Indikationsübergreifendes. Gesamtkonzept. Asklepios Klinik Schaufling
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- Käthe Holst
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1 Hausstein Schaufling Telefon: 09904/ Indikationsübergreifendes Gesamtkonzept Asklepios Klinik Schaufling Dr. med. Peter Frommelt Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Holger Grötzbach, M.A. Neurolinguist Leiter der Sprachtherapie Seite 1 von 8
2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ICF-orientierter Zielsetzungsprozess Literatur... 8 Seite 2 von 8
3 1. Einleitung Einige Mitarbeiter der Klinik waren bereits an der Umsetzung der Vorgängerversionen der jetzigen ICF, der ICDH-2, beteiligt. Daher prägt die Orientierung an einem biopsychosozialen Modell schon seit vielen Jahren die Denk- und Arbeitsweise der Klinik. Nach der Verabschiedung der ICF durch die WHO (2005) beteiligte sich die Klinik an der Übersetzung der ICF vom Englischen ins Deutsche (Arbeitsgruppe Schuntermann beim VDR). Zeitgleich wurden verschiedene Modelle erprobt, um die ICF in die klinische Praxis einzuführen. Aus dieser Vorarbeit entstand ein von der damaligen BfA gefördertes Forschungsprojekt, in dem es um die Anwendung der ICF für die sozialmedizinische Beurteilung ging (Frommelt et al. 2005). Die Asklepios Klinik Schaufling gehörte damit zu den Vorreitern der Einführung der ICF in die Rehabilitationspraxis. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind unter anderem in einem Sonderheft der Zeitschrift Neurologie und Rehabilitation (2005) veröffentlicht worden. In den folgenden Jahren hat sich insbesonders Grötzbach mit der Frage der Anwendung der ICF in der Sprachtherapie beschäftigt, (Grötzbach 2006; Grötzbach & Iven 2009). Mitarbeiter der Klinik haben auf Einladung der BAR an der Erstellung des ICF-Praxisleitfadens mitgearbeitet, der 2008 im Auftrag der BAR publiziert wurde. In dem Leitfaden findet sich auch eine Reihe von Beispielen, die aus der Praxis in Schaufling stammen. Für den Bereich der Ergotherapie hat sich die Leiterin, Frau Sabine Bühler, BscOccTh, für die Umsetzung der ICF in ihrem Fachbereich eingesetzt und das Thema in ihrer Bachlor-Arbeit berücksichtigt (Bühler, 2004). Außerdem haben verschiedene Mitarbeiter an den jährlich stattfindenden Anwenderkonferenzen der ICF, organisiert durch die Deutsche Rentenversicherung, teilgenommen. Die Mitarbeiter der Klinik wurden systematisch in das Konzept und die Umsetzung der ICF in Fortbildungen und praktischen Seminaren eingeführt. Für die klinische Arbeit in der Asklepios Klinik Schaufling hat dadurch in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Während sich früher die Arbeitsweise der Therapeuten an den gestörten Funktionen der Rehabilitanden orientierte, so hat sich Seite 3 von 8
4 der Blick jetzt auf gewünschte Aktivitäten und auf die Teilhabe gerichtet. Der Blick wurde zugleich erweitert, indem er sich auch auf den biographischen und sozialen Kontext bezieht. Unter dem Begriff der Teilhabe wird in der klinischen Praxis das Ziel verstanden, den Rehabilitanden eine Teilhabe an den von ihnen gewünschten sozialen Rollen zu ermöglichen. Um eine angestrebte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft umsetzen und um den personbezogenen und externen Kontext hinreichend berücksichtigen zu können, wurde von Frommelt und Grötzbach der Weg der narrativen Rehabilitation vorgeschlagen (Frommelt & Grötzbach, 2008). Praktisch bedeutet dies, dass der Rehabilitand bei der Aufnahme in die Asklepios Klinik Schaufling nicht nur gefragt wird, was ihm fehlt. Vielmehr interessiert die Frage, an welchen Lebensbereichen der Rehabilitand (wieder) teilnehmen möchte und wo er aus seiner Sicht Unterstützung oder Behinderungen für seinen Wunsch erfährt. Es besteht ein gegliedertes Dokumentationsverfahren, in denen die Ergebnisse systematisch nach ICF-Kategorien aufgegliedert festgehalten werden. Es wird großer Wert darauf gelegt, dass die Teilhabeziele nicht von den medizinischen Fachkräften, sondern von den Rehabilitanden selber formuliert werden. Damit ist zugleich eine Abwendung von den herkömmlichen paternalistischen Mustern der Zielsetzung ( Wir wissen, was für den Patienten gut ist ) verbunden. Seite 4 von 8
5 2. ICF-orientierter Zielsetzungsprozess Die Teilhabe der Rehabilitanden in den Mittelpunkt der Rehabilitation zu stellen bedeutet auch, den Zielsetzungsprozess mit den Rehabilitanden entsprechend zu gestalten. In der Asklepios Klinik Schaufling wird ein sogenanntes Top-down-Modell der Zielsetzung verfolgt (Frommelt & Grötzbach, 2007; Grötzbach, 2004). Damit ist gemeint, dass die Teilhabeziele an oberster und erster Stelle stehen und sich alle anderen Ziele daraus abgeleiten. Für diesen Zielsetzungsprozess gibt es einen schriftlich festgelegten Ablauf, der folgende Schritte enthält: Das interdisziplinäre Behandlungsteam der jeweiligen Station trifft sich am Morgen nach dem Aufnahmetag mit dem Rehabilitanden. Dieser ist am Vortag darüber informiert worden, dass er nach seinen persönlichen, langfristigen Lebenszielen gefragt wird. Er erhält auch einen Fragebogen, in denen er für verschiedene Lebensziele persönliche Prioritäten angeben kann. Nach einer Vorstellungsrunde in dem Zielsetzungsteam werden nach denjenigen Lebensbereichen und Lebenszielen gefragt, die dem Rehabilitanden am wichtigsten sind. Die sich daran anschließende Frage der Teammitglieder ist, was den Rehabilitanden daran hindert, seine Teilhabeziele zu erreichen. Weiterhin geht es um die Frage, wo der Rehabilitand zur Umsetzung seiner Ziele schon Hilfe erfährt, sich Hilfe erwünscht oder Barrieren erlebt. Die Aufgabe der ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Mitarbeiter besteht im nächsten Schritt daraus, auf den jeweiligen Gebieten zu prüfen, welche Funktionsschäden oder welche Kontextfaktoren den Rehabilitanden daran hindern, die von ihm gewünschten Aktivitäten durchzuführen. Von den Teammitgliedern werden auf ihren jeweiligen Fachgebieten Therapieziele auf den Ebenen von Funktionen und Aktivitäten formuliert, die mittel- und kurzfristig erreichbar sind. Diese müssen sich auf die vereinbarten Teilhabeziele beziehen (Frommelt & Grötzbach, 2010; Grötzbach, 2010). Für diesen Zielsetzungsprozess gibt es ein gegliedertes Protokoll. Der Rehabilitand erhält davon eine Kopie. Seite 5 von 8
6 In wöchentlichen Abständen wird der Grad der Zielerreichung überprüft, und wenn nötig, werden ggf. Änderungen an den Zielen vorgenommen. In der praktischen Arbeit hat sich eine Unterteilung in kurzfristige Ziele, die sich auf einen Zeitraum von wenigen Tagen beziehen, auf mittelfristige Ziele, die sich auf die Gesamtdauer der Rehabilitation beziehen und Teilhabeziele, die Monate und Jahre umfassen können, bewährt. Bei jedem Rehabilitanden findet spätestens fünf Werktage vor der Entlassung eine Entlassungskonferenz statt, an der er in der Regel teilnimmt. Dort wird der Übergang in das Leben außerhalb der Klinik, die Rückkehr in Familie und Beruf, vorbereitet. Es werden den Rehabilitanden auch schriftliche Empfehlungen mitgegeben, wie sie nach Beendigung der stationären Rehabilitation an den Teilhabezielen weiter arbeiten können. Dazu gehören auch praktische und leicht verständlich geschriebene Empfehlungen zur Lebensstiländerung und zum Beispiel zum Umgang mit Stress oder Ärger. Die Umsetzung der ICF in die interdisziplinäre Teamarbeit hat auch dazu geführt, dass in den Begriffen der ICF argumentiert wird. Dadurch hat sich der Anteil an fachchinesischen Vokabeln deutlich verringert. Die einzelnen Teammitglieder verwenden in ihren Befunden zwar weiterhin die Fachsprache, dort, wo es um den Austausch innerhalb der Teams geht, wird jedoch die ICF-Sprache verwendet. Die interdisziplinäre Arbeit in der Asklepios Klinik Schaufling zeichnet sich durch eine klar gegliederte Arbeitsweise aus. Für jedes Team steht ein Teammanager zur Verfügung, der die Teambesprechungen leitet und für die organisatorischen Abläufe verantwortlich ist. Die fachliche Verantwortung liegt bei den Fachbereichsleitern. Die Stellenbeschreibung der Teammanager enthält folgende Aufgaben: Überprüfung der Behandlungspläne der Patienten auf Vollständigkeit und Richtigkeit, Abstimmung der Therapien zwischen den verschiedenen Bereichen, Einführung neuer Mitarbeiter mit hinreichenden Hospitationszeiten, Kontrolle der Dokumentation und des Schriftverkehrs. Seite 6 von 8
7 In das Gesamtbehandlungskonzept der Klinik sind nicht nur die therapeutischen und pflegerischen Mitarbeiter im engeren Sinne einbezogen, sondern auch die Mitarbeiter in EDV und Technik. Für Rehabilitanden, bei denen an erster Stelle als Teilhabeziel die Rückkehr in die Arbeit steht, werden in der Klinik Arbeitsplätze zur Belastungserprobung zur Verfügung gestellt. Sie arbeiten beispielsweise halbtags in der EDV mit und erhalten in der anderen Hälfte des Tages die Therapien, die sich auf die Probleme beziehen, die in der Arbeit aufgetaucht sind. Darüber hinaus werden zur Belastungserprobung eine Reihe von externen Firmen eingebunden, das reicht von der Kfz-Werkstatt bis hin zur Sparkasse Deggendorf. Für die unterschiedlichen Bereiche in der Klinik liegen indikationsbezogene schriftliche Therapiekonzepte vor. Aus der jahrelangen Vorarbeit sind ein Teil dieser Konzepte inzwischen in Buchform erschienen. Dazu gehört für die Aphasie das Lehrbuch von Wehmeyer und Grötzbach (2010), die Therapiemanuale für die neuropsychologische Rehabilitation von Finauer et al. (2007) und das Lehrbuch der Neurorehabilitation von Frommelt und Lösslein (2010). Diese Lehrbücher stehen den Therapiebereichen zur Verfügung. Die Aktualisierung der Behandlungskonzepte und der ICF-basierten Arbeitsweise erfolgt in halbjährlichen Abständen. Der Ablauf dabei ist folgender: In einem Erhebungsbogen werden Anregungen zur Verbesserung der Teamarbeit und des Zielsetzungsprozesses gesammelt. Auf einer halbjährlich stattfindenden Konzeptkonferenz werden diese Anregungen diskutiert und finden in einer Überarbeitung der Protokolle Berücksichtigung. Seite 7 von 8
8 3. Literatur Bühler S. Der Zielsetzungsprozess in der neurologischen Rehabilitation: Vorschläge für ICF-basierte Therapieziele am Beispiel erwerbstätiger Schlaganfallpatienten. Bachelor-Arb. FH Osnabrück; Finauer G, et al. Therapiemanuale für die neuropsychologische Rehabilitation. Heidelberg: Springer Verlag; Frommelt P, Grötzbach H. Kontextsensitive Neurorehabilitation: Einführung in die klinische Neurorehabilitation. In: Frommelt P, Lösslein H (Hrsg.) NeuroRehabilitation. 2. Auflage. Heidelberg: Springer Verlag; Frommelt P, Grötzbach H. Das Narrative in der Neurorehabilitation. Neurologie & Rehabilitation 2008;1:3-11. Frommelt P, Grötzbach H. Zielsetzung in der Schlaganfallrehabilitation. In: Dettmers C, Bülau P, Weiller C (Hrsg.). Schlaganfallrehabilitation. Bad Honnef: Hippocampus; S Frommelt P, Lösslein H (Hrsg.). NeuroRehabilitation. 2. Auflage. Heidelberg: Springer Verlag; Grötzbach H. Therapieziele definieren: Paternalistisch oder partizipativ? LOGOS interdisziplinär 2010;2: Grötzbach H, Iven C (Hrsg). ICF in der Sprachtherapie. Idstein: Schulz-Kirchner; Grötzbach H. Die Bedeutung der ICF für die Aphasie-Therapie in der Rehabilitation. Forum Logopädie 2006;20: Grötzbach H. Zielsetzung in der Aphasie-Therapie. Forum Logopädie 2004;5: Wehmeyer M, Grötzbach H. Aphasie Wege aus dem Sprachdschungel. 4. Auflage. Heidelberg, Berlin: Springer Verlag, Weltgesundheitsorganisation (WHO): Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Köln: DIMDI Seite 8 von 8
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