1. Meldung als Asylsuchender/Registrierung als Asylsuchender und Ermittlung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung
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- Werner Fertig
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1 Grundzüge des Asylverfahrens Rechte und Pflichten von Flüchtlingen während des Verfahrens Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe und Unterstützung durch Ehrenamtliche/Laien A. Behörden und Gesetze 1. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens - Rechtsgrundlage: Asylgesetz 2. Kommunale Ausländerbehörde (Stadt oder Kreis) - zuständig für den Vollzug der Entscheidungen des BAMF, positiv oder negativ: Erteilung von Aufenthaltstiteln oder Durchführung von Abschiebungen - eigene Zuständigkeit für Aufenthaltsrechte außerhalb des Asylverfahrens - Rechtsgrundlage: Aufenthaltsgesetz (AufenthG) B. Verfahrensschritte im Asylverfahren 1. Meldung als Asylsuchender/Registrierung als Asylsuchender und Ermittlung der zuständigen Aufnahmeeinrichtung - möglich bei jeder Ausländerbehörde oder Polizeidienststelle - erkennungsdienstliche Behandlung - Ausstellung einer Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA) 2. Asylantragstellung ( kleine Anhörung ) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - nun wird eine Aufenthaltsgestattung ausgestellt - manchmal werden schon die 25 Fragen zur Identität, Reiseweg, Werdegang u.s.w. gestellt; auch hier ist die genaue und widerspruchsfreie Darstellung ist sehr wichtig Beabsichtigt und in der Probe ist derzeit eine einheitliche Bescheinigung für die Dauer des Asylverfahrens 3. Anhörung zu den Asylgründen - Kernstück des Asylverfahrens! - Vollständigkeit, aber Widerspruchsfreiheit - Beweisnotstand im Asylverfahren: Einzelheiten! - häufig Beeinträchtigung durch psychische Belastung/Vorerfahrung/Traumatisierung - wichtig: zunächst werden 25 Fragen zu Identität, Reiseweg, Werdegang u.s.w. gestellt, dann kommt ein zweiter Teil, in dem nur noch eine Frage gestellt wird: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen? Hier darf der Antragsteller nicht mehr auf weitere Fragen warten, sondern muss von sich aus alle Gründe berichten! - späteres Vorbringen wird zurückgewiesen! - es wird eine Rückübersetzung angeboten, auf die nicht verzichtet werden sollte!
2 Sonderfall geschlechtsspezifische Verfolgung/sexuelle Gewalt: Frauen haben in diesem Fall das Recht, von einer Frau angehört zu werden und dass eine Dolmetscherin eingesetzt wird C. Inhalt der Prüfung 1. Prüfung, ob nach der Dublin-III-Verordnung ein anderer europäischer Staat zuständig ist 2. Asylberechtigung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - Eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz des Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht will (Art.1 A GFK). Außerdem: Anknüpfungspunkt Geschlecht/ geschlechtliche Ausrichtung - Asylberechtigung kommt nur in Frage, wenn eine Einreise auf dem Luftweg erfolgt und nachgewiesen ist 3. Abschiebungsschutz aus weiteren Gründen subsidiärer Schutz: ein Schutzsuchender darf nicht abgeschoben werden, wenn ihm im Herkunftsstaat Gefahren wie Folter, Verhängung der Todesstrafe oder konkrete Gefahren für Leib und Leben drohen D. Pflichten im Asylverfahren - Meldepflicht: bei Nichteinhaltung droht Einstellung des Verfahrens oder Ablehnung - Mitteilung der aktuellen Adresse an das BAMF - Teilnahme an der Anhörung - Darlegungspflicht der Asylgründe E. Unterstützung im Verfahren durch ehrenamtliche Helfer/Laien Es gibt vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten im Verfahren: - Vorbereitung der Anhörung - Lesen des Anhörungsprotokolls - Begleitung bei Behördengängen, zu Beratungsstellen und RechtsanwältInnen - Hilfe beim Lesen der Post - Begleitung zu ÄrztInnen und GutachterInnen - Hilfe bei Beantragung von Krankenhilfe - Integrationshilfe (Arbeitssuche, Schularbeitenhilfe, Sprachunterricht) - Hilfe beim Finden von Dolmetschern - Kontakt zu RechtsanwältInnen - wichtig: Vernetzung; klare Aufgabenstellung Helfen Sie mit! Ein Asylverfahren wird häufig nur durch eine Zusammenarbeit mehrere gewonnen. Eine kritische Lektüre anwaltlicher Schriftsätze ist sehr sinnvoll. Häufig haben wir
3 Rechtsvertreter nur einige Male Kontakt zu den Betroffenen. Oft ist Voraussetzung für die Mitteilung aller Asylgründe ein besonderes Vertrauensverhältnis, das nicht immer im Mandatsverhältnis entwickelt werden kann. F. Notwendigkeit der anwaltlichen Beratung/Vertretung - vor der Anhörung: Antragsteller sind regelmäßig nur mäßig informiert; die Bedeutung der Anhörung ist den meisten nicht klar. Deshalb ist eine Beratung durch eine kompetente Beratungsstelle oder einen Rechtsbeistand, der sich im Asylrecht auskennt, vor der Anhörung auf jeden Fall sinnvoll, auch wenn es bei dem Erstgespräch zunächst bleibt Die Kosten hierfür sollten 100,- nicht übersteigen. Es gibt die Möglichkeit, Beratungshilfe zu beantragen - nach der Anhörung/dem Erhalt des Anhörungsprotokolls, wenn nicht alle Einzelheiten genannt wurden/aufgenommen wurden oder Missverständnisse oder Fehler entstanden sind. Diese gilt es, so schnell wie möglich zu berichtigen/zu ergänzen - bei Auftreten/Bekanntwerden einer Erkrankung, die maßgeblich sein kann, also: schwere körperliche Erkrankung, deren Behandelbarkeit im Herkunftsland zweifelhaft ist oder psychische Erkrankung, die die Fähigkeit des Vortrags in der Anhörung beeinträchtigen kann - spätestens nach Erhalt der Entscheidung des BAMF, wenn nicht mindestens die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde G. Rechtsfolgen einer positiven Entscheidung 1. Asylberechtigung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft: - Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge und Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre - Erhalt einer Niederlassungserlaubnis (unbefristetes Aufenthaltsrecht) nach drei Jahren - Gleichstellung in vielen Rechtsbereichen mit deutschen Staatsangehörigen - Freizügigkeit in Deutschland - in den ersten drei Monaten nach Rechtskraft der Anerkennung haben Ehegatten eine erleichterte Möglichkeit, ein Visum zu bekommen 2. subsidiärer Abschiebungsschutz - Aufenthaltserlaubnis für ein oder zwei Jahre - Nicht automatisch Ausstellung eines Reiseausweises - Kein Anspruch auf Integrationskurs - Freier Arbeitsmarktzugang und Elterngeld erst nach drei Jahren - Kindergeld - z.t. Wohnsitzauflage
4 H. Rechtsfolgen einer negativen Entscheidung des BAMF 1. Ablehnung als unbegründet - die Klagefrist beträgt zwei Wochen - die Klage hat aufschiebende Wirkung, die Betroffenen dürfen also bis zur Gerichtsentscheidung in Deutschland bleiben und behalten die Aufenthaltsgestattung - wird keine Klage eingereicht, beträgt die Frist zur Ausreise ein Monat 2. Ablehnung als offensichtlich unbegründet - die Klagefrist beträgt nur eine Woche! - die Klage hat keine aufschiebende Wirkung; der Betroffene muss also trotz laufenden Klageverfahrens ausreisen, wenn kein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt wird - für den begründeten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung besteht ebenfalls eine Frist von nur einer Woche! - bei Nichteinhaltung der Frist oder Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, entsteht unmittelbare Ausreisepflicht und der Betroffene verliert die Aufenthaltsgestattung 3. Ablehnung im Dublin-III-Verfahren - nach den Rechtsbehelfsbelehrungen beträgt die Klagefrist eine Woche - die Klage hat keine aufschiebende Wirkung und für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt das BAMF regelmäßig eine Frist von nur einer Woche fest! 4. Teilweise Ablehnung Sehr häufig ist eine nur teilpositive Entscheidung (nur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder eines Abschiebungsverbotes). Auch in diesem Fall sollte unbedingt ein Rechtsbeistand oder ein Beratungsstelle konsultiert werden, um die Erfolgsaussichten einer Klage auf weitere Feststellung prüfen zu lassen. I. Negative Beendigung des Asylverfahrens Nach einer rechtskräftigen negativen Beendigung eines Asylverfahrens erlischt die Aufenthaltsgestattung. Der Aufenthalt wird geduldet, solange ein Abschiebungshindernis besteht. Dies sind häufig fehlende Ausreisepapiere. Spätestens bei Erhalt der Duldung ist anwaltliche Beratung geboten, um zu prüfen, ob Umstände bestehen, die weiteren Aufenthalt zulassen. Häufig sind dies gesundheitliche Gründe, familiäre Gründe, langer Aufenthalt und Integration, allgemeine Umstände im Heimatland u.s.w. Es hängt von einem Mosaik von individuellen Umständen ab, ob durch weitere Verfahren, z.b.:
5 - Antrag an die Ausländerbehörde, - Asylfolgeverfahren, - Antrag an die Härtefallkommission, - Petition an den Landtag weiterer Aufenthalt erreicht werden kann. Häufig muss eine Gesamtschau unternommen werden. Wenn eine Ausreise als besondere Härte erscheint, können weitere Schritte erfolgen. Hier ist häufig zu erkennen, dass Personen, die längere Zeit begleitet wurden und hierdurch eine Integration erfahren haben, bessere Chancen in weiteren Verfahren haben, das sie Deutschkenntnisse erworben haben, sich die Kinder gut integriert haben, Arbeit aufgenommen wurde u.s.w. J. Kirchenasyl Kirchenasyl ist eine ultima ratio in Ausnahmefällen, in denen alle anderen Verfahren bereits erfolglos blieben. Da dies sehr belastend ist und nur einen begrenzten Zeitraum greifen kann, kommt es nur in Betracht, wenn eine Perspektive für den weiteren Aufenthalt gegeben ist. K. Sozialrechtliche Ansprüche - Rechtliche Grundlage: Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - 15 Monate nur Ansprüche nach 3 AsylbLG mit Einschränkung in der medizinischen Versorgung ( 4 AsylbLG) - Nach 15 Monaten Leistungen analog dem SGB II ( Hartz 4 ) L. Arbeitsgenehmigungsrecht - nach drei Monaten Aufenthalt Ende des Arbeitsverbotes - bis zur Vollendung des 15. Monats wird eine bestimmte Arbeit erlaubt, wenn eine Zustimmung der Agentur für Arbeit vorliegt - die Hürde ist die Vorrangprüfung ; die Agentur für Arbeit prüft, ob ein arbeitsloser deutscher Staatsangehöriger oder EU-Bürger zur Verfügung steht - nach 15 Monaten entfällt die Vorrangprüfung; allerdings prüft die Agentur für Arbeit, ob die wichtigsten Arbeitsschutzregelungen eingehalten werden, insbesondere ein tarifliches oder ortsübliches Gehalt gezahlt wird - Zuständigkeit: Antrag ist bei der kommunalen Ausländerbehörde zu stellen - Verfahren: Formular Stellenbeschreibung (erhältlich bei der Ausländerbehörde oder im Internet) ist mit dem Arbeitgeber auszufüllen und beim Ausländeramt abzugeben M. Herkunftsländer 1. Sichere Herkunftsländer a) welche sind das: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Ghana, Senegal, geplant: Algerien, Marokko, Tunesien b) Bedeutung: Beweislastumkehr; individueller Vortrag wird noch wichtiger c) Folgen: - Ablehnung als offensichtlich unbegründet wahrscheinlich mit kurzen Rechtsmittelfristen
6 - Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen; Arbeitsverbot; Einschränkungen im sozialrechtlichen Bereich 2. Länder mit (recht) sicherer Prognose: Syrien, Eritrea, Minderheiten (Christen, Chaldäer, Yeziden) aus dem Irak; schriftliches Verfahren möglich; Fragebögen 3. Länder mit unsicherer Prognose: individueller Vortrag ist wichtig N. Fluchtursachen und Länder - sichere Herkunftsstaaten: Blutrache, Ehrenmord, Minderheiten (Roma), Homosexualität, familiäre Gewalt, Krankheiten, IS - Länder mit unsicherer Prognose: Afghanistan: Frauen, Zwangsheirat, Homosexualität, Religion, Konversion, oppositionelle Tätigkeit, Zwangsrekrutierung durch Taleban, Dolmetscher und Unterstützer der westlichen Kräfte, Kommunisten Iran: Frauen, Zwangsheirat, Homosexualität, Religion, Konversion, oppositionelle Tätigkeit, Ehebruch u.a. Guinea: oppositionelle Tätigkeit, Homosexualität, Beschneidung Nigeria: Konflikt um Öl, Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems, Boko Haram; Probl: inländische Fluchtalternative Weitere Länder: Ägypten, Russische Föderation, Pakistan, Bangladesch, Indien, China
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