Möglichkeiten und Grenzen der Therapie mit Antipsychotika
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- Edwina Melsbach
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1 FACHKLINIKUM BERNBURG Möglichkeiten und Grenzen der Therapie mit Antipsychotika Ulf Künstler Ärztlicher Direktor 25. April 2012, Magdeburg
2 Ausgangslage einerseits: klinische Zuordnung aufgrund phänomenlogischer Aspekte und Arzt-Patienten- Beziehung auf Ebene des Verhaltens, des Denken und Fühlens andererseits: neurobiologische Theoriebildung zur Psychose und eine primär biologische, sprich pharmakotherapeutische Intervention
3 Dopaminhypothese I Hypothese der Psychose Dopaminumsatz Hypothese der antipsychotischen Wirkung D2-Rezeptor-Blockade Veränderungen im Dopamin-Haushalt dabei nicht exklusiv und nicht unbedingt primär Dopamin ist der Wind des psychotischen Feuers
4 Dopaminhypothese II verhaltensbiologische Ebene Belohnungs- und Verstärkersystem attraktive und aversive Ereignisse aktiv auch in antizipatorischer Phase vermittelt die Umwandlung der neuralen Repräsentation eines externalen Stimulus neutrale Information (bit) bekommt eine attraktive oder aversive Bedeutung
5 Normaler Zustand Stimuli induzieren Dopaminfreisetzung Vermittlung einer hervorgehobenen motivationalen Bedeutsamkeit als Antwort auf unsere Erfahrungen und Prädispositionen Dopamin = Mittler von hervorgehobener Bedeutsamkeit Vermittlung dabei kontextabhängig
6 Psychotischer Zustand Stimuli-unabhängige Dopaminfreisetzung normaler Prozess wird unterwandert & abweichende Zuweisung von hervorgehobener motivationaler Bedeutsamkeit an externale Objekte und internale Repräsentanzen Dopamin = Erschaffer von hervorgehobener Bedeutsamkeit Erschaffung dabei kontextunabhängig
7 Phänomenologie größere Wachheit, erhöhte Aufmerksamkeit, höhere Sensitivität mehr Einsicht in die Dinge, Erschließen neuer Dimensionen, Erkennen neuer Zusammenhänge Gestaltanalyse nach CONRAD Apophänie: es liegt etwas in der Luft bedeutungsschwanger
8 Verlauf isolierte, kurzzeitige Erfahrungen alltäglich im Verlauf von psychotischen Erkrankungen (Prodromalphase) jedoch persistierende Zuweisungen von herausragender motivationaler Bedeutsamkeit ohne jegliche Stimuli über Jahre hinweg Anhäufung von anderer Welterfahrung ohne erkennbare Ursache oder Erklärung für den Patienten
9 Wahnbildung kognitive Erklärungsversuche des Patienten Versuch, dieser entfremdeten, anders ins Auge springenden Welt einen individuellen Sinn zu geben daher Einbettung in individuell relevante psychodynamische Themen und den kulturellen Kontext nach einmaliger Evidenz oft Weg der Systematisierung abweichende motivational herausragende Ideen
10 Phänomenologie Verfolgungswahn in Afrika ( Geister ), USA ( CIA ), Ostdeutschland ( Stasi ) etc. Eigenbeziehung, Nachrichtensprecher, Werbeplakate, Zeitungsschlagzeilen etc. primärer Wahn und Wahnwahrnehmungen
11 Halluzinationen abnorme Zuweisung von hervorgehobener Bedeutsamkeit an internale Repräsentanzen von Wahrnehmungen und Erinnerungen abweichende motivational herausragende Wahrnehmungen Phänomenologie Gedankenlautwerden Stimmen: innere/äußere - eigene/bekannte/fremde
12 Antipsychotische Wirkung alle Antipsychotika (über 100 Medikamente) blockieren D2-Rezeptoren alle Antipsychotika dämpfen die hervorgehobene Bedeutsamkeit ( Vergesslichkeit der Motivation, désintéressement, psychic indifference ) alle Antipsychotika bilden nur eine Plattform für die wiederhergestellte Zuweisung von herausragender motivationaler Bedeutsamkeit Prozess der eigentlichen Symptomverbesserung verlangt nach psychotherapeutischer Intervention
13 Klinische Phänomene 1. Therapielatenz kein on/off-mechanismus, ändern keine Gedanken oder Ideen, Heilungsprozess notwendig 2. Es beschäftigt mich nicht mehr so 2. Es beschäftigt mich nicht mehr so entspricht fast direkt gedämpfter Bedeutsamkeit
14 Klinische Phänomene 3. Doppelte Buchführung Patient muss sich durcharbeiten Patient erhält Möglichkeit, eigene Auflösungen der psychotischen Denkschemata zu erreichen 4. Absetzen führt zu Rückfall keine fundamentale Veränderung der dopaminergen Dysregulation Reinstallation bei Absetzen der Medikamente oder Stress, Drogen 5. stabile psychotische Inhalte Inhalte von früher werden wieder zum Leben erweckt (ragen motivational bedeutsam wieder heraus) Remission Symptome nur im Hintergrund
15 Klinische Phänomene 6. gehasste Medikamente neuroleptische Zwangsjacke, sekundäre Negativsymptomatik = Ausdruck der gedämpften motivationaler Hervorhebung aber: Die hervorgehobene motivationale Bedeutsamkeit von Objekten und Vorstellungen, die wir lieben oder ersehnen, ist eine wichtige Kraft, die uns und unsere sozialen Beziehungen antreibt das heißt: gleicher Mechanismus, kein Differenzierungsmodell, nur asymmetrische Verteilung
16 Zusammenfassung Verknüpfung der neurobiologischen Fakten einer Psychose und der persönlichen Natur einer psychotischen Erfahrung pharmakologische und psychotherapeutische Interventionen sind synergistisch verbunden Auch antipsychotische Therapie ist individuell zu gestalten (Dosierung!) Entwicklungsmöglichkeiten: selektive Antipsychotika? spezifische Psychotherapien!
17 Grenzen Modellcharakter, keine Aussagen über die Natur der Ebenen der Biologie ( brain ) und des Fühlens, Erkennens und Handelns ( mind ) und der Beziehung zwischen den beiden Pathophysiologische, keine etiologische Hypothese Bezug vor allem auf psychotische, weniger auf kognitive oder negative Symptome dopaminerges System nicht exklusiv, andere Transmittersysteme sind beteiligt, bisher jedoch kein Modell dafür
18 Quellen Shitij Kapur Psychosis as a state of abberant salience: a framework linking biology, phenomenlogy and pharmacology in schizophrenia. American Journal of Psychiatry 2003; 160: & Shitij Kapur, Romina Mizrahi, Ming Li From dopamine to salience to psychosis linking biology, pharmacology and phenomenology of psychosis Schizophrenia Research 2005; 79: & Gary Remington persönliche Kommunikation -
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