INDUSTRIE 4.0 PERSPEKTIVEN FÜR ARBEITSGESTALTUNG UND ARBEITSSCHUTZ. »Tag der Ergonomie 2015«Duisburg, Steinhof, 29. September 2015
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1 »Tag der Ergonomie 2015«Duisburg, Steinhof, 29. September 2015 INDUSTRIE 4.0 PERSPEKTIVEN FÜR ARBEITSGESTALTUNG UND ARBEITSSCHUTZ Dr. Martin Braun Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 1
2 Von der Industrie 1.0 zur Industrie 4.0 Fließband, Schlachthöfe von Cincinnati 1870 Speicherprogrammierte Steuerung Industrielle Revolution Mechanischer Webstuhl Industrielle Revolution Internet Basis: Multi- der Dinge Agenten- und Cyber-Physikalische Systeme 2. Industrielle Revolution Basis: Automatisierung mittels IT und Elektronik Agrarische Arbeitsweise 1. Industrielle Revolution Basis: Mechanisierung Basis: Arbeitsteilige Konkurrenzstreben Massenstreben auf auf Konkurrenzproduktion, stabilen Märkten stabilen Elektrizität Märkten Kooperation: Kollaborativ Tauschgemeinschaften in volatilen Märkten Mechanische Arbeitsmaschinen Informatorische Arbeitsmaschinen Selbstversorgung Fremdversorgung Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 2
3 Die Vision:»Industrie 4.0«als Teil einer vernetzten Welt Industrie 4.0: Produktion mittels Multi-Agenten-Systemen (MAS), Big Data und global vernetzter Cyber-Physikalischer Systeme (CPS) aus»intelligenten«maschinen, Werkstücken, Lagersystemen und Betriebsmitteln, die selbsttätig Daten austauschen und gegenseitig Aktionen auslösen ( dezentrale Selbstorganisation). Ziele und Verheißungen: Die»Smart Factory«bindet das Internet der Dinge in die Welt der Produktion ein. Geschäfts- und Engineering-Prozesse werden adaptiv und dynamisch gestaltet. Individuelle Kundenwünsche lassen sich berücksichtigen und Einzelstücke rentabel herstellen. Prozesse können kurzfristig verändert werden; sie reagieren flexibel auf Störungen und Ausfälle. Transparente Prozesse unterstützen optimale Entscheidungen. Sie münden in neue Formen der Wertschöpfung und neuartige Geschäftsmodelle. Quelle: Plattform Industrie 4.0 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), 2013 Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 3
4 Herausforderungen bewältigen durch»industrie 4.0«Umsetzungsempfehlungen der Forschungsunion und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften: Ressourcenproduktivität und -effizienz lassen sich fortlaufend und über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk hinweg verbessern. Arbeit kann demografie-sensibel und sozial gestaltet werden. Dank intelligenter Assistenzsysteme können sich Mitarbeiter auf kreative, wertschöpfende Tätigkeiten konzentrieren und werden von Routineaufgaben entlastet. Angesichts drohenden Fachkräftemangels kann die Produktivität älterer Arbeitnehmer in einem längeren Arbeitsleben erhalten werden. Die flexible Arbeitsorganisation ermöglicht es Mitarbeitern, Beruf und Privatleben sowie Weiterbildung besser miteinander zu kombinieren. Quelle: Plattform Industrie 4.0 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech), 2013 Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 4
5 Beispielhafte Anwendungsfelder digitalisierter Arbeit Digital Travel Management Smart Logistics Montageunterstützung Foto: dpa Foto: Amazon Foto: BMW Group Cloud Computing Big Data Smart Devices Online- Bestellabwicklung Prozesssteuerung Kommissionierung Mensch-Roboter- Kollaboration (MRK) Ergonomische Optimierung d. Montage Adaptive Assistenz Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 5
6 IAO-Studie: Produktionsarbeit der Zukunft / Industrie 4.0 Ziele: Erwartungen an Produktionsarbeit aufzeigen und»industrie 4.0«in diesen Kontext einordnen. Befragung von 661 betrieblichen Praktikern und 21 Fachexperten. Zentrale Ergebnisse: Flexibilität muss absichtsvoll und systematisch organisiert werden. Dezentrale Steuerungsmechanismen nehmen zu; vollständige Autonomie dezentraler, sich selbst steuernder Objekte wird es absehbar nicht geben. Menschliche Arbeit bleibt wichtiger Bestandteil der Produktion. Traditionelle Aufgaben der Produktions- und Wissensarbeit wachsen zusammen. Mitarbeiter müssen unzureichend planbare Arbeitstätigkeiten situativ bewältigen und hierfür qualifiziert werden. Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 6
7 »Industrie 4.0«-Technologien machen sich menschliche Attribute und Fähigkeiten zu eigen Fähigkeit Mensch Maschine Kommunikativ, vernetzt kontextuell, bedeutsam datenbasiert Sensorisch empfindend detektorisch Lernend evolutionär, erkenntnisorientiert interpretierend Absichtsvoll intrinsisch, bedürfnisorientiert algorithmisch Adaptiv, flexibel zielorientiert, reflektiv funktional Autonom, selbstreguliert selbst-bewusst automatisiert Fehlerrobust regenerativ redundant Fazit: Technik kann den Mensch unterstützen, aber nicht ersetzen. Ohne das Einwirken des Menschen sind»industrie 4.0«-Anwendungen auf absehbare Zeit nicht praktikabel. Bildquelle: Dachser Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 7
8 Die zentrale Gestaltungsfrage: Mensch bzw. Maschine? Welche Aufgaben stehen im zukünftigen Unternehmen an? Welche Erfolgsfaktoren tragen zum Gelingen des betrieblichen Wandels bei? Fähigkeiten und Arbeitsvermögen (Wissen, Können, Wollen). Produktive und tragfähige Kooperationsbeziehungen in volatilen Märkten unter den Prämissen von Arbeitsteilung und Fremdversorgung. Bedarfsgerechte und ressourceneffiziente Wertschöpfungsprozesse. Setzt sich eine human- oder technikzentrierte Perspektive durch? Wer übernimmt welche Arbeitsaufgaben: Mensch, Maschine oder beide? Spezifische Fähigkeiten und Eignung auch für Denk- und Beziehungsarbeit.»Intelligence Amplification«versus»Artificial Intelligence«. Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 8
9 »Intelligence Amplification«oder»Artificial Intelligence«? Um Produktivität, Adaptivität und Kooperation zu ermöglichen, muss sich die Arbeitsgestaltung an der Entwicklung und Entfaltung von Arbeitsvermögen orientieren. Humanzentrierte Perspektive Intelligence Amplification,»Machines that make us smart«informationsmaschinen unterstützen ansprechende Arbeit, ermögl. Fähigkeitsentwicklung Förderung von Flexibilität durch Erfahrung, Reflektion, Initiative und Verantwortung Fokus auf Entfaltung von Handlungskompetenz ( i. S. Intentionalität, Zielorientierung) Menschengerechte Gestaltung von Arbeitsaufgaben, technischen Arbeitsmitteln und Interaktionsformen Technikzentrierte Perspektive Artificial Intelligence,»Smart machines«informationsmaschinen ersetzen Menschen in der Produktion Flexibilität erwünscht, aber begrenzte Lernfähigkeit Arbeitsvermögen wird nachgeahmt ( i. S. Genese, Organisation und Anwendung von Wissen) Verbleibende Restarbeit: Verlust praktischer Handlungskompetenz; hilflose weil entwöhnte Bediener»To leverage information technology investments successfully, firms must typically make large complementary investments and innovations in areas such as business organization, workplace practices, human capital, and intangible capital.«jorgenson et al Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 9
10 Gestaltungsdimensionen für die»arbeit 4.0«Ziele humaner Arbeitsgestaltung Gestaltungsziele des technischen Systems lernförderlich Funkt. Arbeitsteilung, Aufgabengestaltung und Interaktionsformen adaptiv zumutbar Aufgabenstrukturierung, Tätigkeitsmodule u. Arbeitsinhalt konfigurativ ausführbar Technisch-funktionale Gestaltung, MMS, MAS, CPS etc. produktiv schädigungslos Kollisionsschutz, Vermeidung von Zwangshaltungen etc. sicher, zuverlässig Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 10
11 Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen. Chinesisches Sprichwort Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 11
12 Kontakt Dr. Martin Braun Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO Nobelstraße 12, Stuttgart Dr. Martin Braun»Industrie 4.0 Perspektiven für Arbeitsgestaltung und Arbeitsschutz«Seite 12
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