventuell erforderliche Strafanträge sind gestellt.) 1 Die vorliegende Klausur (Fall mit Lösungen und MC) sind nur für die private Verwendung zum Nachvollziehen der Lösungswege zur Verfügung gestellt. Jeder anderweitigen, insbesondere kommerziellen Nutzung wird ausdrücklich widersprochen. 2

3 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt Vorbemerkung: Die vorliegende Falllösung ist als umfassende Lösung angelegt, die unterschiedliche Lösungswege aufzeigt. Es wurde von den Kandidaten/innen nicht erwartet, dass sie die Lösung in ihrer Arbeit ebenso ausführlich bzw. in der vorliegenden Breite darlegen. Von der Musterlösung abweichende Ergebnisse können bei entsprechender Begründung auch vertretbar sein und wurden dann auch entsprechend bepunktet. Punkte für allfällige Definitionen sind an der Stelle vorgesehen, wo sie in der Musterlösung erstmalig erscheinen. Die Lösung bildet bewusst Schwerpunkte, die gesehen werden müssen. Die eigene abweichende Schwerpunktlegung der Kandidaten/innen kann zu einer geringeren Punktezahl führen. 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt 1.1 Strafbarkeit des F durch die Schläge und den Tritt Versuchte Tötung, Art. 111, 22 Abs. 1 StGB 2 F könnte sich der versuchten Tötung strafbar gemacht haben, indem er I, durch den Tritt in den Bauch, einen Milzriss verbunden mit einem hohen Blutverlust zufügt. a) Vorprüfung Einerseits wird vorausgesetzt, dass die Tat nicht vollendet wurde und andererseits muss das Delikt im Versuch strafbar sein. Da der Tod des I nicht eingetreten ist, ist die Tötung nicht vollendet. Da Tötung gemäss Art. 10 Abs. 2 i.v.m. Art. 111 StGB ein Verbrechen ist, ist eine versuchte Tötung nach Art. 22 Abs. 1 StGB strafbar. b) Tatbestand ba) Subjektiver Tatbestand Der Täter muss Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale haben (sog. Tatentschluss). F müsste den Erfolg, den Tod des I, gewollt haben. Eventualvorsatz (Art. 12 Abs. 2 S. 2 StGB) genügt, was bedeutet, dass der Täter um die Möglichkeit des Erfolgseintritts wissen und diesem gleichgültig gegenüberstehen bzw. diesen billigen (in Kauf nehmen) müsste. 2 Entsprechend kann hier der versuchte Mord Art. 112, 22 Abs. 1 StGB geprüft werden. Zur Versuchsprüfung bestehen mehrere anerkannte Aufbauschemata, die grundsätzlich alle zulässig sind. Es ist auch zulässig, zuerst mit der Prüfung der vollendeten Tötung zu beginnen, dann mangels Erfolg abzubrechen und in die Versuchsprüfung zu wechseln. 3

4 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt F will mit seinem Tritt nicht den Tod des I herbeiführen, auch lässt der Sachverhalt den Schluss auf eventualvorsätzliches Handeln des F nicht zu. F bekundet mit dem Ausspruch Der bekommt eine aufs Maul!, den I verletzen zu wollen, jedoch sieht er dabei und bei seinem Handeln die Möglichkeit des Eintritts des Todes des I nicht voraus und nimmt diesen auch nicht in Kauf noch steht er ihm gleichgültig gegenüber. F tritt den I nicht mit Tötungsvorsatz. c) Fazit F hat sich nicht der versuchten Tötung gemäss Art. 111, 22 Abs. 1 StGB strafbar gemacht Einfache Körperverletzung, Art. 123 Ziff. 1 StGB F könnte sich der einfachen Körperverletzung strafbar gemacht haben, indem er dem I durch Schläge ins Gesicht einen Nasenbeinbruch und Hämatome und durch einen Tritt in den Bauch einen Milzriss, verbunden mit einem hohen Blutverlust, zufügt. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Bei der Tätlichkeit nach Art. 126 StGB dürfte nur ein geringfügiger und folgenloser Angriff auf den Körper oder die Gesundheit eines Menschen vorliegen. 3 Können die Hämatome noch als bloss vorübergehende Störung des Wohlbefindens 4 eingestuft werden, so sind der Nasenbeinbruch und der mit hohem inneren Blutverlust verbundene Milzriss keine bloss vorübergehende, unwesentliche Störung des Wohlbefindens oder geringfügige pathologische Veränderung 5. Die obere Grenze der Tätlichkeit ist damit klar überschritten. Der Nasenbeinbruch ist als einfache Körperverletzung im Sinne des Art. 123 Ziff. 1 StGB zu qualifizieren und der Milzriss, verbunden mit dem hohen inneren Blutverlust, ist zumindest auch eine solche. Ob darüber hinaus eine schwere Körperverletzung vorliegt, bestimmt sich nach Art. 122 StGB. Die Handlung des F kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfällt. Da die Schläge und der Tritt conditio sine qua non für die Verletzungen (Nasenbeinbruch, Hämatome, Milzriss und dem damit einhergehenden hohen inneren Blutverlust) sind, ist die Kausalität gemäss Äquivalenztheorie gegeben. Da F die konkrete Gefahr 3 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 126 N 2. 4 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Vor. Art. 122 N BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Vor. Art. 122 N 16. 4

5 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt geschaffen hat, die sich dann im Verletzungserfolg manifestiert, ist die objektive Zurechnung gegeben. ab) Subjektiver Tatbestand Der Täter muss bezüglich der Verletzung mit Willen und Wissen handeln, wobei Eventualvorsatz genügt. 6 Dies setzt voraus, dass F mit Wissen um die Verletzung zuschlug und diese herbeiführen wollte, wobei nicht erforderlich ist, dass sich der Täter gerade die tatsächliche Folge vorgestellt hat. F schlägt den I ins Gesicht und tritt ihm in den Bauch. Sowohl bei den Schlägen ins Gesicht als auch beim Tritt in den Bauch weiss er um die Möglichkeit von Verletzungen und will diese herbeiführen. b) Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich, die Rechtswidrigkeit mithin gegeben. c) Schuld Als Schuldausschlussgrund fällt lediglich der Genuss von Bier in Betracht. Der Sachverhalt gibt jedoch keinen Anlass, von einer erheblichen oder gar schweren Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit des F auszugehen. Gemäss Bundesgericht ist erst ab einer Blutalkoholkonzentration von zwei Promille von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Eine so hohe Blutalkoholkonzentration ist mit einer Dose Bier, welche im Sachverhalt erwähnt wird, nicht zu erreichen. Schuldausschlussgründe sind deshalb keine gegeben. d) Fazit F hat sich der einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB strafbar gemacht Schwere Körperverletzung, Art. 122 Abs. 1 StGB F könnte sich der schweren Körperverletzung strafbar gemacht haben, indem er dem I, durch Schläge ins Gesicht, einen Nasenbeinbruch und durch einen Tritt in den Bauch, einen Milzriss verbunden mit einem hohen Blutverlust, zufügt. 6 Zur Definition siehe ba). 5

6 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Die schwere Körperverletzung gemäss Art. 122 StGB setzt als Taterfolg entweder voraus, dass das Opfer lebensgefährlich verletzt wird (Abs. 1) oder eine der weiteren Erfolgsvarianten vorliegt: die Verstümmelung des Körpers oder die Verstümmelung bzw. Unbrauchbarmachung eines wichtigen Organs oder Gliedes, die bleibende Arbeitsunfähigkeit, Gebrechlichkeit oder Geisteskrankheit oder die arge und bleibende Entstellung eines menschlichen Gesichts gemäss Abs. 2, oder, und im Sinne einer Generalklausel, eine andere schwere Schädigung des Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen gemäss Abs. 3. Hier ist zunächst die Frage zu beurteilen, ob die Milz ein wichtiges Organ ist. Als wichtige Organe gelten primär lebenswichtige Organe, d.h. die Beurteilung ist nach der Funktion des Organs vorzunehmen. 7 Die Milz stellt in diesem Sinne kein lebenswichtiges Organ dar, 8 so dass ihre Verletzung wohl nicht unter die schwere Körperverletzung gemäss Art. 122 Abs. 2 StGB fällt. 9 Jedoch ist die Folge der Verletzung der Milz eine starke Blutung im Bauchraum, die eine Notoperation notwendig macht, weil ansonsten der Verletzte I innerlich zu verbluten droht. Hiermit ist eine unmittelbare Lebensgefahr im Sinne des Art. 122 Abs. 1 StGB entstanden, 10 nämlich ein Zustand, in dem sich die Möglichkeit des Todes dermassen verdichtet, dass sie zur ernstlichen und dringlichen Wahrscheinlichkeit 11 wird. Einerlei, ob man für die Schwere der Verletzung auf einen weitergehenden Erfolg zusätzlich zur einfachen Körperverletzung oder auf die Handlung abstellt, ist hier auch eine schwere Schädigung des Körpers im Sinne der Generalklausel in Art. 122 Abs. 3 StGB gegeben. Zur Tathandlung, Kausalität und objektiven Zurechnung siehe BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 122 N dieses medizinische Wissen wurde nicht vorausgesetzt entscheidend für die Bewertung war die Qualität der Argumentation. 9 Dieses Ergebnis ist auch dann zutreffend, wenn mit einem Teil der Lehre und der Praxis von einem subjektiven, individuellen Massstab bei der Bewertung der Wichtigkeit ausgegangen wird. Danach müsste man die berufliche Tätigkeit und die Stellung des Verletzten berücksichtigen, BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 122 N 13. Doch kann auf die Milz nahezu jeder Mensch (ausser Kleinkinder) verzichten. Sie ist selbst für Berufe die eine starke Immunabwehr erfordern kein lebenswichtiges Organ. 10 BGE 109 IV BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 122 N 5. 6

7 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt Damit sind die objektiven Tatbestandselemente der schweren Körperverletzung nach Art. 122 Abs. 1 StGB im Sinne einer lebensgefährlichen Verletzung erfüllt. 12 ab) Subjektiver Tatbestand Zur Definition des Vorsatzes siehe , auch bei Art. 122 StGB genügt dolus eventualis. F wollte I durch Schläge ins Gesicht und den Tritt in den Bauch zum Schweigen bringen. Dabei sieht F voraus, dass Schläge ins Gesicht Verletzungen im Sinne einer einfachen Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB herbeiführen. Mit dem Ausspruch Der bekommt eine aufs Maul bekundet er, dass er diese auch will. Sind der Nasenbeinbruch und die Hämatome vom direkten Vorsatz des F erfasst, stellt sich dies beim Milzriss mit der massiven inneren Blutung nicht so klar dar. Der Ausspruch der bekommt eine aufs Maul legt nahe, dass F den I zwar verletzen, ihm jedoch kein schwere Schädigung im Sinne der schweren Körperverletzung Art. 122 StGB zufügen wollte. Bei Tritten in den Bauch eines Menschen muss jedoch davon ausgegangen werden, dass Verletzungen von Organen im Bereich des Oberkörpers, wie Lunge, Leber, Nieren und Milz, resultieren können. Wenn sich der Täter über die genauen Folgen dabei auch keine Gedanken gemacht haben sollte, so weiss er bei seinem Tritt in den Bauch um die Möglichkeit einer schwere Schädigung und kalkuliert diese durchaus mit ein. Dies ist jedoch bei F nicht der Fall. Zudem ist ihm durch die Bekundung, dem I nur eine aufs Maul geben zu wollen, zuzugestehen, dass er eine schwere Schädigung des I zumindest zum Zeitpunkt dieses Ausspruchs und der nachfolgenden Handlung nicht billigend in Kauf genommen hat. Damit entfällt ein Eventualvorsatz bezüglich einer schweren Schädigung des Körpers des I im Sinne einer lebensgefährlichen Verletzung, Art. 122 Abs. 1 StGB. Der subjektive Tatbestand des Art. 122 Abs. 1 StGB ist somit nicht gegeben. 13 Das gleiche gilt auch für eine schwere Schädigung im Sinne der Generalklausel in Art. 122 Abs. 3 StGB. b) Fazit F hat sich nicht der schweren Körperverletzung gemäss Art. 122 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. 12 Andere Lösungsvarianten mit selbem Fazit mit entsprechender Begründung vertretbar. 13 A.A. bei entsprechender Begründung vertretbar. 7

8 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt Fahrlässige schwere Körperverletzung, Art. 125 Abs. 2, 12 Abs. 3 StGB 14 F könnte sich jedoch der fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht haben, indem er dem I, durch einen Tritt in den Bauch, einen mit hohem Blutverlust verbundenen Milzriss zufügt. a) Tatbestand aa) Taterfolg I erleidet durch den Tritt in den Bauch einen Milzriss, verbunden mit einem hohen Blutverlust. Dieser kann gemäss objektiv als schwere Schädigung des Körpers im Sinne des Art. 122 Abs. 3 StGB und auch als lebensgefährliche Verletzung gemäss Art. 122 Abs. 1 StGB qualifiziert werden. Damit liegt als Taterfolg eine schwere Schädigung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB vor. ab) Tathandlung Hierzu siehe ac) Kausalität Hierzu siehe ad) Objektive Sorgfaltspflichtverletzung 15 F erkennt nicht die Möglichkeit, dass sein Tritt in den Bauch des I den Erfolg der schweren Schädigung herbeiführt, jedoch beruht seine Nichtvoraussicht zumindest auf einer pflichtwidrigen Unvorsichtigkeit im Sinne der unbewussten Fahrlässigkeit gemäss Art. 12 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 StGB. Hierbei erkennt der Täter die Möglichkeit des Erfolgseintritts nicht, obwohl diese erkennbar ist. Einen anderen Menschen in den Bauch zu treten ist sorgfaltswidrig. ada) Objektive Vorhersehbarkeit des wesentlichen Kausalverlaufs und des Erfolges Objektiv betrachtet müssen Kausalverlauf und Erfolg für jeden besonnenen und gewissenhaften Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters (Massfigur) voraussehbar sein. Für einen Durchschnittsmenschen ist erkennbar, dass bei Tritten in den Bauch innere Organe im Bauchraum in Mitleidenschaft gezogen werden können und deren Verletzung auch mit starken inneren Blutungen verbunden sein kann. Kausalverlauf und Erfolg sind vorhersehbar, da beide 14 Zur Fahrlässigkeit existieren mehrere anerkannte Aufbauschemata, die grundsätzlich alle zulässig sind. 15 Die Unterpunkte unter ad) können auch als gemeinsamer Punkt geprüft werden. 8

9 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt nicht so sehr ausserhalb der Lebenserfahrung liegen, dass mit ihnen nicht gerechnet werden braucht. adb) Objektive Vermeidbarkeit des Erfolges Diese ist dann gegeben, wenn das Unterlassen der riskanten Handlung den Erfolg vermieden hätte. Ohne Zweifel ist die schwere Verletzung bzw. lebensgefährliche Verletzung durch Absehen vom Tritt vermeidbar. adc) Objektiver Zurechnungszusammenhang zwischen Handlungsrisiko und Erfolg Bei rechtmässigem Alternativverhalten, d.h. Unterlassen des Tritts, wäre der Erfolg ausgeblieben. Da der Tritt auch das Risiko der schweren Schädigung und einer inneren Blutung wesentlich erhöht hat, gelangt man auch mit der Risikoerhöhungstheorie zu keinem anderen Ergebnis. b) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine gegeben. Schuldausschlussgründe liegen ebenfalls nicht vor. Zudem waren Kausalverlauf und Erfolg für F auch soweit subjektiv voraussehbar, dass ihm sein Verhalten vorwerfbar ist. c) Fazit F macht sich der schweren fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2, 12 Abs. 3 StGB strafbar Gefährdung des Lebens, Art. 129 StGB F könnte sich, indem er den I in den Bauch tritt und dadurch einen Milzriss mit schweren inneren Blutungen verursacht, der Gefährdung des Lebens strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Objektive Voraussetzung der Gefährdung des Lebens ist die Lebensgefahr, welche unmittelbar sein muss. Die Gefahr muss konkret, mithin ernstlich wahrscheinlich sein und nicht nur eine abstrakte Möglichkeit darstellen 16 und für das Leben, und nicht nur für die Gesundheit 16 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N 9. 9

10 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt bestehen. 17 Die Lebensgefahr muss zudem unmittelbar sein 18, d.h. nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge besteht die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Verletzung des geschützten Rechtsgutes. 19 Sie muss akut bzw. von ganz besonders gravierender Art sein, eine vage Wahrscheinlichkeit oder blosse Möglichkeit genügt nicht. 20 Zudem muss die Gefahr unvermittelt durch das Verhalten des Täters entstehen. 21 Die Gefahr, dass I an den Schädigungen verstirbt, ist durch den Milzriss und die schwere innere Blutung, verursacht durch den Tritt des F in seinen Bauch, konkret vorhanden. Kann eine schwere innere Blutung nicht umgehend gestoppt werden, so ist der Tod die Folge. Demnach ist nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Leben des I unmittelbar gefährdet. Der objektive Tatbestand der Gefährdung des Lebens ist erfüllt. ab) Subjektiver Tatbestand Der Täter muss um die Herbeiführung der Lebensgefahr wissen und den Erfolgseintritt sicher voraussehen oder um diesen wissen. Daneben muss er diesen auch herbeiführen wollen. Dolus eventualis genügt bezüglich der Gefährdung nicht. 22 Zudem muss der Täter skrupellos handeln, womit ein qualifizierter Grad der Vorwerfbarkeit vorliegen muss, der durch besondere Hemmungs- und Rücksichtslosigkeit des Täters gekennzeichnet ist. 23 F handelt bezüglich der Herbeiführung einer unmittelbaren Lebensgefahr nicht mit direktem Vorsatz. Weder strebt er diese direkt an, noch sieht er diese sicher voraus. Ob er sie für ernsthaft möglich hält und dann billigend in Kauf nimmt kann dahingestellt bleiben, da dolus eventualis bezüglich der Gefährdung nicht genügt BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N 10, so die überwiegende Lehre und die Praxis. Ein Teil der Lehre will jedoch der ärztlichen Kritik, dass zwischen Lebens- und Gesundheitsgefährdung kaum unterschieden werden kann, Rechnung tragen und legt den Tatbestand extensiv aus, in dem es auch die schwere Gesundheitsgefährdung mit einbezieht. 18 Anmerkung: Der Begriff unmittelbare Lebensgefahr ist nicht deckungsgleich mit lebensgefährlich aus Art. 122 Abs. 1 StGB, wobei der wesentliche Unterschied in der Unmittelbarkeit liegt, BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N 11; BGE 111 IV 51, BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N BGE 91 IV BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 122 N 29, so die Lehre und die Rechtsprechung des BGer, da der objektive Tatbestand eine unmittelbare Lebensgefahr voraussetzt. Wer eventualvorsätzlich handelt, schafft hingegen keine unmittelbare, sondern höchstens eine mittelbare, bedingte Lebensgefahr. 23 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N 33. Wenn dabei gemäss BGer Tatmittel und die konkrete Tatsituation neben den Tatmotiven zu berücksichtigen sind, so handelt es sich bei der Skrupellosigkeit wohl um ein nicht ausschliesslich subjektiv zu bestimmendes Kriterium (ähnlich die Skrupellosigkeit als Mordmerkmal). 24 Wer Eventualvorsatz genügen lassen will, kommt zu keinem anderen Ergebnis. 10

11 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt b) Fazit Mangels der Erfüllung des subjektiven Tatbestandes macht sich F nicht der Gefährdung des Lebens nach Art. 129 StGB strafbar Angriff, Art. 134 StGB F könnte sich, indem er gemeinsam mit C den I gewaltsam attackierte, des Angriffs schuldig gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Angriff ist die einseitige, von feindseligen Absichten getragene, gewaltsame Einwirkung auf den oder die Körper eines oder mehrerer Menschen. 25 Dabei muss der Angriff von mehreren, mindestens aber zwei Personen ausgehen, wobei es aber genügen kann, wenn sich eine Person dem bereits gestarteten Angriff eines anderen anschliesst. 26 F schlägt auf mit Fäusten auf I ein bzw. tritt diesen, was eine für einen körperlichen Angriff geradezu typische Tathandlung ist. I bleibt passiv. F`s Absicht ist feindselig und seine Einwirkungen in Form der Faustschläge und Tritte sind gewaltsam. Da F und C gemeinsam handeln (C hält den I dabei zwar nur fest, jedoch stellt allein dieses Verhalten bereits einen körperlichen Angriff dar), ist auch das Erfordernis zweier Täterpersonen erfüllt. ab) Subjektiver Tatbestand Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz bezüglich der Teilnahme an einem Angriff. F weiss, dass er sich gemeinsam mit C an einen Angriff beteiligt. Er weiss um seine gewaltsame Einwirkung auf den Körper des I und will diese auch. b) Objektive Strafbarkeitsbedingung Der Angriff muss den Tod oder die Körperverletzung eines Angegriffenen oder Dritten mindestens im Ausmass einer einfachen Körperverletzung zur Folge haben. Wie in und dargelegt, wurden dem I Verletzungen zugefügt, welche das Mass der einfachen Körperverletzung erreichen und sogar überschreiten. Die objektive Strafbarkeitsbedingung ist gegeben. 25 Darin liegt auch das abgrenzende Element zum Raufhandel Art. 133 StGB, der eine wechselseitige tätliche Auseinandersetzung darstellt, BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 134 N BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 134 N 5. 11

12 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt c) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtlich. Schuldausschlussgründe fallen im Ergebnis keine in Betracht. d) Fazit F hat sich des Angriffs gemäss Art. 134 StGB strafbar gemacht. 1.2 Strafbarkeit des F nach den Schlägen und dem Tritt Aussetzung, Art. 127 StGB F könnte sich, indem er dem I durch den Tritt einen Milzriss und die inneren Blutungen zugefügt hat und sich dann von ihm abwendet, der Aussetzung strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Der Täter muss zum Opfer in einer besonderen Beziehung stehen. So muss es sich um einen Hilflosen in der Obhut des Täters handeln oder eine hilflose Person für die er im Sinne einer Sorgfaltspflicht zu sorgen hat. I ist hilflos, er krümmt sich vor Schmerz und kann sich selbst kaum helfen. F hat zudem für den I zu sorgen, da er durch seinen Tritt in den Bauch des I diesen verletzt hat (Ingerenz). Doch muss nach h.l. die Garantenstellung beim Tatbestand der Aussetzung vor Eintritt der Gefahr bestanden haben. 27 Da F erst durch den Tritt die Gefahr geschaffen und die Garantenstellung verursacht hat, ist der objektive Tatbestand nicht erfüllt. 27 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 127 N 7; a.a. mit Begründung vertretbar. Alternativ kann argumentiert werden, dass mit dem Tritt die Gefahr bestand und aufgrund Ingerenz F verpflichtet war, als Garant zu handeln. Die sich weiter intensivierende Lebensgefahr als solche kann dann als weitere Gefahr angesehen werden, bezüglich der F als Garant handeln müsste. Dann wäre weiter zu prüfen: aa) Objektiver Tatbestand. Weiter ist eine Gefahr für das Leben bzw. eine schweren und unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit erforderlich. Durch den Tritt entsteht diese Gefahr im Milzriss und den schweren inneren Blutungen. Siehe hierzu Ausführungen in ff. Wenn F nicht handelt, ist er durch das im Stiche lassen im Sinne eines echten Unterlassungsdeliktes verantwortlich. Dies ist der Fall, denn F wendet sich vom verletzten I ab. ab) Subjektiver Tatbestand Subjektiv ist Gefährdungsvorsatz erforderlich, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Täter muss mindestens mit der Möglichkeit des Gefahreneintritts sowie mit der Abwendbarkeit durch sein Handeln rechnen. F rechnet jedoch nicht mit dem Gefahreneintritt, er ist sich dessen nicht bewusst. Der subjektive Tatbestand der Aussetzung ist damit nicht erfüllt. b) Fazit F macht sich nicht der Aussetzung gemäss Art. 127 StGB strafbar. 12

13 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt b) Fazit F macht sich nicht der Aussetzung gemäss Art. 127 StGB strafbar Unterlassung der Nothilfe durch den Verletzenden, Art. 128 Abs. 1 StGB F könnte sich, indem er dem I, den er verletzt hat, nicht hilft, der unterlassenen Nothilfe strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Der objektive Tatbestand der Nothilfe umfasst einerseits die Nothilfe durch die verletzende Person als auch die allgemeine Nothilfe. Da F dem I die Verletzungen selbst zugefügt hat, ist sein Verhalten im Rahmen der Nothilfe durch die verletzende Person zu prüfen. Der Täter muss dabei beim Verletzten eine Beeinträchtigung an Körper oder Gesundheit verursacht haben, die mindestens das Ausmass einer einfachen Körperverletzung, Art. 123 StGB, erreicht. 28 F hat dem I bereits durch seine Faustschläge ins Gesicht einen Nasenbeinbruch zugefügt, was eine einfache Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB darstellt. Bereits damit liegt die erforderliche Beeinträchtigung vor. Unzweifelhaft erfüllt auch die Verletzung der Milz mit der inneren Blutung das Kriterium. (Hierzu schon ff.) Als Tathandlung kommt jede Unterlassung der Hilfe in Frage, welchen Erfolg die Hilfe gehabt hätte oder haben konnte, ist bedeutungslos 29. Die Hilfe muss dem Täter nach den Umständen zumutbar sein. Bezüglich Art und Qualität der Hilfe ist auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Helfenden abzustellen. 30 F hilft seinem Opfer I nicht. Ein Nasenbeinbruch erfordert nicht unbedingt eine Hilfeleistung. Hinsichtlich des Milzrisses und der schweren inneren Blutung hingegen ist die Alarmierung der Sanität angezeigt und dem F trotz des Umstandes, dass er sich dadurch ggf. selbst der Strafverfolgung aussetzt, zumutbar. ab) Subjektiver Tatbestand Der subjektive Tatbestand erfordert Wissen und Willen und Kenntnis bezüglich der eigenen Verpflichtung. 28 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N Da die Unterlassung der Nothilfe ein Gefährdungsdelikt ist, BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N

14 1.Strafbarkeit des F im 1. Sachverhaltsabschnitt F ist sich bewusst, I verletzt zu haben. F sieht die Hilfsbedürftigkeit des Verletzten I, da dieser sich am Boden krümmt. F ist die Möglichkeit einer Verletzungsschwere zumindest in dem Ausmass, dass Hilfe nötig wird, damit bewusst. Damit hat er zumindest in der Parallelwertung der Laiensphäre Kenntnis von seiner eigenen Verpflichtung zur Hilfe. Dadurch, dass er I trotzdem nicht hilft, manifestiert er seinen Willen, die Hilfeleistung zu unterlassen. Der subjektive Tatbestand ist damit erfüllt. 31 b) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtliche. Schuldausschlussgründe fallen im Ergebnis keine in Betracht. c) Fazit F hat sich der Unterlassung der Nothilfe durch den Verletzenden, im Sinne von Art. 128 StGB strafbar gemacht. Allfällige Delikte, begangen durch Unterlassung, treten wertungsmässig hinter das positive Tun zurück. [Berücksichtigt wurden Ausführungen zum Unterlassen (Art. 11 StGB) die in der Hauptlösung unter Eingang finden]: 1.2 Gefährdung des Lebens durch Unterlassen, Art. 129 StGB, Art. 11 StGB 1.2 Schwere Körperverletzung durch Unterlassen, Art. 122 Abs. 1 bzw. 3, 11 StGB 1.2 Fahrlässige schwere Körperverletzung durch Unterlassen, Art. 125 Abs. 2, 11, 12 Abs. 3 StGB 31 A.A. mit entsprechender Begründung vertretbar. 14

15 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt 2.1 Strafbarkeit des C durch die Schläge und den Tritt Versuchte Tötung in Mittäterschaft, Art. 111, 22 Abs. 1 StGB 32 C könnte sich der versuchten Tötung strafbar gemacht haben, indem er als Mittäter des F dem I einen mit hohem Blutverlust verbundenen Milzriss zufügt. a) Vorprüfung Die Tat ist nicht vollendet, die versuchte Tötung ist gemäss Art. 111, 10 Abs. 2, 22 Abs. 1 StGB mit Strafe bedroht. b) Tatbestand ba) Subjektiver Tatbestand, Tatentschluss Der Täter müsste Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale haben, was hier nicht vorliegt. C wollte I verletzen, bekundet nach den Schlägen ins Gesicht aber mit der Bemerkung Das genügt! in diesem Zeitpunkt keinen darüber hinausgehenden Verletzungsoder Tötungswillen. c) Fazit C hat sich nicht der versuchten Tötung gemäss Art. 111, 22 Abs. 1 StGB strafbar gemacht Einfache Körperverletzung in Mittäterschaft (Nasenbeinbruch), Art. 123 Ziff. 1 StGB C könnte sich dadurch, dass er I an den Armen festhält während F den I ins Gesicht schlägt und einen Nasenbeinbruch verursacht, der einfachen Körperverletzung strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Zum Verletzungserfolg, dem Nasenbeinbruch und den Hämatomen, siehe bereits unter ff. Gemäss Sachverhalt fügt nicht C, sondern F dem I durch die Schläge ins Gesicht den Nasenbeinbruch und die Hämatome zu. C hält I nur fest. Er könnte dennoch Mittäter des F sein. 32 Vgl. FN 1. 15

16 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt Mittäterschaft ist das bewusste und gewollte Zusammenwirken bei der Begehung einer Straftat. Dies muss sich einerseits in einem gemeinsamen Tatplan oder gemeinsamen Entschluss der arbeitsteiligen Tatausführung und andererseits der gemeinsamen Tatausführung widerspiegeln. Wird nicht alles gemeinsam ausgeführt, so wird bei mittäterschaftlichem Handeln die Handlung des einen Täters bzw. der eingetretene Erfolg dem Mittäter zugerechnet, wenn diese Ausführung vom gemeinsamen Tatentschluss umfasst ist. Für eine Strafbarkeit des C als Mittäter ist damit nötig, dass die Schläge des F, die zur Verletzung führen, dem C zugerechnet werden können und er somit neben dem Willen zur Tat auch Tatherrschaft besitzt. Hier stellt sich eine Arbeitsteilung zwischen F und C ein, die zwar nicht abgesprochen ist, sich aber aus der Situation stillschweigend ergibt. Dadurch, dass C den I an den Armen festhält, ermöglicht er dem F, den I ins Gesicht zu schlagen und verhindert, dass I sich schützen, die Flucht ergreifen oder sich zur Wehr setzen kann. Zudem sind die Rollen von C und F austauschbar. Mehr zufällig und situativ ergibt sich die gewählte Rollenverteilung, die jedoch in ihrer Gesamtheit gesehen und bewertet werden muss. Auch C hat damit bezüglich der Schläge ins Gesicht Tatherrschaft. 33 ab) Subjektiver Tatbestand Erforderlich ist, dass C wissentlich und willentlich bezüglich der Verletzung handelt. Bezüglich der Definition des Vorsatzes bzw. Eventualvorsatzes kann auf das bereits Gesagte verwiesen werden. Auch C wusste, als er die Arme des I festhält, dass F den I durch Schläge zum Schweigen bringen will. Dass die wuchtigen Schläge ins Gesicht zu einem Nasenbeinbruch und Hämatome führen können, ist ihm ebenso bewusst. Zwar strebt er die Verletzung nicht direkt an, doch ist ihm nach dem Ausspruch des F ( Der bekommt eine aufs Maul! ) klar, dass dies durch Gewalteinwirkung geschehen soll. Ebenso klar ist für ihn, dass durch das Festhalten der Arme des I, diesen die Schläge unmittelbar treffen werden und Verletzungen im Gesicht hervorrufen können. Diese strebt C denn auch an. Damit liegt Vorsatz im Sinne des dolus directus 2. Grades vor. C ist sich auch seiner Tatherrschaft bewusst. 33 Wer hier die Mittäterschaft verneint und Gehilfenschaft Art. 25 StGB annimmt, muss dies sehr gut begründen bzw. darlegen, warum er nicht Mittäterschaft annimmt. Keinesfalls darf aber die Prüfung der Mittäterschaft unterbleiben und direkt und ausschliesslich Gehilfenschaft geprüft werden (Täterschaft vor Teilnahme). 16

17 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt b) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtliche. Schuldausschlussgründe fallen im Ergebnis keine in Betracht, da gemäss Sachverhalt C zwar Bier konsumiert, ihm jedoch aufgrund der geringen Menge (eine Dose Bier) keine Störung der Steuerungsfähigkeit i.s.d. Rechtsprechung zugestanden werden kann. 34 c) Fazit C macht sich der einfachen Körperverletzung in Mittäterschaft gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB strafbar Einfache/Schwere Körperverletzung in Mittäterschaft (Milzriss und Blutung), Art. 123 Ziff. 1 StGB/Art. 122 StGB 35 C könnte sich, indem er dem I gemeinsam mit F einen Milzriss, mit hohem inneren Blutverlust, zufügt, der einfachen oder schweren Körperverletzung strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Zu den objektiv vorliegenden Verletzungen siehe bzw , zu den Voraussetzungen der Mittäterschaft C tritt nicht auf I ein, nachdem dieser zu Boden gegangen ist. Eine Strafbarkeit des C als Mittäter kommt jedoch in Betracht, wenn der Tritt des F, der zur Verletzung führt, dem C zugerechnet werden kann und er Tatherrschaft sowie Willen zur Tat besitzt. C lässt I nach den Schlägen ins Gesicht los, merkt an, Das genügt! und wendet sich von I ab. Erst als I zu Boden geht, tritt F ihm noch in den Bauch. Dies ist weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart. Eine allfällige Zurechnung der aus dem Tritt des I resultierenden Körperverletzungen über die Grundsätze der Mittäterschaft ist daher nicht möglich. Das Handeln der F ist insoweit ein Exzess. 36 b) Fazit C hat sich nicht der einfachen/schweren Körperverletzung in Mittäterschaft (Milzriss und Blutung) gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB/Art. 122 StGB strafbar gemacht. 34 Vgl. dazu auch c). 35 Weil hier lediglich die Zurechenbarkeit des Trittes von F unabhängig von der Qualifikation entscheidend ist, werden die beiden Varianten in der Musterlösung zusammengefasst. 36 A.A. mit sehr guter Begründung vertretbar. 17

18 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt Gefährdung des Lebens in Mittäterschaft, Art. 129 StGB C könnte sich, indem er dem I gemeinsam mit F einen Milzriss mit hohem inneren Blutverlust zufügt, der Gefährdung des Lebens strafbar gemacht haben. Mangels Zurechenbarkeit der Handlung des F macht sich C auch nicht der Gefährdung des Lebens nach Art. 129 StGB strafbar Angriff, Art. 134 StGB C könnte sich, indem er gemeinsam mit F den I gewaltsam attackiert, des Angriffs strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Zur Definition der objektiven Tatbestandsmerkmale des Angriffs siehe Auch der Tatbeitrag des C, das Festhalten des I, ist als körperlicher Angriff zu werten, seine Absicht ist feindselig und die Einwirkung gewaltsam. Da F und C gemeinsam handeln, ist auch das Erfordernis der zwei Täterpersonen erfüllt, von welchen die Gewalttätigkeiten einseitig ausgehen. Damit ist der objektive Tatbestand gegeben ist. ab) Subjektiver Tatbestand Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz bezüglich der Teilnahme an einem Angriff. C weiss, dass er sich an einen Angriff beteiligt und dass das Festhalten eine gewaltsame Einwirkung auf den Körper des I ist. Er will dies auch. b) Objektive Strafbarkeitsbedingung Der Angriff muss den Tod oder die Körperverletzung eines Angegriffenen oder Dritten zur Folge haben. Wie in dargelegt wurden dem I Körperverletzungen zugefügt, die objektive Strafbarkeitsbedingung ist gegeben. c) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtlich. Schuldausschlussgründe fallen im Ergebnis keine in Betracht. 37 Zur Zurechenbarkeit siehe

19 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt d) Fazit C hat sich des Angriffs gemäss Art. 134 StGB strafbar gemacht. 2.2 Strafbarkeit des C nach den Schlägen und dem Tritt Schwere Körperverletzung durch Unterlassen, Art. 122 Abs. 1, 11 StGB C könnte sich, indem er dem I nicht hilft, der schweren Körperverletzung strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Zur Definition der Tatbestandsmerkmale der schweren Körperverletzung siehe Da C sich von I abwendet, kann er sich durch unechtes Unterlassen (Art. 11 StGB) strafbar gemacht haben. Objektive Tatbestandsvoraussetzung ist neben der lebensgefährlichen Verletzung die Garantenstellung des Täters (Art. 11 Abs. 2 StGB). Zudem ist notwendig, dass dieser die gebotene Handlung, trotz physisch-realer Möglichkeit diese auszuführen, unterlässt, sie ihm zumutbar 38 ist, das Unterlassen für den Erfolg im Sinne der Quasikausalität ursächlich ist, ein objektiver Zurechnungszusammenhang zwischen dem Unterlassen und dem Erfolg besteht (ermittelt durch die Wahrscheinlichkeitstheorie oder Risikoerhöhungstheorie) und das Unterlassen letztlich verglichen zum positiven Tun als gleichwertig erscheint (Art. 11 Abs. 3 StGB). Die Garantenstellung könnte durch das Vorverhalten des C begründet sein (Ingerenz). Obwohl sich C nur an den Schlägen, nicht aber dem Tritt beteiligt hat und ihm dieser nicht über die Grundsätze der Mittäterschaft zugerechnet werden kann, so hat er mit dem F eine Situation geschaffen, in der auch eine einseitige Eskalation der Gewalt durchaus noch aus dem eigenen vorgängigen Tatbeitrag resultieren kann. Das Festhalten stellt ein pflichtwidriges Verhalten dar, welches auch für C eine Garantenstellung aus Ingerenz entstehen lässt. 39 Aus dieser resultiert die konkrete Pflicht des Garanten, um Hilfe besorgt zu sein. Es war C physisch-real möglich, Hilfe zu leisten, indem er z.b. die Ambulanz verständigt. Auch war ihm diese Hilfeleistung zumutbar. Die Hilfeleistung ist nicht hinzu zu denken, ohne dass die sich zunehmend zum Todesrisiko steigernde Lebensgefahr höchstwahrscheinlich entfiele. 40 Da auch der Zurechnungszusammenhang zwischen der Hilfeleistung und dem Erfolg besteht, und 38 Wird z.t. auch als Schuldmerkmal gesehen. 39 A.A. mit Begründung vertretbar. 40 Auch mit der Risikoerhöhungstheorie gelangt man zu keinem anderen Ergebnis. 19

20 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt die Unterlassung der Hilfe dem Tun gleichwertig erscheint, ist der objektive Tatbestand erfüllt. ab) Subjektiver Tatbestand Der Täter muss mit Wissen und Willen auf eine schwere Schädigung handeln, Eventualvorsatz genügt (zur Definition siehe hierzu ff.). C weiss, dass er zusammen mit F den I verletzt hat. Allerdings ist er sich nicht bewusst, dass I lebensgefährlich verletzt ist. Auch sagt der Sachverhalt nichts darüber, dass er eine Intensivierung der Lebensgefahr herbeiführen möchte. Doch sieht er im Gegensatz zu F eine blaue Verfärbung im Bauchraum des I. Diese deutet auf eine innere Blutung hin. C erkennt also wohl die Möglichkeit, dass es sich hierbei um eine schwerwiegende Verletzung handeln könnte, die für I eine immer grösser werdende Lebensgefahr darstellt. Trotzdem unternimmt C nichts, obwohl ihm durchaus bewusst ist, dass er die Sanität rufen und damit I helfen kann. Er steht der möglichen Verwirklichung damit zumindest gleichgültig gegenüber, wenn er sie nicht sogar in Kauf nimmt. Damit handelt C eventualvorsätzlich bezüglich der schweren Schädigung, der subjektive Tatbestand ist mithin erfüllt. 41 b) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtlich. Schuldausschlussgründe fallen im Ergebnis keine in Betracht. c) Fazit C macht sich der schweren Körperverletzung durch Unterlassen Art. 122 Abs. 1, 11 StGB strafbar Gefährdung des Lebens durch Unterlassen, Art. 129, 11 StGB C könnte sich, indem er dem I nicht hilft, nachdem er sieht, dass dieser eine blaue Verfärbung im Bauchraum aufweist, der Gefährdung des Lebens durch Unterlassen strafbar gemacht haben. 41 A.A. vertretbar, dann aber Fahrlässigkeit zu prüfen. 42 Allenfalls kann das spätere Verhalten des C, der den I von den Gleisen zieht und die Ambulanz verständigt, als Strafmilderungsgrund der Betätigung aufrichtiger Reue, Art. 48 lit. d. StGB, aufgefasst werden. 20

21 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Zur Definition der unmittelbaren Lebensgefahr siehe Die unmittelbare Lebensgefahr ist bereits nach dem Tritt vorhanden, sind der Milzriss und die starke innere Blutung doch dessen unmittelbare Folge. Sie wird jedoch zunehmend grösser, da die Blutung im Bauchraum dazu führt, dass immer mehr Blut aus dem Blutkreislauf verloren geht, der Kreislauf zunehmend instabil wird und sich damit das Todesrisiko erhöht. Da C sich von I abwendet, kann er sich durch unechtes Unterlassen (Art. 11 StGB) strafbar gemacht haben. 43 Zur Definition der Voraussetzungen des Art. 11 StGB siehe Die Garantenstellung wird durch das Vorverhalten des C begründet (Ingerenz). Es ist ihm physisch-real möglich, Hilfe zu leisten, indem er z.b. die Ambulanz verständigt. Die Hilfeleistung ist ihm auch zumutbar und nicht hinzu zu denken, ohne dass auch der Erfolg, die Lebensgefahr bzw. deren Erhöhung mit grösster Wahrscheinlichkeit entfiele. Da auch der Zurechnungszusammenhang zwischen der Hilfeleistung und dem Erfolg besteht und die Unterlassung aktivem Tun als gleichwertig erscheint, ist der objektive Tatbestand erfüllt. ab) Subjektiver Tatbestand Subjektiv sind Vorsatz und Skrupellosigkeit (hierzu 1.1.5) erforderlich. Der Täter muss sich namentlich bewusst sein, durch sein Verhalten die unmittelbare Lebensgefahr direkt herbeizuführen. Eventualvorsatz bezüglich der Gefährdung genügt nicht. Obwohl C die blaue Verfärbung gesehen hatte, ist nicht davon auszugehen, dass er eine unmittelbare Gefahr für das Leben des I mit direktem Vorsatz herbeiführen wollte. Der subjektive Tatbestand der Gefährdung des Lebens ist damit nicht erfüllt. b) Fazit C macht sich nicht der Gefährdung des Lebens gemäss Art. 129 StGB strafbar Aussetzung, Art. 127 StGB Vergleiche hierzu die Ausführungen in C hat keine Obhutspflicht im Sinne von Art. 127, weshalb er sich nicht der Aussetzung, Art. 127 StGB, strafbar gemacht hat. 43 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 129 N 39; umstritten ist ob Art. 129 StGB überhaupt durch unechtes Unterlassen begangen werden kann, so lehnt dies Schubarth ab, da das Merkmal der Skrupellosigkeit nicht in einem Unterlassungstatbestand angewendet werden könne. Demnach ist hier auch eine a.a. vertretbar. 21

22 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt Unterlassung der Nothilfe, allgemeine Nothilfe, Art. 128 StGB C könnte sich, indem er dem I, den er verletzt hat, nicht hilft, der unterlassenen Nothilfe strafbar gemacht haben. a) Tatbestand aa) Objektiver Tatbestand Auch hier stellt sich zunächst die Frage nach einer Nothilfepflicht durch den Verletzenden. Wie in gezeigt, kann dem C der Nasenbeinbruchs als einfache Körperverletzung, Art. 123 Ziff. 1 StGB, nach den Grundsätzen der Mittäterschaft zugerechnet werden. Im Falle eines Nasenbeinbruchs ist aber im Normalfall keine weitere Hilfeleistung notwendig, weshalb eine konkrete Hilfeleistungspflicht des Verletzenden C hier nicht besteht. Wie in dargelegt, können dem C der Milzriss und die schwere innere Blutung nicht über die Grundsätze der Mittäterschaft zugerechnet werden. Damit entfällt in Bezug auf diese Verletzung eine Nothilfepflicht als verletzende Person. C kann jedoch die allgemeine Nothilfepflicht gemäss Art. 128 Abs. 1 Var. 2 StGB treffen. 44 Diese Tatbestandsvariante setzt voraus, dass das Opfer sich in einer unmittelbaren Lebensgefahr befindet. Diese liegt dann vor, wenn eine Situation besteht, in der keine weitere Bedingung notwendig ist, um die Lebensgefahr entstehen zu lassen. 45 Eine solche Gefahr für das Leben des I liegt vor, denn ohne schnelle Behandlung der Blutung besteht ein unmittelbares Todesrisiko. Damit besteht eine allgemeine Pflicht zur Nothilfe gemäss Art. 128 StGB. Als Tathandlung kommt jede Unterlassung der Hilfe in Frage. Welchen Erfolg die Hilfe gehabt hätte oder haben konnte ist bedeutungslos 46, da die Unterlassung der Nothilfe ein Gefährdungsdelikt ist. Die verlangte Handlung muss dem Täter nach den Umständen zumutbar sein. Bezüglich Art und Qualität der Hilfe ist auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Helfenden abzustellen Wer Mittäterschaft bezüglich der Verletzungen Milzriss und innere Blutung begründet angenommen hat, prüft hier die Unterlassung der Nothilfe durch den Verletzenden (siehe 1.2.5). 45 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N 22; das Leben des Opfers hängt bereits an einem seidenen Faden. 46 BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N BSK-Niggli/Wiprächtiger, StGB II, Art. 128 N

23 2. Strafbarkeit des C im 1. Sachverhaltsabschnitt C hilft dem Opfer I nicht, obwohl er sieht, dass dieser im Bauchraum eine blaue Verfärbungen aufweist. Die Alarmierung der Sanität wäre ihm in diesem Moment ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen. Der objektive Tatbestand ist damit erfüllt. ab) Subjektiver Tatbestand Der subjektive Tatbestand erfordert namentlich Wissen und Willen in Bezug auf die unmittelbare Lebensgefahr. C erlangt Kenntnis von der Verletzung, da er die blaue Verfärbung im Bauchraum des I sieht, welche auf eine schwere innere Blutung hindeutet. Der subjektive Tatbestand ist damit erfüllt. 48 b) Rechtswidrigkeit und Schuld Rechtfertigungsgründe sind keine ersichtlich, ebenso wenig liegen Schuldausschlussgründe vor. c) Fazit C hat sich der Unterlassung der Nothilfe im Sinne von Art. 128 StGB strafbar gemacht. 48 A.A. mit Begründung vertretbar. 23

24 3. Strafbarkeit des F im 2. Sachverhaltsabschnitt 3. Strafbarkeit des F im 2. Sachverhaltsabschnitt 3.1 Versuchte Tötung durch Unterlassen, Art. 111, 22 Abs. 1, 11 StGB 49 F könnte sich dadurch, dass er dem ohnmächtig auf den Gleisen liegenden I nicht hilft, der versuchten Tötung durch Unterlassen strafbar gemacht haben. a) Vorprüfung Die Tat ist nicht vollendet, die versuchte Tötung ist gemäss Art. 111, 10 Abs. 2, 22 Abs. 1 StGB mit Strafe bedroht. b) Tatbestand ba) Subjektiver Tatbestand, Tatentschluss Der Täter muss Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale haben. F sieht, dass I stürzt und sich nicht mehr bewegt, zugleich ist ihm bewusst, dass durch die unglückliche Lage ein erhöhtes Risiko für I besteht, tödlich verletzt zu werden. F will den Tod des I herbeiführen und er ist sich bewusst, dass dies mit dem gleich herannahenden Zug auch passieren wird, was sein Ausspruch: Naja, der nächste Zug kommt gleich, das wird ein wunderschöner Tag, denn um den ist es nicht schade! deutlich macht. Durch den vorangegangenen Angriff auf I hat F eine Garantenpflicht aus Ingerenz geschaffen. Denn erst der pflichtwidrige Angriff auf I hat diesen dazu veranlasst, die Flucht zu ergreifen, wodurch er in die missliche Lage geriet. Beides wusste F auch. F weiss darum, dass es ihm physisch-real möglich ist dem I zu helfen, denn er könnte diesen auf den Perron zurückziehen. Sollte ihm das allein nicht möglich sein, kann er den C um Unterstützung bitten. Zumutbar ist dem F eine allfällige Rettungshandlung auch. Bei sofortiger Hilfe liesse sich die Rettung auf den Perron innert kurzer Zeit realisieren. 50 Auch die Quasikausalität liegt vor, denn denkt man die Rettungshandlung hinzu, so würde auch der Erfolg in seiner vermeintlich konkreten Gestalt entfallen diese Kausalität ist F auch bewusst. Er handelt mit dolus directus ersten Grades Vgl. FN Wer die (Un)zumutbarkeit als Element der Schuld prüft, kommt zum Schluss, dass kein Schuldausschlussgrund entschuldigender Notstand vorliegt. 51 A.A., dolus directus 2. Grades / Eventualvorsatz bei entsprechender Begründung vertretbar. 24

Fall 4. Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben.

Fall 4. Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben. Lösungshinweise A. Strafbarkeit der R nach 212 Abs.1 StGB Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben.

Mehr

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester 2014 Prof. Dr. Gerhard Dannecker Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester 2014 Prof. Dr. Gerhard Dannecker Übung im Strafrecht für Fortgeschrittene Lösung A. Strafbarkeit des A I. 212 I, 211 StGB 1. Objektiver Tatbestand (-) a) Tathandlung (+) Eingriff in den Verteilungsprozess durch Eurotransplant (mittelbare Täterschaft) Eingriff in rettenden Kausalverlauf

Mehr

Lösungsvorschlag Fall 1

Lösungsvorschlag Fall 1 Lösungsvorschlag Fall 1 Bierzeltrauferei und die Folgen I. Strafbarkeit des A wegen des Kinnhakens 1) Schwere Körperverletzung, 83 Abs 1, 84 Abs 1 OTB: KV/An sich schwere KV: Der Verlust aller 4 Schneidezähne

Mehr

Fall 6. A. Strafbarkeit der J wegen Körperverletzung gem. 223 Abs. 1 StGB durch Werfen der Coladose

Fall 6. A. Strafbarkeit der J wegen Körperverletzung gem. 223 Abs. 1 StGB durch Werfen der Coladose Lösungshinweise A. Strafbarkeit der J wegen Körperverletzung gem. 223 Abs. 1 StGB durch Werfen der Coladose I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand - Handlung: Das Werfen der Coladose (+) - Tatbestandlicher

Mehr

Anwendungskurs Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte. SoSe Fall 2: Lösungsskizze -

Anwendungskurs Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte. SoSe Fall 2: Lösungsskizze - Anwendungskurs Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte SoSe 2011 - Fall 2: Lösungsskizze - Ausgangsfall Prüfungsaufbau bei Mittäterschaft Prüfung gemeinsam oder getrennt? 1. Nehmen die handelnden

Mehr

besteht aus. a) Vorsatz. und

besteht aus. a) Vorsatz. und Prof. Dr. Michael Jasch 1... besteht aus a) Vorsatz und b) wenn das Gesetz solche nennt: besonderen subjektiven Merkmalen des Tatbestandes (z.b.: Zueignungsabsicht in 242, niedere Beweggründe in 211) 2

Mehr

Lösungsskizze Fall 3

Lösungsskizze Fall 3 Lösungsskizze Fall 3 A. Strafbarkeit der R nach 212 Abs.1 StGB Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben.

Mehr

F könnte sich durch die Messerattacke auf M wegen Totschlags gem. 212 I StGB strafbar gemacht haben.

F könnte sich durch die Messerattacke auf M wegen Totschlags gem. 212 I StGB strafbar gemacht haben. I. Strafbarkeit der F gem. 212 I StGB F könnte sich durch die Messerattacke auf M wegen Totschlags gem. 212 I StGB strafbar gemacht haben. 1. Tatbestand a) Objektiver Tatbestand aa) Taterfolg Der Tod eines

Mehr

jeder Fahrlässigkeitstat =

jeder Fahrlässigkeitstat = Prof. Dr. Michael Jasch 1... jeder Fahrlässigkeitstat = objektive Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit bei subjektiver Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit. - Beispiele: 229 (fahrlässige

Mehr

... jeder Fahrlässigkeitstat =

... jeder Fahrlässigkeitstat = Michael Jasch 1 ... jeder Fahrlässigkeitstat = objektive Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit bei subjektiver Sorgfaltspflichtverletzung und Vorhersehbarkeit. z.b.: 229 (fahrlässige KV), 222

Mehr

Universität Heidelberg Besprechungsfall 1 Sommersemester 2014

Universität Heidelberg Besprechungsfall 1 Sommersemester 2014 Lösungsskizze 1. Tatkomplex: Der Tod des X A. Strafbarkeit des C I. 211 I StGB zum Nachteil des X 1. Objektiver Tatbestand Tod eines Menschen (+) Kausalität (+) Mordmerkmal: o Heimtücke? (-) C geht auf

Mehr

Einführung in das Strafrecht

Einführung in das Strafrecht Der subjektive Tatbestand I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand a. b. Subjektive Unrechtselemente II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 2 Vorsatz ist die Grundlage für die subjektive

Mehr

Prof. Dr. Sabine Gless FS 2009 Klausurenkurs

Prof. Dr. Sabine Gless FS 2009 Klausurenkurs Gefährliche Schlittelfahrt M ist mit ihrer dreijährigen Tochter T im Winterurlaub in Davos und beschliesst mit T Schlitteln zu gehen. Bei Pistenbetreiber P leiht sie an der Bergstation einen Rodelschlitten

Mehr

I. Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, 315 b Abs. 1, Abs. 2, 22 StGB

I. Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, 315 b Abs. 1, Abs. 2, 22 StGB Lösung Frage 1 Strafbarkeit des T I. Versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, 315 b Abs. 1, Abs. 2, 22 StGB 1. Keine Vollendung. Das Liegen des Steines auf der Brücke hat weder den Charakter

Mehr

Lösungsskizze zur 3. Klausur

Lösungsskizze zur 3. Klausur Lösungsskizze zur 3. Klausur 1. Wie hat sich M am Unfalltag strafbar gemacht? Erster Tatkomplex: Fahrt bis zum Unfall (1) Vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs, 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 StGB Objektiver

Mehr

Lösungsskizze Fall 3

Lösungsskizze Fall 3 Lösungsskizze Fall 3 A. Strafbarkeit der R nach 212 Abs. 1 StGB Indem R dem J mit dem Baseballschläger auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.

Mehr

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, BGHSt 49, 34 Heroin

BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, BGHSt 49, 34 Heroin BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, BGHSt 49, 34 Heroin Sachverhalt: Anton spritzt Bruno, welcher sich in einem schlechten körperlichen Zustand befindet, auf dessen ausdrückliche Bitte Heroin. Bruno weist,

Mehr

Strafrecht Allgemeiner Teil

Strafrecht Allgemeiner Teil Strafrecht Allgemeiner Teil Das vorsätzliche (unechte) Unterlassungsdelikt Prof. Wohlers Vgl. DONATSCH/TAG, S. 288 ff.; WOHLERS, S. 136 ff. 31.08.2010 Seite 1 Arten von Unterlassungsdelikten Echte Unterlassungsdelikte

Mehr

BGH v StR 529/74 BGHSt 26, 35 ( Gastwirt- Fall )

BGH v StR 529/74 BGHSt 26, 35 ( Gastwirt- Fall ) BGH v. 05.12.1974-4 StR 529/74 BGHSt 26, 35 ( Gastwirt- Fall ) Sachverhalt: Willi ist Wirt seiner kleinen Kneipe, in der er auch selbst allabendlich hinter dem Tresen steht und den Getränkeausschank macht.

Mehr

Lösungsskizze Fall 5

Lösungsskizze Fall 5 Lösungsskizze Fall 5 A. Strafbarkeit des J wegen Körperverletzung gem. 223 Abs. 1 StGB durch Werfen der Coladose I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand J müsste B körperlich misshandelt oder an der Gesundheit

Mehr

BGH, Beschluss vom 18. November 1969, BGHSt 23, 156 Schläfrigkeit

BGH, Beschluss vom 18. November 1969, BGHSt 23, 156 Schläfrigkeit Examinatorium im Strafrecht I: AT Prof. Dr. Heinrich BGH, Beschluss vom 18. November 1969, BGHSt 23, 156 Schläfrigkeit Sachverhalt: Anton befährt nachts gegen drei Uhr eine kaum befahrene, im Wesentlichen

Mehr

9: Aussetzung ( 221 StGB)

9: Aussetzung ( 221 StGB) I. Deliktsstruktur II. 9: Aussetzung ( 221 StGB) Die Aussetzung ist ein konkretes Gefährdungsdelikt. 221 I StGB bildet den Grundtatbestand der Aussetzung. 221 II Nr. 1 StGB bildet dazu eine Qualifikation.

Mehr

Tötungs- und Körperverletzungsdelikte

Tötungs- und Körperverletzungsdelikte Tötungs- und Körperverletzungsdelikte Die Tatbestände des 16. und 17. Abschnitts schützen höchstpersönliche Rechtsgüter. Der 16. Abschnitt dient dem Schutz von Leben: Geborenes Leben wird in den 211 ff.

Mehr

Strafrecht Besonderer Teil I

Strafrecht Besonderer Teil I Strafrecht Besonderer Teil I Gefährdungsdelikte (Art. 127 129, 133 136 StGB) Prof. Dr. Wolfgang Wohlers Vgl. DONATSCH, S. 65 ff. Systematik der Leibes- und Lebensgefährdungsdelikte (Art. 127 136 StGB)

Mehr

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester Lösungsskizze

Universität Heidelberg Lösung 1. Klausur Sommersemester Lösungsskizze Lösungsskizze 1. Abschnitt: Strafbarkeit des D A. Körperverletzung durch Unterlassen, 223 I, 13 I StGB 1 1. körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung 2. Handlung: Unterlassen 3. physisch-reale

Mehr

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I 5. Stunde: Mehraktige Geschehensabläufe, Vorsatz und Fahrlässigkeit Viviana Thompson Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Vorsatz und Fahrlässigkeit Vorsatz Voluntatives

Mehr

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I 4. Stunde: Vorsatz und Irrtümer Viviana Thompson Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Vorsatz = Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in

Mehr

II. Rechtswidrigkeit III. Schuld. (Beachte Abs.2: Schon in der Überschrift zitieren, wenn Absicht oder Wissentlichkeit in Frage kommt)

II. Rechtswidrigkeit III. Schuld. (Beachte Abs.2: Schon in der Überschrift zitieren, wenn Absicht oder Wissentlichkeit in Frage kommt) Michael Jasch 1 I. Tatbestand 1. Objektiv + subjektiv 223 2. Eintritt der schweren Folge (Hier Prüfung der in Betracht kommenden Merkmale aus Abs. 1) 3. Kausalität der KV schwere Folge 4. Unmittelbarkeitszusammenhang

Mehr

Übung im Strafrecht für Anfänger

Übung im Strafrecht für Anfänger Übung im Strafrecht für Anfänger 3. Besprechungsfall Prof. Dr. Gerhard Dannecker Prof. Dr. Gerhard Dannecker, Institut für deutsches, europäisches und internationales Strafrecht und Strafprozessrecht 1

Mehr

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte 3. Stunde: Täterschaft und Teilnahme Daniel Müller Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Rechtfertigende Pflichtenkollisionen Rechtfertigungsgrund kommt in Betracht,

Mehr

Einführung in das Strafrecht

Einführung in das Strafrecht Der subjektive Tatbestand I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand a. b. Subjektive Unrechtselemente II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 2 Vorsatz ist die Grundlage für die subjektive

Mehr

Fall 4 I. Strafbarkeit des K 1. Tatbestand

Fall 4 I. Strafbarkeit des K 1. Tatbestand Fall 4 I. Strafbarkeit des K K könnte sich durch das Ohrfeigen wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß 223, 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB strafbar gemacht haben. 1. Tatbestand a) objektiver Tatbestand aa)

Mehr

Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte

Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte 2. Stunde: Wiederholung AT Viviana Thompson, Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Das Unterlassungsdelikt Prüfungsaufbau eines Unterlassungsdelikts I. Tatbestand 1.

Mehr

1 Ebenso könnte an eine Strafbarkeit wegen Mordes gedacht werden. Im Rahmen der dann anzusprechenden

1 Ebenso könnte an eine Strafbarkeit wegen Mordes gedacht werden. Im Rahmen der dann anzusprechenden Fall 1 Der Bratpfannenfall (BGH NJW 1966, S. 1823 ff.): O tyrannisiert seine Frau F und seine Stieftochter T seit Jahren. Eines Tages hat T genug von den Quälereien und schlägt dem verhassten O von hinten

Mehr

Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining»

Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining» Tutorate - Strafrecht AT HS 2014 Lektion 6 «Falltraining» Prof. Dr. iur. Frank Meyer LL.M. (Yale) Universität Zürich Tutor: ass. iur. Deniz Hoffmann, Rechtsanwalt (D) Prüfungsaufbau Fahrlässigkeit I. Tatbestand

Mehr

Crashkurs Strafrecht Wintersemester 2018/19

Crashkurs Strafrecht Wintersemester 2018/19 Universität zu Köln Fachschaft Jura Crashkurs Strafrecht Wintersemester 2018/19 Fall 2 Schulhof Sachverhalt: A schlägt den körperlich stark unterlegenen B auf dem Schulhof. Nach mehreren Schlägen, die

Mehr

A vergiftet B mit 1/2 Dosis Gift (Handlung 1). B stirbt am Gift (Erfolg).

A vergiftet B mit 1/2 Dosis Gift (Handlung 1). B stirbt am Gift (Erfolg). Fall 4: A mischt B vorsätzlich die Hälfte der Dosis Gift ins Essen, die für eine Tötung notwendig wäre. Er glaubt, diese Dosis reiche zur Tötung. Unabhängig von A mischt C dem B ebenfalls vorsätzlich die

Mehr

Klausur Strafrecht AT Sabine Gless

Klausur Strafrecht AT Sabine Gless Klausur Strafrecht AT 2008 Frage 1: Strafbarkeit der T A. Strafbarkeit der T wegen vorsätzlicher Tötung nach Art. 111 StGB I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand (Eventual-) Vorsatz?

Mehr

Einführung in das Strafrecht

Einführung in das Strafrecht Der Verbrechensaufbau - - i.d.r.: dreistufiger Aufbau I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Objektiver Tatbestand 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 2 I. Tatbestandsmäßigkeit 1. Objektiver

Mehr

AG im Strafrecht II. Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein. Holland. Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland.

AG im Strafrecht II. Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein. Holland. Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland. AG im Strafrecht II Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland Holland b.brodkorb@fu-berlin.de berlin.de Tel. 838-54715 Ablauf 7. AG-Sitzung Fahrlässigkeit

Mehr

Hier nun einige hoffentlich hilfreiche Prüfungspakete für Dich und Deine Klausuren.

Hier nun einige hoffentlich hilfreiche Prüfungspakete für Dich und Deine Klausuren. 36. Brief: Ein Schatz Die Schemata für die Klausuren Liebe Passionara! Hier nun einige hoffentlich hilfreiche Prüfungspakete für Dich und Deine Klausuren. Schemata sind durch so viele Fälle durchgelaufen,

Mehr

2. Ergebnis A hat sich durch den Schuss auf X nicht wegen Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht.

2. Ergebnis A hat sich durch den Schuss auf X nicht wegen Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht. Lösung Fall 1 Strafbarkeit des A I. 212 I StGB (durch den Schuss) A könnte sich wegen Totschlags gem. 212 I StGB strafbar gemacht haben, indem er auf den X schoss. 1. Tatbestand a) objektiver Tatbestand

Mehr

A. Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB durch Schlagen des L mit der Tüte

A. Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB durch Schlagen des L mit der Tüte TATKOMPLEX 1: IN DER BUCHHANDLUNG A. Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB durch Schlagen des L mit der Tüte a. Taterfolg Wahrscheinlichkeit, b.

Mehr

Thematik: Unmittelbares Ansetzen beim Unterlassungsdelikt. Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium AT Nr. 2

Thematik: Unmittelbares Ansetzen beim Unterlassungsdelikt. Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium AT Nr. 2 Badespaß (kein BGH-Fall) Sachverhalt: Vater Viktor bemerkt, dass sein 6-jähriger Sohn Karl, der Nichtschwimmer ist, beim Baden im See zu weit vom Ufer abgekommen ist, um Hilfe schreit und zu ertrinken

Mehr

C könnte sich durch das Töten der O des Totschlags gemäß 212 I StGB strafbar gemacht haben.

C könnte sich durch das Töten der O des Totschlags gemäß 212 I StGB strafbar gemacht haben. Fall 5 I. Strafbarkeit des C C könnte sich durch das Töten der O des Totschlags gemäß 212 I StGB strafbar gemacht haben. 1. Tatbestand a) objektiver Tatbestand C müsste den Tod einer anderen Person kausal

Mehr

Keine unmittelbare tatbestandsmässige Handlung durch P. [+] Erfüllung des objektiven Tatbestandes durch L. [+]

Keine unmittelbare tatbestandsmässige Handlung durch P. [+] Erfüllung des objektiven Tatbestandes durch L. [+] Rechtswissenschaftliche Fakultät Institut für Strafrecht und Kriminologie SCHRIFTLICHE FACHPRÜFUNG EINFÜHRUNGSSTUDIUM STRAFRECHT (10. JUNI 2016) KORREKTURHINWEISE Erster Sachverhaltsabschnitt Vorsätzliche

Mehr

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV Grundkurs Strafrecht III IV Herzlich Willkommen Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV Juristin (Univ.) Wissenschaftliche Mitarbeiterin am E-Mail: Barbara.kruell@uni-wuerzburg.de Internet: www.jura.uni-wurzburg.de/lehrstuehle/schuster

Mehr

Das versuchte Erfolgsdelikt 1

Das versuchte Erfolgsdelikt 1 Das versuchte Erfolgsdelikt 1 A. Aufbau OS: A könnte sich eines versuchten..., gemäß... StGB, strafbar gemacht haben, indem er... I. Tatbestand Der... kann nicht aus dem vollendetem Delikt bestraft werden.

Mehr

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte 7. Stunde: Körperverletzungsdelikte Daniel Müller Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Überblick über die prüfungsrelevantesten Körperverletzungsdelikte 223

Mehr

Hauck - Strafrecht AT (Die Straftat) 12/1

Hauck - Strafrecht AT (Die Straftat) 12/1 12 Fahrlässigkeit Hauck - Strafrecht AT (Die Straftat) 12/1 RENGIER, 52; KINDHÄUSER, 33; JÄGER, 10; KÜHL, 17, 17A; KREY, 4FF.; GROPP 12; JAKOBS, 9. Kap.; JESCHECK/WEIGEND 54 57; ROXIN 24. ZUR VERTIEFUNG:

Mehr

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Unterlassen, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Unterlassen, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski Strafrecht II Allgemeiner Teil 2 Unterlassen, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski Hinweise Materialien https://strafrecht.jura.uni-leipzig.de/ Zum Vertiefen: Klesczewski, AT, Rn. 244-275 Klausurtermine: Abschlussklausur:

Mehr

AG Modul Strafrecht I WS 15/16

AG Modul Strafrecht I WS 15/16 AG Modul Strafrecht I WS 15/16 Fall 3: Beinarterie Sajanee Arzner Wissenscha@liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte von

Mehr

BGH, Beschl. v. 26. November 1970, BGHSt 24, 31 Verkehrsunfall

BGH, Beschl. v. 26. November 1970, BGHSt 24, 31 Verkehrsunfall BGH, Beschl. v. 26. November 1970, BGHSt 24, 31 Verkehrsunfall Sachverhalt: Toni fährt mit einem Blutalkoholgehalt von 2,0 Promille mit 120 km/h durch die Straßen von Berlin. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit

Mehr

Arten des Vorsatzes. Deliktsaufbau

Arten des Vorsatzes. Deliktsaufbau Arten des Vorsatzes 1. dolus directus I. Grades: wenn der Täter den Erfolg für möglich hält und es ihm gerade darauf ankommt. 2. dolus directus II. Grades: wenn der Täter den Erfolg als notwendige Folge

Mehr

Anwendungskurs Strafrecht SoSo 2010 Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte. - Täterschaft und Teilnahme - Fall 2

Anwendungskurs Strafrecht SoSo 2010 Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte. - Täterschaft und Teilnahme - Fall 2 Anwendungskurs Strafrecht SoSo 2010 Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte - Täterschaft und Teilnahme - Fall 2 Lösungsskizze Ausgangsfall Prüfungsaufbau bei Mittäterschaft Prüfung gemeinsam oder getrennt?

Mehr

Strassenverkehrsrecht

Strassenverkehrsrecht Strassenverkehrsrecht Referat für den Verein RePrAG vom 20.10.2010 RA lic. iur. Reto Leiser, Aarau 1 s Inhalt 1. Einleitung 2. Abgrenzung Art. 90 Ziff. 1 SVG / Art. 90 Ziff. 2 SVG 3. Fahrlässige Tötung

Mehr

Niedriger Beweggrund

Niedriger Beweggrund Niedriger Beweggrund Anlass Frage: Folge = Tod des Opfers Unerträgliches Missverhältnis oder Tötung menschlich nachvollziehbar? Mordmerkmale und 28 StGB Grundgedanke des 28 StGB: Umstände, die Unrecht,

Mehr

Strafrecht. Eine Einführung für die. Schulung des kommunalen Ordnungsdienstes der Stadt Kiel. Die gezeigten PowerPoint Folien

Strafrecht. Eine Einführung für die. Schulung des kommunalen Ordnungsdienstes der Stadt Kiel. Die gezeigten PowerPoint Folien Strafrecht Eine Einführung für die Schulung des kommunalen Ordnungsdienstes der Stadt Kiel Die gezeigten PowerPoint Folien (soweit sie nicht Bestandteil des Skripts sind) Tatbestand - Rechtswidrigkeit

Mehr

Lösung Fall 1: Rivalitäten. L ö s u n g s s k i z z e

Lösung Fall 1: Rivalitäten. L ö s u n g s s k i z z e Lösung Fall 1: Rivalitäten L ö s u n g s s k i z z e Tatkomplex 1: Angriff auf X A. Strafbarkeit des A I. 211, 212 Abs. 1 StGB (Schlag gegen den Kopf) Tod eines Menschen (+): X stirbt aa) des Grunddelikts,

Mehr

Einführung in das Strafrecht (AT) 12/1

Einführung in das Strafrecht (AT) 12/1 Einführung in das Strafrecht (AT) 12/1 DIE STRAFTAT 12 Fahrlässigkeit 1 RENGIER, 52; KINDHÄUSER, 33; JÄGER, 10; KÜHL, 17, 17A; KREY, 4FF.; GROPP 12; JAKOBS, 9. Kap.; JESCHECK/WEIGEND 54 57; ROXIN 24. ZUR

Mehr

Vorlesung Strafrecht Allgemeiner Teil I Der subjektive Tatbestand. Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf

Vorlesung Strafrecht Allgemeiner Teil I Der subjektive Tatbestand. Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf Vorlesung Strafrecht Allgemeiner Teil I Der subjektive Tatbestand Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf I. Grundlagen Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Er umfasst also den Willen

Mehr

5 IX: Beteiligung an einer Schlägerei ( 231)

5 IX: Beteiligung an einer Schlägerei ( 231) 5 IX: Beteiligung an einer Schlägerei ( 231) 1. Struktur: abstraktes Gefährdungsdelikt mit obj. Bedingung der Strafbarkeit 2. Tatbestand (Abs. 1 Halbs. 1) a) Schlägerei ist eine mit gegenseitigen Körperverletzungen

Mehr

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I 1. Stunde: Einführung (I.) Viviana Thompson Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Lerntipps indivduell, ausprobieren! Karteikarten eigene Zusammenfassung/eigenes Skript

Mehr

Fall 15. 1. Handlungskomplex: Die Alkoholfahrt des Al. Strafbarkeit des Al wegen fährlässiger Tötung gem. 222 StGB durch Erfassen des Mopeds

Fall 15. 1. Handlungskomplex: Die Alkoholfahrt des Al. Strafbarkeit des Al wegen fährlässiger Tötung gem. 222 StGB durch Erfassen des Mopeds Lösungshinweise 1. Handlungskomplex: Die Alkoholfahrt des Al Strafbarkeit des Al wegen fährlässiger Tötung gem. 222 StGB durch Erfassen des Mopeds 1. Erfolg (+), der Mopedfahrer ist tot. 2. Handlung (+),

Mehr

Strafrecht auf dem Bau

Strafrecht auf dem Bau Strafrecht auf dem Bau Dr. iur. Thomas Ender Rechtsanwalt und Notar Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht 13.10.2017 Strafrecht auf dem Bau 1 1. Einige Grundsätze des Strafrechts 13.10.2017 Strafrecht

Mehr

Körperverletzung 223 Qualifikationen

Körperverletzung 223 Qualifikationen Prof. Dr. Michael Jasch 1 Grund-TB: Körperverletzung 223 Qualifikationen Eigenständige Delikte KV im Amt 340 Fahrlässige KV 229 Misshandlung von Schutzbefohlenen 225 Gefährliche KV 224 Erfolgsqualifikationen:

Mehr

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht I

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht I Grundkurs Strafrecht III Herzlich Willkommen Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht I Juristin (Univ.) Wissenschaftliche Mitarbeiterin am E-Mail: Barbara.kruell@uni-wuerzburg.de Internet: www.jura.uni-wurzburg.de/lehrstuehle/schuster

Mehr

BGH, Urteil vom 4. November 1988, BGHSt 36, 1 AIDS

BGH, Urteil vom 4. November 1988, BGHSt 36, 1 AIDS BGH, Urteil vom 4. November 1988, BGHSt 36, 1 AIDS Sachverhalt: Anton unterzieht sich freiwillig einem AIDS-Test, der ergibt, dass er HIV-infiziert ist. Bei der Eröffnung des Untersuchungsergebnisses informiert

Mehr

Anwendungskurs: Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte

Anwendungskurs: Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte Anwendungskurs: Strafrecht Allgemeiner Teil II und Eigentumsdelikte Wiss. Mit. Julia Volkmann-Benkert/ Johannes Koranyi, Bo. 3, Raum 3316 Tel.: 030/ 838 547 15; email: julia.volkmann-benkert@fu-berlin.de;

Mehr

2. Eintritt der schweren Folge (Hier Prüfung der in Betracht kommenden Merkmale aus Abs. 1)

2. Eintritt der schweren Folge (Hier Prüfung der in Betracht kommenden Merkmale aus Abs. 1) Prof. Dr. Michael Jasch 1 I. Tatbestand 1. Objektiv + subjektiv 223 2. Eintritt der schweren Folge (Hier Prüfung der in Betracht kommenden Merkmale aus Abs. 1) 3. Kausalität der KV schwere Folge 4. Unmittelbarkeitszusammenhang

Mehr

Generalvertreters Beitrag zur Stabilisierung der Rentenbeiträge

Generalvertreters Beitrag zur Stabilisierung der Rentenbeiträge Propädeutische Übung im Strafrecht AT I begleitend zum Grundkurs I bei Prof. Dr. Kudlich WS 2007/08 Einheit 14: Fahrlässigkeit Lösung des Besprechungsfalles Generalvertreters Beitrag zur Stabilisierung

Mehr

Thema: Dazwischentreten eines vorsätzlich handelnden Dritten. Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium AT Nr. 33

Thema: Dazwischentreten eines vorsätzlich handelnden Dritten. Materialien: Arbeitsblatt Examinatorium AT Nr. 33 Waffensammler (kein BGH-Fall) Sachverhalt: Toni, der in seiner Wohnung eine umfangreiche Waffensammlung besitzt, ist gerade dabei, eine seiner Pistolen zu laden, als das Telefon klingelt. Er lässt daher

Mehr

Angebot und Verkauf der Kunstlederschuhe

Angebot und Verkauf der Kunstlederschuhe Angebot und Verkauf der Kunstlederschuhe Strafbarkeit des G A. 263 I, III 2 Nr. 1 Var. 1 StGB: Betrug im besonders schweren Fall zu Lasten des X und zu Gunsten der S-GmbH I. Objektiver Tatbestand 1. Täuschung

Mehr

Lösungshinweise zur Hausarbeit

Lösungshinweise zur Hausarbeit Die folgenden Hinweise verstehen sich nicht als Musterlösung in dem Sinne, dass sie die allein und vollständig richtige Lösung abbilden würden. Maßgeblich für die Bewertung sind saubere juristische Arbeitstechnik,

Mehr

Jura Online - Fall: Latino Liebe - Lösung

Jura Online - Fall: Latino Liebe - Lösung Jura Online - Fall: Latino Liebe - Lösung 1. Teil: Strafbarkeit des R A. Strafbarkeit gem. 223 I StGB durch die Hiebe R könnte sich gem. 223 I StGB wegen Körperverletzung strafbar gemacht haben, indem

Mehr

13: Vollrausch ( 323 a)

13: Vollrausch ( 323 a) I. Allgemeines Da eine im schuldunfähigen Zustand ( 20) begangene rechtswidrige Tat aufgrund des Schuldprinzips nicht bestraft werden kann, die (schuldhafte) Herbeiführung des schuldunfähigen Zustands

Mehr

Universität Heidelberg Besprechungsfall 2 Sommersemester 2015

Universität Heidelberg Besprechungsfall 2 Sommersemester 2015 A. Strafbarkeit der U I. 212 I StGB 1. Tötungsvorsatz: dolus eventualis (-), da U davon überzeugt ist, dass eine tödlich verlaufende Komplikation ausbleiben wird 2. Ergebnis: (-) II. 223 I Alt.1, 2 StGB

Mehr

Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt

Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt Aufbau / Probleme PD Dr. Peter Rackow Was sind (un)echte Unterlassungsdelikte? Der angetrunkene Autofahrer A fährt fahrlässig den Radfahrer R an und flüchtet,

Mehr

Wiederholungsfall: Strafbarkeit der F gem. 212 StGB?

Wiederholungsfall: Strafbarkeit der F gem. 212 StGB? Wiederholungsfall: F erwacht in einem dunklen, unverschlossenen Raum. Auf ihrem Kopf lastet eine Vorrichtung, die mit zwei Enden in ihrem Mund verankert und mit einem Schloss befestigt ist. Auf einer Videowand

Mehr

Lösungsskizze Fall 10

Lösungsskizze Fall 10 Lösungsskizze Fall 10 Erster Tatkomplex: Der Unfall mit dem Zweisitzer A. Strafbarkeit des M wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1 StGB Indem M den X anfuhr, könnte er sich wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1

Mehr

BayObLG, Urteil vom , NJW 1990, 131 Aids-Fall

BayObLG, Urteil vom , NJW 1990, 131 Aids-Fall BayObLG, Urteil vom 15.9.1989, NJW 1990, 131 Aids-Fall Sachverhalt: Anton hat von seinem Hausarzt erfahren, dass er mit Aids infiziert sei. Der Arzt klärt ihn dabei vollständig über die Folgen der Infizierung,

Mehr

APÜ aus Strafrecht Dr. Stephanie Öner/ Dr. Lisa Pühringer WS 2011/2012

APÜ aus Strafrecht Dr. Stephanie Öner/ Dr. Lisa Pühringer WS 2011/2012 APÜ aus Strafrecht Dr. Stephanie Öner/ Dr. Lisa Pühringer WS 2011/2012 Fall 4 A hat es sehr eilig und fährt daher in seinem Porsche mit 80 km/h durch das Ortsgebiet. Er kann aufgrund seiner überhöhten

Mehr

Körperverletzungsdelikte: Lösung Fall 1

Körperverletzungsdelikte: Lösung Fall 1 Strafbarkeit des A? Körperverletzungsdelikte: Lösung Fall 1 Strafbarkeit wegen 223, 224 I Nr.1, Alt.2, Nr. 5, II, 22, 23 I StGB I., Vorprüfung: - Erfolg nicht eingetreten, da keine Infektion - Versuch

Mehr

Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit Länderbericht Schweiz. Prof. Dr. Marc Thommen Zürich

Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit Länderbericht Schweiz. Prof. Dr. Marc Thommen Zürich Eventualvorsatz und bewusste Fahrlässigkeit Länderbericht Schweiz Prof. Dr. Marc Thommen Zürich 12. April 1964 Bud Werner Barbara Henneberger Willy Bogner v - 31. März 1965: Willy Bogner wegen fahrlässiger

Mehr

AG im Strafrecht Modul S1 (2/8) - Michael Jahn - Wintersemester 2014/2015

AG im Strafrecht Modul S1 (2/8) - Michael Jahn - Wintersemester 2014/2015 AG im Strafrecht Modul S1 (2/8) - Michael Jahn - Wintersemester 2014/2015 1 Wiederholung Aufbau der Prüfung, Aufbau des Gutachtens Aufbau des Gutachtenstils Art. 103 II GG; 1 StGB 2 Schwerpunkt heute:

Mehr

Übung Strafrecht WS 2012/ 2013 Lösungshinweise Übungsfall 3

Übung Strafrecht WS 2012/ 2013 Lösungshinweise Übungsfall 3 Übung Strafrecht WS 2012/ 2013 Lösungshinweise Übungsfall 3 Dr. Katrin Gierhake LL.M. Dr. Bettina Noltenius Strafbarkeit von A und B? Strafbarkeit des A: - 249 I, 250 II Nr. 1, 3a, b - 223 I, 224 I Nr.

Mehr

Aufbau von Delikten im Strafrecht AT II

Aufbau von Delikten im Strafrecht AT II Lernmaterial im Strafrecht Aufbau von Delikten im Strafrecht AT II 2. Fachsemester Strafrecht: Allgemeiner Teil II von Seite I Inhaltsverzeichnis A. Aufbau von Delikten... 1 I. Vollendetes vorsätzliches

Mehr

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Vorsatz, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Vorsatz, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski Strafrecht I Allgemeiner Teil 1 Vorsatz, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski Materialien https://strafrecht.jura.uni-leipzig.de/ Strafrecht I AT 1 Hinweise Zum Vertiefen: Klesczewski, Strafrecht Allgemeiner

Mehr

Examensrepetitorium Strafrecht AT. Der subjektive Tatbestand - Irrtümer

Examensrepetitorium Strafrecht AT. Der subjektive Tatbestand - Irrtümer Examensrepetitorium Strafrecht AT Der subjektive Tatbestand - Irrtümer Fall 2: Strafbarkeit der A I. aus 212 StGB zu Lasten des K 1. TB A) obj. Erfolg, Kausa, obj. ZR (+) B) subj. Vorsatz (P) A wollte

Mehr

Strassenverkehrsrecht Referat für den Verein RePrAG vom 12. November 2014

Strassenverkehrsrecht Referat für den Verein RePrAG vom 12. November 2014 Strassenverkehrsrecht Referat für den Verein RePrAG vom 12. November 2014 30. Januar 2014 30. Januar 2014 Vorstellung Reto Leiser Gerichtspräsident am Bezirksgericht Aarau seit 01.04.2014 Mitglied Lizenzkommission

Mehr

BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge

BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge BGH, Urteil vom 18. Mai 1993, BGH NStZ 1993, 489 Falscher Zeuge Sachverhalt: Bruno verursacht auf dem Heimweg fahrlässig einen Unfall mit einem anderen PKW. Um den straf- und zivilrechtlichen Folgen zu

Mehr

Examensrepetitorium Strafrecht AT LE: Täterschaft/Teilnahme DR. DELA-MADELEINE HALECKER

Examensrepetitorium Strafrecht AT LE: Täterschaft/Teilnahme DR. DELA-MADELEINE HALECKER Examensrepetitorium Strafrecht AT LE: Täterschaft/Teilnahme DR. DELA-MADELEINE HALECKER Täterschaft/Teilnahme Fall 1 2 Strafbarkeit des F I. aus 223 I, 224 I Nr. 2 2. Var., 5 StGB wegen Herbeiführung der

Mehr

226, 227 StGB. schwere Tatfolgen. 223 StGB - Grundtatbestand

226, 227 StGB. schwere Tatfolgen. 223 StGB - Grundtatbestand StrafR BT 1: Straftaten gg die Person 4 Straftaten gg d. körperl. Unversehrtheit: 224 ff., 231 StGB 1 Gründe für die Qualifizierung der 224 StGB 225 StGB 226, 227 StGB 340 StGB gefährliche Begehungsweise

Mehr

Fall Tatkomplex: Das Geschehen rund um den Unfall. A. Strafbarkeit des U wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1 StGB durch Anfahren des X

Fall Tatkomplex: Das Geschehen rund um den Unfall. A. Strafbarkeit des U wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1 StGB durch Anfahren des X Lösungshinweise 1. Tatkomplex: Das Geschehen rund um den Unfall A. Strafbarkeit des U wegen Totschlags gem. 212 Abs. 1 StGB durch Anfahren des X Die Tötung des X kann U nicht objektiv zugerechnet werden,

Mehr

Tötung auf Verlangen, 216 StGB

Tötung auf Verlangen, 216 StGB Arbeitsgemeinschaft im Strafrecht (BT) SoSe 2014 Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Freiburg Institut für Kriminologie und Wirtschaftsstrafrecht Laura Diebold http://www.strafecht-online.org

Mehr

Hilfeleistungspflicht und Ablehnung der Hilfeleistung

Hilfeleistungspflicht und Ablehnung der Hilfeleistung Hilfeleistungspflicht und Ablehnung der Hilfeleistung Fortbildung beim DRK Stuttgart Bereitschaft 8 - Unter-/Obertürkheim Themenübersicht Hilfeleistungspflicht und Garantenstellung Hilfeleistungspflicht

Mehr

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte 10. Stunde: Freiheitsberaubung, Geiselnahme und Nötigung Daniel Müller Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster Freiheitsberaubung, 239 StGB 239 Freiheitsberaubung

Mehr

Gefährliche Körperverletzung

Gefährliche Körperverletzung Gefährliche Körperverletzung Lösungshinweise Fall 1 (nach OLG Dresden NStZ-RR 2009, 337 mit Bespr. Jahn NRÜ 2010, 268) Strafbarkeit der A bzgl. 223 I; 224 I Nr. 1 Alt. 2, Nr. 2 II. Qualifikation gem. 224

Mehr

Lösungshinweise zu den Straftaten gegen das Leben (2)

Lösungshinweise zu den Straftaten gegen das Leben (2) Lösungshinweise zu den Straftaten gegen das Leben (2) Lösung zu Fall 8 (Erbonkel-Fall, nach Samson I S. 191 ff.) A. Strafbarkeit des G I. Mord gem. 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 StGB a. obj. Tatbestand aa. Tötung

Mehr