Neutrinos aus dem All
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- Fritz Frank
- vor 7 Jahren
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1 Johannes Gutenberg-Universität Mainz Vortrag im Rahmen des Fortgeschrittenen Praktikums Neutrinos aus dem All Frank Schellenberger 31. Januar Was sind Neutrinos? 1.1 Historisches Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ging man beim β-zerfall von einem Zweikörperzerfall aus. Da das Energiespektrum allerdings kontinuierlich war, postulierte Pauli ein weiteres ungeladenes Teilchen mit Spin 1 2, welches er zunächt Neutron nannte, um den Zerfall zu erklären. Fermi nannte dies später Neutrino, welches den β-zerfall als Dreikörperzerfall vollständig beschreibt: 1.2 Theoretisches n p + e + ν e ν x im Standardmodell Neutrinos sind Fermionen mit Spin 1 2, elektrischund farbneutral und somit nur der schwachen Wechselwirkung unterworfen. Sie treten in allen drei Flavours (ν e, ν µ, ν τ ) auf und sind theoretisch masselos im Standardmodell der Teilchenphysik. Allerdings können die Neutrinos ihren Flavour ändern, was experimentell auch bestätigt wurde. Flavouroszillationen sind allerdings nur mit Masse möglich. Deshalb ist die Masse der Neutrinos ungleich Null. Aus der Zerfallskinematik konnte man folgende oberen Massegrenzen bestimmen: (bei indirektem Nachweis geringere Werte) m(νe) < 2eV m(νµ) < 0, 19MeV m(ντ ) < 18, 2MeV Allerdings geht man davon aus, dass auch die Massen der ν µ und ν τ wesentlich kleiner sind als die bestimmte Obergrenze und sich in der Größenordnung des ν e bewegen sollten Wechselwirkung mit Materie Neutrinos wechselwirken nur sehr schwach mit Materie. Als Besipiel sei der Wirkungsquerschnitt von fraschel@students.uni-mainz.de Neutrinos in Eisen gegeben: E ν σ = 1, cm 2 GeV Somit kann man zum Beispiel die freie Weglänge eines ν µ in Eisen in Abhängigkeit seiner Energie bestimmen und kommt in unserem Beispiel (E ν =1MeV) auf 2, m 30 Lichtjahre. Außerdem unterliegen die ν x nur der schwachen Wechselwirkung und da sie keine Ladung tragen folgt daraus, dass sie keine Ablenkungen in ihrer Flugbahn erfahren. 1.3 Warum sind Neutrinos für uns interessant? Da die Neutrinos sich nahezu ungestört durch All & Materie ausbreiten können und somit die Richtungsinformation erhalten bleibt haben sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber Photonen oder geladenen Teilchen, welche absorbiert bzw. abgelenkt werden (Abbildung 1). So erhofft man sich in Zukunft durch die Detektion der Neutrinos unter anderem Aufschlüsse über die Herkunft kosmischer Strahlung höchster Energie, Natur der dunklen Materie und Eigenschaften von schwarzen Löchern. 2 Detektion Wie erwähnt unterliegen die Neutrinos nur der schwachen Wechselwirkung, weshalb man sie auch nur indirekt über das entsprechende geladene Lepton detektieren kann. Dieses geladene Lepton entsteht durch Wechselwirkung des Neutrinos mit Materie. In Abbildung 2 ist das entsprechende Feynmandiagramm für ein ν µ aufgezeigt. 2.1 Cherenkov-Effekt Wenn geladene Leptonen (e, µ, τ) in Materie schneller sind als die Lichtgeschwindigkeit im entsprechenden Medium (c H2O ca: km s ), also > c Medium, werden Photonen im Winkel v Lepton 1
2 φ emittiert (Abbildung 3). Vergleichbar ist das mit dem Machkegel beim Überschall. Das so emittierte Licht können wir mit Photomultipliern detektieren und so über die Intensität Rückschlüsse auf die Energie und durch die Laufstrecke auf die Herkunft der Teilchen ziehen. Für den Winkel φ gilt: cosφ ch = c Medium v Lepton = 1 nβ 1 n [2] Abbildung 1: Wegstrecken von Teilchen aus dem All [6] Abbildung 3: Cherenkov Effekt 2.2 Anspruch an einen Detektor Da Neutrinos einen sehr kleinen Wirkungsquerschnitt haben (z.b. Solare ν s mit 100keV 45 cm2 10 Nukleon ) benötigen wir eine sehr große Detektormasse. Außerdem müssen wir Untergrundprozesse gut abschirmen, da Neutrinoereignisse sehr, sehr selten sind. Des weiteren ist eine hohe Reinheit des Detektionsmaterials wünschenswert, damit keine natürliche Radioaktivität des Detektormaterials Einfluss auf unsere Messungen hat. In der Praxis werden deshalb in den meisten der im Rahmen des Vortrages vorgestellten Neutrinoteleskope mit Wasser bzw. Eis als Detektormedium betrieben. Ein offenes Problem bleibt die Abschirmung des Hintergrundes der in der Atmosphäre entstehenden Neutrinos. Abbildung 2: ν-ww mit Materie [2] 3 Neutrinoquellen Die im Rahmen des Vortrags interessanten Neutrinoquellen (Abbildung 4) kommen aus dem All oder der Erdatmosphäre. Außerdem gibt es natürlich noch weitere irdische Quellen wie Kernkraftwerke, Beschleuniger und natürliche β-zerfälle auf die wir jetzt nicht näher eingehen werden. 3.1 atmosphärische Neutrinos Atmosphärische Neutrinos entstehen beim Zerfall kosmischer Strahlung (Kaonen, Pionen und Myonen) in der Erdatmosphäre (Luftschauer siehe Abbildung 1). 2
3 Später kommt es zu einer extremen Lichtentwicklung durch Aufheizen des Neutronensterns. Allerdings besitzen diese dann abgestrahlten Photonen nur 0.01% der insgesamt abgegebenen Energie. 3.4 Neutrinos aus AGN & GRB Abbildung 4: Erwartungswerte von Neutrinoquellen [7] AGN (Active Galactic Nuclei) und GRB (Gamma Ray Bursts) wirken wie Beschleuniger. Man erwartet, dass die dadurch beschleunigten Teilchen auch in Neutrinos zerfallen und somit hochenergetische Neutrinos entstehen müssten. Bisher sind diese Neutrinos noch theoretischer Natur und nicht nachgewiesen. 4 Neutrinoteleskope [6] Abbildung 5: PP-Prozess Im Vortrag wurden einige Neutrinoteleskope vorgestellt. Zum einen Super Kamiokande (Kamioka Nucleon Decay Experiment) der in Japan steht und Wasser als Detektionsmedium verwendet. Des weiteren das zur Zeit größte existierende Teleskop, IceCube am Südpol. Hier wird das vorhandene Eis als Detektormedium genutzt. In Planung befindet sich KM3NeT (km 3 Neutrino Telescope) welches das Mittelmeer nutzt. All diese Detektoren nutzen den Cherenkoveffekt und Photomultiplier zur Detektion. Im Homestake Experiment nutzte man statt des Cherenkoveffektes ein radiochemisches Verfahren zum Neutrinonachweis. Beispielsweise sei hier der Zerfall eines Myons beschrieben: µ e + ν µ + ν e 3.2 solare Neutrinos Solare Neutrinos stammen überwiegend aus der Kernreaktion p + p D + e + + ν e (Abbildung 5), weitere Neutrinos entstehen im CNO-Zyklus. Insgesamt entstehen in der Sonne so ca ν s pro Sekunde, wovon auf der Erde ν s pro cm 2 pro Sekunde ankommen. Eine ausführliche Behandlung dieser Entstehungsprozesse und Neutrinos wurde im Vortrag Die Sonne zu Beginn des Semesters vorgenommen. 3.3 Supernovaeneutrinos Bei Supernovaeexplosionen werden 99% der gesamten Gravitationsenergie des kollabierenden Sterns durch ν x abgestrahlt. Da die Neutrinos den Stern in der 1. Phase des Kollapses ungehindert verlassen können, wirkt der Gravitation kein Strahlungsdruck mehr entgegen und der Stern fällt in sich zusammen. Es bildet sich also ein Neutronenstern durch Absorption der e der Atomhüllen: e +p n+ν e 4.1 Homestake Im Homestakeexperiment wurde ein 615 t Tetrachlorethylentank 1478m unter der Erde in einer alten Goldmine untergebracht. Aufgebaut wurde dieser in den 60er Jahren von Raymond Davis Jr., der 2002 für seine Neutrinoforschung den Nobelpreis bekam. In Betrieb war dieser Detektor von Den Nachweis eines Neutrinos führt man über den Zerfall des entstehenden Argons in folgender Reaktion: ν x + 37 Cl 37 Ar + e. So konnte man anhand der Zerfallsraten Rückschlüsse auf die Anzahl der eingefallen Neutrinos ziehen. Woher diese kamen oder welchen Flavour sie hatten ist über diese Nachweismethode nicht möglich. 4.2 KM3NeT Dieses Teleskop wurde bisher nicht gebaut, ist aber in Planung. Man möchte hier die von unten, also durch die Erde gekommenen Neutrinos detektieren. Mit dem Standort Mittelmeer kann man diesen Detektor zur Abdeckung der Südhalbkugel nutzen, wohingegen IceCube am Südpol die Nordhalbkugel abdeckt. Ursprünglich bestand das Projekt aus 3 3
4 Prototypen ANTARES: (Astronomy with a Neutrino Telescope and Abyss environmental RESearch (Frankreich)), NEMO (Italien) und NESTOR (Griechenland). Gebaut wurde bisher ANTARES (Abbildung 6), welches 40km vor der Französischen Küste in 2500m Tiefe aus am Boden befestigten Strings mit Photomultipliern besteht, welche durch Bojen senkrecht nach oben ragen. Dies führt dazu, dass durch die Strömungen im Meer die Photomultiplier ständig in Bewegung sind und deshalb die Position auch gemessen werden muss. [2] [9] Abbildung 6: Aufbau ANTARES Abbildung 7: Aufbau IceCube 4.3 IceCube IceCube wurde gebaut um ν s aller Flavours zu detektieren. In einem Eisvolumen von 1km 3 sind in m Tiefe 86 Strings mit zusammen 5160 Photomultipliern eingebracht und können Neutrinos mit Energien von ev detektieren. Fertiggestellt wurde IceCube am und kostete insgesamt 271 Mio $. Wie auch bei ANTARES nutzt man die Erde als Abschirmung von niederenergetischen Teilchen Himmelskarte Vor der vollständigen Fertigstellung von IceCube nahm man mit 40 Strings bei einem halben Jahr Messzeit und Energien von 100GeV - 100TeV Ereignisse auf. So konnte man die Himmelskarte in Abbildung 8 erstellen und 7 Events am heißesten Fleck bestimmen, was allerdings immer noch durch statistische Schwankungen erklärbar ist und somit nicht signifikant. Abbildung 8: Neutrinohimmelskarte [7] Simulierte Ereignisse Da am IceCube noch nicht genügend Daten aufgenommen wurden, werden hier die Simulationen eines im Detektor eintreffenden Myons (a), Elektrons (b) und Tauons (c) aufgezeigt (Abbildung 9). Jeder 4
5 50000t reinem Wasser in 2 Tanks in 2700m Tiefe Photomultiplier mit jeweils 50cm Durchmesser registrieren nun die Cherenkovstrahlung. A ußerer und innerer Tank werden zur Unterscheidung der Myonen/Elektronen aus der Atmospha re und der durch Neutrinos im Wassertank enstandenen Myonen/Elektronen beno tigt. Tritt ein Teilchen koinzident in beiden Kammern auf, so wird das Ereignis dann nicht geza hlt. Abbildung 10: Super KamiokaNDE Cherenkovringe Das Cherenkovlicht breitet sich kegelfo rmig aus. Und wir ko nnen anhand der Detektionsbilder un[3] terscheiden ob es sich um ein Elektron oder Myon handelte. Da ein Elektron leichter ist und sich an den Wassermoleku len mehr streut gibt es hier einen eher ausgefransten Ring (Abbildung 12), wohingegen das schwerere Myon weniger streut und somit einen scha rferen Ring erzeugt (Abbildung 11). (Der farbliche Verlauf gibt die Zeitabfolge der Ereignisse an den einzelnen Photomultipliern wieder) Abbildung 9: Simulierte IceCube Ereignisse Punkt zeigt ein Ereignis an einem dort liegenden Photomultiplier an. Die zeitliche Verteilung la uft von Rot nach Blau. Hier kann man erkennen, dass das Myon seine Energie in einer la ngeren Spur im Detektor deponiert, wohingegen das Elektron mehr streut und das Tauon einen sogenannten double Bang bei seiner Reaktion im Detektor verursacht. 4.4 SuperKamiokaNDE Der Kamiokandedetektor (Abbildung 10) wurde 1983 gebaut um nach Protonzerfa llen zu suchen. Damals bestand der Detektor aus einem mit 3000t reinem Wasser gefu llten Tank. Ab 1985 detektierte man auch kosmische, atmospha rische und solare Neutrinos wurden 11 Neutrinos von SN 1987a nachgewiesen, was dem Kamiokande zu gro ßerer Bekanntheit verhalf. Ende 1996 wurde der Umbau zu Super Kamiokande beendet. Nun besteht der Detektor aus Abbildung 11: Cherenkovring µ 5
6 Zum Vergleich: Der Weltenergieverbrauch beträgt Joule pro Jahr. Sanduleak strahlte während des etwa 10 Sekunden andauernden Neutrinobursts mehr Energie ab als das gesamte restliche Universum zusammen und hundert mal mehr als die Sonne in ihrer gesamten Lebensdauer von etwa 10 Milliarden Jahren. Abbildung 12: Cherenkovring e Die Sonne als Neutrinoquelle Am Kamikoande konnte man auch nachweisen, dass die Sonne eine Neutrinoquelle ist, indem man im Vergleich zum Untergrund eine signifikant erhöhte Rate von Neutrinos aus Richtung Sonne messen konnte (Abbildung 13) Abbildung 14: SN1987a Vorher-Nachheraufnahme 5 Fazit [15] Abbildung 13 Wir können Neutrinos als kosmische Informationsträger nutzen indem wir einen indirekten Nachweis über den Cherenkoveffekt führen. Bis heute sind keine Punktquellen für hochenergetische Neutrinos gefunden worden und somit bleibt die SN1987a die bisher einzige nachgewiesene Neutrinopunktquelle. Mit der Fertigstellung von IceCube und dem in Planung befindlichen KM3Net erhofft man sich in Zukunft hochenergetische Neutrinos nachweisen zu können (im Idealfall Punktquellen) und diese Ereignisse dem Geschehen im Universum zuordnen zu können. Die Suche geht weiter SN1987a Der Blaue Riese Sanduleak explodiert (Abbildung 14)(16M Sonne M 22M Sonne ). Lokalisiert ist der Blaue Riese in der großen Magellanschen Wolke ca Lichtjahre von der Erde entfernt. Einige Stunden vor dem optischen Signal erfolgte der Nachweis in mindestens zwei Neutrinodetektoren. So konnten am Kamiokande II am 23. Februar 1987 um 7:35:35 GMT 11 Ereignisse und am IMB-Detektor um 7:35:41 GMT 8 Ereignisse innerhalb von 10 Sekunden registriert und später der SN1987a zugeordnet werden. Insgesamt wurden bei diesem Sternkollaps Neutrinos mit E ges (6 ± 2)10 46 Joule in 10s erzeugt. 6 Quellen und Weiterführendes Doktor/Diplomarbeiten, Paper: 1 Till Neunhöffer, Die Entwicklung eines neuen Verfahrens zur Suche nach kosmischen Neutrinopunktquellen mit dem AMANDA-Neutrinoteleskop, Mainz Klaus Wiebe, Realisierung der IceCube MonteCarlo- Produktion..., Mainz IceCubeReview2010 Vorträge: 4 Per Olof Hulth, Neutrino Telescopes,Lepton Photon Konferenz Christian Sailer, Neutrino Astronomie, Universität Karlsruhe WWW: tomba/sk fleurot/supernova
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